Baller-Gerold-SyndromQ82.85
Synonym(e)
Erstbeschreiber
Baller F, 1950
Definition
Das Baller-Gerold-Syndrom (BGS) ist eine sehr seltene Erkrankung, die durch die vorzeitige Verschmelzung bestimmter Schädelknochen (Kraniosynostose) und Anomalien der Arm- und Handknochen gekennzeichnet ist. Menschen mit Baller-Gerold-Syndrom haben vorzeitig verschmolzene Schädelknochen. Diese Veränderungen führen zu einem abnorm geformten Kopf, einer vorstehenden Stirn und vorgewölbten Augen mit flachen Augenhöhlen (Augenproptose). Zu den weiteren charakteristischen Gesichtsmerkmalen gehören Hypertelorismus, Mikrostomie und eine sattelförmige dysplastische Nase. Weiterhin Oligodaktylie und missgebildete oder fehlende Daumen.
Menschen mit Baller-Gerold-Syndrom können eine Reihe weiterer Anzeichen und Symptome aufweisen, darunter langsames Wachstum ab dem Säuglingsalter, Kleinwuchs und missgebildete oder fehlende Kniescheiben (Patellae). Einige Monate nach der Geburt können sich Zeichen einer Poikilodermie zunächst an Armen und Beinen, später auch an anderen Körperpartien einstellen (Van Maldergem L et al. 2022). Insofern sind auch wie beim Rothmund-Thomson-Syndrom vermehrt epitheliale Neoplasien (spinozelluläre Karzinome, Basazellkarzinome) zu erwarten.
Ätiopathogenese
Ursächlich liegt dem Syndrom eine Mutation im RECQL4-Gen zugrunde.
Hinweis(e)
Die vielfältigen Symptome des Baller-Gerold-Syndroms überschneiden sich mit Merkmalen des Rothmund-Thomson-Syndroms und dem RAPADILINO-Syndrom. Diese Syndrome sind ebenfalls durch Radialstrahlendefekte, Skelettanomalien und langsames Wachstum gekennzeichnet und sind mit Mutationen in dem selben Gen assoziiert. Aufgrund dieser klinischen Analogien wird vermutet dass es sich bei dem Baller-Gerold-Syndrom, dem Rothmund-Thomson-Syndrom sowie dem RAPADILINO-Syndrom um Varianten eines einziges Syndroms handelt.
Literatur
- Baller F (1950) Radiusaplasie und Inzucht. Z. Menschl. Vererb. Konstitutionsl 29: 782-790.
- Cohen MM et al. (1996) Is there a Baller-Gerold syndrome? (Editorial) Am. J. Med. Genet. 61: 63-64.
- Gerold M (1959) Frakturheilung bei einem seltenen Fall kongenitaler Anomalie der oberen Gliedmassen. (Healing of a fracture in an unusual case of congenital anomaly of the upper extremities). Zbl. Chir. 84: 831-834.
- Kääriäinen H et al. (1989) RAPADILINO syndrome with radial and patellar aplasia/hypoplasia as main manifestations. In: American journal of medical genetics 33: 346–351.
- Lu H et al. (2011) Human RecQ Helicases in DNA Double-Strand Break Repair. Front Cell Dev Biol9:640755.
- Megarbane A et al. (2000) Overlap between Baller-Gerold and Rothmund-Thomson syndrome. Clin. Dysmorph. 9: 303-305.
- Siitonen HA et al. (2003) Molecular defect of RAPADILINO syndrome expands the phenotype spectrum of RECQL diseases. In: Human Molecular Genetics 21: 2837–2844.
- Van Maldergem L et al. (2006) Revisiting the craniosynostosis-radial ray hypoplasia association: Baller-Gerold syndrome caused by mutations in the RECQL4 gene. J Med Genet 43: 148-152.
- Van Maldergem L et al. (2022) In: Adam MP et al. GeneReviews [Internet]. Seattle (WA): University of Washington, Seattle; 1993–2022.