Synonym(e)
Hypertrichie; Hypertrichose; Hypertrichosis; Pilosis; Polytrichie
Definition
Polyätiologische, kongenitale oder erworbene, als isoliertes Phänomen oder als Teilmanifestation im Rahmen von Syndromen auftretende, lokalisierte oder generalisierte, für die jeweilige Körperpartie untypisch starke Behaarung, die nicht dem Verteilungsmuster, der ethnischen Provenienz und dem Alter der sekundären männlichen Geschlechtsbehaarung entspricht. Haarbiologisch erfolgt ein Übergang vom Vellushaar in das Terminalhaar.
Einteilung
Man unterscheidet:
- Generalisierte Hypertrichosen:
- Angeborene generalisierte Hypertrichosen:
- Hypertrichosis lanuginosa congenita (autosomal dominant)
- X-gebundene kongenitale generalisierte Hypertrichose (OMIM 307150)
- Hypertrichosis universalis congenita (Ambras-Syndrom)
- Hypertrichose, präpuberale (syn.: Hypertrichose, generalisierte konstitutionelle)
- Gingivale Fibromatose mit Hypertrichose
- Angeborene generalisierte Hypertrichosen:
- Generalisierte oder zirkumskripte Hypertrichosen als Symptom seltener, angeborener komplexer Entwicklungsstörungen:
- Coffin-Siris-Syndrom
- Cornelia-de-Lange-Syndrom
- Brachmann de Lange-Syndrom
- Dysostosis mandibulofacialis
- Lawrence-Syndrom
- Leprechaunismus-Syndrom
- Pfaundler-Hurler-Krankheit
- Rubinstein-Taybi-Syndrom (Hypertrichose des Rückens)
- Syringomyelie (zirkumskripte Hpertrichose)
- Winchester-Syndrom (zirkumskripte Hypertrichose)
- Osteochondrodysplasie mit Hypertrichose (Cantu-Syndrom)
- Hypertrichose-Skelettdysplasie-Retardierung-Syndrom mit Hyperurikämie
- Kongenitale Amaurose mit Hypertrichose (Jalili-Syndrom)
- Erworbene generalisierte Hypertrichosen bei Erkrankungen/Syndromen:
- Anorexia nervosa
- Malabsorptionssyndrome (häufig bei Kindern, Gesicht und Stamm)
- Paraneoplastische Hypertrichosen
- POEMS-Syndrom
- Hypertrichosis lanuginosa acquisita als obligate Paraneoplasie).
- Lokalisierte (zirkumskripte) Hypertrichosen:
- Angeborene lokalisierte (zirkumskripte) Hypertrichosen:
- Hypertrichosis dorsalis superior
- Trichomegaliesyndrom (angeboren)
- Trichomegalie (erworbene; s.u. Trichomegaliesyndrom)
- Hypertrichose, nävoide
- Hypertrichosis dorsolumbalis (häufig mit Dysraphie)
- Klein-Waardenburg-Syndrom
- Naevus pigmentosus et pilosus
- Kräuselhaarnaevus
- Becker-Naevus
- Ektope Haarfollikel
- Hamartom, ekkrines, angiomatöses.
- Bei embryonalen Schädigungen/Erkrankungen:
- Embryofetales Alkoholsyndrom (faziale Hypertrichose)
- Antiepileptika-Embryopathie.
- Angeborene lokalisierte (zirkumskripte) Hypertrichosen:
- Erworbene lokalisierte (zirkumskripte) oder generalisierte Hypertrichosen:
- Hypertrichosen bei Systemerkrankungen, wie z.B.: Erythropoetische und hepatische Porphyrien, Hypothyreose, Myxoedema circumscriptum symmetricum praetibiale, Akromegalie, POEMS-Syndrom, Sklerodermie, systemische, Dermatomyositis, AIDS.
- Konstitutionelle lokalisierte (zirkumskripte) Hypertrichosen (z.B. im Bereich des Ohres, der Wangen, Augenbrauen, Rücken). S.a.u. Hypertrichosis dorsalis superior.
- Präpuberale Hypertrichose (konstitutionelle generalisierte Hypertrichose)
- Iatrogene lokalisierte oder generalisierte Hypertrichosen:
- Hypertrichose, medikamenteninduzierte
- Hypertrichosen nach wiederholter lokaler, chemischer Traumatisierung (z.B. nach PUVA- oder Dithranol-Therapie) oder physikalischer Traumatisierung (ständige Scheuertraumata z.B. durch Tragen schwerer Säcke) sowie schweren Schädelhirntraumen (lanugoartige Haare an Stirn, Wangen, Rücken und Extremitäten).
Auch interessant
Ätiopathogenese
Je nach Diagnose unterschiedlich. Wichtig für die nosologische Einordnung sind:
- Manifestationsalter (kongenital oder erworben)
- Haarart (Lanugo-,Vellus-,Terminalhaar)
- Lokalisation
- Behaarungsmuster (umschrieben oder generalisiert)
- Begleiterkrankungen
- Medikamente
- assoziierte Anomalien
- etnische Provenienz (nordischer oder südländischer Tyous)
- Familienanmnese
Therapie
Die Therapie der Hypertrichosen ist im Allgemeinen unbefriedigend. Im Vordergrund steht die Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankungen. Kosmetisch von Vorteil ist das Bleichen der Haare. Temporäre Effekte sind durch Rasieren, chemische oder mechanische Epilationen zu erzielen. Neue Optionen ergeben sich durch den Einsatz von Lasersystemen. Einzelheiten der Therapie s.u. Hirsutismus.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Trueb RM (2008) Hypertrichose. Hautarzt 59: 325-338
- Wolf H (2018) Erkrankungen der Haare. In: G. Plewig et al. (Hrsg) Braun-Falco`s Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Springer Reference Medizin S1361-1368
Verweisende Artikel (37)
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