Hyper-IgE-Syndrom (Übersicht) D82.4

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Buckley-Syndrom; HESA; HIES; Hiob-Syndrom; Hyper IgE Syndrom; Hyper-IgE Syndrom; hyper-IgE syndrome; Hyperimmunglobulin-E-Staphylokkoken-Abszess-Syndrom; Hyperimmunglobulin E Syndrom; Hyperimmunglobulin-E-Syndrom; Hyperimmunglobulin E syndrome; Job's-syndrome

Erstbeschreiber

Davis, 1966; Buckley, 1972

Definition

Das Hyper-IgE-Syndrom besteht aus einer kleinen Gruppe seltener, genetisch heterogener, meist autosomal-rezessiv vererbter Immundefizienz-Syndrome (Multisystemerkrankung) mit folgender klinischen Trias:

  • Rezidivierende Hautinfektionen v.a. durch Staphylokokken (Hautabszesse, mit geringer Inflammation/kalte Abszesse)
  • Rekurrierende Infekte des oberen und unteren Respirationstraktes (Bronchitiden, eosinophile Lungeninfiltrate, Bronchopneumonien-J18.0)
  • exzessive Erhöhung des Serum-IgE und rekurrierende Bluteosinophilie (D72.1). 

Hinzu kommt je nach Genotyp eine Anzahl weiterer klinischer Symptome (Skelettanomalien, einschließlich Kraniosynostose und Skoliose, Kleinwuchs, Hüftluxation, Kraniosynostose, Bronchiektasen, Fingerkontrakturen, Ellenbogenkontrakturen, retinierte Zähne, hoher Gaumen, atopische Dermatitis; Diarrhö, Sprachstörungen)

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Vorkommen/Epidemiologie

Selten; bisher sind etwa 300 Fälle in der Literatur beschrieben.

Ätiopathogenese

Der Phänotyp "Hyper-IgE-Syndrom" kennzeichnet sich durch einen variablen Gentoyp.

Autosomal dominanter Genotyp:

Weitere autosomal - rezessive Varianten:

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Hyper-IgE-ähnliche Immundefizienzsyndrome mit Mutationen in den Genen (TYK2, PGM3, SPINK5,TGFBR1):

  • Immundefizienz 35TYK2-Gen (Tyrosinkinase Defekt/OMIM:611521)

  • Immundefizienz 23PGM3-Gen (Phosphoglucomutase3-Defekt/OMIM:615816)

  • Netherton-Syndrom: SPINK5-Gen (Serine Peptidase Inhibitor Kazal 5/OMIM:256500)

  • Loeys-Dietz-SyndromTGFBR1-Gen (Transforming Growth Factor Beta Receptor 1“/OMIM 609192). Patienten mit dem Loeys-Dietz-Syndrom, einer komplexen Bindgewebsstörung, entwickeln häufig immunologische Störungen: Nahrungsmittelallergien, Asthma oder Zeichen einer atopischen Dermatitis oder entzündliche Darmerkrankungen. Hierbei ergeben sich Überschneidungen zu dem Hyper-IgE-Syndrom.

Manifestation

Im Säuglingsalter oder frühen Kindesalter auftretend. Beide Geschlechter sind gleich häufig betroffen.

Lokalisation

Haut: Gesicht, behaarter Kopf, Halsregion.

Schleimhäute: Obere- u. untere Luftwege.

Klinisches Bild

Meist Manifestation als "superinfiziertes atopisches Ekzem" oder  als "Eosinophile pustulöse Follikulitis" (Chamlin SL et al. 2002) , mit rezidivierenden abszedierenden Infektionen der Haut (Gesicht, Halsbereich), der Schleimhäute der oberen (Sinusitis, Otitis media) und unteren bei 40% der Patienten sind eosinophile Lungeninfiltrate nachweisbar/eosinophile Pneumonie) Luftwege sowie Lungenzysten.

Rezidivierende, bakterielle Infektionen mit charakteristischem Verteilungsmuster: Haut (Gesicht, behaarter Kopf, Halsregion), Schleimhäute der oberen Luftwege (Sinusitis, Otitis media) und Lungen (Pneumonie). Erreger ist überwiegend Staphylococcus aureus; aber auch andere grampositive und gramnegative Erreger werden vielfach nachgewiesen. Oft bilden sich Abszesse mit und ohne klinischen Entzündungszeichen (häufig "kalte Abszesse", jedoch nicht obligat).

Gehäuft sind mykotische Infektionen, meist als mukokutane Candidiasis verlaufend, mit schweren Nageldystrophien.

Zahnveränderungen: Persistierende Milchzähne wegen Nichtanlage oder verzögertem Durchbruch, hoher bogenförmiger Gaumen. 

Vereinzelt sind Fälle mit assoziierter Cutis verticis gyrata beschrieben worden. Bekannt sind juvcnile Fälle mit assoziiertem bullösem Pemphigoid (Erbagci Z 2008).    

Labor

Meist ist eine exzessive polyklonale IgE-Erhöhung (Werte bis 40.000 IU/ml) im Serum nachweisbar, mit Staphylokokken- und Candida-spezifischem IgE in hohem Titer. Weiterhin kann Eosinophilie in Blut (ca. 90% aller Fälle), Sputum und Eiter vorhanden ein. Die Chemotaxis von neutrophilen Granulozyten ist inkonstant vermindert.

Diagnose

IgE:polyklonale Vermehrung meist > 5000 IU/ml.

RAST: häufig Staphylokokken und Candida-spezifisches IgE.

Blutbild:rezidivierende Eosinophilie.

Bei Infekten häufig fehlender oder geringer Ansteig der  Akutphase-Proteine 

Sputum und Abszess-Ausstrich: Eosinophilie

Lymphozytentransformations-Test:normale Reaktion auf PHA und ConA sowie verminderte Reaktion auf Antigene z.B. Tetanus.

Differentialdiagnose

Atopische Dermatitis; Eosiophilie anderer (z.B. reaktiver) Genese

Komplikation(en)

Todesursache ist meist eine pulmonale Insuffizienz infolge rezidivierender Infektionen der unteren Luftwege (Erreger: Pseudomonas aeruginosa oder Pilzspezies, meist Aspergillusarten). Auch zerebrale mykotische Infekte können eine mögliche Todesursache sein. Maligne Lymphome und systemischer Lupus erythematodes (Einzelfallmitteilungen) können begleitend auftreten.

Externe Therapie

Polidocanol-Creme R200 gegen den Juckreiz. Bei antimykotischen Infekten lokale Azolderivate wie Ketoconazol (z.B. Nizoral Creme). Hauthygiene und pflegende Cremes mit antiseptischen Zusätzen wie 0,5-2% Clioquinol-Creme (z.B. Linola-Sept, R049 ), um die bakteriellen und antimykotischen Sekundärinfektionen einzudämmen. Externe Glukokortikoide wie 0,1% Triamcinolon-Creme (z.B. Triamgalen, R259 ) sind in ihrer Wirksamkeit umstritten, können aber kurzzeitig versucht werden.

Interne Therapie

Keine einheitlichen Therapieschemata; die Resultate sind vielfach unbefriedigend, symptomatische Therapie steht im Vordergrund. Den rezidivierenden Infekten angepasste Therapie. Häufig Staphylokokkeninfektionen, deshalb penicillinasefeste Penicilline wie Dicloxacillin (z.B. InfectoStaph) oder Flucloxacillin (z.B. Staphylex Kps.) 2-3 g/Tag in 3 ED. Antihistaminika wie Desloratadin (z.B. Aerius) 1 Tbl./Tag gegen den starken Juckreiz. Ggf. antikoagulatorische Therapie zur Vorbeugung von Thrombembolien. Engmaschige Kontrollen auf bakterielle und mykotische Superinfektionen! Gefahr der pulmonalen Insuffizienz nach rezidivierenden Pneumonien.

Glukokortikoide werden v.a. bei urtikariellen Effloreszenzen und Angioödemen in mittlerer Dosierung angewendet, z.B. Prednisolon 40-60 mg/Tag (z.B. Decortin H Tbl.), langsam ausschleichen, Erhaltungsdosis: 2-10 mg/Tag p.o. Vit. C und Cimetidin (z.B. Tagamet Filmtbl. 2mal 200 g/Tag) sollen die Infekthäufigkeit reduzieren. Einsatz von Isotretinoin soll die Häufigkeit der Staphylokokken-Infektionen vermindern.

Interferone wie Interferon gamma. 0,05 mg/m2 KO wurden in Einzelfällen versucht. In schweren Fällen kommen hoch dosierte Glukokortikoide in Kombination mit Zytostatika wie Hydroxycarbamid (z.B. Litalir) 50-80 mg/kg KG/Tag p.o. zum Einsatz. Auch Vincristin (insbes. bei massivem Anstieg der Eosinophilen), Etoposid oder Chlorambucil kommen als Kombinationspartner infrage.

Gammaglobuline oder Plasmapherese können versucht werden.

Verlauf/Prognose

Langzeitprognose ist unbekannt.

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Al-Shaikhly T et al. (2019) Hyper IgE syndromes: clinical and molecular characteristics. Immunol Cell Biol 97:368-379.
  2. Belohradsky BH, Däumling S, Kiess W, Griscelli C (1987) Das Hyper-IgE-Syndrom (Buckley- oder Hiob-Syndrom). Ergebnisse der Inneren Medizin und Kinderheilkunde 55: 1–39
  3. Buckley RM, Wray BB, Belmaker EZ (1972) Extreme hypergammaimmunoglobulinemia E and undue susceptibility to infection. Pediatrics 49: 59
  4. Buckley RH, Becker WG (1978) Abnormalities in the regulation of human IgE synthesis. Immun Rev 41: 288-314
  5. Chamlin SL et al. (2002) Cutaneous manifestations of hyper-IgE syndrome in infants and children. J Pediatr 141: 572-575
  6. Davis SD, Schaller J, Wedgwood RJ (1966) Job's syndrome: recurrent, 'cold,' staphylococcal abscesses. Lancet I: 1013-101
  7. Erbagci Z (2008) Childhood bullous pemphigoid in association with hyperimmunoglobulin E syndrome. Pediatr Dermatol 25: 28-33. 
  8. Frey-Jakobs S et al. (2018) ZNF341 Controls STAT3 Expression and Thereby Immunocompetence. Sci Immunol  3(24):1–11.
  9. Grimbacher B et al. (1999) Hyper-IgE syndrome with recurrent infections--an autosomal dominant multisystem disorder. N Engl J Med 340: 692-702
  10. Hochreutener H et al. (1991) Variant of Hyper-Ig-E Syndrome: The differentiation from atopic dermatitis is important because of treatment and prognosis. Dermatologica 182: 7–11
  11. Ito R et al. (2003) Selective insufficiency of IFN-gamma secretion in patients with hyper-IgE syndrome. Allergy 58: 329-336

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