Immundefekte primäre (kombinierte T/B/NK)-Zell-Immundefekte - SCID und CID)

Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024

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Synonym(e)

PID - PID - kombinierte T/B/(NK)-Zell-Immundefekte incl. SCID (Übersicht); Primäre Immundefekte, Defekte der humoralen und zellulären Immunität (Übersicht)

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Definition

Unter dem Begriff „Immundefekterkrankungen“ (Synonym: Immundefizienz-Syndrome) werden verschiedene Erkrankungen des Immunsystems zusammengefasst, die durch eine passagere oder auch irreversible Störung der Abwehrfunktion gekennzeichnet sind. Als primäre Immundefekte (PID) werden Erkrankungen bezeichnet, bei denen die Immundefizienz angeboren ist, familiär gehäuft auftritt und/oder vererbt werden kann. Der PID-Gruppe werden Erkrankungen gegenübergestellt und mit dem Oberbegriff „sekundäre Immundefekte“ bezeichnet, bei denen eine die Immundefizienz erworben wurde. Das bekannteste Beispiel hierfür ist AIDS (acquired immune deficiency syndrome).

Bei den kombinierten T/B/(NK)-Zell-Immundefekte incl. „SCID/ CID  kann sowohl ein Antikörpermangel (Verminderung der Immunglobuline) als auch eine Einschränkung der zellulären Funktion vorliegen. Die Gruppe unterteilt sich in:

  • SCID (schwere kombinierte Immundefekte; hierbei fehlen T- und B-Zellen vollständig)
  • und
  • CID (weniger schwere kombinierte Immundefekte; diese können auch erst im Erwachsenenalter symptomatisch werden. In solchen Fällen liegen Restfunktionen der mutierten Proteine vor.

 

Einteilung

1.1.Defekte der humoralen und zellulären Immunität (kombinierte T/B/NK)-Zell-Immundefekte / SCID (T-/B+)

1.2.Defekte der humoralen und zellulären Immunität (kombinierte T/B/NK)-Zell-Immundefekte /SCID (T-/B-)

  • RAG1 Defekt (RAG steht für "Recombination activating genes"): AR/Mutationen im RAG1-Gen/11p12 /Störung bei der VDJ Rekombination/Omenn-Syndrom
  • RAG2 -Defekt: AR/ Mutationen im RAG2-Gen/Störung bei der VDJ Rekombination/Omenn-Syndrom
  • DCLRE1C-Defekt: AR/Mutationen im Artemis-Gen/10p13/ Defekt im DNA-Rekombinase Reparatur Protein, defekte VDJ-Rekombination. Erhöhte Sensitivität gegenüber ionisierenden Strahlen/Omenn-Syndrom.
  • PRKDC -Defekt: AR/Mutationen im PRKDC-Gen/Defekt im DNA-PKcs einer Untereinheit einer Serin/Threonin-Proteinkinase/Radiosensitivität erhöht/gestörte VDJ-Rekombination. Autoimmunität und Granulombildung möglich/Immundefizienz 26 mit oder ohne neurologische Anomalien.  
  • NHEJ1-(Cernunnos/XLF)-Defekt: AR/Mutation im NHEJ1-Gen/erhöhte Radiosensitivität/ gestörte VDJ-Rekombination/Immundefekt mit Mikrozephalie, Entwicklungsdefekte.
  • LIG4- Defekt: AR/komplexes Immundefizienzsyndrom hervorgerufen durch Mutationen im LIG4-Gen (Ligase4; 13q33 )/gesteigerte Radiosensitivität/gestörte VDJ-Rekombination/inkonstant Mikrozephalie, Entwicklungsdefekte/LIG4-Syndrom. LIG4-Defizienz ist auch mit dem Multiplen Myelom assoziiert.
  • ADA-Defekt: AR/SCID mit T- und B-Zelldefekte aufgrund von Mutationen im ADA-Gen (20q13.12)/komplexer Immundefekt/Skelettveränderungen im Bereich costochondraler Verbindungen, Leber- und ZNS-Symptome und Alveolarproteinose möglich/Harnsäure normal. Cave: Milde "delayed und late onset" Varianten sind möglich mit milderer Symptomatik.
  • AK2-Defekt: AR/ Mutationen im AK2-Gen /1p35.1./defekte Reifung von T- und B-Zellen und myeloischen Zellen (=Stammzelldefekt)/Neutropenie, Taubheit möglich/klinisch: Immunodeficiency 73A mit defekter neutrophiler Chemotaxis und Leukozytose (OMIM: 608203)/rezidivierende bakterielle und virale Infektionen/Lymphoproliferation, Neutropenie.

1.3. Kombinierte Immundefekte (CID - weniger gravierend als SCID)

  • CD40-Ligand -Mangel:XCR/Mutationen im CD40LG-Gen/Xq26.3 (syn.TNFSF5/ CD154)/ gestörte Signalübertragung in B- Zellen und dendritischen Zellen, gestörter Switch-Vorgang/ X-chromosomales Hyper IgM-Syndrom (su. Hyper IgM-Syndrome)/Neutropenie,Thrombozytopenie, hämolytische Anämie, gastrointestinal:-Leberbeteiligung; opportunistische Infektionen, auch Kryptosporidien-Infektionen (s.u Kryptosporidiose) . 
  • CD40 -Mangel: AR/ Mutationen im CD40-Gen/20q13.12 /gestörte Signalübertragung in B- und dendritischen Zellen/Neutropenie, gastrointestinal: Leberbeteiligung, opportunistische Infektionen, auch Cryptosporidien (s.u. Kryptosporodiose).
  • ICOS -Defekt: AR/Mutationen im ICOS-Gen/2q33.2 /ICOS verstärkt alle grundlegenden T-Zell-Reaktionen auf ein fremdes Antigen/Mutationen führen zur pathologischen Infektanfälligkeit/Autoimmunität.
  • ICOS-Ligand -Defekt: Autosomal rezessive Mutation im ICOSLG-Gen/21q22.3/ rezidivierende bakterielle und virale Infektionen, Neutropenie.
  • CD3G- Defekt: AR/ Mutationen im Gen für CD3G (CD3gamma)/reduzierte Expression des T-Zell-Rezeptors/Einzelfälle mit Autoimmunität/Immundefizienz 17 (OMIM: 615607)/Immundefizienz 19 (OMIM:615617).
  • CD8A- Defekt: AR/ Mutationen  im CD8A/CD8alpha-Gen/CD8 stark reduziert oder fehlend/ auch asympotmatische Verläufe.
  • ZAP70 - Defekt: AR/ LOF-Mutationen im ZAP70-Gen. ZAP-70 ist ein wichtiges mit der zeta-Kette assoziiertes Signaltransduktionselement in T-Zellen/ CD8-Zellen vermindert/ CD4 normal/Einzelfälle mit Autoimmunität oder Immundysregulation. 
  • ZAP70-Defekt: AR/ kombiniert hypomorphe und aktivierende Mutation (LOF/GOF) Mutation im ZAP70 -Gen/ klinisch Autoimmunität (bullöses Pemphigoid, inflammatorische Colitis)/ CD8 reduziert oder fehlend bei sonst wenig verändertem B-/T-Zell-Status.
  • MHC Klasse I Defekt: AR/Mutationen im TAP1-Gen/keine Expression von MHC-Klasse I/ CD8 vermindert, CD4 normal/ klinisch: Bare-Lymphozyten-Syndrom, Typ I“ (OMIM: 604571), Asthma bronchiale, Vaskulitis, Pyoderma gangraenosum.
  • MHC-Klasse I-Defekt: AR/Mutationen im TAP2-Gen/6p21.32/klinisch: Bare-Lymphozyten-Syndrom, Typ I (OMIM: 604571)/ Assoziation mit systemischer Sklerodermie, Lupus erythematodes, Tuberkulose.   
  • MHC-Klasse I-Defekt: AR/Mutationen im TAPBP (Tapasin)-Gen/6p21.32/klinisch: Bare-Lymphozyten-Syndrom, Typ I (de la Salle H et al. 1994; Furukawa H et al. 1999) (OMIM: 604571)
  • MHC- Klasse I-Defekt (= Beta2-Mikroglobulin Defekt): AR/Mutationen im B2M-Gen. Keine Expression von MHC I. Beta2-Mikroglobulin ist Bestandteil des MHC-Klasse I-Komplexes, aber auch von CD1a-c und FcRn. Klinisch: sinopulmonale Infektionen, Granulome, Hypoproteinämie. 
  • MHC-Klasse II-Defekt, Gruppe A: AR/Mutationen im Transkriptionsfaktorgen für MHC-Klasse-II Moleküle  - hier CIITA /Gedeihstörung, Durchfälle, Atemwegs- und GI-Infektionen, Gallenwegs- und Lebererkrankungen/ CD4 oft vermindert.
  • MHC-Klasse II-Defekt, Gruppe B: AR/Mutationen im Transkriptionsfaktorgen für MHC-Klasse-II Moleküle hier Muttaionen im RFXANK-Gen/19p13.11/rund 70% der Fälle von MHC Klasse II Defizienzen!
  • MHC-Klasse II-Defekt, Gruppe C: AR/Mutationen im Transkriptionsfaktor-Gen für MHC- Klasse-II Moleküle/ hier RFX5
  • MHC-Klasse II-Defekt, Gruppe D: AR/Mutationen im Transkriptionsfaktor-Gen für MHC -Klasse-II Moleküle  - hier RFXAP 
  • IKAROS Defekt: AD/Mutationen im IKZF1-Gen /7p12.2 / rezidivierende sinopulmonale Infektionen, PCP, (zuvor: CID mit fehlenden Memory B- und T-Zellen)
  • DOCK8 Defekt: AR/Mutation im DOCK8-Gen (DOCK8 steht für Dedicator Of Cytokinesis 8)/ 9p24.3/ T- und NK-Lymphopenie, B-Zellen vermehrt; IgM niedrig, IgE stark erhöht, Eosinophilie, ähnlich wie Hyper-IgE-Syndrom/ schwere Atopie, Neigung zu schweren kutanen bakteriellen, Pilz- und Virusinfektionen sowie Malignomen.
  • DOCK2 Defekt: AR/ Mutation im DOCK2-Gen (DOCK2 steht für Dedicator Of Cytokinesis 2)/5q35/nötig für RAC1 Aktivierung/ Aktinpolymerisation, T-Zell-Proliferation u.a./NK-Anzahl normal, aber Funktion gestört.Niedrige PHA-Reaktion, niedrige TREC, gestörte IFN-Synthese.
  • Polymerase Defekte: AR/Mutationen in den Genen  POLD 1/POLD2/rezidivierende sinopulmonale und Hautinfektionen, Mollusken, Warzen, Kleinwuchs, intellektuelle Defizite. IgG und CD4 niedrig, B-Zellen niedrig bei normaler Reifung.
  • RhoH (RhoH steth für ras homolog gene family member H) Defekt: Mutation im RHOH-Gen, kodierend für eine atypische Rho GTPase, einem Signaltransduktionselement in diversen Zellen (AR; T-Zellen und T-Zellfunktion vermindert, Repertoire eingeschränkt. HPV Infektionen, Lungengranulome, Mollusca contagiosa, Lymphome)
  • STK4 Defekt (MST1=macrophage stimulating 1 Defekt): AR/Mutationen im STK4-Gen, einer Serin-Threonin-Kinase/terminal differenzierte Effektor Memory Zellen (TEMRA) vermindert/naïve T-Zellen vermindert mit eingeschränkten T-Zell Repertoire in der TEMRA Population, gestörte T-Zell Proliferation. IgM vermindert, andere Ig erhöht/rezidivierende bakterielle, virale und Candida Infektionen; intermittierende Neutropenie; EBV-getriggerte Lymphoproliferation, Lymphom, angeborene Herzfehler, Autoimmunzytopenien; HPV Infektion.
  • TCRalpha Defekt (Immundefizienz 7): AR/ Mutationen im TRAC-Gen (T Cell Receptor Alpha Constant)/14q11.2/ Fehlen der TZR-alpha-Kette. Alle CD3-T-Zellen tragen TZRgamma/delta, T-Zell-Proliferation gestört/rezidivierende virale, bakterielle und Pilzinfektionen, Immundysregulation, Autoimmunität, Diarrhöe.
  • LCK (Lymphozyten-spezifische Tyrosinkinase) Defekt: AR/Mutation im Gen für eine proximale Tyrosinkinase/normale T-Zellzahlen/ CD4+ T-Zell-Lymphopenie; niedrige Treg; eingeschränktes T-Zell Repertoire, gestörtes TZR Signaling/ IgG und IgA normal, IgM möglicherweise reduziert/rezidivierende Infektionen, Immundysregulation, Autoimmunität, Diarrhöe.
  • MALT1 Defekt (Immundefizienz 12): AR/Mutationen im MALT1-Gen (MALT steht für "Mucosa-associated lymphoid tissue protein-1"), einer Caspase-ähnlichen Cysteinprotease/ T-Zell-Proliferation gestört/bakterielle Infektionen;  Pilz- und virale Infektionen/Ig normal bei schlechter Ak-Bildung.
  • CARD11 (CARD steht für Caspase recruitment domain): AR/LOF Defekt im CARD11-Gen, Teil des „Signalosoms“, nötig für NFκB Aktivierung/T- und B-Zell-Anzahl möglicherweise normal, Funktionsstörung/ Bakterielle und virale Infektionen, PCP. Ig vermindert oder fehlend, T-Zellen vorwiegend naiv mit schlechter Funktion.
  • BCL10 Defekt (Immundefizienz 37): AR/ Mutationen  im BCL10-Gen (B-cell lymphoma 10). Teil des „Signalosoms“, nötig für NFkB Aktivierun./ klinisch: rezidiverende bakterielle, virale mykotische Infektionen/ Gastroenteritiden/ B- und T-Zellzahl evtl. normal, Funktion gestört.
  • IL-21 Defekt: AR/Mutation im IL21- Gen/niedrige B-Zellen, Hypogammaglobulinämie; schwere früh manifeste Colitis.
  • IL-21R Defekt: AR/Mutation im IL21R-Gen; der Rezeptor bindet zusammen mit der gemeinsamen γ-Kette IL-21/ T- und B-Zellen möglicherweise normal, sehr spezifische Funktionsdefizite. Anfälligkeit für PCP und Cryptosporidien, Cholangitis.
  • TNFRSF4 (OX40/CD134) Defekt: Defekt bei TNFRSF4, einem wichtigen kostimulatorischen Molekül auf aktivierten T-Zellen (AR; Kaposi-Sarkom. Gestörte Immunität gegenüber HHV8. B- und T-Zell Zahl normal, Memory gestört). Klinisch s.u. Immundefizienz 16 und TNFRSF4-Defekt
  • IKBKB (IκB Kinase β) Defekt: AR/Defekt im IKBKB-Gen, das die IkB-Kinase 2 kodiert, eine wichtige Komponente im NF-κB Aktivierungsweg/klinischer Phänotyp des SCID; bakterielle, virale und Pilzinfektionen/Keine regulatorischen, keine γ/δ T-Zellen. B-Zellen normal/Aktivierung von B- und T-Zellen aber gestört.
  • NIK (NF-κB-inducing kinase) Defekt: AR/Mutationen im MAP3K14-GenNIK-Mangel =Primärer Immundefekt mit vielfältiger Störung der lymphoiden Immunität; ORPHA:447731/ bakterielle und virale Infektionen/ Kryptosporidien. T-Zellen normal mit gestörter Funktion, B- und geswitchte Memory B-Zellen; NK-Zellen erniedrigt. Ig erniedrigt.
  • RelA Haploinsuffizienz:  Heterozygote Mutation im RELA Gen, Haploinsuffizienz  (AD; mukokutane Ulzerationen. NFκB-Aktivierung und Synthese inflammatorischer Zytokine gestört,  responsiv auf anti-TNF Gaben)
  • RelB Defekt: AR/Mutation im RELB Gen/rezidivierende Infektionen/T-Zellzahl normal, aber Funktion und Repertoire gestört. B-Zellen deutlich erhöht. Immunglobuline normal, aber Ak-Bildung gestört.
  • MSN Defekt: XL/Mutation im MSN-Gen/kodiertes Protein = Moesin/rezidivierende Infektionen durch Bakterien und VZV. T-Zellen normal, Proliferation und Migration gestört/Progressive Hypogammaglobulinämie.
  • TFRC Defekt: AR/Mutation im TFRC-Gen/rezidivierende Infektionen, Neutropenie, Thrombopenie. T-Zellen normal mit gestörter Proliferation, Memory B-Zellen vermindert.
  • c-REL Defekt: AR/ AR/Mutationen im REL-Gen/Infektionen durch Bakterien, Mykobakterien, Salmonella und Opportunisten/verminderte Memory CD4 mit gestörter Funktion, gestörtes B-Zell Memory/Ak-Bildung vermindert.
  • FCHO1 Defekt: AR/Mutation bei FCHO1/Anfälligkeit gegenüber allen Arten von Mikroorganismen, Lymphoproliferation, Gedeihstörung/ T-Zellen niedrig, vermehrte Apoptose, gestörte Clathrin-vermittelte Endozytose.

Hinweis(e)

Typische opportunistische Infektionen bei schweren kombinierten Immundefekten sind bei Säuglingen z.B. Pneumocystis jiroveci oder schwere Virusinfektionen (CMV/EBV). Bei Erwachsenen sind typische Infektionen:Aspergillose, Toxoplasmose, Adenovirus-Infektionen, Pneumocystis-Infektionen, Kryptosporidiose, systemische Candidiasis, CMV-Retinitis oder Kolitis, Mykobakteriosen. Weiterhin finden sich EBV-assoziierte Lymphome, granulomatöse Entzündungen.  Diese sind Ausdruck unzureichender Erregerelimination und konsekutiver autoinflammatorischer Lokalreaktion.   

Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024