Synonym(e)
Definition
Zum Formenkreis der atopischen Erkrankungen (griech. atopos = fehl am Platz) gehörende, multifaktorielle, chronisch persistierende bzw. auch chronisch rezidivierende, nicht-kontagiöse, meist erheblich juckende Dermatitis unterschiedlicher Akuität, die auf Grund komplexer Wechselwirkungen von anlage- und umweltbedingten Faktoren entsteht, unterhalten oder aktiviert wird.
Die atopische Dermatitis zeigt in den einzelnen Lebensabschnitten ein topographisch und morphologisch unterschiedlich ausgeprägtes Erscheinungsbild:
- im Säuglingsalter eher wenig charakteristische diffuse ekzematöse Hauterscheinungen im Gesicht und an den Streckseiten der Extremitäten unterschiedlicher Ausprägung und Akuität (s. atopische Dermatitis im Säuglingsalter)
- im Kleinkindesalter eher lokalisiertes und weniger diffuses Ekzembild, mit wechselhaftem auch saisonalem Verlauf (s. atopische Dermatitis im Kindesalter)
- im Schulkindesalter bevorzugt als Beugenekzem auftretend
- im Erwachsenenalter findet sich eine große morphologische Vielfalt. Sowohl lokalisierte Minusvarianten der atopischen Dermatitis (Lider, Genitalien, Hände, Nacken) als auch großflächige Ekzemvarianten bis hin zu universell das gesamte Integument betreffende (erythrodermische atopische Dermatitis ) prägen das äußerst mannigfaltige klinische Bild.
Auch interessant
Einteilung
Das atopische Ekzem zeigt in den verschiedenen Lebensphasen unterschiedliche Krankheitserscheinungen.
- Atopische Dermatitis im Säuglingsalter
- Atopische Dermatititis im Kind-Jugendalter
- Atopische -Dermatitis im adulten und Erwachsenalter (s. Übersicht hier)
Eine alternative Einteilung unterscheidet bei Kindern 4 Phänotypen (Studie an 1.038 Kindern: Roduit C et al. 2017):
- Früher transienter Phänotyp (9,2%): HV innerhalb der ersten 2 LJ, Abheilung bis zum 4. LJ. Hohes Risiko an Nahrungsmittelallergien zu erkranken.
- Früher persistierender Phänotyp (6,5%): HV innerhalb der ersten 2 LJ, Abheilung bis zum 6. LJ. Hohes Risiko an Asthma zu erkranken. Hohes Risiko an Nahrungsmittelallergien zu erkranken.
- Später Phänotyp (4,8%): HV erst nach dem 2. LJ. Hohes Risiko an allerg. Rhinitis zu erkranken.
- Sporadischer Phänotyp (79,5%): nur vereinzelte oder fehlende HV.
Weiterhin können dem atopischen Ekzem eine Reihe unterschiedlicher Varianten zugeordnet werden, die teils historisch geprägte Bezeichnungen tragen (z.B. Eccema symmetricum faciale), teils nach topischen oder saisonalen Gesichtspunkten benannt sind (z.B. atopisches Handekzem, Genitalekzem, Dermatitis hiemalis usw.) oder sich durch einen besonderen klinischen Verlauf unterscheiden (z.B. Prurigoform des atopischen Ekzems). Derartige Dermatitiden können auch durch andere Faktoren (z.B. kontaktallergische) ausgelöst sein.
- Lokalisierte Minusvarianten
- Eccema symmetricum faciale (Tachau Bäckchen), häufig verbunden mit einer "Halo-artigen" perioralen Abblassung.
- Sog. Beugeekzem mit Lichenifikation
- Atopische Liddermatitis (Lidekzem)
- Pityriasis alba faciei
- Juvenile Plantardermatose (atopische Winterfüße/Pulpitis sicca)
- Atopische Handdermatitis (Handekzem) (auch als mildes oder ausgeprägtes dyshidrotisches Handekzem auftretend - Maximalvariante = Podo-/Cheiropompholyx)
- Mamillenekzem
- Atopische Analdermatitis
- Atopisches Genitaldermatitis (s.u. Genitalekzem)
- Lichen simplex chronicus (Vidal)
- Photoaggraviertes atopische Dermatitis
- Generalisierte Varianten mit besonderem klinischem Verlauf
- Nummuläre Dermatitis (häufige Variante)
- Juvenile papulöse Dermatitis
- Prurigoform der atopischen Dermatitis (Pruriginöses atopisches Ekzem)
- Universelle (erythrodermische) atopische Dermatitis (Erythrodermia atopica)
- Komplikative Formen
- Eczema herpeticatum
- Eczema molluscatum
- Pyodermisierte atopische Dermatitis
- Eczema coxsackium (Bläschen, meist guter Allgemeinzustand, meist keine ausgeprägte Lymphknotenschwellung)
Vorkommen/Epidemiologie
Die AD weist in Deutschland unter Berücksichtigung von Primar- und Sekundärdatenanalysen eine Jahresprävalenz von etwa 10% bei Kindern und Jugendlichen sowie 1,7% bei Erwachsenen auf. 8-12 Somit sind bundesweit jährlich etwa 1,2 Mio. Erwachsene und 1,3 Mio. Kinder entsprechend 2,5 Mio. Personen pro Jahr betroffen. Die Lebenszeitprävalenz nach Eigenangabe betrug in eienr größeren Studie 3,5% (Langen U et al. (2013). Nach neueren GKV-Daten aus dem Jahre 2021 (Augustin M et al. 2021) beträgt die Einjahres-Behandlungsprävalenz der atopischen Dermatitis insgesamt etwa 4,2%, davon 3,3% bei Erwachsenen und 8,4% bei Kindern und Jugendlichen bis 20 Jahren. Damit hätten in Deutschland jährlich etwa 2,2 Mio. Erwachsene und 1,4 Mio. Kinder entsprechend 3,6 Mio. Personen pro Jahr eine AD als Behandlungsdiagnose. Unter den 2,2 Mio. Erwachsenen weisen etwa 10-15% eine mittelschwere bis schwere Form der AD auf, für die eine Systemtherapie erwogen werden muss. Die kumulative Inzidenz der AD bei Kindern im ersten Lebensjahr betrug in Geburtskohortenstudien aus Japan bzw. Dänemark 13% bzw. 11,5% (Sugiyama M et al. 2007) . In einer Studie aus Schweden zeigte sich eine kumulative Inzidenz der AD von 21% bis zum Einschulungsalter (Broberg A et al. 2007).
Bei Kindern ist die AD damit eine der häufigsten chronischen Erkrankungen überhaupt. In verschiedenen Studien wurde zwischen 1950 und 2000 ein deutlicher Anstieg in der Prävalenz der AD wie auch anderer atopischer Erkrankungen festgestellt. Als ursächlich dafür gelten in erster Linie veränderte Umweltbedingungen bzw. der westliche Lebensstil. Neuere Untersuchungen deuten darauf hin, dass es in den letzten Jahren keine weitere Zunahme der Erkrankungshäufigkeit gab.
Hinweis: Etwa 40-60% der Patienten mit atopischer Dermatitis lieden zusätzlich unter respiratorischen Allergien (Pollinose, perenniale Rhinitis, allergisches Asthma bronchiale)
Ätiopathogenese
Ursächlich ist eine Kombination aus genetischen und umweltbedingten Faktoren, die eine Dysfunktion der Hautbarriere, eine Dysregulation des kutanen und systemischen Immunsystems, eine Dysbiose der Hautmikrobiota und einen starken genetischen Einfluss hervorrufen (Torres T et al. 2019).
Aus praktischen klinischen Erwägungen heraus kann man 2 Formen mit weitgehend identischen Hauterscheinungen unterscheiden:
- Intrinsische (nicht allergische) atopische Dermatitis (etwa 20-30% der Patienten; nicht IgE-vermittelt). Derzeit ist noch unklar, ob dieses Krankheitsbild als eigene Entität bewertet werden sollte.
- Extrinsische (allergische) atopische Dermatitis (60-70% der Patienten, IgE-vermittelt).
Merke! Patienten mit intrinsischer Form weisen keine erhöhten IgE-Werte oder Sensibilisierungen gegen Umwelt- oder Nahrungsmittelallergene auf.
Immunpathologie (s.u. Atopische Dermatitis, Immunpathologie)
Immunantwort in atopischer Haut: Klinisch unauffällige Haut bei Pat. mit atopischem Ekzem ist trotz Erscheinungsfreiheit nicht als gesund anzunehmen. Nachweisbar ist eine erhöhte Hauttrockenheit, eine Barrierestörung mit erhöhter Irritierbarkeit, dezente perivaskuläre T-Zell-Infiltrate, erhöhte Anzahl an Th2-Zellen mit erhöhter IL-4 und IL-13-Produktion.
Bei erkrankter Haut: Aufgrund der Barrierstörung der Haut können Allergene in die tieferen Schichten der Epidermis eindringen (Cappello C et al. 2017). Hier werden sie von Langerhans-Zellen erkannt und aufgenommen. Die Antigen-präsentierenden Zellen (Langerhans Zellen, inflammatorische dendritische Zellen und Makrophagen mit IgE-Molekülen) sind erhöht. Langerhans-Zellen gelangen mit dem Lymphstrom in den drainierenden Lymphknoten, wobei sie bei dieser Passage ihre dendritischen Ausläufer reduzieren (sog. veiled cells - s. u. Langerhans-Zelle). Im Lymphknoten präsentieren sie das Antigen naiven Lymphozyten und induzieren eine Th2-Antwort.
Es kommt zu einer erhöhten Expression zahlreicher Zytokine wie: IL-16, C-C chemokine ligand 27, RANTES (CCL5), Monocyte chemotactic protein-4 (CCL13) und Eotaxin. Diese Zytokin-Expressionen führen zur Aktivierung von eosinophilen Leukozyten und Makrophagen. Die Expression von IL-4 und IL-13 hingegen ist vermindert. Vermehrt exprimiert werden weiterhin IL-5, GM-CSF, IL-11, IL-12, IL-22 und IFN-gamma. Interleukin-22 ist imstande Barrierproteine herunterzuregulieren, was die atopische Bereitschaft begünstigen könnte (Brüggen M-C et al. 2016).
Vermehrt wird auch Kollagenablagerung mit Lichenifikation beobachtet. Grundlegender Mechanismus ist hier die Freisetzung von TNF-α und IL-1, die über Aktivierung von NF-κB zu Veränderungen an den Gefäßendothelien mit nachfolgender Extravasation proinflammatorischer Zytokine führen.
Genetik: Genetische Faktoren spielen eine bedeutende Rolle in der Prädisposition des atopischen Ekzems. Das Risiko eines Kindes, an atopischer Dermatitis zu erkranken, beträgt 50%, wenn ein Elternteil an Asthma, atopischer Dermatitis oder Rhinitis allergica leidet, 75%, wenn beide Eltern betroffen sind. Die Konkordanz in homozygoten Zwillingen beträgt 72%, bei heterozygoten Zwillingen 23%.
In genomweiten Assoziationsstudien wurden in den letzten zwei Jahrzehnten > 30 für die Atopie prädisponierende Kandidatengene auf den Chromosomen 1q21, 3q21, 5q32, 6, 11q13, 17q25 identifiziert (Castro-Giner F et al. 2009). Einige Regionen korrespondieren eng mit den gefundenen Genloci für die Psoriasis (3q21), ein Hinweis darauf, dass diese Gene einen generellen Einfluss auf "Hautentzündungen" haben. Chronisch entzündliche Darmerkrankungen sind auf sehr ähnlichen Genabschnitten zu finden.
Die auf Chromosom 1q21 lokalisierten Gene die in ihrer Gesamtheit als epidermaler Differenzierungskomplex für die Regulierung der epidermalen Homöostase bedeutsam sind, spielen in der Pathogenese der atopischen Dermatitis eine besondere Rolle (s.u.). So zeigen „Loss-of- function Mutationen“ im dem FLG-Gen (1q21), das für das Protein Filaggrin kodiert, eine deutliche Assoziation zu einem frühen Auftreten und einem chronischen Verlauf der atopischen Dermatitis.
Das SPINK5-Gen (5q31-5q32) kodiert für LEKTI eine Serinprotease. Keimbahnmutationen im SPINK5-Gen haben einen Enzymdefekt zur Folge, der phänotypisch mit dem Netherton-Syndrom assoziiert ist das durch eine ausgeprägte atopische Diathese gekennzeichnet ist. Polymorphismen in diesem Gen sind jedoch auch mit der atopischen Dermatitis assoziiert.
Weiterhin betrifft eine Atopie-Assoziation das Claudin-I-Gen, das für das gleichnamige und wichtige Protein der Tight-Junctions kodiert. Polymorphismen dieses Gens führen zu Störungen der epidermalen Integrität der AD.
Folgende weitere Gene wurden als Risikofaktoren angesehen, die in der Initiierung, der Unterhaltung oder Verschlimmerung der atopischen Inflammation eine Rolle spielen können. Ihre Kenntnis und die kodierten Genprodukte geben Auskünfte über das Zusammenspiel der entzündlichen Komponenten (Castro-Giner F et al. 2009):
- COL29A1 (3q21); kodiertes Protein: Kollagen Typ XXIX, alpha1
- COL18A1 kodiertes Protein: Kollagen Typ XXIX, alpha1
- EMSY (11q13.5); kodiertes Protein: EMSY
- FLG (1q21); kodiertes Protein: Filaggrin
- RAD50 (5q23-q32) kodiertes Protein: RAD50
- IL4 (5q31.1) Interleukin-4
- IL4R (16p12.1-p1.2) Interleukin-4-Rezeptor
- IL5 (5q31.1) Interleukin-5
- Il13 (5q31) Interleukin-13
- IL18 (11q22.2-q22.3) Interleukin-18
- IL31 (12q24.31) Interleukin-31
- CSF2 (5q31.1) Granulocyte-macrophage colony stimulating factor
- CCL5 (17q11.2-q12) CCL5/RANTES
- FcεRI (1q32) Hochaffiner IgE-Rezeptor
Störung der Hautbarriere: Eine wichtige Rolle für die Verminderung der epidermalen Integrität spielen Störungen im Filaggrin-Aufbau. Polymorphismen und Loss-of-function-Mutationen im Profilaggrin/Filaggrin-Gen (FLG - dieses liegt im sog. epidermalen Differenzierungskomplex - EDC - auf Chromosom 1q12.3), werden bei Pat. mit atopischem Ekzem (AE) 2-3mal häufiger als bei Gesunden beobachtet. Filaggrin ist ein Strukturprotein, das die Disulfidbrücken zwischen den Keratinozyten in der Hautbarriere miteinander vernetzt und somit eine verstärkende Funktion hat. Durch eine Mutation kann diese Funktion nicht mehr gewährleistet werden und die Haut ist anfälliger für mechanische Reize. Durch den Juckreiz-Kratz-Zyklus (itch-scratch-cycle) wird die mechanische Störung der Barriere gewährleistet und die zytokinvermittelte Entzündungs- und Juckreizreaktion aufrechterhalten. Filaggrinmutierte Patienten mit AD haben eine signifikant höhere Neigung zum allergischen Asthma bronchiale sowie Ichthyosis vulgaris als solche ohne diese Mutation. Möglicherweise spielt auch die nachgewiesene erhöhte Expression von Aquaporin-3 in den Keratinozyten von Atopikern eine wesentliche Rolle bei der gestörten Hautbarrierefunktion.
Die für das atopische Syndrom relevanten Allergene sind Gräserpollen, Hausstaubmilben und Tierhaare. Da diese Proteine ein hohes Molekulargewicht haben, können sie nicht durch eine normale Haut penetrieren (dies können nur Proteine < 1000 Dalton). In atopischer Haut können jedoch, auf Grund der Barrierestörung, auch Moleküle mit einem höheren Molekulargewicht penetrieren. Sie werden dort von dendritischen Zellen aufgenommen. Hierzu konkordant sind klinische Beobachtungen, die eine Exazerbation der AD nach lokaler Provokation mit Gräserpollen belegen. Auch die lokale Exposition mit Katzenepithelien führt bei Filaggrin-mutierten Neugeborenen zu einer erhöhten Ekzemneigung (!). Dass es sich hierbei nicht nur um spezifische (Lokal-) Reaktionen bei vorhandener Sensibilisierung handelt zeigt die Bebachtung dass durch Birkenpollen lokale Ekzemreaktionen induziert werden können, dies auch bei nicht Birkenpollen-Sensibilisierten. Hierfür sind andere Mechanismus verantwortlich wie z.B. Pollen-assoziierte Lipidmediatoren (PALMS) die eine inflammatorische Reaktion auch unspezifisch stimulieren. Auch Luftschadpartikel vermögen in die atopische Haut einzudringen.
Sensibilisierungen:
- Typ-I-Sensibilisierungen: Baum-und Gräserpollen: Offenbar besteht bei Patienten mit AE eine erhöhte Sensibilisierbarkeit über die Haut. Dies korreliert auch mit der Beobachtung von "Flare-up"-Reaktionen bei erhöhtem Pollenflug oder bei Hausstaubbelastungen.
- Typ-IV-Sensibilisierungen (s.u. Kontaktallergie): Hierbei scheinen Pat. mit AD zu einer höheren Sensibilisierungsrate zu neigen als Nicht-Atopiker (als häufigste Kontaktallergene: Nickel(II)-sulfat und Duftstoff-Mix).
Mikrobielle Faktoren: Von pathophysiologischer Relevanz ist Staph. aureus (hohe Besiedlungsdichte (> 80%) in der Nasenschleimhaut und auf nässenden Arealen). Staphylokokkus aureus bildet hohe Mengen an Enterotoxinen (Enterotoxin A-D, toxic-shock-syndrome-toxin-1), die als Superantigene fungieren und damit T-Zell-proliferativ sind; gegen die weiterhin Pat. IgE-Antikörper bilden, wobei Sensibilisierungsgrad und Krankheitsaktivität korrelieren. An der pathologischen Kolonisierung der Haut ist eine Störung antimikrobieller Lipide und Peptide beteiligt (Verminderung der antimikrobiellen Peptide (AMP) Cathelicidin LL-37, Dermcidin (im Schweiß auftretend) und beta-Defensin-2), die in den sog. "lamellar bodies" in den Interzellularraum des Str. corneums transportiert werden. Hieraus resultiert eine Verminderung antimikrobiell wirksamer freier Sphingosine: eine 2-fache Verminderung im Str. corneum korreliert mit einem > 100-fachen Anstieg der Kolonisierung von Staph. aureus. Es gibt Hinweise dafür dass Staph.aureus die atopische Epidermis durchdringt mit nachfolgender Expression der mit dem AE im Zusammenhang stehenden Zytokine (IL-4, IL-13,IL-22 u.a.). Diese dermale Dysbakterie könnte somit direkt zu einer Erhöhung inflammatorischer Zytokine führen.
Die Besiedlung mit Pityrosporum ovale spielt eine pathogenetische Rolle bei Pat. mit der klinischen "head-and-neck" Variante der atopischen Dermatitis. Die derart betroffenen Patienten profitieren von einer antimkyotischen Lokaltherapie.
Weiterhin gibt es Hinweise, dass offenbar auch fokale Infektionen (wie z.B. Zahninfekte) an Auslösung oder Exazerbation der atopischen Dermatitis beteiligt sind. Dies ist insofern überraschend, da derartige Einflüsse bislang nicht angenommen wurden!
Hygiene-Hypothese: Es besteht die Vermutung, dass der Anstieg der AD im Zusammenhang mit einem höheren Lebensstandard sowie verbesserten hygienischen Verhältnissen steht. Eine Reduktion bakterieller oder viraler Infekte führt zu einer verminderten Produktion von TH1-Zytokinen (z.B. Interferon gamma) und damit zu einer Abnahme des protektiven Effekts der Th1-Immunantwort zugunsten der für atopische Erkrankungen charakteristischen Th2-Antwort.
Nutztiere als Risikofaktoren? Bemerkenswert ist eine Untersuchung in 5 europäischen Ländern an 1063 Kindern, in der nachgewiesen werden konnte, dass Kinder von Müttern, die ihre Schwangerschaft im Umfeld von Nutztieren verbrachten, ein geringeres Risiko hatten, in den ersten beiden Lebensjahren an einer atopischen Dermatitis zu erkranken. Hierbei spielen nicht nur immunstimulatorische mikrobielle Faktoren eine Rolle sondern offenbar auch nicht mikrobielle Substanzen wie die von Tieren produzierte N-Glycolylneuraminsäure (Neu5Gc), eine sensibilisierende Sialinsäure, deren Sensibilisierungsgrad jedoch invers assoziiert ist mit Wheezing und Asthma bronchiale.
Neuroimmunologische Faktoren: Stress und andere emotionale Faktoren werden häufig als Auslöser angeschuldigt. Neuropeptide wie das "calcium-gene-related peptide" (CGRP), das "proopiomelanocortin-derived-hormone" (alpha-MSH) wirken als antientzündliche Regulatoren.
Verschiedene Auslöser:
- Vitamin D- Korrelation: Berichtet wurde über eine inverse Korrelation zwischen der Schwere der AD und der Höhe des Vit.D-Spiegels.
- Klima, Stress, posttraumatische Belastungsstörungen, Schadstoffbelastungen können zu Ausbruch bzw. Exazerbation der Erkrankung führen.
Manifestation
Natürlicher Krankheitsverlauf Geburtskohortenstudien zufolge manifestiert sich die AD bei etwa der Hälfte der Patienten in den ersten sechs Lebensmonaten, in 60% der Fälle im ersten Lebensjahr und in über 70 bis 85% der Fälle vor dem fünften Lebensjahr (s. atopische Dermatitis im Säuglingsalter). Bis zum frühen Erwachsenenalter sind etwa 60% der erkrankten Kinder symptomfrei.
Spätmanifestationen im Erwachsenenalter sind möglich.
Früher Erkrankungsbeginn, Komorbidität mit anderen Erkrankungen des atopischen Formenkreises, schwerer Krankheitsverlauf im Kindesalter und positive Familienanamnese für Atopie sind Prädiktoren für die Persistenz der AD bis ins Erwachsenenalter (Williams HC et al. 2000).
Während der Schwangerschaft kommt es in 20% der Fälle zu einer Exazerbation einer vorbestehenden atopischen Dermatitis (s.a. Schwangerschaftsdermatose, atopische).
Lokalisation
Säuglingsalter: Gesicht, Rumpf, Streckseiten (!) der Extremitäten, Windelbereich bleibt frei.
Kindheit, Jugend: Ellenbeugen, Kniekehlen (Beugenekzem!).
Erwachsenenalter: Ellenbeugen, Kniekehlen, Gesicht, Brust- und Schulterbereich, Handrücken.
Umschrieben: als Minusvarianten in verschiedenen Lokalisationen (s.o.).
Klinisches Bild
Abhängig vom Alter des Patienten und von der Akuität der Erkrankung zeigen sich unterschiedliche Stadien und Ausprägungen des Ekzems, von nässenden roten Plaques bis hin zur blassen, trockenen, evtl. kleieförmig schuppenden, meist zerkratzten Haut.
Typisch ist ein anfallsartiger, quälender Juckreiz, der sich beim Schwitzen (insbes. beim Stressschwitzen verstärkt). Weiterhin eine Wollunverträglichkeit. Die klinischen Symptome des atopischen Ekzems variieren altersabhängig deutlich. Insofern sind klinische Unterteilungen nach Altersstufen nützlich.
- Atopisches Ekzem im Säuglingsalter: diffus verteilte, trockene oder nässende, auch krustös belegte, stark juckende Ekzeme .
- Atopisches Ekzem im Kindes/Jugendalter
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Nach Hanifin und Rajka werden folgende Symptome als Major-und Minorkriterien definiert. Der Vorteil liegt in einer hohen Sensitivität und einer niedrigen Spezifität (80%).
I. Majorkriterien:
- Juckreiz (heftiger nicht unterdrückbarer Juckreiz der mit blutigem Kratzen (nicht Reiben sondern Zerkratzen mit den Fingernägeln) beantwortet wird
- Ekzemplaques (streckseitig bei Säuglingen und Kleinkindern, beugeseitig bei postpubertären Jugendlichen und Erwachsenen)
- Chronizität (jahrelanger, chronischer oder chronisch rezidivierender Verlauf)
- Anamnese (positive atopische Krankheitszeichen in EA und/oder FA - z.B. Rhintis allergica, allergische Asthma bronchiale)
II. Minorkriterien oder fakultative Symptome:
- Milchschorf (Crusta lactea)
- Xerosis cutis (allgemeine Sebostase der Haut. Haut fühlt sich trocken und spröde an)
- Ichthyosis-Hand, -Fuß ("I-Hand"; hyperlineares Muster der ungewöhnlich watteartig weichen Handflächen und Fußsohlen)
- Dennie-Morgan-Infraorbitalfalte (doppelte Lidfalte; Grd 1 bis zur Pupille, Grd 2 einschließlich der gesamten Iris, Grd 3 gesamtes Auge)
- Ohrläppchenrhagade (das sog. hartnäckig eingerissene Ohrläppchen)
- Atopische Gesichtsblässe (fahle, grau-weiße Gesichtsfarbe; zu dem besonderen atopischen Gesichtskolorit gehören auch die halonierten dunklen Augen)
- Dermographismus albus
- Keratosis pilaris
- Hertoghesches Zeichen (Rarefizierung der lateralen Augenbrauen)
- Pelzmützenartiger Haaransatz (der erwachsene atopische Patient leidet nur sehr selten unter einer androgenetischen Alopezie!)
-
Weitere assoziierte Atopiezeichen:
- Unverträglichkeit auf (Tier-)Wolle (nicht Baumwolle)
- Nahrungsmittelintoleranzen (Zitrusfrüchte, Erdbeeren, Tomaten = unspezfische Histaminliberatoren die kurz nach ihrer Einnahme zu Juckreiz führen)
- Juckreiz durch Schwitzen
- IgE erhöht (nur bei extrinsischem Typ)
- Positiver Prick-oder Intrakutantest (nur bei extrinsischem Typ)
-
Nachweis von spezifischem IgE (nur bei extrinsischem Typ)
Perlèche - Glanznagel (wie poliert aussehende Fingernägel).
- Dermopathische Lymphadenopathie bei generalisiertem Befall
Labor
Histologie
Bild des allergischen Kontaktekzems mit einer superfiziellen perivaskulären und interstitiellen lympho-histiozytären-mastoyztären Dermatitis mit leichter Spongiose bis hin zur spongiotischen Blasenbildung, unterschiedlich ausgeprägter Akanthose mit Parakeratose (bei chronischen Herden kann eine Akanthose mit begleitender Parakeratose deutlich ausgeprägt sein) und (eher) geringer Eosinophilie.
Diagnose
Die Diagnose basiert auf spezifischen Kriterien, die die Patienten- und Familienanamnese sowie die klinischen Manifestationen berücksichtigen. Der Gesamtschweregrad der Erkrankung muss durch die Bewertung der objektiven Anzeichen und der subjektiven Symptome bestimmt werden.
Klinisches Bild, Familienanamnese, Eigenanamnese (Ekzemanamnese, Rhinitis allergica, Asthma bronchiale, Nahrungsmittelallergien, virale und bakterielle Infektneigung)
Allergiescore - variiert nach Diepgen - (bei Verdacht auf Atopie)
- Weißer Dermographismus (Strichtest an der Haut wird weiß)
- Hertoghes Zeichen (dünne, lichte äußere Augenbrauen)
- Dennie-Morgan-Infraorbitalfalte (Querfalte (oder zwei) parallel zum Unterlid)
- Pityriasis alba (trockene, feinschuppige helle Flecken)
- Ekzemherde
- Palmare Hyperlinearität
- Pulpitis sicca (trockene ekzematöse Finger/Zehenkuppen)
- Dyshidrose (Hände/Füße)
- Perlèche (eingerissene Mundwinkel)
- Ohrläppchenrhagaden (eingerissene Ohrläppchen)
Ergebniise eines orientierenden Prick- und Intrakutantestes
- Extrinsische Form
- IgE > 150 kU/ml
- ECP
- Erhöhte Spiegel an TH2-Zytokinen (IL-4, IL-5, IL-13)
- Spezifisches IgE (Nahrungsmittelallergene, Inhalationsallergene, Pityrosporon ovale)
- Atopie-Patch-Test
- Auslassdiät und Suchdiät ( Nahrungsmittelallergie, Nahrungsmittelunverträglichkeit)
- Epikutantest zur Frage einer Kontaktsensibilisierung (höhere Rate an Kontaktallergien gegenüber topischen Wirkstoffen, Externainhaltsstoffen, Gummimaterialien, Duftstoffmix)
Differentialdiagnose
"Ekzemerkrankungen" anderer Genese
- allergische Kontaktdermatitis
- seborrhoische Dermatitis
- nummuläre Dermatitis (alte Nomenklatur: mikrobielles Ekzem)
- Exsikkationsdermatitis
Weiterhin
Ektodermale Dysplasien
Syndrome mit begleitender atopischen Dermatitis :
Komplikation(en)
Gehäuft (schwer verlaufende) virale und bakterielle Infektionen. S.a.u. Eccema herpeticatum; Eccema molluscatum; Eczema coxsackium; ausgeprägte Verrucae vulgares, Pyodermie, Erythrodermie.
Vereinzelt kommt es im Verlauf des atopischen Ekzems zu einer "Lichtsensibilisierung" mit Verstärkung der Ekzemreaktion an lichtexponierten Arealen. S.u. Ekzem atopisches photoaggraviertes
Pilzinfektionen: Tinea (v.a. Trichophyton rubrum, Malassezia species)
Assoziationen mit Zöliakie: Patienten mit AD haben ein 2-fach erhöhtes Risiko an einer Zöliakie und 1,8- beziehungsweise 1,5-fach erhöht an einem Morbus Crohn bzw. an einer Colitis ulcerosa zu erkranken. Ausgehend von einem Zöliakie-Kollektiv war die atopische Dermatitis im Vergleich zu den gesunden Lebenspartnern etwa dreimal so häufig (Prävalenzrate von 3,8 Prozent) bei Verwandten zweimal so häufig vertreten (Shalom G et al. 2020).
Weitere komplikative Komorbiditäten sind :
- Asthma bronchiale (J45.-)
- Allergische Rhinokonjunktivitis (H10.-)
- Nahrungsmittelallergie (auch als Triggerfaktoren für das atopische Ekzem) (K52.2)
- Neigung zu allergischen Sofortreaktionen wie: Kontakturtikaria und Anaphylaktische Reaktionen
- Psychosomatische Komorbiditäten
- Head neck shoulder dermatitis: Ekzemreaktionen an Kopf, Nacken und Schultern bei denen oftmals Malassezia species ursächlich von Bedeutung sind.
- Vitiligo
- Alopecia areata
- Hyper-IgE-Syndrom
- Wiskott-Aldrich-Syndrom
- Ichthyosis vulgaris
- Glaukom
- Netzhautablösungen
- Keratokonus
Therapie allgemein
Hauttrockenheit: Xerose, abhängig von der Umgebungstemperatur und Luftfeuchtigkeit. Überhöhte Beheizung der Wohnräume vermeiden, Erhöhung der Luftfeuchtigkeit, optimale Belüftung der Räume. Aufgrund des reduzierten Alkalineutralisationsvermögens sollte der Gebrauch von Seifen, Wasch- und Spülmitteln auf ein Minimum reduziert werden. Empfehlenswert sind rückfettende Waschlotionen (Eucerin 5% Urea Waschlotion, Atopicontrol Dusch-und Badeöl, Lipoderm Duschgel, Cetaphil Waschlotion).
Schwitzen: Die reduzierte Schweißbildung führt durch hohe Außentemperaturen bei körperlicher Belastung, aber auch in Stresssituationen, zu Wärmestau und Juckreizkrisen.
Sonne und UV: UV-Exposition wirkt sich i.d.R. lindernd auf das Ekzem aus. Gelegentlich liegt eine erhöhte UV-Empfindlichkeit vor. S.a.u. photoaggraviertes endogenes Ekzem.
Kontaktallergien: Häufig aufgepfropfte Kontaktallergie, v.a. auf Nickel. Cave! Mode-Schmuck!
Hautreinigung:
- Keine handelsüblichen parfümierten Seifen, Schaumbäder und Syndets. Verwendung von Ölen (Linola Fett Ölbad, Balneum Hermal Ölbad).
- Hervorragend geeignet sind Öl/Tensid-Kombinationen (z.B. Eucerin Duschöl, Lipoderm Duschgel).
- Alternativ zu Badeölen können auch eine O/W Emulsion oder hydrophile Öle zur Reinigung verwendet werden. Bei sehr trockener Haut nach dem Abtrocknen Auftragen einer Emulsion oder Creme (z.B. Ungt. emulsif. aq., Eucerin Lotio, Excipial U Lipolotio oder Excipial U Hydrolotio usw.) entsprechend der Verträglichkeit.
Berufswahl: Ungeeignet sind Berufe mit intensivem Kontakt zu Wasser, Waschmitteln, Ölen, Fetten, Bohrwasser, Desinfektionsmitteln, Klebstoffen, Leder, chemischen Produkten, Tieren, Mehl und Stäuben. Empfehlenswert sind trockene, saubere Berufe. Cave! Verbreitung von Schimmelpilzen über Klimaanlagen!
Kleidung: Atmungsaktive Kleidung, locker gewebte Baumwolle oder auch Textilien aus Seide (z.B. Dermsilk mit einer antimikrobiellen Komponente: Patienten mit atopischer Dermatitis empfinden Seidenstoffe auf ihrer Haut als angenehm und kaum irritativ, kühlend. Bei dieser Klientel ist durchaus mit der Gefahr einer "Seidenproteindermatitis" zu rechnen. Hierbei wird Sericin als Hauptallergen angesehen. Die Lösung für diese Problemsituation sind Sericin-freie Seidenstoffe, die für Atopiker nachweislich geeignet sind (Koller DY et al. 2007).
Meiden von tierischen Materialien (Wolle, Felle), unebenen rauen Stoffen, aber auch Materialien aus atmungsinaktiven Kunstfasern. Einen hemmenden Einfluss auf die Staphylokokken-Besiedlung der atopischen Haut scheinen silberbeschichtete Textilien zu haben (z.B. Padycare).
Pollensensibilisierung: Die Haut reagiert mit einem Ekzem (Typ IV-Reaktion) auf die Pollen. Empfehlenswert ist das Anbringen von Pollenschutzfiltern (Tesa Protect) an die Fenster. Vor Verlassen der Wohnräume Auftragen einer Schutzcreme, Abduschen nach der Rückkehr.
Hausstaubmilbenallergie (s.a. Milbenallergene): Meiden der Staubfänger (Teppich, Gardinen, Plüschtiere u.a.), Encasing mit speziellen Milben-abweisenden Bezügen (empfehlenswert z.B. Allergocover). Auf Reisen Milben-abweisenden Schlafsack.
Indoor-Allergenreduktion: Anwendung von Luftreinigern (z.B. Lifelight oder Aclimat Silence A50 oder Aclimat Air-Center C50).
Hyposensibilisierung (SIT): Hinsichtlich Typ I Sensibilisierungen wird in der Literatur die Durchführung einer SIT in Bezug auf ihre Wirksamkeit kontrovers diskutiert. Diskutiert wird auch, ob die SIT zur Besserung eines atopischen Ekzems beisteuert. Hierzu konnten weltweit 26 belastbare, randomisierte Studien ausgewertet werden, in denen gegenüber Kontrollkollektiven kein verwertbarer Nutzen für das atopische Ekzem nachweisbar war (Tam 2016). Die SIT ist beim atopischem Ekzem (ohne allergisches Asthma oder Rhinits) nicht zugelassen.
Impfungen (s.u. Atopische Dermatitis, Impfungen): Die Zeitspanne, in der viele Patienten an atopischer Dermatitis (AD) erkranken, fällt häufig mit dem Zeitpunkt der ersten Impfungen zusammen. Dies impliziert einen kausalen Zusammenhang zwischen Impfung und dem Beginn einer AD (AWMF Leitlinie 2023). Aktuelle Metaanalysen weisen jedoch nicht auf ein erhöhtes Risiko für die AD durch Impfungen hin sondern sogar auf einen protektiven Effekt mancher Impfungen (BCG, Masern) (Navaratna S et al. 2021).
Sport: Entsprechend der körperlichen Belastbarkeit, Meiden extremer Schweißbildung, anschließend Duschen mit rückfettenden Duschgelen.
Sauna: Nach der persönlichen Verträglichkeit, Meiden extremer Temperaturen.
Klimatherapie: Wirksamste und nebenwirkungsärmste Maßnahme zur Besserung der Krankheitserscheinung v.a. Hochsee- (z.B. Borkum, Norderney oder Sylt) oder Hochgebirgsreizklima (Höhenlage über 1500 m, z.B. Davos), vor allem im Frühjahr und Herbst. Bei jüngeren Kinder ist auch das etwas mildere Reizklima der Ostsee hilfreich. Zu empfehlende Mindestdauer: 4 Wochen. Antragsstellung bei den Krankenversicherungen oder Rentenversicherungen.
Ernährung: Pauschaldiäten sind zu verurteilen. Meiden allergologisch relevanter Allergene nach entsprechender Testung (Reibe-, Prick- und Rast-Test), Auslass- und Provokationsdiät. Überprüfung der Relevanz der Testergebnisse alle 2 Jahre.
Aktive Probiotika mit lebenden Bakterien, die das Gleichgewicht des Hautmikrobioms wiederherstellen sollen (z.B. AktivaDerm®ND)
Merke! Das Wichtigste für die Ernährung ist die Selbsterfahrung des Patienten mit seiner Erkrankung!
- Bei Kuhmilchallergie Ausweichen auf Kuhmilchersatzprodukte.
- Cave! Mangelerscheinungen infolge Jodmangels, Knochenentkalkung, Rachitis, ferner Eisen-, Vitamin- und Eiweißmangel. Ggf. ist Substitution erforderlich.
- Merke! 20-30% der Säuglinge mit Kuhmilchallergie haben gleichzeitig eine Allergie gegen Soja-Milch!
- Der Therapieeffekt von Probiotika bleibt nach neueren Erkenntnissen weiterhin fraglich.
Externe Therapie
Stadiengerechte Behandlung des Ekzems, s.u. Ekzem. Bei leichteren Formen mit umschriebenen Herden ist die externe Therapie i.d.R. ausreichend. Bei schweren Formen ist sie ergänzend zur internen Therapie einzusetzen. Nur individuell ausgetestete Salbengrundlagen verwenden, v.a. hydrophile Salben, hydrophile Cremes und hydrophile Emulsionen. Hydrophobe Salben werden auf Grund ihres okklusiven Effekts eher schlechter toleriert! Verbrauch an Creme/Salbe s. unter Fingerspitzeneinheit
Aktuell gebräuchliche Therapien
- Glukokortikoide: Der Einsatz topischer Glukokortikoide unter Beachtung des Nutzen-Nebenwirkungsprofils wird in den Leitlinien empfohlen. Bei akuter Exazerbation: Initial 1% Hydrocortison-Creme oder Hydrocortisonbutyrat (z.B. Laticort Creme oder Crelo) in Kombination mit feuchten Umschlägen, z.B. kalter Schwarztee oder physiologische Kochsalzlösung. Bei Superinfektion antiseptische Maßnahmen, z.B. Auflagen mit Octenidin (Octenisept). Aufklärung über kurzfristige Verwendung der Steroide ist dringend erforderlich. Neuere Studien lassen vermuten, dass Patienten mit stark ausgeprägten Hautläsionen im akuten Stadium von einer topischen Kombinationstherapie (Steroide mit Antibiotikum) besser profitieren als von einer Monotherapie (Steroide).
- Calcineurin-Inhibitoren (Pimecrolimus, Tacrolimus): Als zellselektiv wirkende Immunmodulatoren/Suppressoren können Tacrolimus (Protopic 0,03% für Kinder und 0,1% für Erwachsene; Takrozem® 1 mg/g Salbe ab 16 Jahren) und Pimecrolimus (z.B. Elidel®) angewendet werden. Indikation: akutes, v.a. subakutes Ekzem. Therapie über einen längeren Zeitraum ist möglich. Mehrere Langzeitstudien bei Kindern und Erwachsenen belegen die signifikante Wirksamkeit (Pimecrolimus) auch nach 6 und 12 Monaten (keine Tachyphylaxie). Hautatrophien werden nicht beobachtet. Aufgrund der Galenik eignet sich Protopic besser zur Behandlung trockener Hautzustände, Elidel können auch bei noch nässendem Ekzem eingesetzt werden. Unter Pimecrolimus lässt der Juckreiz innerhalb der ersten drei Behandlungstage deutlich nach, unter Tacrolimus kann es während der ersten beiden Behandlungstage zu einer leichten Irritation der Haut kommen. Zugelassen sind Pimecrolimus und Tacrolimus ab 2 Jahre. Cave! Wegen Kanzerogenität von Pimecrolimus im Tierversuch können Calcineurininhibitoren nicht mehr unbedenklich eingesetzt werden, sondern nur als Second-line-Therapie bei Versagen anderer Therapieoptionen, da keine ausreichenden Daten über Langzeiteffekte beim Menschen vorliegen. Von Kombinationen mit UV-Therapien sowie von Dauertherapien ist aus genannten Gründen ebenfalls abzuraten. Dosierung: Elidel 2mal/Tag; Protopic innerhalb der ersten drei Wochen 2mal/Tag, danach 1mal/Tag. Auf Lichtschutz insbes. nach Anwendung im Gesicht achten. Cave! Ggf. auftretende Infektionen (Herpes, Pyodermie) behandeln! Cave! Nach Markteinführung der Medikamente wurde bei Patienten, die topisch mit Calcineurininhibitoren und Steroiden behandelt wurden, das Auftreten von Lymphomen beobachtet. In einer Studie mit mehr als 290.000 Fällen konnte dieses aber nicht bestätigt werden (zur Langzeit-Sicherheit der topischen Calcineurininhibitoren s. dort). Nach Abheilung des akuten Schubes wird die proaktive Therapie empfohlen: 1-3 x / Woche die abgeheilte Haut weiter mit Pimecrolimus resp. Tacrolimus cremen.
- JAK-Inhibitoren (Ruxolitinib/Opzelura®): Bisher experimentell erfolgreich sind die topischen Ansätze mit einer 1,5% Ruxolitinib-Creme (Gong X et al. 2021). Inzwischen darf eine 1,5%iger Ruxolitinib-Creme für die kurzfristige und nicht kontinuierliche chronische Behandlung von leichter bis mittelschwerer atopischer Dermatitis bei nicht immunsupprimierten Patienten ab zwölf Jahren eingesetzt werden, wenn deren Krankheit mit topischen verschreibungspflichtigen Therapien nicht ausreichend kontrolliert werden kann oder wenn diese Therapien nicht ratsam sind.
- Polidocanol: Polidocanol wird gut vertragen und hat eine anästhesierende und juckreizstillende Wirkung. Größere klinische Studien liegen für diese Indikation nicht vor.
-
Topische Antihistaminika: Diese werden seit mehr als 40 Jahren trotz fehlender Belege ihrer ausreichenden Wirksamkeit zur Behandlung von Juckreiz eingesetzt. Neue topische Applikationsmethoden für Cetirizin befinden sich noch in Erprobung (Kassem MA et al. 2020; Goindi S et al. 2013). Eine Metaanalyse von vier Studien zur Juckreizbehandlung von Patienten mit atopischer Dermatitis von 2012 belegte, dass die Anwendung von Topika mit Histamin-reduzierender Wirkung Juckreiz bei AD-Patienten im Vergleich zu Vehikelbehandlung mäßig verringern kann.
- Gerbstoffe: Die Wirkung von Gerbstoffen beruht auf ihrer adstringierenden Wirkung. Sowohl synthetische (Tamol-haltige) als auch natürlich Gerbstoffe (z.B. Teeumschläge) stehen stadiengerecht eingesetzt zur Verfügung.
- Zink: Zink-haltige Externa besitzen bei guter Verträglichkeit einen antientzündlichen und adstringierenden Effekt und werden breit eingesetzt. Kontrollierte Studien liegen bei dieser Indikation nicht vor (es wird sie auch zukünftig nicht geben).
Experimentell:
- Capsaicin: In experimentellen Studien und Fallserien wurde über eine deutliche Juckreizlinderung berichtet. Allerdings sind die praktische Umsetzung in der Behandlung und die Aufdosierung aufgrund der initial hohen Ausschüttung von Missempfindungen auslösenden Neuropeptiden schwierig. Bisher wurde keine kontrollierte Studie hierzu veröffentlicht (Reimann S et al. 2000; Weisshaar E et al. 1998).
- Crisaborol (Handelsname: Staquis®), ein Phosphodiesterase-4-Hemmer, der in einer 2% Salbenform in 3 Phase-III-Studien positiv getestet wurde. Der Effekt beruht auf einer Hemmung des Enzyms Phosphodiesterase-4, was zu einem Anstieg des cAMP und zu einer Hemmung entzündlicher Zytokine führt. Seit 2020 ab 3 Lebensmonath zugelassen, Dosierung 2 x / Tag.
- Weitere JAK-Inhibitoren in der Pipeline sind Delgocitinib (bereits zugelassen in Japan ab 16 Lebensjahr) und Tofacitinib (aktuell in 2 Phase-Studien positiv getestet).
Weitere additive externe Therapien und Maßnahmen:
- Pflanzliche Ölzusätze: Gute Erfolge unter 15-20% Nachtkerzenöl-Cremes (z.B. Eucerin 12% Omega, Lipoderm Omega, Linola gamma, R177 ).
- Harnstoff: Anwendung hydratisierender Zusätze wie 2-10% Harnstoff (z.B. R102 R104 R113 , Basodexan Fettcreme/Salbe, Excipial U Lipolotio bzw. Hydrolotio; Eucerin 5-10% Urea Creme/Lotion) oder 5% Dexpanthenol) in Kombination mit feuchten Umschlägen, z.B. kalter Schwarztee oder physiologische Kochsalzlösung. Zu beachten ist, dass Harnstoff-haltige Externa in hoch entzündlicher Haut durchaus Brennen verursachen können.
- Basistherapie, bis 12. Lebensjahr über Kassenrezept möglich: SanaCutan Basiscreme (mit 20% Glycerin), Optiderm Basiscreme, Allergica Basiscreme, Linola fett
-
Balneotherapie:
- Günstig ist das Baden in kühlem, salzhaltigem Meerwasser bei intakter Hautoberfläche. Anschließend abduschen und eincremen. Wasser mit Chlorzusatz trocknet stark aus, in Schwimmbädern besteht die Gefahr der Infektion mit Molluscum contagiosum Viren (s.a.u. Molluscum contagiosum) und HPV-Viren (s.a.u. Papillomaviren, humane).
- Bäder mit Polidocanol-Zusatz (Balneum Hermal Plus). Starke Juckreizkrisen können mitunter mit Kaliumpermanganat-Bädern abgefangen werden (hellrosa). Cave! Unverdünntes Kaliumpermanganat ist toxisch und gehört nicht in Kinderhände.
- Balneophototherapie (s. u. Bestrahlungstherapie)
- Silbertextilien:
- Die Wirksamkeit von silberbeschichteter Unterwäsche (s.a.u. Silbertextilien) beim atopischen Ekzem wurde in verschiedenen Studien belegt.
Merke! Die Verordnung zu Lasten der GKV ist meist nicht möglich!
- Die Wirksamkeit von silberbeschichteter Unterwäsche (s.a.u. Silbertextilien) beim atopischen Ekzem wurde in verschiedenen Studien belegt.
Komplikationen:
- Superinfektione: bei bakteriellen Superinfektionen können Umschläge mit Chinolinol (z.B. Chinosol 1:1000), R042 oder Kaliumpermanganat oder Octenidin unterstützend angewendet werden.
Bestrahlungstherapie
Phototherapie (UV-Therapie):
Bewährt haben sich UVA/UVB- (s.u. UV-Strahlen) Kombinationen oder niedrig dosierte UVA1-Therapie, bei Exazerbationen auch in höheren Dosierungen.
Photosoletherapie (hypertone Salzbäder plus UVB). Cave! Ggf. Gefahr des photoaggravierten atopischen Ekzems!
Photosoletherapie vs. Schmalband UVB: In einer größeren prospektiven, randomisierten Studie mit 160 Patienten konnte bei Pat. mit schwerem bis moderatem atopischen Ekzem eine Überlegenheit der Balneophototherapie gezeigt werden. 10% Solelösung!
PUVA-Bad-Therapie: Bei Therapieresistenz Behandlung mit PUVA-Bad-Therapie oder PUVA-Therapie, systemisch.
Schmalband UVB: Nach einer brasilianischen Studie soll eine Schmalband UVB-Therapie die Staphylokokkus aureus-Besiedlung auf exazerbierter Haut deutlich reduzieren.
Interne Therapie
Bei akuter großflächiger Exazerbation, Sub-/oder Erythrodermie:
- Kurzfristig Glukokortikoide 100-150 mg Prednisolon-Äquivalent (z.B. Solu Decortin H) und Antihistaminika wie Dimetinden (z.B. Fenistil 0,1 ml/kg KG/Tag) i.v., ggf. Flüssigkeits- und Eiweißbilanzierung. Rasche Reduktion des Steroids 75-50-25-15 mg/Tag und dann in 5er Schritten jeden 2. Tag reduzieren bzw. absetzen.
Chronisches lichenifiziertes Stadium:
- I.d.R. ist keine systemische Therapie erforderlich. Bei ausgeprägtem, durch externe Maßnahmen nicht beherrschbarem Juckreiz können Antihistaminika wie Desloratadin (z.B. Aerius) 1-4 Tbl./Tag oder Levocetirizin (z.B. Xusal) 1 Filmtbl./Tag gegeben werden. Die Dosis kann ggf. auch wesentlich höher angesetzt werden als laut Herstellerangaben gefordert.
Schwer verlaufendes atopisches Ekzem, das topisch nicht suffizient behandelt werden kann:
- Ciclosporin: (bei atopischer Dermatitis zugelassen ab 16 Jahren) Hierbei zeigten zahlreiche Studien gute therapeutische Erfolge durch Gabe von Ciclosporin (5 mg/kg KG/Tag in den ersten 2 Wochen). Die Effektivität von Ciclosporin (2,5-5 mg/kg KG/Tag) bei schwerem atopischem Ekzem wurde mehrfach anhand von Studien mit guter Evidenz basiert belegt. Als wesentliche unerwünschte Arzneimittelreaktionen wurden Kreatininanstieg und arterieller Hypertonus angegeben. Es muss damit gerechnet werden, dass es bei schwerem atopischem Ekzem 4-5 Monate nach Absetzen des Ciclosporins zu einem Rezidiv (oder Rebound) kommt. Ciclosporin A wird laut Leitlinien zur Behandlung des atopischen Ekzems für die Dauer von max. 2 Jahren vorgeschlagen.
- Dupilumab, Handelsname Dupixent ® : IL-4/13-R-Antikörper (seit 2017 für das mittelschwere bis schwere atopische Ekzem ab 12 Jahren zugelassen, bzw. seit Dezember 2023 auch für Kinder ab einem Alter von 0,5 Jahren (6 Monaten) mit schwerer atopischer Dermatitis). Durch die Blockade des IL-4- bzw. IL-13-Rezeptors wird die Initialreaktion während der frühen Phase der atopischen Entzündung (Suppression einer Th-2-dominanten Entwicklung) blockiert. Der gemeinsame Bundesausschuss sieht einen Zusatznutzen unter den Endpunktkategorien Lebensqualität, Juckreiz, Schlafstörungen, die patientenberichtete Symptomatik und die Verbesserung des EASI Scores, verglichen mit der Standardtherapie (bestehend aus: top. Glukokortikoiden, Tacrolimus, Ciclosporin). Nachteilig zeigte sich die Entwicklung von Augenerkrankungen, einschließlich Konjunktivitis. Die Zusatznutzenbewertung und Erweiterung erfolgte u.a. auf Grundlage der Daten aus der Studie AD-1526, CHRONOS, LIBERTY AD PEDS.
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Baricitinib, Handelsname Olumiant®2 mg/4 mg Filmtbl.: Jak-Inhibitor, Indikation: Behandlung mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis, Erwachsene mit Indikation zur Systemtherapie infrage kommen. Dosierung 4 mg / Tag, ab dem 75. Lebensjahr 2 mg/Tag, ebenso bei chronischen Infekten 2 mg/Tag. Kontrolle: bei fehlendem Ansprechen nach 8 Wochen, Absetzen der Therapie.
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Tralokinumab (Adtralza®) ist ein humaner monoklonaler IgG4-Antikörper, der im Gegensatz zu Dupilumab spezifisch an das Interleukin-13-Zytokin (IL-13) bindet. IL-13 spielt in der Pathogenese der atopischen Dermatitis und dem Asthma bronchiale eine wesentliche Rolle. Die Blockade von IL-13 unterbindet die Wechselwirkung mit dem IL-13-Rezeptor (Einzelheiten s.unter Interleukin-13) und verhindert die anschließende nachgeschaltete IL-13-Signalübertragung. Tralokinumab ist seit 2022 für Patienten ab 12 Jahren mit mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis (AD) zugelassen. Schon bei Erwachsenen zeigt Adtralza® eine beindruckende Wirksamkeit, die im Therapieverlauf immer besser wird und fortbesteht. Nach 16 Wochen erreichten 56 % der Patienten ein nahezu erscheinungsfreies Hautbild (EASI-75), nach 32 Wochen waren es 70 %.3 Nach einem Jahr der Behandlung erzielte Adtralza® einen EASI-75 für 83 % der Patienten – ein spürbarer und sichtbarer Erfolg, der auch nach 2 Jahren konstant anhielt. Die Zulassungsstudie für Jugendliche bestätigt die starke Wirksamkeit und das gute Sicherheitsprofil von Adtralza®. Das Sicherheitsprofil leigt auf Placeboniveau.
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Lebrikizumab (Präparat Ebglyss®) ein hochaffiner monoklonaler Antikörper, der selektiv an lösliches Interleukin-13 (IL-13) bindet. Er verhindert dadurch die Bildung des Heterodimerkomplexes IL-13Rα1/IL-4Rα und somit die anschließende Signalübertragung. Lebrikizumab ist indiziert für die Behandlung von mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis bei Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren mit einem Körpergewicht von mindestens 40 kg, die für eine systemische Therapie infrage kommen. Akuter Schub, Kurzzeit-, Langzeitbehandlung: Dosierung von 500 mg zu Beginn und nach Woche 2 und danach alle 2 Wochen von 250 mg als optimal. Der Antikörper war insgesamt gut verträglich. Als häufigste Nebenwirkungen traten (allergische) Bindehautentzündung, Reaktionen an der Injektionsstelle und trockenes Auge auf (Silverberg JI et al. 2023).
-
Baricitinib, ein oraler selektiver JAK1- und JAK2-Inhibitor kann in einer Dosierung von 1 mg, 2 mg und 4 mg einmal täglich bei Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwerer AD eingesetzt werden. In klinsichen Studien zeigte sich eine signifikante Verbesserung des EASI-Wertes von Baseline bis 16 Wochen, insbesondere bei den beiden höheren Dosierungen, 2 mg täglich und 4 mg täglich (Drucker AM et al. (2020). Nach Ansprechen auf die Therapie kann eine Dosisreduktion entsprechend der individuellen Nutzen-/Risikoabwägung und dem klinischen Verlauf erwogen werden. Baricitinib ist, wie alle JAK-Inhibitoren, ein schnell wirksames Medikament. Zu den häufigsten in klinischen Studien beobachteten Nebenwirkungen von Baricitinib gehören ein Anstieg des LDL-Cholesterins, Infektionen der oberen Atemwege, Akne und Kopfschmerzen.
Alternativ: Methotrexat kann als Alternative zu Ciclosporin sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern eingesetzt werden (Off-Label-Use). Methotrexat wird als wirksame, relativ sichere und gut verträgliche Behandlung für schwere AD angesehen - Ergebnisse, die durch neuere retrospektive Studien bestätigt werden. Die Wirksamkeit von MTX wurde 2018 in einer kleineren Studie bestätigt (Gerbens et al. 2018). Dem TREATgermany Register zufolge wird Methotrexat in Deutschland spätestens seit der Zulassung von Dupilumab praktisch nicht mehr für Erwachsene mit AD verordnet.
-
Alternativ: Azathioprin kann zur Therapie der chronischen, schweren AD im Erwachsenenalter erwogen werden, wenn für die AD zugelassene Medikamente nicht wirksam oder kontraindiziert sind (off-label). Azathioprin soll nicht in Kombination mit UV-Therapien eingesetzt werden. Die Wirksamkeit von Azathioprin bei der AD ist vergleichbar mit der von Methotrexat, aber geringer als die von Dupilumab und Ciclosporin A (Drucker AM et al. (2020)
- Alternativ: Mycophenolatmofetil (Off-Label-Use): Mehrere Autoren berichten über gute Behandlungserfolge bei schwerem und therapieresistentem atopischen Ekzem mit dem Präparat Mycophenolatmofetil. Mycophenolat-Mofetil kann bei Patienten mit AD, für die eine systemische Behandlung in Frage kommt, erwogen werden, wenn für die AD zugelassene Substanzen nicht wirksam oder kontraindiziert sind (offlabel). Studeinergebnisse belegen eine signifikante Verringerung der SCORAD-Scores, wobei 77,6 % der Patient:innen eine teilweise oder vollständige Remission angaben. Dosierung: akuter Schub, Kurzzeit-, Langzeitbehandlung: Erwachsene: 1-3 g pro Tag, übliche Dosis 2 g pro Tag; Kinder: 30-50 mg/kg pro Tag , Verabreichung meist in zwei aufgeteilten Dosen
- Alternativ: In einer kleineren multizentrischen Studie (n=167) konnten mit dem JAK Inhibitor Upadacitinib gute klinische Effekte bei der atopischen Dermatitis erzielt werden (Guttman-Yassky E et al. 2019)
- Alternativ: Extrakorporale Photopherese : Diese Behandlungsoption ist schweren, ansonsten therapieresistenten Fällen vorbehalten. Die klinischen Effekte sind als gut zu bezeichnen. Die Datenlage ist noch unbefriedigend.
- Experimentell:
- Anti-Interleukin-5-Therapie: Bisherige Studien zu dieser Therapieform beim atopischen Ekzem mit monoklonalen Antikörpern verliefen unbefriedigend.
- Omalizumab: Kasuistische Erfolge wurden von dem humanen Anti-IgE-Antikörper Omalizumab berichtet (Off-Label-Use; bislang nur für die Indikation Asthma bronchiale zugelassen), die in einer randomisierten, Placebo-kontrollierten doppelblinden Pilotstudie nicht bestätigt werden konnten. Es besteht inzwischen weitgehender Konsens darüer, dass Omalizumab nicht zur Behandlung der AD eingesetzt werden soll.
- Nemolizumab: Mit einem humanisierten Interleukin-31-Rezeptor- Antikörper (Nemolizumab), der an IL-31- Rezeptoren (s.u. Interleukin-31), darunter auch an die IL-31- Rezeptoren auf Neuronen konnte durch monatliche Gaben eine deutliche Reduktion von Juckreiz und Ekzemschwere erreicht werden (Ruzicka T et al. (2017). Mit Stand Febraur 2024 wurde noch keine Zulassung erteilt.
-
Experimentell: weitere Interleukin-Antikörper sind in der Therapie der atopischen Dermatitis zu erwarten bzw. es liegen bereits voll publizierte Studien vor zu: Fezakinumab (voll humanisierter monoklonaler Antikörper gegen IL-22) und Ustekinumab.
- Experimentell:
- IVIG: Weiterhin als experimentell muss man die Ansätze betrachten das therapieresistente atopische Ekzem mit hochdosierten intravenösen Immunglobulinen (IVIG: Dosierungen 2,0/kgKG) zu therapieren. Dies gilt insbesondere für Patienten mit schwerem atopischen Ekzem bei denen eine immunsuppressiver Therapie aus verschiedenen Gründen nicht möglich ist. Hierzu liegen eine Reihe Arbeiten bei Erwachsenen wie auch bei Kindern vor die bis in das Jahr 1996 zurückreichen. IVIG dürfte aber in Zukunft kaum noch eingesetzt werden, da zahlreiche neuere, gesichert wirksame Therapien zur Verfügung stehen.
Verlauf/Prognose
Eine idividuelle Voraussage über den Verlauf des Krankheitsbildes ist auf Grund der hohen klinischen Variabilität nicht möglich. Zu erwarten ist ein chronischer, schubweiser Verlauf mit Krankheitsschüben von unterschiedlicher Dauer und Schwere.
Wichtig: die Erkrankung kann zwar durch die therapeutischen Maßnahmen deutlich gebessert jedoch nicht geheilt werden! Heilungsversprechungen von Wunderheilern sind Scharlatanerie.
Als Faustregel kann die Drittregelung gelten:
- 1/3 verliert die Erkrankung
- 1/3 muss mit der Persistenz der Erkrankung rechnen
- 1/3 muss mit Verschlimmerungen rechnen.
Zu erwarten ist eine Besserung der Hauterscheinungen mit zunehmendem Alter. 75% der Patienten mit AD zeigen Remissionen in der Pubertät. Etwa 30 % aller Kinder, die unter einer AD leiden, entwicklen zumindest zeitweilig auch im Erwachsenenalter noch Ekzeme.
Es besteht infolge gestörter zellulärer Immunität eine erhöhte Anfälligkeit gegen virale, bakterielle und mykotische Infekte.
Prophylaxe
Vorbeugemaßnahmen bei bekannter atopischer Diathese, s.a. Allergieprävention
- Stillen (bisher akzeptierte Haltung): Säuglinge über mind. 4 Monate voll Stillen, Zufüttern von Brei vor dem 5. Lebensmonat. Das Vorgehen "Breast is best!" soll laut versch. Metaanalysen eine 30%ige, signifikante Risikoreduktion bewirken! Diese Ergebnisse werden inzwischen durch die Resultate einer großen kanadischen Studie (Endauswertung bei 11.000 Kindern) in Zweifel gezogen, die bei den gestillten Kindern eine höhere Sensibilisierungsrate als bei der Kontrollgruppe feststellte. Auch für das allergische Asthma bronchiale konnte in einer größeren Studie (n=335) keine Risikoreduktion nachgewiesen werden. Eine italiensiche Studie kommt zu ähnlichen Resultaten.
- Beikost: Jahrelang wurde empfohlen, potente Nahrungsmittelallergene möglichst spät in die Säuglingsernährung aufzunehmen. Dies kann aus den relevanten Studien zu diesem Thema nicht mehr abgeleitet werden. Vielmehr scheint die verzögerte Einführung von Beikostformen das Risiko für eine spätere Sensibilisierung gegen Aero- und Nahrungsmittelallergene im Alter von 5 Jahren zu erhöhen.
- Mütterliche Diät während der Stillzeit: Die Evidenzgrundlage ist relativ schwach. Die Vermeidung potenter Allergene (Milch, Ei, Fisch, Nuss, Weizen, Soja) scheint einen günstigen Effekt auf die Ekzemprävention zu haben.
- Nahrungsergänzungsmittel ( Probiotika): Der präventive Effekt von Probiotika wird kontrovers diskutiert und von mehreren Arbeitsgruppen auf Grund der ungenügenden Studienlage komplett negiert, aktuelle Studien bestätigen den präventiven Effekt. Von Befürwortern wird folgende Hypothese vertreten: Der Darm von Allergikern scheint eine geringe Besiedlung durch Laktobazillen aufzuweisen. Die Zugabe von LGG (Lactobacillus Goldin und Gorbach = Lactobacillus rhamnosus GG) soll zu einer signifikanten Reduktion (68%) der Atopie-Rate bei Risiko-Kindern führen, wurde aber zwischenzeitlich relativiert auf 21 %. In einer niederländischen Studie mit 138 Kindern, die hydrolysierte Proteinformulierungen mit unverdaulichen Oligosacchriden konnte eine Formulierung der Darmflora nachgewiesen wurde, die der von gestillten Kindern vergleichbar waren (Wopereis H et al. 2018).
- Vitamin D (hochdosiert): Eine Hochdosisupplementtherapie von Vitamin D (4.400IU/Tag gegenüber der derzeitigen Empfehlung 400IU/Tag) führte in einer randomisierten Studie zu einer Immunmodulation der Neugeborenen die möglichweise Schutz vor Wheezing und Asthma bronchiale bietet (Hornsby E et al. 2018).
- Haustierhaltung: Einzelne epidemiologische Studien konnten einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Haltung kleiner Nagetiere (Kaninchen, Meerschweinchen) und der Prävalenz des atopischen Ekzems feststellen. Bei Risikokindern sollte auf das Halten dieser Tiere (einschließlich von Katzen) verzichtet werden. Hinsichtlich der Haltung von Hunden gibt es keine einschränkenden Empfehlungen. Bei stattgehabter Sensibilisierung und klinischer Symptomatik (Rhinitis/ Konjunktivitis/Asthma) sollte der unmittelbare Kontakt, auch über Kontaktpersonen, gemieden werden.
- Rauchen: Zu Hause grundsätzlich nicht rauchen! Bei Kindern, deren Mütter in der Schwangerschaft geraucht haben, treten Atopiestigmata signifikant häufiger auf (52,2% in der Verumgruppe vs 37,7% in der Kontrollgruppe). Mütterliches Rauchen verdoppelt das Risiko für das Auftreten eines atopischen Ekzems.
- Schimmel (s.u. Schimmelpilzerkrankungen): Wohnräume von Schimmel sanieren! Feuchtigkeit und Schimmelbelastung in den Innenräumen scheint mit einem erhöhten Ekzemrisiko einherzugehen!
-
Hausstaubmilben: Bei Risikokindern ist eine möglichst geringe Hausstaubmilbenbelastung notwendig:
- Staubfänger aus den Wohn- und Schlafräumen entfernen.
- Schlafzimmer kühl und sauber halten. Keinen Teppichboden verlegen sondern glatte, feucht aufwischbare Flächen bevorzugen.
- Spielzeug: Waschbare Spielwaren bevorzugen (z.B. waschbare Plüschtiere).
- Bettzeug: Waschbares Bettmaterial verwenden, Entfernen von Bettfedern. Häufiges Lüften und Reinigen der Matratzen. Der milbendichte Matratzenüberzug (s.u. Encasing) ist eine effektive Maßnahme zur Milbenminimierung in Schlafzimmern. Alternativ kann Bettzeug aus Microfaser verwendet werden.
Zu meidende Berufe bei atopischer Dermatitis (s.u. Berufsdermatosen):
- Frisör/in, Pflegeberufe, Fotograf, Maler, Zerspanungsberufe (Dreher/Fräser), handwerkliche Berufe in der Metall- und Autoindustrie, Schreiner, Maurerberufe, Arbeiten unter Tage (Bergmann), Beschäftigung in der Ledergerberei und Lederverarbeitung, Bäcker, Konditor, Koch (Nahrungsmittelberufe), Berufe mit ständiger Feuchtarbeit (Raumpflegerin; Fensterputzer u.a.).
Naturheilkunde
Naturheilkundliche Behandlung eignet sich im subakuten und chronischen Stadium.
Ordnungstherapie: Essentiell ist die adäquate Lebensführung, Meiden von Allergenen, extremen Stress-Situationen, s. a. Therapie allgemein
Klimatherapie: Allergenarmes Reizklima (Hochseeklima, Hochgebirgsklima), langwellige UVA 1 Bestrahlung, Bäder mit lokal desinfizierenden, hautberuhigenden Zusätzen wie bspw. Lavendelöl, lindern die Hautreizung. Cave: selten allergische Reaktion auf Lavendel, insbes. Linalool. Aufgrund der desinfizierenden Wirkung des Lavendelöls auch bei Superinfektion geeignet. Im akuten Stadium des Ekzems lindern kühle feuchte Umschläge mit Schwarztee oder Eichenrindenextrakt (s.u. Gerbstoffe) den Juckreiz und die Entzündung, zur Verhinderung der Austrocknung der Haut immer zuerst die eingesetzte wirkstoffhaltige Creme oder Pflegecreme auf die Haut auftragen.
Darmsanierung gewinnt zunehmende Bedeutung beim atopischen Ekzem. Patienten mit atopischem Ekzem neigen zu einer Verminderung der Schutzkeime im Darm, hier insbesondere der Enterokokken. Häufig, gerade nach Antibiotikatherapien kommt es dann zur Überwucherung mit Candida albicans und reaktiv zur Triggerung des atopischen Ekzems. Neben der Reduktion der Candidabesiedelung (Nystatin), sollte die Korrektur der bakteriellen Fehlbesiedelung mittels Symbioselenkung nach Differenzierung des fehlenden Schutzkeimes erfolgen. s.a. mikrobielle Therapie
Lokal können probiotische Bakterienstämme (Bakterienkomplex Baplexin 621, der sich aus Laktobazillen und zwar Lactobacillus gasseri, L. paracasei, L. plantarum, L. rhamnosus, L. reuteri
L. johnsonii, sowie Bifidobakterien: Bifidobacterium lactis und B. longum, sowie Streptokokken: Streptococcus thermophilus zusammensetzt). Zu den Bakterien sind präbiotische Inhaltsstoffe Inulin und Maltodextrin enthalten, dies sind optimale Nährstoffe für die probiotischen Bakterienstämme.
Phytotherapie: Phytotherapeutisch haben sich insbesondere die Rationale Phytotherapie bewährt, während die Wirkung einiger traditionellen Pflanzen in Studien nicht belegt werden konnte. s.a. unter Abschnitt Phytotherapie extern/intern unten.
Merke! immer Salbenverträglichkeit testen! Cave: Wollwachsalkohole
Traditionelle Phytotherapie:
Dulcamaris (Bittersüßstengel, Solanum dulcamara) aus der Familie der Nachtschattengewächse, positive Monographie zur unterstützenden Behandlung von Ekzemen, bis dato keine gesicherten Studien, kann lokal (Cefabene Salbe und Gel, Dulcamaris Salbe) wie auch systemisch eingesetzt werden (z.B. in Cefabene Tropfen, Cave enthält Ethanol und Likörwein). Die Extrakte der Droge enthalten Steroidsaponine, die steroidähnliche Wirkungen haben, Gerbstoffe und Steroidalkaloidglykoside.
Hamamelis (Zaubernuss), positive Monographie der Kommission E/ESCOP zum Einsatz bei Hautverletzungen, leichten Entzündungen, von Haut und Schleimhaut, Hämorrhoiden und
Krampfaderbeschwerden, in Studien keine Überlegenheit gegenüber Placebo. Lokal als Salben (z.B. Hametum® Wund- und Heilsalbe, Hamasana®, Hamadest®).
Calendula (Ringelblume), Korbblütlergewächs, positive Monographie der Kommission E/ESCOP zum Einsatz bei entzündlichen Veränderungen der Mund- und Rachenschleimhaut, schlecht heilenden Wunden, Ulcus cruris. Bis dato keine systematischen Studien bei Ekzemen, in der Prophylaxe der Radiodermatitis dem Placebo-überlegen. Lokal als Salbe (z.B. Calendumed Salbe) oder Essenz zur Herstellung von Bädern und Umschlägen. Cave: Allergiepotenz, Korbblütler!
Nachtkerzenöl: Samen der Oenothera biennis (gemeine Nachtkerze; s.u. Nachtkerzenöl), die zu 60-80% aus Linolsäure und zu 8-14% aus Gamma-Linolensäure, einer Omega-6-Fettsäure, keine positive Monographie, da nicht bearbeitet. Von der WHO anerkannt für die Indikation atopisches Ekzem, diabetische Neuropathie, Mastodynie. Wirksamkeit bis dato nicht ausreichend in Studien belegt. Lokal als Creme (z.B. Eucerin Omega®, Allergika Nachtsamenölcreme®), systemisch in Kapselform (z.B. Epogam®, Dosierung: 2-3 g/Tag = 4-6 Kps).
Borretschsamenöl ist ebenfalls reich an Gamma-Linolensäure und kann intern (z.B. Glandol®, Borretschöl-Kapseln) oder extern als Rezeptur appliziert werden.
Tormentillae rhizoma: Eine kleinere positive Anwendungsstudie liegt zu Tormentillae rhizoma (2% ) in einer gut streichfähigen Ö/W Grundlage vor (Hoffmann 2015).
Mittagsblumen-Salbe: Eine positive Anwendungsstudie liegt zu einer Paraffin-basierten Basispflege mit dem Saft der Essbaren Mittagsblume (s.u. Mesembryanthemum edule)" vor. Die derart behandelten atopischen Kinder hatten nach 16 Wochen eine signifikant erhöhte Hydratation des Str. corneum und einen geringeren transpepidermalen Wasserverlust (Schario 2014).
Saat-Hafer (Arzneipflanze des Jahres 2017): Extrakte des Haferkrauts (enthalten Flavonoide und Saponine) werden in medizinischen Bädern mit gutem Erfolg beim atopischen Ekzem eingesetzt.
Rationelle Phytopharmaka(Placebo-kontrollierte, z.T. doppelblinde Studien):
Betulin, Vorkommen in der Birkenrinde, zeigt eine antibakterielle, Juckreiz-lindernde, anti-entzündliche, Wundheilungs-fördernde und antitumorale Wirkung. In der lokalen Anwendung als Creme (Imlan® Creme pur und plus) führt es zu einer statistisch signifikanten Rehydrierung der Hornschicht, Verbesserung der Hautbarriere und signifikanter Reduktion des transepidermalen Wasserverlustes (Laszczyk 2009) .
Hypericum (Johanniskraut): Eine positive, randomisierte, Plazebo-kontrollierte Studie Halbseiten-Vergleichstudie liegt zum atopischen Ekzem mit einer 1,5% Creme-Applikation vor (Schempp 2003) mit signifikanter Überlegenheit im Vergleich zu Placebo. Lokale Anwendung (z.B. Bedan® Creme), zugelassen ab dem 6. Lebensmonat.
Cardiospermum-halicacabum-Blätter (Ballonrebenblätter) Extrakte aus der Mönchsköpfchen-Pflanze (nicht zu verwechseln mit dem "Mönchkopf" Infundibilicybe geotropa - einem essbaren Pilz aus der Familie der Ritterlingsartigen) wirken durch ihren Gehalt an Saponinen, Tanninen, Flavonoiden und Spuren von Alkaloiden antiekzematös. Klinische Studien mit Cardiospermum halicacabum zeigten gute antientzündliche Effekte vergleichbar dem Wirkstoff Bufexamac. Präparate: Dermaplant®-Salbe, Halicar®-Creme oder Halicar Salbe. Dermaplant bei Kindern bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres verordnungs- und erstattungsfähig bei atopischem Ekzem
Liquiritiae radix (Süßholzwurzel) das 1% und 2 % ige Gel zeigt in einer doppelblinden plazebokontrollierten Studie eine signifikante Besserung von Erythem, Ödem und Juckreiz (Besserung um 80 %). Handelsname: Atopiclair, anwendbar ab dem 6. Lebensmonat (Abramovits 2006).
Mahonie+Stiefmütterchen+Wassernabel als fixe Kombination in Ekzevowen® derma Creme zeigten ausschließlich im Winter eine statistisch signifikante Überlegenheit zu Placebo.
Interne Phytotherapeutika:
s. unter Cannabidiol, Dulcamaris
Ordnungstherapie
Die AD geht mit einer erheblichen Krankheitslast einher. Diese betrifft alle Bereiche der Lebensqualität, welche bei einem Großteil der Betroffenen signifikant eingeschränkt sind. Die Einbußen der Lebensqualität sind bei den Betroffenen im Durchschnitt höher als bei den meisten anderen Hautkrankheiten, wie auch bei vielen anderen chronischen internistischen Krankheiten wie Typ 2 Diabetes, Rheuma-Arthritis, Herzkrankheiten oder Hypertonus. Signifikante klinische Prädiktoren der eingeschränkten Lebensqualität sind u.a. starker Juckreiz , Befall der sichtbaren Körperareale wie Gesicht und Hände, ausgeprägte Hauttrockenheit, die Ausdehnung der Läsionen sowie Schlafstörungen.
Weiterhin tragen auch eine erhöhte Komorbidität insbesondere für atopische Erkrankungen, psychische Erkrankungen, somatische Belastungsstörung oder Depression sowie die deutlich größere Häufigkeit von Infektionen der Haut zur Minderung der Lebensqualität bei (Zander N et al. 2020) bei. Diese Komorbidität findet sich bereits bei Kindern mit atopischer Dermatitis. Eine gravierende Komplikation ist das Eczema herpeticatum.
Phytotherapie extern
s.a. unter Abschnitt Naturheilkunde -
Betulin, Glycyrrhiza glabra, Hypericum perforatum, Hyperici herba, Ballonrebe, Avena herba, Kleie-Bad
___________________________________
Positiv monographierte Phytotherapeutika
Dulcamarae stipites, Calendula, Hamamelis, Nachtkerze, Lebertran
_______________________________________
Hydrotherapie mit
Tee, schwarzer; Lavendelöl, Quercus cortex, Kamille, Teebaumöl, Sandelholz
Hinweis(e)
Atopie leitet sich vom dem griechischen Wort "atopos" ab (= am falschen Ort).
Die Bedeutung des atopischen Ekzems im Alltag wird durch die weltweit größte Untersuchung zur Auswirkung der Erkrankung auf das Leben von Betroffenen und Angehörigen ( ISOLATE-Studie) verdeutlicht.
Bewertung des klinischen Verlaufs ist anhand des SASSAD-Scores möglich.
Die Häufigkeit einer Sensibilisierung auf Nahrungsmittelallergene (s.u. Nahrungsmittelallergie) ist bei den Atopiker-Kindern besonders hoch, die bereits in den ersten drei Lebensmonaten ein atopisches Ekzem entwickelt haben und am geringsten bei Kindern, die erst nach Ablauf des ersten Lebensjahres Symptome eines atopischen Ekzems aufweisen.
Spezifische Immuntherapie: Eine spezifische Immuntherapie ist nur bei entsprechender pulmo-konjunktivaler oder bronchialer Symptomatik zu diskutieren. Cave! Verschlimmerung des Ekzems. Ggf. Gefahr des Etagenwechsels!
Hinweis(e)
Offenbar werden bei Kindern mit einer frühen atopischen Dermatitis gehäuft im Schulalter ADHS-Symptome (Aufmerksamkeits-Hyperaktivitässtörungen festgestellt (Schmitt J et al. 2018).
Verschiedene Syndrome sind mit Hautveränderungen vergesellschaftet, die als atopische Dermatitis diagnostiziert werden können:
- Hyper-IgE-Syndrom (DOCK8-Defizienz)
- Autosomal dominantes Hyper-IgE-Syndrom (STAT3-Defizienz)
- Wiskott-Aldrich-Syndrom
- Comèl-Netherton-Syndrom
- Ichthyosis vulgaris (30%ige Assoziation mit einer atopischen Dermatitis)
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