Pruritus (Übersicht) L29.8

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 16.12.2024

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Synonym(e)

Hautjucken; Hautjuckreiz; Juckreiz; Juckreiz der Haut

Definition

Häufig auftretendes, sehr differenziert zu therapierendes (polyätiologisches) Symptom bei zahlreichen Hauterkrankungen oder auch bei Erkrankungen innerer Organe oder Systeme.

Auftreten ist aber auch ohne sichtbare Ursache (alte Bezeichnung: Pruritus sine materia) oder als somatoforme Störung möglich.

Zu unterscheiden sind:

  • der lokalisierte (manchmal auch punktförmige) oder der diffuse u.U. generalisierte Pruritus
  • der akute oder chronische Pruritus (chronischer Pruritus = > 6 Wochen) 
  • der durch äußere oder innere Einflüsse entstehende Pruritus.

Häufig wird Pruritus als unterschiedlich empfundene Sensation der Haut und/oder der Halbschleimhäute (prickelnd, stechend, brennend, beißend) empfunden. Er wird je nach Qualität reflexartig mit Quetschen, Kratzen, Reiben oder Scheuern beantwortet.

Juckreiz kann auch mit einer Small Fiber Neuropathie einhergehen.

Einteilung

Zur subjektiven Beurteilung der Pruritusintensität existieren mehrere Messmethoden und -Verfahren, so die englischsprachige "Itch Severity Scale" oder die Virtuelle Analogskala  (VAS) die nach 5 Qualitäten (Analogskala von 0-10) unterscheidet, die hier der Einfachheit-halber :

  • 0           =  kein Pruritus
  • 0,1-2,9  = geringer/milder Pruritus
  • 3,0-6,9  = moderater/mittelschwerer Pruritus
  • 7,0-8,9   = schwerer Pruritus
  • 9,0-10,0 = sehr schwerer Pruritus

Grundsätzlich sollte unterschieden werden, ob sich Pruritus in normaler oder entzündlich veränderter Haut entwickelt.

Pruritus auf primär unveränderter Haut (überholte Bezeichnung: Pruritus sine materia):

  • Endokrine und metabolische Störungen:
    • Urämischer Juckreiz (reines Jucken, geleg. attackenartig, regelmäßig sehr schwer)
    • Cholestatischer Pruritus (Hepatopathien mit Cholestase: Verschlussikterus, medikamentöse Cholestase, primär biliäre Zirrhose, Hepatitis, primär sklerosierende Cholangitis:  reines Jucken, mechanisch induzierbar, durch Kratzen nicht reduzierbar) - s.a. Lebererkrankungen, Hautveränderungen.
    • Diabetes mellitus (neuropathischer Juckreiz, schmerzhafte Qualitäten wie Brennen, Stechen, Reißen, Intensität je nach Diabetesdauer leicht bis schwer) 
    • Hyper- oder Hypothyreose (eher gering)
    • Hyperparathyreoidismus
    • Malabsorption (Glutensensitive Enteropathie, Essstörungen)
    • Perimenopausaler Pruritus
  • Infektionen:
    • Intestinale Parasitosen (Wurmerkrankungen, Gardia lamblia)
    • Onchozerkose
    • HIV-Infektion
    • Epizoonosen.
  • Hämatologische und lymphoproliferative Erkrankungen:
  • Solide Malignome:
    • Zervix-, Prostata-, Dickdarmkarzinom, Pankreaskarzinom, Gallengangs- und Gallenblasenkarzinom
  • Neurologische Erkrankungen:
  • Psychische Erkrankungen:
  • Arzneimittel-induziert (s. Pruritus Arzneimittel-induzierter):
    • z.B. durch ACE-Hemmer oder Fumarate (heller quälender Juckreiz, durch Reiben gebessert)

Pruritus auf primär veränderter Haut (Pruritus cum materia):

Durch relevanten Juckreiz gekennzeichnete entzündliche/neoplastische Hauterkrankungen unterschiedlicher Genese:

Vorkommen/Epidemiologie

Pruritus ist das am häufigsten beklagte Symptom in der Dermatologie und dennoch existieren bis heute nur wenige, verlässliche wissenschaftliche Untersuchungen zu Pathophysiologie, Inzidenz und Prävalenz des Pruritus. Die Häufigkeit von chronischem Pruritus im allgemeinmedizinischen Krankengut wird auf etwa 8% geschätzt, andere Studien sprechen bis zu 20 %.

Man weiß man mittlerweile, dass es sich bei den Nervenfasern, die den Juckreiz leiten, um freie unmyelinisierte Nervenendigungen handelt, die mit besonders dichten Verzweigungen in der Epidermis der Haut, den Schleimhäuten und der Cornea vorkommen. Die dort aufgenommenen Informationen werden mit den Signalen für Schmerz und thermische Empfindungen zunächst im ipsilateralen, nach synaptischer Verschaltung im kontralateralen Tractus spinothalamicus lateralis fortgeleitet. Über die Verarbeitung im Gehirn existieren aktuell divergierende Informationen. Es wurde sowohl Aktivität im motorischen als auch im sensorischen Bereich des Kortex gefunden. So scheinen Schmerz und Juckreiz zwar dieselben Wege zu benutzen, doch wurde beim Juckreiz  im Gegensatz zum Schmerz bisher keine subkortikale Aktivierung gefunden.

Ätiopathogenese

Bisher wurden zahlreiche potentielle chemische Mediatoren des Pruritus identifiziert:

  • Histamin aus Mastzellen und Keratinozyten bindet an H1- und H2-Rezeptoren auf peripheren Nervenendigungen. Es resultiert daraus die Depolarisation des Nerven und Freisetzung des Neuropeptids Substanz P. Histamin kann die SP-Freisetzung über H3-Rezeptoren hemmen.
  • Neurotransmitter des autonomen Nervensystems (Acetylcholin): Freisetzung ist u.a. auch aus Keratinozyten möglich. Bindung an muscarinerge (M1-M5) und nikotinerge Acetylcholin-Rezeptoren. Funktionell vermittelt es vor allem Schmerz (Nozizeption). Stimulation der M3-Rezeptoren und der nikotinergen Rezeptoren vermittelt Juckreiz, z.B. bei atopischem Ekzem.
  • Bradykinin verursacht in der Haut vor allem Schmerz über den B2-Rezeptor, bewirkt aber auch eine Degranulation von Mastzellen und verstärkt z.B. die Histamin-Wirkung an der Nervenfaser, die Ausschüttung von Substanz P und Prostaglandin E.
  • Serotonin wirkt über Serotonin 3-Rezeptoren juckreizfördernd. Serotonin 3-Rezeptor-Antagonisten zeigen jedoch keine Wirkung auf nephrogenen Juckreiz.
  • Endothelin wird durch Endothelzellen produziert und verursacht über Stimulation von Nervenfasern und die Freisetzung von NO eine neurogene Entzündungsreaktion, die mit brennendem Juckreiz einhergeht.
  • Vanilloid-Rezeptoren auf sensiblen Hautnerven sind Kationenkanäle, die Vanilloide binden und u.a. auch durch Capsaicin und Wärme aktiviert werden. Sie vermitteln brennende Schmerzen und Juckreiz. Wiederholte Capsaicin-Applikation führt zur Desensibilisierung der Nervenfaser und zur Unterdrückung von Juckreiz.
  • Proteinasen wie Trypsin, Chymotrypsin und Papain scheinen ebenfalls Juckreiz auszulösen, der durch Antihistaminika-Gabe geblockt werden kann. Trypsin aus Mastzellen aktiviert PAR-2 (Proteinase activated receptor 2), der auf peripheren Nervenfasern exprimiert wird. Erhöhte Konzentrationen von Trypsin und PAR-2 wurden bei Patienten mit atopischer Dermatitis gefunden.
  • Autotaxin (ATX), auch bekannt als Ektonukleotid-Pyrophosphatase / Phosphodiesterase 2 (NPP2 oder ENPP2), ist ein Membran Ektoenzym, das als Phosphodiesterase und Phospholipase wirksam ist. Autotaxin wird beim Menschen vom ENPP2-Gen kodiert das auf Chromosome 8q24.12 lokalisiert ist. Autotaxin ist für die Bildung des Lipidsignalmoleküls Lysophosphatidsäure (LPA) wichtig. Autotaxin weist eine Lysophospholipase D-Aktivität auf und spaltet Lysophosphatidylcholin in das Signallipid Lysophosphatidsäure (LPA). ATX spielt bei allen Formen von cholestatischem Juckreiz eine wesentliche Rolle (Ständer S 2018).

Modulation der Sensibilität:

  • Prostaglandine potenzieren Histamin-induzierten Juckreiz und sind auch selber in der Lage, leichten Juckreiz auszulösen.
  • Interleukine: IL-2 verursacht Juckreiz durch Aktivierung von C-Nervenfasern. IL4 kann in Mäusen atopisches-Ekzem-artige Hautveränderungen auslösen. IL-6 und der IL-6-Rezeptor werden in Nervenzellen exprimiert und vermehrt z.B. in Prurigo-Papeln gefunden.
  • Neurotrophine und Nerve Growth Factor (NGF) bewirken Nervenwachstum. NGF und Neurotrophin-4 aus Keratinozyten werden bei Prurigo nodularis und bei der atopischen Dermatitis überexprimiert.
  • Opioide (z.B. β-Endorphin, Enkephaline und Endomorphine) scheinen über verschiedene Opioid-Rezeptoren die Sensibilität peripherer Nervenendigungen über Hemmung z.B. von Substanz P-Ausschüttung zu vermindern. Systemisch verabreichte Opioide können jedoch Juckreiz induzieren.
  • Cannabinoide vermindern über CB1- und CB2-Rezeptoren Histamin-induzierten Juckreiz. Zur Behandlung von chronischem Pruritus wurden in einer Studie topisch Cannabinoidagonisten eingesetzt. Bei 86,4% der Probanden erfolgte nach mehrwöchiger Therapie eine signifikante Juckreizlinderung.
  • Die Aktivierung der Kälterezeptoren CMR1 und ANKTM1 (Ionenkanäle) durch Abkühlung der Hautoberfläche führt zu einer Reduktion von Juckreiz.

Eosinophile Granulozyten:

  • In der Haut werden eosinophile Granulozyten bei entzündlich allergischen Erkrankungen häufig in der Nähe peripherer Nervenfasern gefunden. So stehen eosinophile Granulozyten bei der Prurigo nodularis in direktem Kontakt mit peripheren Nerven. EDN und ECP haben neurotoxische Wirkung. EDN kann in Läsionen von Patienten mit Prurigo nodularis nachgewiesen werden. Eosinophile Granulozyten können Neurotrophine wie NGF (Nerve growth factor) und BDNF (Brain-derived-neurotrophic factor) freisetzen. BDNF verhindert die Apoptose eosinophiler Granulozyten. Neurotrophine sind für ihre neurotrophe und neuroprotektive Aktivität bekannt. Weiterhin induzieren Neurotrophine die Chemotaxis eosinophiler Granulozyten. Sie stellen daher wichtige Mediatoren für die Einflussnahme der kutanen Entzündungen dar. Sie spielen eine wichtige Rolle bei dem Vorgang der Sensibilisierung und bei der Entwicklung von Pruritus. Neben Neurotrophinen können eosinophile  Granulozyten auch Neuropeptide wie Substanz P, VIP (vasoaktives intestinales Peptid) freisetzen. Beide Mediatoren sind an der Vermittlung von Pruritus beteiligt.

Mastzellen:

  • Vasoaktives intestinales Peptid, Neurotensin, Somatostatin, Sekretin sowie Substanz P und Corticotropin-releasing Hormone (CRH) induzieren Juckreiz, Quaddelbildung und Erythem durch Degranulation von Mastzellen.
  • Substanz P wirkt über Neurokinin-Rezeptoren auf Mastzellen und die Freisetzung von NO. Durch Stress kommt es zu erhöhten Substanz P- und CRH-Konzentrationen in der Haut und damit zur Mastzelldegranulation.
  • Gemeinsam mit Substanz P wird häufig das Neuropeptid Calcitonine-gene-related Peptide (CGRP) gefunden, welches möglicherweise einen inhibitorischen Effekt auf Substanz P bewirkt.

Leukotriene:

  • Die Rolle von Leukotrienen (s.u. Eikosanoide) bei der Entstehung von Juckreiz ist unklar. Leukotrien-B4 verursacht bei Mäusen Juckreiz; die nächtliche Leukotrien-B4-Ausscheidung im Urin korreliert mit der Stärke des Juckreizes bei der atopischen Dermatitis. Substanz P, ein potenter Juckreizvermittler, setzt die Arachidonsäurekaskade zur Produktion von Prostaglandinen und Leukotrienen in Gang, Leukotrienantagonisten wirken u.a. daher antipruriginös.

Haes:

  • Ablagerungen von HAES oder Polyvinylpyrrolidon in den peripheren Nervenendigungen können ebenfalls massiven Juckreiz auslösen.

Labor

Laboruntersuchungen die zur Abklärung des Symptoms Prurigo führen können:

  • BSG, Differential-Blutbild, Harnsäure, Harnstoff, Kreatinin, Transaminasen, Alkalische Phosphatase, Bilirubin, Glukose, HbA1c Schilddrüsenfunktionstest (TSH, T3, T4), Nebenschilddrüsenfunktion (Calcium, Phosphat), Serumeisen, Ferritin, Serumproteinelektrophorese, Serumimmunelektrophorese, Antinukleäre Antikörper (ANA), Extranukleäre Antikörper (ENA), Schilddrüsen-Antikörper, HIV-Diagnostik (ELISA, PCR), Tryptase (bei V.a. Mastozytose)
  • Röntgenbild des Thorax
  • Stuhluntersuchung auf Eier, Parasiten, okkultes Blut
  • Allergiediagnostik: Gesamt IgE, Histamin, Serotonin, Pricktest (Hauptallergene), Epikutantest, Urindiagnostik (Sediment, 5-Hydroxyindolacetin-Säure, Mastzellmetaboliten).

Diagnose

Der Pruritus ist ein subjektiv empfundenes Symptom, das nicht mit physikalischen oder biophysikalischen Methoden messbar ist. Daher sind verschiedenste Skalen (kategorielle Skalen, Intervall-Skalen, kontinuierliche Skalen) und Fragebögen (Worchester Itch Index, Eppendorf Itch Questionnaire, s.a. Itchyquol) zur direkten oder indirekten (über das Kratzverhalten) Evaluation des Juckreizes entwickelt worden. Bei der indirekten Beurteilung des Juckreizes über das Kratzverhalten ist zu beachten, dass stark juckende Erkrankungen wie z.B. die Urtikaria und die Mastozytose nur selten zum Kratzen, sondern vielmehr zum Reiben und Drücken führen.

Anamnestisch wichtige Faktoren die zur Abklärung des Symptoms führen können:

  • Beginn (z.B. abrupt, graduell, bereits vorausgehende Juckreizepisoden)
  • Zeitlicher Verlauf (z.B. kontinuierlich, intermittierend, zyklisch, nacht-betont)
  • Dauer (z.B. Tage, Wochen, Monate, Jahre)
  • Charakter des Juckreizes (z.B. prickelnd, brennend, stechend)
  • Schwere (z.B. beeinträchtigt das alltägliche Leben bzw. die Nachtruhe)
  • Lokalisation (z.B. generalisiert, lokal begrenzt, einseitig, beidseitig)
  • Beziehung zu bestimmten Aktivitäten (z.B. Beruf, Hobbies)
  • Provozierende Faktoren (z.B. Wasser, Hautkühlung, Luft, körperliche Anstrengung)
  • Löst Kratzen, Reiben oder Druck bereits Juckreiz aus?
  • Theorie des Patienten zur Ursache des Pruritus (Dosierung, Dauer und Häufigkeit der Anwendung bzw. Einnahme topischer oder systemischer Medikamente
  • Gezieltes Befragen nach HAES-Infusionen (s.u. Pruritus nach HAES-Infusionen) oder Dialyse
  • Bekannte lokale oder systemische Allergien
  • Atopische Diathese (Ekzeme, allergische Rhinitis, allergisches Asthma)
  • Vorerkrankungen (Schilddrüsen-, Leber-, Nieren- oder andere systemische Erkrankungen)
  • Familienanamnese zur Atopie, Hauterkrankungen und Juckreiz
  • Berufliche Tätigkeit
  • Hobbies
  • Soziales Umfeld (häusliche Umgebung, Personenkontakte, Ernährung, Stressfaktoren)
  • Drogen (Nikotin, Alkohol, i.v.-Drogen)
  • Hautpflegegewohnheiten, Gebrauch von Kosmetika
  • Haustiere (Typ I Sensibilisierungen)
  • Sexualanamnese (bei Pruritus genitalis)
  • Reiseanamnese (Ausschluss von Epizoonosen oder Zoonosen)
  • Bereits gestellte Verdachtsdiagnosen.

Erfassung und Dokumentation der Pruritusintensität- auch zur Therapiekontrolle mittel visueller Analogskala (VAS) oder numerischer Ratingskala mit Angabe der Intensität des Juckreizes von 0 bis 10.

Therapie

Bisher gibt es kein antipruriginöses Medikament, dessen Wirksamkeit mit dem Erfolg des Aspirin in der Schmerztherapie gleichzusetzen wäre. Daher muss die Therapie individuell in Abhängigkeit von Patient und Erkrankung zusammengestellt werden.

  • Allgemein:
    • Tragen bequemer Kleidung (keine Wolle oder synthetische Fasern, stattdessen Baumwollkleidung)
    • Vermeiden exzessiver extrem temperierter Bäder. Besser sind warmes Wasser oder kurzes Abduschen ohne austrocknende Detergenzien.
    • Regelmäßige Feuchtigkeitspflege der Haut mit Basispflegeprodukten (Basodexan, Optiderm) entsprechend der individuellen Verträglichkeit (reichhaltige Emmolients zur Nacht, Cremes für den Tag).
    • Ratschläge zur Unterbrechung des Juckreiz-Kratz-Kreislaufs befolgen (z.B. kalten Waschlappen auflegen, leichten Druck ausüben).
    • Maßvolle körperliche Aktivität.
    • Meidung von Stress und Angst.
    • Meidung von Kontakt mit Staub und Hausstaubmilben.
    • Meiden von heißen Speisen, Getränken oder anderen heißen Flüssigkeiten.
    • Teilnahme an einer Entspannungstherapie.
  • Topische Therapie:
  • Systemtherapie:
  • Physikalische Therapie:
    • Kutane Feldstimulation
    • Akupunktur.
  • UV-Bestrahlung:
  • Psychotherapie:
    • Gruppentherapie
    • Verhaltenstherapie
    • Biofeedback
    • Selbsthilfegruppen.

Tabellen

Pruritus bei Erkrankungen

Diagnose

Auftreten von Pruritus

Atopisches Ekzem

100%

Urtikaria

100%

Skabies

90-100%

Irritative und kontaktallergische Ekzeme

80-90%

Insektenstiche

80-90%

Exsikkationsekzeme

80%

Tinea (corporis)

80%

Lichen planus

80%

Lichen sclerosus et atrophicans

80%

Primäre biliäre Zirrhose

80-100%

Bullöse Autoimmunerkrankungen

70-80%

Kutanes T-Zell-Lymphom

70-80%

Arzneiexantheme

50-70%

Psoriasis

50-60%

Herpes Zoster / Postzosterische Neuralgie

58% / 30%

Polyzythämia vera

48%

HAES-induzierter Pruritus

40%

Renaler Pruritus, Dialyse

22-66%

Somatotrope Störungen

40-50%

M. Hodgkin

25-35%

Schwangerschaft

18%

Hyperthyreose

4-7,5%

Diabetes mellitus

3%

Solide Malignome

Selten

Eisenmangel

keine Prävalenz bekannt

 

 

Medikamente die Pruritus induzieren können

 

Substanzklasse

Generika (Beispiele)

ACE-Hemmer

Captopril, Enalapril, Lisinopril

Antiarrythmika

Amiodaron

Antidiabetika

Glimipirid, Metformin, Tolbutamid

Antihypertensiva

Clonidin, Doxazosin, Hydralazin, Prazosin, Reserpin

Angiotensin-2-Antagonisten

Irbesatan, Telmisartan, Valsartan

Betablocker

Acebutolol, Atenolol, Bisoprolol, Metoprolol, Propanolol

Kalizium-Antagonisten

Amlodipin, Diltiazem, Felodipin, Nifedipin, Verapamil

Diuretika

Furosemid, Hydrochlorothiazid, Spironolacton

Lipidsenker

Clofibrat, Fenofibrat, Fluvastatin, Lovostatin, Pravastatin, Simvastatin

Tranquilizer

Oxazepam

Urikostatika

Allopurinol,  Probenecid

 

Phytotherapie extern

Kühlende feuchte Umschläge, mentholhaltige Externa (Kühlung), Capsaicin-Zubereitungenm diese führen zu einer Entleerung der Synapsen der peripheren Nerven, Cave bei offenen Hautstellen, beim Ekzem wird Capsaicin schlecht vertragen!

Pfefferminzöl und Minzöl: Entweder 1-2 Tropfen direkt auf die Haut geben, oder als Bad 2-4 Tropfen pro Liter.

Hilfreich sind auch Externa mit Ballonrebenkraut - Cardiosperma herba

 

Studien weisen auf die Wirksamkeit von CBD-Creme und Tropfen,  s. unter Äthiopathogenese,  s. unter Cannabinoiden

Phytotherapie intern

Cannabidiol

Lavendelöl, positive Monographie durch die Kommission E, entfaltet zeitgleich eine sedierende und lokalanästhetische Wirkung und kann additiv bei Pruritus eingesetzt werden. Entweder als ätherisches Öl (im Raum verdampft, resp. wenige Tropfen auf ein Tuch geben) oder systemisch in Kapselform (z.B. Lasea) wirkt Lavendelöl direkt auf das limbische System emotional ausgleichend und balancierend und erleichtert so das Einschlafen.

Unterstützend können sedierend wirkende Systemtherapeutika eingesetzt werden: Baldrian und Hopfen in Kombination wirken sedierend (positive Monographie der Kommission E), Präparate z.B. Selon, Kytta-Sedativum f, Ardeysedon,Sensinerv f, Dormoverlan, Vivinox. Zu beachten ist, dass Baldrian seine volle Wirkung erst nach 14 Tagen entfaltet.

 

 

Hinweis(e)

Starker Pruritus führt meist zu Schlafstörungen, was beim psychogenen Pruritus seltener beobachtet wird.

Psychiatrische Komorbidität mit chronischem Pruritus wurde in einer Studie mit 109 Probanden als signifikant hoch angesehen. Daher  wird eine psychotherapeutische Betreuung (s.u. somatoforme Störungen) zusätzlich empfohlen. 

Nächtlicher, generalisierter Pruritus kann in Verbindung mit einer B-Symptomatik (Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust) auf das Vorliegen einer malignen Erkrankung hinweisen!

Auf die ältere, unklar definierte Bezeichnung "Pruritus sine materia" sollte verzichtet werden.

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

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