Azathioprin

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Definition

Zu den Immunsuppressiva gehörender Wirkstoff (ursprünglich als Zytostatikum entwickelt worden). Imidazolderivat des 6-Mercaptopurins (6MP), das in der Leber durch eine Thiopurin-Methyltransferase (TPMT) zu 6MP metabolisiert wird (bei TPMT ist ein Polymorphismus bekannt, der sowohl zu einer verstärkten Inaktivierung als auch zu einer verstärkten Toxizität von AZT führen kann; etwa 10% der Normalbevölkerung sind heterozygote Träger eines Allels mit niedriger TPMT-Aktivität. Bei homozygoten Trägern kann AZT zu schwerer Myelosuppression führen). In der Wirkung entsprechen 100 mg Azathioprin ca. 60 mg 6MP. Beide Medikamente werden als Purinanaloga (über die Xanthinoxidase) zu Harnsäure abgebaut, ein Stoffwechselweg, der durch Allopurinol gehemmt werden kann. Allopurinol bewirkt eine Kumulation von Azathioprin bzw. 6MP mit der Gefahr der schweren Knochenmarkstoxizität. Bei gleichzeitiger Gabe von Purinanaloga und Allopurinol ist daher eine Dosisanpassung des Azathioprins vorzunehmen, s. Tab.

Halbwertzeit

4,5–5 h

Pharmakodynamik (Wirkung)

Hemmung der DNA- und RNA-Synthese, Immunsuppression, antientzündliche Wirkung, Hemmung der humoralen und zellvermittelten Immunantwort, Hemmung von B-Zellproliferation sowie IgG- und IgM-Synthese, Unterdrückung der CD4-Zellen, Stimulation der CD8-Zellen.

Indikation

Azathioprin ist nach den Glukokortikoiden ( Glukokortikoide, systemische) das am häufigsten eingesetzte Immunsuppressivum. Sein Vorzug liegt in der Kombinierbarkeit mit anderen Immunsuppressiva, z.B. Methotrexat oder Ciclosporin A.
  • Absolute Indikationen: Systemischer Lupus erythematodes, Mischkollagenosen (Overlap-Syndrome), Polymyositis/Dermatomyositis, Panarteriitis nodosa, Pemphigus vulgaris, bullöses Pemphigoid.
  • Azathioprin Mittel der 2. Wahl: Wegener'sche Granulomatose, M. Behçet, Pyoderma gangraenosum, Polymyalgia rheumatica, systemische Sklerodermie, primäres Sjögren-Syndrom, rheumatiode Arthritis, Psoriasisarthritis, juvenile chronische Arthritis, essentielle Kryoglobinämie.
  • Ausnahmeindikationen einer Azathioprintherapie: Persistierendes Erythema exsudativum multiforme, Spondylitis ankylosans, Infektarthritiden (z.B. Lyme-Arthritis, reaktive Arthritis), degenerative Erkrankungen, Fibromyalgie-Syndrom.

Eingeschränkte Indikation

Leber- und Nierenerkrankungen (sorgfältige hämatologische Kontrollen, evtl. Dosisreduktion), Lesch-Nyhan-Syndrom (reduzierte Wirksamkeit), gleichzeitige oder kürzlich abgeschlossene zytostatische/myelosuppressive Therapie, Thiopurinmethyltransferase (TMPT)-Mangel (rasch einsetzende Myelosuppression). Nachweisbar sind DNA-Strangbrüche bei Azathioprin-Einnahme und UVA-Bestrahlungen (der Azathioprinmetabolit 6-Thioguanin wird in die zelluläre DNA eingebaut und wirkt dort als UVA-sensitives Chromophor!)

Dosierung und Art der Anwendung

  • Erwachsene: 1-2,5 mg/kg KG/Tag p.o.
  • Kinder ab 1 Jahr: 50-150 mg/Tag p.o.
  • Kinder ab 12 Jahren: 100-200 mg/Tag p.o.

Merke! Die Tagesdosis kann auf drei ED (z.B. 3mal/Tag 50 mg) verteilt werden. Mit dem Wirkungseintritt kann nach 3-4 Wochen gerechnet werden, dies ist an einem "steroidsparenden Effekt" erkennbar!

Unerwünschte Wirkungen

S. Tab. Bei starken Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Hepatotoxizität, Knochenmarkdepression sowie Schleimhautulzerationen sollte eine Thiopurin-Methyltransferase-Defizienz ausgeschlossen werden. Dies Enzym ist für die Metabolisierung des Azathioprins verantwortlich.

Wechselwirkungen

S. Tab.

Kontraindikation

Schwere Leber-, Nieren- und Knochenmarksschäden, Pankreatitis, Impfungen mit Lebendimpfstoffen (Mumps, Masern, Röteln, Polio, BCG), schwere Infektionen (Systemmykosen, Toxoplasmose, Tuberkulose), Schwangerschaft, Stillzeit, Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff bzw. 6-MP.

Präparate

Imurek, Zytrim

Hinweis(e)

  •  Merke! Während der Behandlung und bis zu 6 Monate danach ist eine effektive Kontrazeption sowohl bei Männern als auch bei Frauen durchzuführen! Blutuntersuchungen (BB und Leberwerte) im 1. Monat wöchentlich, im 2. und 3. Monat alle 14 Tage, dann monatlich!

  • Die Therapie kann unproblematisch über 4-6 Jahre fortgeführt werden (danach steigt das Risiko eines hepatozellulären Karzinoms drastisch an!).
  • Das Abbauprodukt des Azathioprins, 6-Thioguanin, wird in die DNA eingebaut und wirkt als UVA-sensitives Chromophor, das Chromosomenstrangbrüche bei UVA-Bestrahlung induziert (s.a. DNA-Reparatur).  
  • Es empfiehlt sich, u.U. vor Beginn den TPMT-Status bestimmen zu lassen! 

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Brem R et al. (2010) DNA breakage and cell cycle checkpoint abrogation induced by a therapeutic thiopurine and UVA radiation. Oncogene 29:3953-3963
  2. Meggitt SJ et al. (2011) Association of Dermatologists' guidelines for the safe and effective prescribing of azathioprine. Br J Dermatol 165:711-734.

Tabellen

Nebenwirkungen von Azathioprin

Atemwegsorgane

Alveolitis, Dyspnoe, grippeähnliche Symptome, Husten, selten interstitielle Pneumonie

Blut/Lymphe

dosisabhängige Blutbildungsstörung, Leukopenie (bis 50%), Thrombopenie, Anämie, Panzytopenie, Eosinophilie, Leukozytose, Blutungsneigung, Megaloblastenanämie (Gabe von Leukoverin!), akute myeloische Leukämie, Non-Hodgkin-Lymphome (0,5%)

Elektrolyte, Stoffwechsel, Endokrinium

Hyperbilirubinämie, Retikulumzell-Ca, Mamma-Ca

GIT

Brechreiz, Erbrechen, Magen-Darm-Störungen, Appetitlosigkeit (12%), Diarrhoe (je nach Quelle: 5-20% der Pat.), Steatorrhoe, intrahepatische Cholestase mit Erhöhung von AP, GPT, GOT (reversibel), Darmperforation, Divertikulitis, Dysphagie, toxische Hepatitis (1-5%, nach Absetzen reversibel), Budd-Chiari-Syndrom (bei Nierentransplantierten), Pankreatitis (reversibel), Parotitis, primäres Leberzellkarzinom (nach langjähriger Therapie)

Haut

Urtikaria (je nach Quelle: 2-8% der Pat.), Exantheme (2%), Alopezie (reversibel), Schleimhautulzera, bakterielle Hautinfektionen, Verrucae vulgares, Herpes zoster und Herpes simplex sowie spinozelluläre Karzinome (v.a. bei höherer Dosierung)

Herz-Kreislauf

Herzrhythmusstörungen, RR-Abfall, Hypotonie bis zum Kreislaufkollaps

Nervensystem

Neuritis, Parästhesien, Rigor, Schwindel, Verschlimmerung einer Myasthenia gravis bis hin zur myasthenischen Krise

Niere

Nierenfunktionsstörungen

Sonstige

Fieber, erhöhte Infektneigung, Chromosomenveränderungen (nach Absetzen reversibel), Teratogenität

Stützapparat

Arthralgien, Arthritis, Myalgien, Myositis

 

 

Wechselwirkungen von Azathioprin

 

ACE-Hemmer

schwere Leukopenie

Allopurinol

Azathioprin-Spiegel ↑, Allopurinol-Wirkung ↓ (gemeinsamer Metabolisierungsweg über die Xanthinoxidase)

Lebendvirusimpfstoffe

Gefahr atypischer Reaktionen, Kombination meiden

Pancuronium

Pancuronium-Wirkung ↓

Penicillamin

Penicillamin-Toxizität ↑

Suxamethonium

neuromuskuläre Blockade ↑

Totimpfstoffe

Totimpfstoff-Wirkung ↓, Immunantwort ↓

Trimethoprim-Sulfonamide

Antifolataktivität ↑, Trimethoprim-Sulfonamid-Toxizität ↑, Nierenschäden

Tubocurarin

Tubocurarin-Wirkung ↓

 

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