Hypertrichosis lanuginosa acquisita L68.1

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Acquired hypertrichosis lanuginosa; Erworbene Hypertrichosis lanuginosa; Herzberg-Potjan-Gebauer-Syndrom; Hypertrichose-Paraneoplasie-Syndrom; Hypertrichosis lanuginosa erworbene; Hypertrichosis lanuginosa et terminalis acquisita; Lanugo-Hypertrichose; Lanugo-Hypertrichose erworbene; Malignant down; Paraneoplastic hypertrichosis lanuginosa acquisita

Erstbeschreiber

Herzberg, 1968

Definition

Sehr seltene, plötzlich einsetzendes, extensives, meist generalisiertes, erworbenes Wachstum von Flaumhaar als paraneoplastisches Syndrom bei metastasierenden Karzinomen (Assoziation v.a. von Lungenkarzinomen, Brustkarzinomen). Obligate Paraneoplasie.

Einteilung

Ätiopathogenese

Pathogenetisch wird ein hypothetischer "pilotroper Faktor" bei Paraneoplasien verantwortlich gemacht, der vor allem bei metastasierenden Karzinomen auftreten soll. Die Bedeutung von Dysproteinämien, Eiweißmangel und/oder hormonalen Einflüssen (Nebenniere) ist nicht abschließend zu bewerten. 

Mehrfach wurde das Auftreten einer Hypertrichosis lanuginosa acquisita im Zusammenhang mit einer Autoimmunhepatitis beschrieben (Roh MR et al. 2006; Yim SH et al. 2021).  

Klinisches Bild

Seltenes, aber sehr charakteristische Erkrankung, bei der zu einem plötzlichen Wachstum von weiß-silbrigem, feinem Flaumhaar kommt. Hierbei breitet sich das Haarwachstum von kranial nach kaudal aus.

Besonders auffällig ist das Haarwachstum an solchen Hautpartien die primär als "haarlos erscheinen" z.B. im Gesichtsbereich (Nase, Ohren). Es besteht eine anagene Synchronisation der Körperhaare.

Das meist unpigmentierte Einzelhaar bis zu 4 cm lang werden.

Eine besonders starke Hypertrichose kann sich in der Folge in der Achsel- und Schamgegend entwickeln, wo die bis zu 15 cm lang werdenden Haare das äußere Genital schließlich fast verdecken können.

Beobachtet wird auch eine Trichomegalie der Wimpern.

Möglich ist eine assoziierte Hypertrophie der Zungenpapillen.

Labor

Hypogonadotropinurie; Hyperkortisolurie.

Differentialdiagnose

Abzugrenzen sind sonstige Hypertrichosen (Wachstum kräftiger Terminalhaare)  

Praktisch wichtig ist die Abgrenzung zu einer medikamentös induzierten Hypertrichose (Cyclosporin, Minoxidil,  Anti-EGF-Rezeptoren).

 

Therapie

Tumorsuche und Therapie so weit möglich.

Verlauf/Prognose

Schlecht (infolge des Grundleidens), da die Ekrankung v.a. bei fortgeschrittenen Tumoren auftritt. Die durchschnittliche Überlebenszeit nach Auftreten der Hypertrichose beträgt nur wenige Monate.

Fallbericht(e)

Die 76 Jahre alte Patientin bemerkte seit 2 Monaten ein auffälliges Wachstum der Lanugohaare im Gesicht, hier v.a. an beiden Wangen, an der Kinnregion, am Nasenrücken. Auffällig war ein parallel zu dieser Symptomatik einsetzendes Wachstum der Wimpern (Trichomegalie).
Die klinische Exploration mit bildgebenden und bioptischen Verfahren erbrachte den Nachweis eines Adenokarzinoms im li. oberen Lungenlappen.

Literatur
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  12. Yim SH et al. (2021) Hypertrichosis Lanuginosa Acquisita Associated with Autoimmune Hepatitis. Ann Dermatol 33:200-202.

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