Li-Fraumeni-Syndrom C80.-

Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024

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LFS

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Definition

Das Li-Fraumeni-Syndrom (LFS) ist ein seltenes Tumorprädispositionsyndrom mit einer Risikoerhöhung für verschiedene Tumore, die schon im Kindes- und jungen Erwachsenenalter auftreten. Bei folgenden klinischen Konstellationen sollte diese Diagnose in Betracht gezogen werden:

  • prämenopausales Mammakarzinom, Weichteilsarkom, Osteosarkom, Hirntumor, Nebennierenrindenkarzinom, Leukämie, bronchoalveoläres Lungenkarzinom, Hautkrebserkrnakungen vor dem 46. Lebensjahr und mindestens einem erst- oder zweitgradig Verwandten mit einem LFS-Tumor vor dem 56. LJ oder mit multiplen Tumorerkrankungen (ausgenommen Mammakarzinom, wenn der Indexpatient ebenfalls ein Mammakarzinom hat)
  • multiplen Tumorerkrankungen, von denen zwei zum LFS-Tumorspektrum gehören und der erste vor dem 46. LJ auftrat (ausgenommen meta-/synchrone Mammakarzinome)
  • Nebennierenrindenkarzinom, unabhängig von der Familienanamnese (FA)
  • Plexus-choroideus-Karzinom, unabhängig von der FA
  • Rhabdomyosarkom vom embryonalen anaplastischen Subtyp, unabhängig von der FA
  • Mammakarzinom vor dem 31. LJ, unabhängig von der FA

Vorkommen/Epidemiologie

Die geschätzte Prävalenz liegt bei 1:5000–1:20.000.

Ätiopathogenese

Ursächlich sind Mutationen im Gen TP53 auf Chromosom 17p13.1. Das Protein p53 ist wesentlich an der Regulation des Zellzyklus beteiligt. P53 spielt z.B. beim Arrest (Wachstumsstopp) der Zellteilung bei z. B. strahleninduzierten DNA-Schäden eine Rolle. Wird das Protein p53 durch DNA-Schädigung aktiviert, kommt es entweder zum programmierten Zelltod (Apoptose) oder zum Wachstumsstopp der Zelle in der G1-Phase. Dieser Zellzyklus-Arrest gibt der Zelle die Möglichkeit, defekte DNA zu reparieren.

Darüber hinaus sind in einzelnen Familien mit LFS auch Mutationen im CHEK2-Gen beschrieben. Bei dieser Mutation ist der ursächliche Zusammenhang jedoch nicht gesichert.

Die pathogenen Sequenzvarianten von TP53 umfassen Missensemutationen (ca. 73%, meist in der DNA-Bindungsdomäne lokalisiert), Nonsensemutationen (ca. 9%), Spleißmutationen (ca. 8%), Frameshiftmutationen (6%), Deletionen, Duplikationen und andere chromosomale Rearrangements (Valdez JM et al. 2017).

Klinisches Bild

Bereits im Kindesalter treten beim autosomal-dominant vererbten Li-Fraumeni-Syndrom (LFS) vor allem  Sarkome, Nebennierenrindenkarzinome und hämatologische Tumoren (insbesondere „low hypodiploid“ ALL im Kindesalter, AML, MDS, seltener Lymphome) sowie ZNS-Tumore (Astrozytome, Glioblastome, Medulloblastome, Plexus-choroideus-Karzinome).

Zur spätmanifesten Form des LFS gehören Weichteilsarkome, Osteosarkome, prämenopausale Mammakarzinome, ZNS-Tumore, Melanome, Lungenkarzinome, gastrointestinale Tumore, Schilddrüsenkarzinome und urogenitale Karzinome.

Das Risiko, bei Patienten mit LFS an Hautkrebs zu erkranken liegt bei einem mittleren Alter von 41 (25-65) bei etwa 14 %.

Das kumulative Risiko für Hautkrebs beträgt 10,4 % im Alter von 40 Jahren, 25,2 % im Alter von 60 Jahren und 44,6 % im Alter von 70 Jahren. Die kumulativen Risiken für Melanome und Basalzellkarzinome im Alter von 70 Jahren waren in einem niederländischen Kollektiv im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung deutlich erhöht (Nieuwenburg SA et al. 2020).

Therapie

In der Therapie führen eine Strahlentherapie oder bestimmte Chemotherapeutika, v. a. genotoxische Substanzen wie z. B. alkylierende Substanzen, zu einem deutlich erhöhten Risiko für Zweiterkrankungen (Sekundärtumoren im Bestrahlungsfeld, therapieassoziierte Leukämie/MDS (Petry V et al. 2020). Dies muss sowohl bei der Wahl des Therapieregimes als auch der Früherkennungsmaßnahmen berücksichtigt werden.

Prophylaxe

Früherkennungsuntersuchungen im Kindesalter:

  • Ultraschalluntersuchung von Bauch und Becken alle 3–4 Monate
  • Laboruntersuchungen (Blutbild, BSG, LDH, 17-OH-Progesteron, Testosteron gesamt, Dehydroepiandrosteronsulfat, Androstendion, fallsmöglich Cortisolbestimmung im 24 h-Sammelurin) alle 3–4 Monate
  • Jährliches Ganzkörper-MRT und Schädel-MRT
  • Körperliche Untersuchung mit Wachstumsparametern,
  • Pubertätsentwicklungsowie neurologische Untersuchung alle 3–4 Monate
  • Dermatologische Ganzkörperuntrsuchungen 1x pro Jahr

Ab dem Erwachsenenalter zusätzlich:

  • Monatlich Selbstuntersuchung der Brust, klinische Tastuntersuchung halbjährlich (ab dem Alter von 20–25 Jahre oder 5–10 Jahre vor der frühesten Brustkrebserkrankung in der Familie)
  • Jährliche MRT-Untersuchungen der Brust und jährliche Mammographie
  • Ultraschalluntersuchung von Bauch und Becken alle 3–4 Monate
  • Koloskopie alle 2 Jahre (ab dem 25. LJ oder 10 Jahre vor dem frühesten Erkrankungsalter in der Familie)
  • Jährliche dermatologische Ganzkörperuntersuchung

Literatur

  1. Bougeard G et al. (2015) RevisitingLi-Fraumeni syndromefromTP53 mutation carriers. J Clin Oncol 33:2345–2352.
  2. Giavedoni P et al. (2017) Familial Melanoma Associated with Li-Fraumeni Syndrome and Atypical Mole Syndrome: Total-body Digital Photography, Dermoscopy and Confocal Microscopy. Acta Derm Venereol 97:720-723.
  3. Mai PL et al. (2016) Risks of first and subsequent cancers among TP53 mutation carriers in the National Cancer Institute Li-Fraumeni syndrome cohort. Cancer 122:3673–3681.
  4. Nieuwenburg SA et al. (2020) Cumulative risk of skin cancer in patients with Li-Fraumeni syndrome. Fam Cancer 19:347-351.
  5. Petry V et al. (2020) Radiotherapy-induced malignancies in breast cancer patients with TP53 pathogenic germline variants (Li-Fraumeni syndrome). Fam Cancer 19:47-53.
  6. Valdez JM et al. (2017) Li-Fraumenisyndrome: aparadigmfor theun derstanding of hereditary cancer predisposition. Br JHaematol 176:539–552.

Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024