Tumordispositionssyndrome monogen erbliche, Hautveränderungen (Übersicht)

Co-Autor:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024

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Synonym(e)

Erbliche Haut-Tumorerkrankungen; Familiär-hereditäre monogene Krebsdispositionssyndrome; Genodermatosen, tumorassoziierte; Hereditäre Tumorsyndrome; Hereditary cancer syndromes; Monogen erbliche Tumordispositionssyndrome; Monogen erbliche Tumorsyndrome; Monogenic hereditary tumor syndromes; TDS; Tumorassoziierte Genodermatosen

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Erstbeschreiber

Als erstes monogen erbliches Tumorsyndrom wurde das Retinoblastom analysiert. Ausgangspunkt der molekulargenetischen Ursachenaufklärung war in diesem Fall die Identifikation von Deletionen auf dem Chromosom 13.

Definition

Als Tumordispositionssyndrome mit Hautbeteiligung auch als "tumorassoziierte Genodermatosen"  bezeichnet, werden seltene autosomal-dominant erbliche Tumorerkrankungen bezeichnet, bei denen bestimmte, häufig diagnostisch wegweisende Hauterscheinungen auftreten, die auf ein Tumorgeschehen in unterschiedlichen Organen hinweisen.

Klinisch bedeutungsvoll ist, dass das onkologische Risiko bei diesen Tumorsyndromen aufgrund von Mutationen in einem oder in mehreren Genen, gegenüber der Allgemeinbevölkerung stark erhöht ist, manchmal bereits ab der Kindheit. Somit sind u.a. bei Verdachtsfällen schon in der Kindheit präventive Maßnahmen notwendig. 

Ebenso relevant ist, dass assoziierte Hautveränderungen den Tumorkomplexen vorausgehen können. Insofern ist die vorzeitige Erkennung und Klassifizierung dieser erblichen Tumorformen von hoher klinischer Relevanz. Häufig benötigen Patienten, Risikopersonen und asymptomatische Anlageträger im Vergleich zu Patienten mit sporadischen Krebserkrankungen, meist spezielle, intensivere und meist auch langfristigere medizinische Betreuung.

Das Studium monogen erblicher Tumordispositionssyndrome mit Hautbeteiligungen liefert somit einen wichtigen Beitrag zur Krebsprävention. Diese Erkrankungsgruppe steht paradigmatisch für ein äußerst erfolgreiches Konzept der präventiven Onkologie und personalisierten Medizin.

Einteilung

Bisher sind etwa 20 monogene Krebsdispositionssyndrome genetisch charakterisiert worden. Der Erbgang ist fast immer autosomal dominant. Hierbei sind die Mutationen jedoch nicht durch einen dominant-negativen Mechanismus (DN) durch Gain-of-function Mutationen (GOF) charakterisiert, sondern durch Haploinsuffizienz auf der Basis von Loss-of-function Mutationen (LOF). Entsprechend sind die ursächlichen Gene in der Regel auch keine Onkogene, sondern Tumorsuppressorgene.

  • Ataxia teleangiectatica: Autosomal-rezessiv vererbtes, strahlensensitives Chromosomenbruchsyndrom mit zerebellärer Ataxie, Canities (vorzeitiges Ergrauen), Hirsutismus, Keratosis follicularis,  seborrhoischem Ekzem,  Teleangiektasien, ephelidenartige Hyperpigmentierungen sowie varioliformen Atrophien im Gesicht, verbunden mit einem T-zellulärem Immundefekt und einem erhöhten Neoplasie-Risiko. Ursächlich sind Mutationen im AT-Gen (das mutierte Gen wird als ATM-Gen bezeichnet).
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  • Bap1 Tumor Prädispositions-Syndrom: Das BAP1-Tumorprädispositionssyndrom ist mit einem erhöhten Risiko für eine den „BAP1-inaktivierten melanozytären Tumor“ (früher als atypischer Spitz-Tumor bezeichnet), und für die folgenden Tumorarten (in absteigender Reihenfolge der Häufigkeit) verbunden: Aderhautmelanom (UM), malignes Mesotheliom (MMe), Melanom (der Haut) (CM), Nierenzellkarzinom (RCC), Basalzellkarzinom (BCC). Das BAP1-Tumorprädispositionssyndrom wird durch pathogene Varianten im BAP1-Gen verursacht.
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  • Bloom-Syndrom: Seltenes, autosomal-rezessiv vererbtes Syndrom, gekennzeichnet durch teleangiektatische Erytheme in lichtexponierten Arealen mit möglicher Blasenbildung in der Kindheit, Kleinwuchs. Ausgeprägte Tendenz zur Entwicklung von Neoplasien (20%) sowie Infektanfälligkeit aufgrund eines kongenitalen T-zellulären Immundefekts (s.u. Immundefekte, T-zelluläre, primäre). Ursäclich sind Mutationen im BLM-Gen. Führt zu Störung der DNA-Helicase RECQL2.
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  • Bazex-Dupré-Christol-Syndrom: Seltenes (aktuell sind weltweit etwa 20 Familien beschrieben) X-chromosomal-dominant vererbtes Syndrom mit angeborener generalisierter Hypotrichose, diffuser Alopezie v.a. des Scheitel- und Temporalbereichs, Atrophodermia vermiculata mit Betonung von Hand- und Fußrücken und multiplen Basalzellkarzinome. Nachweislich sind Mutationen im ACTRT1- Gen, das für das Actin-related protein T1 kodiert. Durch das fehlerhafte Protein kommt es zu einer Aktivierung des Hedgehog pathway.
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  • Rombo-Syndrom: Bei 12 Mitgliedern einer Familie beschriebene, wahrscheinlich autosomal-dominant vererbte Genodermatose, gekennzeichnet durch im Alter von 7-10 Jahren auftretende Akrozyanose und Keratosis follicularis; später Entwicklung zahlreicher Milien, Ausfall von Wimpern und Augenbrauen, Atrophodermia vermiculata, multipler Trichoepitheliome und Basalzellkarzinome. Große Ähnlichkeit (Variante?) besteht mit dem Bazex-Dupré-Christol-Syndrom. Der Gendefekt ist bisher noch nicht analysiert.
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  • Birt-Hogg-Dubé-Syndrom: Hereditäres, familiär oder sporadisch auftretendes, sehr seltenes Syndrom, gekennzeichnet durch multiple, vom bindegewebigen Anteil des Haarschafts ausgehende Neoplasien sowie Erkrankungen verschiedener extrakutaner Organe, v. a. Lungen und Nieren. Im einzelnen wurden beschrieben: Fibrofollikulom, Trichodiskom (Tumoren der Haarscheibe), Fibroma molle bzw. perifollikuläre Fibrome (s.a. Haarfollikeltumor), Basalzellkarzinom. Extrakutane Manifestationen: multiple  Kolonadenome mit einem hohen Entartungsrisiko für kolorektale Karzinome, Prostatakarzinom, Nierenzysten, renale Angiolipome, Hyperurikämie. Lunge: Emphysem, Bronchiektasien, Lungenzysten, Hamartome der Lunge.
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  • Carney-Komplex: Der Carney-Komplex ist ein seltenes, autosomal-dominantes Syndrom mit multiplen endokrinen Neoplasien und Lentiginose, das bei den meisten Patienten durch Defekte im PRKAR1A-Gen verursacht wird. Das PRKAR1A-Gen kopiert für die regulatorische Untereinheit Typ 1α der Proteinkinase A. Inaktivierende Mutationen  von PRKAR1A führen zu einer aberranten zyklischen AMP-Proteinkinase-A-Signalübertragung (Kamilaris CDC et al. 2019) .
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  • Li-Fraumeni-Syndrom: Seltenes Tumorprädispositionsyndrom mit einer Risikoerhöhung für verschiedene Tumore, die schon im Kindes- und jungen Erwachsenenalter auftreten. Dies sind: prämenopausales Mammakarzinom, Weichteilsarkom, Osteosarkom, Hirntumor, Nebennierenrindenkarzinom, Leukämie, bronchoalveoläres Lungenkarzinom sowie Basalzellkarzinome und Melanome (Nieuwenburg SA et al. 2020). Ursächlich sind Keimbahnmutationen im TP53-Gen auf Chromosom 17p13.1. Es handelt sich hierbei um ein Gen, das die Zellteilung bei DNA-Schäden anhält.
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  • Chediak-Higashi-Syndrom: Seltene, autosomal-rezessiv vererbte Variante des okulokutanen Albinoidismus mit leukozytärem Immundefekt, konsekutiver Infektanfälligkeit, Hepatosplenomegalie, generalisierter Lymphknotenvergrößerung und gestörter Melanogenese. Ursächlich ist eine Mutation im LYST-Gen.
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  • PTEN-Hamartom-Tumor-Syndrome (unter diesem Terminus wird eine Gruppe klinisch heterogener, teilweise überlappender Krankheiten mit autosomal dominanten PTEN-Mutationen in der Keimbahn und Beteiligung von Abkömmlingen aller 3 Keimblätter, die sich in Form von Hamartomen, Überwuchs und benignen sowie auch malignen Neoplasien manifestiert).  Zu den PTEN-Hamartom-Tumor-Syndromen gehören u.a.: Cowden-Syndrom, Lhermitte-Duclos-Syndrom, Bannayan-Riley-Ruvalcaba-Syndrom, Typ2-segmentales PTEN-Hamartom-Syndrom, SOLAMEN-Syndrom).
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  • Dyskeratosis congenita: seltene, hereditäre Genodermatose mit vorzeitiger Alterung, die neben schweren systemischen Beteiligungen (neurologische, gastrointestinale, dentale, ophthalmologische, pulmologische und skelettale Veränderungen) durch die Trias aus Hypo- oder Hyperpigmentierung, Onychodystrophie (bereits vor dem 5. Lebensjahr beginnend) und Leukoplakien gekennzeichnet ist. Die Inzidenz von Malignomen ist bei diesen Patienten erhöht. Ursächlich sind Mutationen in den Genen TERT und DKC1.
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  • Fanconi-Anämie: Chronisch progrediente Anämie (meist hyperchrom-makrozytär) sowie erhöhte Infektanfälligkeit. Außerdem Minderwuchs u.a. Missbildungen innerer Organe. Hautveränderungen: Hyperpigmentierungen der Intertrigines, auch an Hals- und Gesicht. Seltener sind typische Café-au-lait-Flecken. Ursächlich liegen v.a. Mutationen in den Komplementationsgruppengenen FANCA/FANCB/FANCC u.a. zugrunde.
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  • Naevoides Basalzellkarzinom-Syndrom (Gorlin-Goltz-Syndrom): Autosomal-dominant vererbte Multisystemerkrankung mit zahlreichen Basalzellkarzinomen im frühen Lebensalter sowie multiplen weiteren Fehlbildungen (Skelettsystem, ZNS, Urogenitalssystem, Herzen). Leitymptome sind (vorzeitig sich entwickelnde) Basalzellkarzinome, Kieferzysten, Pits, Verkalkungen der Falx cerebri und Medulloblastome. Ursächlich liegt dem Syndrom im PTCH1 Tumorsuppressorgen vor. 
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  • Gardner-Syndrom: Variante der familiären adenomatösen Polyposis (FAP). Das Gardner-Syndrom ist gekennzeichnet durch multiple kolorektale Polypen sowie durch verschiedene Arten von sonstigen kutanen und extrakutanenTumoren. Die Betroffenen haben ein naehzu 100%iges Risiko an einem Kolonkarzinom zu erkranken. Ursächlich sind Mutationen im APC-Gen.
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  • Palmoplantarkeratose mit Ösophaguskarzinom und Mutation in RHBDF2 (Howel-Evans-Syndrom): 

    Die syndromale Palmoplantarkeratose ist ein autosomal-dominantes paraneoplastisches Syndrom, das durch, eine an Druckpunktren lokalisierte, schwielenartige Palmoplantarkeratose, orale Leukoplakien und ein 95%iges Lebenszeitrisio für Ösophaguskarzinome gekennzeichnet ist. Ursächlich liegt der Genodermatose eine Mutation im RHBDF2-Gen vor, das für eine Enzym kodiert, das Einfluss auf die Regulierung des epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor-Signalwegs nimmt.

  • Leiomyomatose hereditäre und Nierenzellkarzinom: Das Leitsymptom der Genodermatose sind kutane,  meist  multiple, gruppierte, auch streifenförmig angeordnete, 0,2 - 1,0 cm große, hautfarbene bis bräunliche, häufig druckschmerzhafte Leiomyome (werden bei etwa 75% der Patienten angetroffen). Bei fast allen betroffenen Frauen treten Leiomyome des Uterus auf. Zusätzlich werden bei etwa 15% der betroffenen Patienten Nierenzellkarzinome diagnostiziert (meist unilateral, aggressiv im Verlauf). Ursächlich liegen Mutationen im FH-Gen vor.
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  • Multiple endokrine Neoplasien Typ 1 (MEN1): Zu den multiplen endokrinen Neoplasien gehörendes Krankheitsbild mit Kombination peptischer Ulzera, neoplastischen Veränderungen des endokrinen Pankreas, der Nebenschilddrüse, des Hypophysenvorderlappens und evtl. der Schilddrüse. Ursächlich liegen Mutationen in dem Tumorsuppressor-Gen, MEN1 vor. 
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  • Multiple endokrine NeoplasienTyp 2A (MEN2) Typ 2A: Zu den multiplen endokrinen Neoplasien gehörendes, autosomal-dominant vererbtes Krankheitsbild das durch eine Kombination von Phäochromozytom (evtl. bilateral), medullärem Schilddrüsenkarzinom, und evtl. Nebenschilddrüsenadenom gekennzeichnet ist.Häufige Assoziaton mit Lichen amyloidosus. Ursächlich liegen Mutationen des RET-Onkogens zugrunde, einem für eine Transmembran-Tyrosinkinase kodierenden Gen, das auf dem Chromosom 10q11.2 lokalisiert ist.
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  • Multiple endokrine Neoplasien Typ 3 (MEN3): Kombination  mit konjunktivalen Neuromen, Zungen- und Lippenneuromen, Phäochromozytom, Ganglioneuromatose des Aerodigestivtrakts, muskuloskelettalen und ophthalmologischen Anomalien. Ursächlich liegen Mutationen des RET-Onkogens zugrunde, einem für eine Transmembran-Tyrosinkinase kodierenden Gen, das auf dem Chromosom 10q11.2 lokalisiert ist. 
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  • Muir-Torre-Syndrom: Seltenes, familiär (autosomal-dominant vererbtes) und sporadisch auftretendes Tumorsyndrom (<300 Fälle sind weltweit beschrieben), gekennzeichnet durch: multiple benigne und maligne Hauttumoren und Karzinome innerer Organe v.a. Kolorektalkarzinome. Es ist zu vermuten, dass das Muir-Torre-Syndrom eine (Minus-) Variante des "hereditary nonpolyposis colon cancer syndrome"/ HNPCC/Lynch-Syndroms darstellt, bei dem Mutationen in den selben Genen auftreten; es sind dies die Gene MLH1, MSH2 und MSH6. 
  • Neurofibromatose Typ 1 (Neurofibromatose periphere): Hereditäre, autosomal-dominant vererbte, auch durch Spontanmutation hervorgerufene, neuroektodermale Systemerkrankung. Mutation im Genlocus 17q11.2. Dieser NF1-Genlokus umfasst drei Gene: OMPG (kodiert für ein membrangebundenes Glykoprotein des Oligodendrozyten-Myelins), EVI2A und EVI2B (kodieren für virale Insertionssequenzen).
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  • Neurofibromatose Typ 2 (Neurofibromatose zentrale): Neuroektodermale Systemerkrankung. Führendes klinisches Zeichen sind uni- oder bilaterale Akustikusneurinome (Hörverlust oft als Erstsymptom mit 20-30 Jahren), die bei nahezu allen Genträger auftreten; Café-au-lait Flecken werden etwa bei 50%, Neurofibrome bei etwa 20% der Fälle. Autosomal-dominant vererbter Defekt des NF2 Gens (Neurofibromatose 2 Gen). 
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  • Peutz-Jeghers-Syndrom: Seltenes, autosomal dominant vererbtes polytopes Tumorsyndrom mit einer monitorischen Lentiginose der Lippen, Nase und der bukkalen Mukosa sowie intestinalen hamartösen Polypen und Karzinomen die sich v.a. im Dünndarm manifestieren. Ursächlich sind Mutationen des Peutz-Jegher-Syndrom-Gens (STK11/LKB1), mit konsekutiver Störung der Serin-Threonin-Proteinkinase 11, die die Zellproliferation moduliert.
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  • Rothmund-Thomson-Syndrom: Zu den RASopathien zugehöriges Krankheitsbild mit Poikilodermie der normal intelligenten Patienten,  Skelettfehlbildungen (Säbelscheidentibia, kleine Hände und Füße, hypoplastische Daumen und Zahanomalien), Wachstumsretardierung, Nageldystrophie, Hypotrichosen, palmare, seltener palmo-plantare, vorwiegend papulöse Hyperkeratosen (s.a. tumorassoziierte Genodermatosen). Bei den betroffenen Personen wurde über eine Vielzahl gutartiger und bösartiger hämatologischer Anomalien berichtet. Häufig tritt Photosensitivität hinzu mit spinozellulären Karzinomen und Basalzellkarzinomen.  50% der Patienten weisen bereits in der Kindheit eine Kataraktbildung aus. Es liegt ein erhöhtes Risiko für Osteosarkome vor. Ursächlich liegt dem Syndrom eine Mutation im RECQL4-Gen zugrunde. 
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  • Baller-Gerold-Syndrom: Vorzeitige Kraniosynostose, Anomalien der Arm- und Handknochen, Hypertelorismus, Mikrostomie und eine sattelförmige dysplastische Nase. Einige Monate nach der Geburt - Zeichen einer Poikilodermie. Ursächlich liegt dem Syndrom wie auch dem Rothmund-Thomson-Syndrom eine Mutation im RECQL4-Gen zugrunde.
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  • Tuberöse Sklerose: Autosomal-dominant vererbte (Neumutationen sind häufig; bei etwa 70%) Mutationen der Gene TSC1 (Tuberous Sclerosis Gen 1; Genlokus 9q34) und TSC2 (Tuberous Sclerosis Gen 2; Genlokus 16p13.3), die zu Störungen der Proteine Hamartin (TSC1) bzw. Tuberin (TSC2) führen. Beide Proteine führen zu einer Inhibition von mTOR (mechanistic target of rapamycin complex 1) und somit zur Tumorsuppression. Durch die Mutation eines dieser Proteine kommt es zur Dysfunktion des Signalweges mit konsekutiv erhöhter Zellproliferation und Ausbildung von Geschwülsten.
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  • Xeroderma pigmentosum: Autosomal-rezessiv vererbte Störung des Nukleotid-Exzisionsreparatursystems. Die Mutationen sind auf verschiedene Gene auf unterschiedlichen Chromosomen verteilt. (XP-A: 9q22; XP-B: 2q21, XP-C: 3p25; XP-D: 19q13; XP-E: 11; XP-F: 19q13; XP-G: 13q32; XP-V: 6p12-21). Die einzelnen Genabschnitte kodieren Reparaturproteine, die an verschiedenen Teilschritten des Nukleotidexzisionsreparatursystems beteiligt sind. Das Risiko, Hauttumoren zu entwickeln, ist um 1000fach erhöht! Weiterhin haben XB-Patienten ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung interner Neoplasien (ZNS-Tumore; Sarkome, Leukämien, Lungenkarzinome) .

Vorkommen/Epidemiologie

Auf alle Tumoren bezogen beobachtet man bei bis zu 30 % der Patienten mit malignen Erkrankungen eine familiäre Häufung von Tumoren, die an eine erbliche Form denken lässt. Das Vorliegen eines Tumordispositionssyndroms ist deshalb eine häufige Verdachtsdiagnose bei der Erhebung der Eigen- und Familiengeschichte. Etwa 3-5 % aller (soliden) Krebserkrankungen beruhen auf einer monogen erblichen Veranlagung; je nach Tumortyp und Erkrankungsalter kann der Anteil aber deutlich höher liegen. Für den Populationsbereich Deutschland treten jährlich etwa 20.000 Malignome im Rahmen eines Tumordispositionssyndroms auf.

Ätiopathogenese

Die onkologische Disposition beruht meist auf einer hochpenetranten Keimbahnmutation in einem einzelnen Gen. Vererbt wird somit die genetische Disposition für ein erhöhtes Tumorrisiko, wobei es sich um klassische erblich bzw. genetisch bedingte Krankheitsbilder handelt, die den Mendel-Gesetzen der Vererbung (dominant, rezessiv) folgen. Insofern wird auch der Begriff „Tumordispositionssyndrome „ (TDS) für diese Erkrankungsgruppe zunehmend genutzt.

In jedem Tumor treten während der Tumorgenese im neoplastischen Gewebe entstandene Mutationen auf, die z. T. als sog. Driver-Mutationen die Tumorentwicklung vorantreiben („jeder Krebs ist genetisch“). Diese somatischen Mutationen sind in der Regel auf den Tumor begrenzt und verschwinden mit der erfolgreichen Behandlung bzw. Entfernung der Neoplasie. Demgegenüber handelt es sich bei den für TDS ursächlichen genetischen Veränderungen um Keimbahnmutationen (konstitutionelle Mutationen), die in der Regel von einem Elternteil vererbt wurden und in allen Körperzellen des Betroffenen/Anlageträgers vorliegen. Keimbahnmutationen können jedoch auch bei dem Betroffenen bzw. in einer Keimzelle der Eltern neu (de novo) entstehen; häufig ist die Familienanamnese dann unauffällig.

Die bei der genetischen Analyse eines Tumors nachgewiesenen Mutationen erlauben in der Regel keine sichere Unterscheidung zwischen einer somatischen, nur im Tumor selbst auftretenden und einer konstitutionellen Mutation – für den sicheren Nachweis einer Keimbahnmutation im Rahmen der Diagnostik eines TDS ist deshalb die Untersuchung von gesundem Gewebe notwendig, meistens anhand von Leukozyten-DNA einer EDTA-Blutprobe.

Diagnostik

Bei Verdacht auf Vorliegen eines TDS ist es sinnvoll, den Patienten und seine Familienangehörigen in einer humangenetischen Sprechstunde vorzustellen, wo mittels Stammbaumanalyse und Beurteilung klinischer Informationen eine differenzialdiagnostische Einschätzung erfolgt. Je nach Verdachtsdiagnose können dann ggf. die genetische Diagnostik eingeleitet und zusammen mit anderen klinischen Fachbereichen individuell angemessene („risikoadaptierte“) Empfehlungen für Vorsorge- bzw. Früherkennungsuntersuchungen gegeben werden sowie weitere Risikopersonen in der Familie benannt werden.

Die Einführung neuer Methoden der Hochdurchsatz-Sequenzierung (Next-Generation-Sequencing) ermöglicht eine effektivere genetische Diagnostik, stellt aber auch eine Herausforderung für die Befundinterpretation und Beratung dar.

Nach den neuen EBM-Ziffern (ab 1. Juli 2016) dürfen bei gesetzlich versicherten Patienten bis zu 25 Kilobasen (kb) kodierender Region sequenziert werden. Daher werden krankheitsspezifische Gen-Sets bis je 25 kb erstellt, mit deren Hilfe standardmäßig analysiert werden kann. Wird in diesem Gen-Set keine Mutation nachgewiesen, können auf Antrag weitere Gene analysiert werden .

Für die molekulargenetische Untersuchung werden 5 ml EDTA-Blut oder 2-5µg DNA benötigt. Bei Kleinkindern und Neugeborenen sind auch kleinere Volumina ausreichend (1-3 ml ETDA-Blut). Das Blut oder die DNA können mit der normalen Post versenden. Es ist darauf zu achten dass die Proben bruchsicher verpackt sind. Weitere Informationen zur Einsendung von Proben können bei den Speziallabors nachgefragt werden. Inzwischen werden hierzu fast ausschließlich auf Hochdurchsatztechniken (Next-Generation-Sequencing; NGS) basierende Multi-Gen-Analysen („Gen-Panel“) eingesetzt, bei denen alle bekannten, sicher ursächlichen Gene des Krankheitsbilds sowie die Gene relevanter Differenzialdiagnosen simultan oder als Stufendiagnostik untersucht werden.

Diagnose

Der Verdacht auf ein erblich bedingtes Tumordispositions-Syndrom liegt besonders dann nahe, wenn in einer Familie eine Häufung bestimmter Krebsformen vorliegt und/oder Personen auch in jüngerem Alter erkrankt sind. Erstgradig verwandte Personen (Kinder, Geschwister, Eltern) von Patienten mit einer erblichen Tumorerkrankung haben meistens ein hohes Erkrankungsrisiko für diese Tumorerkrankung, sie werden deshalb als Risikopersonen bezeichnet.

Diagnose

Hinweise auf eine Tumor-assoziierte hereditäre Genodermatose sind ein frühes Erkrankungsalter und eine Häufung von Tumoren eines typischen Spektrums in der Eigen- und/oder Familienanamnese.

Verlauf/Prognose

Einerseits besteht ein hohes Lebenszeitrisiko für Tumoren eines bestimmten und z. T. breiten Spektrums, sowie ein hohes Wiederholungsrisiko bei verwandten Familienangehörigen; andererseits ist durch intensivierte Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen sowie durch chirurgische Maßnahmen häufig eine effiziente Krebsprävention möglich.

Hinweis(e)

Hereditäre Tumorformen stehen deshalb paradigmatisch für ein äußerst erfolgreiches Konzept der präventiven Onkologie und individualisierten Medizin. Sie begegnen dem Arzt in jeder Altersgruppe und zeigen eine mitunter ausgeprägte klinische Variabilität, auch innerhalb einer Familie. Für die professionelle Betreuung der Patienten und ihrer Angehörigen ist in besonderem Maße eine multidisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Humangenetik, Pathologie und verschiedenen klinischen Disziplinen notwendig. Spezialisierte interdisziplinäre Zentren sind deshalb in Diagnostik und Koordination der Behandlung und Früherkennung einzubinden.

Literatur

  1. Jaju PD et al. (2016) Familial skin cancer syndromes: Increased risk of nonmelanotic skin cancers and extracutaneous tumors. J Am Acad Dermatol 74:437-451
  2. Kamilaris CDC et al. (2019) Carney Complex. Exp Clin Endocrinol Diabetes127:156-164
  3. Nieuwenburg SA et al. (2020) Cumulative risk of skin cancer in patients with Li-Fraumeni syndrome. Fam Cancer 19:347-351.

  4. Sameer AS et al. (2014) Mismatch repair pathway: molecules, functions, and role in colorectal carcinogenesis. Eur J Cancer Prev. 23:246-257.
  5. Traver S et al. (2015) MCM9 Is Required for Mammalian DNA Mismatch Repair. Mol Cell 59:831-839.
  6. Van Maldergem L et al. (2022) In: Adam MP et al. GeneReviews [Internet]. Seattle (WA): University of Washington, Seattle; 1993–2022.

Autoren

Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024