Definition
Inhibitor der Januskinase (Tyrosinkinase), der zur Behandlung der primären Myelofibrose, der Polycythämia vera und bei Post-Polycythämia-vera-Myelofibrose eingesetzt wird. Die Summenformel lautet: C17H18N6.
Pharmakodynamik (Wirkung)
Hemmung der Januskinasen 1 und 2 (s. Januskinasen).
Ruxolitinib ist ein selektiver Inhibitor der JAK1 und JAK2, wodurch die Zytokin-induzierte Phosphorylierung von STAT3 im Vollblut gehemmt wird. MF und PV sind Erkrankungen, bei denen eine Dysregulation der JAK1- und JAK2-Signalwege vorliegt.
Hierbei kommen mehrere Mechanismen in Frage:
- Hohe Spiegel zirkulierender Zytokine, die zur Aktivierung von JAK-STAT-Signalwegen führen (genauer Mechanismus siehe JAK-Inhibitoren).
- Gain-of-Function Mutationen wie z.B. JAK2V617F (MF-Patienten weisen unabhängig vom Mutationsstatus eine JAK-Dysregulation auf, bei PV-Patienten liegen in mehr als 95% der Fälle aktivierende Mutationen in JAK2 vor)
- Ausschaltung negativer Kontrollmechanismen
- Diese Mechanismen führen zu einer Überaktivierung der JAK-STAT-Signalkaskade und folglich zu einer Hyperproliferation hämatopoetischer Vorläuferzellen, die durch Ruxolitinib verhindert werden soll.
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Pharmakokinetik
Resorption: Nach Biopharmazeutischen Klassifizierungssystem (BCS) ist Ruxolitinib ein Klasse-I-Molekül mit einem hohen Permeationsvermögen und hoher Löslichkeit.
Ruxolitinib wird nach oraler Einnahme rasch resorbiert und erreicht seine maximale Plasmakonzentration (cmax) etwa 1 Stunde nach der Einnahme. Die mittlere cmax und die AUC erhöhen sich bei Einzeldosen von 5 bis 200 mg proportional. Die Einnahme von fettreichen Mahlzeiten hat keinen klinisch relevanten Einfluss auf die Pharmakokinetik von Ruxolitinib (cmax Reduktion um 24%, während die AUC nahezu unverändert bleibt).
Verteilung: Das mittlere Verteilungsvolumen liegt im Steady state bei MF- und PV-Patienten bei etwa 75 L. Ruxolitinib ist in klinisch relevanten Konzentrationen zu circa 97% an Plasmaproteine, vor allem Albumin, gebunden.
Metabolismus (Biotransformation): Ruxolitinib wird zu mehr als 50% über CYP3A4 mit zusätzlicher Beteiligung von CYP2C9 metabolisiert. Etwa 60% des Wirkstoffs liegt als Ausgangssubstanz im Blutkreislauf vor. Es sind 2 aktive Hauptmetaboliten im Plasma vorhanden, die 25% bzw. 11% der AUC der Ausgangssubstanz entsprechen (besitzen etwa 20 bis 50% der pharmakologischen Aktivität der Ausgangssubstanz bezogen auf JAKs).
Elimination: Ruxolitinib wird überwiegend durch Metabolisierung eliminiert, wobei der Großteil renal ausgeschieden wird. Die mittlere Eliminationshalbwertszeit beträgt etwa 3 Stunden.
Besondere Patientenpopulationen
Das Geschlecht und die Herkunft haben offenbar keinen pharmakokinetischen Einfluss. Für Patienten mit schweren Nierenfunktionsstörungen und mit einer Nierenerkrankung im Endstadium wird eine Dosisanpassung empfohlen, da die AUC der Metaboliten ansteigt. Bei Patienten mit Leberfunktionsstörungen wird eine Dosisreduktion um ungefähr 50% empfohlen, da die mittlere AUC für Ruxolitinib bei diesen Patienten erhöht ist.
Anwendungsgebiet/Verwendung
Ruxolitinib ist als Tablette in Dosierungen von 5, 10, 15 und 20 mg erhältlich.
Als Creme ist Ruxolitinib in einer 1,5%igen Konzentration auf dem Markt. Indikation: Atopische Dermatitis.
Indikation
Der JAK-Inhibitor Ruxolitinib (Jakavi®) ist primär indiziert zur Behandlung von myeloproliferativen Neoplasien. Dazu zählen Myelofibrose (MF) und Polycythaemia vera (PV).
Myelofibrose: Ruxolitinib wird angewendet bei krankheitsbedingter Splenomegalie oder Symptomen bei Erwachsenen mit primärer Myelofibrose (auch bekannt als chronische idiopathische Myelofibrose), Post-Polycythaemia-vera-Myelofibrose oder Post-Essentieller-Thrombozythämie-Myelofibrose.
Polycythaemia vera: Ruxolitinib ist ebenfalls indiziert zur Behandlung von Erwachsenen mit Polycythaemia vera, die resistent oder intolerant gegenüber Hydroxycarbamid sind.
Seit Mai 2023 ist der Wirkstoff außerdem in Forme einer Creme (Opzelura®) zur Unterstützung der Repigmentierung bei nichtsegmentaler Vitiligo auf dem deutschen Markt.
Experimentell ist der Einsatz bei Alopecia areata.
Experimentell wurde mit gutem klinischem Erfolg eine 1,5% Ruxolitinib-Creme bei der atopischen Dermatitis eingesetzt (Kim BS et al. 2020; Gong X et al. 2021).
Unerwünschte Wirkungen
Schwindel und Kopfschmerz. In den Phase-III-Studien wurden auch Thrombopenie, Leukopenie und Blutungen beschrieben. Weiterhin Ansteigen von Infektionen, Hypertonie.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Falto-Aizpurua L et al. (2014) Emerging treatments in alopecia. Expert Opin Emerg Drugs 19:545-556
- Gong X et al. (2021) Pharmacokinetics of Ruxolitinib in Patients with Atopic Dermatitis Treated With Ruxolitinib Cream: Data from Phase II and III Studies. Am J Clin Dermatol 22:555-566.
- Mesa R et al.(2016) The efficacy and safety of continued hydroxycarbamide therapy versus switching to ruxolitinib in patients with polycythaemia vera: a randomized, double-blind, double-dummy, symptom study (RELIEF). Br J Haematol. doi: 10.1111/bjh.14382.
- Kettle JG et al.(2016) Inhibitors of JAK-family kinases: an update on the patent literature 2013-2015, part 1. Expert Opin Ther Pat 7:1-17.
- Kettle JG et al.(2016) Inhibitors of JAK-family kinases: an update on the patent literature 2013-2015, part 2. Expert Opin Ther Pat 4:1-17.
- Kim BS et al. (2020) Treatment of atopic dermatitis with ruxolitinib cream (JAK1/JAK2 inhibitor) or triamcinolone cream. J Allergy Clin Immunol 145:572-582.
- Pieri L et al. (2014) Ruxolitinib-Induced Reversal of Alopecia Universalis in a Patient with Essential Thrombocythemia. Am J Hematol 2014 doi: 10.1002/ajh.23871.
- Xing L et al. (2014) Alopecia areata is driven by cytotoxic T lymphocytes and is reversed by JAK inhibition. Nat Med 20:1043-1049