Synonym(e)
Definition
Häufige, besonders bei schwerer Ausprägung, einen Patienten erheblich psychisch und physisch-motorisch belastende, an einem oder mehreren Nägeln (s. u. Nagel) auftretende Manifestation der Psoriasis mit unterschiedlichen Schweregraden. Patienten mit einer assoziierten Psoriasisarthritis sind bei der Diagnosestellung mit bis zu 80% durch "Nagelveränderungen" betroffen. Die Ekrankung ist nach der Nagelmykose wahrscheinlich die häufigste Erkrankung der Nägel. Die psoriatische Onychopathie ist häufig mit einer schweren Verlaufsform der Psoriasis verbunden (früher Beginn, hohes Risiko für Psoriasis-Arthritis)und kann zu erheblichen Funktionseinschränkungen und verminderter Lebensqualität führen. Bemerkenswerterweise sind die Fingernägel häufiger als die Zehennägel involviert. Grundsätzlich gilt die Nagelpsoriasis als schwierig behandelbar, was darauf zurückzuführen ist, dass es sich bei der Nagelplatte um ein hydrophiles „Keratingel“ mit hoher Dichte handelt. Hierdurch wird das Eindringen topischer Wirkstoffe behindert, so dass diese oft unwirksam bleiben. Darüber hinaus sind die früher geübten Injektionen (z.B. Triamcinolon-Injektionen) in der Nähe der Matrix oder des Nagelbetts äußerst schmerzhaft und nicht ohne Komplikationen. Die Indikation für eine systemische Behandlung stellt eine große ärztliche Herausforderung dar.
Einteilung
Grob orientierend lassen sich psoriatische Nageldystrophien erklären über pathologische Veränderungen
- der proximalen Nagelmatrix
- der distalen Nagelmatrix
- infolge komplexer Pathologien von Nagelmatrix und Nagelfalzen
Psoriatische Pathologien der proximalen Nagelmatrix
- Tüpfelnägel (bei etwa 75% der Psoriatiker)
- Lakunäre Nagelplattendefekte (entsprechen überdimensioniertenTüpfeln)
- Verdickungen, Strukturveränderungen und Verfärbungen der Nagelplatte (bei 50% der Psoriatiker)
- Querrillen
- Längsrillen
- Reibeisenmusterung
Psoriatische Pathologien der distalen Nagelmatrix
- Ölfleck (bei 30% Verfärbungen durch psoriatische Parakeratose des Nagelbetts; es besteht keine direkte Verbindung zum freien Nagelrand)
- Distale Onycholyse (bei 46% durch subunguale Hyperkeratosen)
- Druckschmerz des Nagels, nicht selten in Kombination mit Ölfleckbildung (50% der Betroffenen)
- Splitterhämorrhagie (kleinste längliche Einblutungen unter der Nagelplatte)
- Nagelbettpustulose (Ausbildung steriler subungualer Pusteln im Bereich der proximalen und/oder distalen Nagelmatrix)
Komplexe Pathologien von Nagelmatrix und Nagelfalz mit Beteiligungen mehrerer Kompartimente des Nagelorgans (Kombiniertes Auftreten von Tüpfelungen, Nagelriffelungen, Onychogrypose, psoriatischer Pustulose, Synechien und Anonychie als narbiger Endzustand)
- Psoriatische Onychogrypose (paradoxes Nagelwachstum)
- Psoriatischer Krümelnagel (Maximalform der psoriatischen Onychodystrophie mit Störung des Längenwachstums)
- Psoriatische Anonychie mit Synechien von Nagelbett und Nagelfalz, als Endzustand einer komplexen psoriatischen Nageldystrophie
Auch interessant
Vorkommen/Epidemiologie
m>w;Die Psoriasis ist die Hauterkrankung die am häufigsten die Nägel befällt und nach der Nagelmykose wahrscheinlich die häufigste Nagelerkrankung.
Die Nagelpsoriasis tritt bei etwa 40%-50% (Zahlen divergieren im Schrifttum; (Salomon JC et al. 2003; Armesto S et al. 2011; Rachakonda TD et al. 2014) aller Psoriasispatienten, bzw. bei 70-80% aller Pat. mit Psoriasisarthritis (s.u. Psoriasis arthropathica) auf (Canal-García E et al. 2022; Augustin M et al. 2010).
In den meisten Studien wird die Prävalenz der Nagelbeteiligung im Rahmen von Studien zur kutanen Psoriasis bewertet. Es besteht eine positive Korrelation zwischen dem Vorliegen einer Nagelpsoriasis, der Dauer der Psoriasis sowie zwischen der Schwere des Nagelbefalls und der Schwere der Haut- und Gelenkveränderungen. Hierbei sind die anatomisch/physiologische Verbindungen zwischen der Enthese der Strecksehne und dem Nagelapparat ein möglicher Grund (Vorliegen einer Enthesitis) für die enge Assoziation zwischen Nagel- und Gelenkerkrankungen. Die Prävalenz solitärer Nagelbeteiligungen (psoriatische Nagelbeteiligung sine Psoriasis) wird mit bis zu 6 % beschrieben (Rigopoulos D et al. 2014).
Die Nagelpsoriasis im Kindesalter hat eine Prävalenz von 17-38 % und wird mit einer schweren Verlaufsform der Psoriasis in Verbindung gebracht (Al-Mutairi N et al. 2007; Augustin M et al. 2010; Mercy K et al. 2013).
Die Nagelpsoriasis ist durch verschiedene klinische Erscheinungsbilder gekennzeichnet, die isoliert oder kombiniert bei einzelnen oder mehreren Finger- bzw. Fußnägeln auftreten können.
In einer größeren Kohorte fanden sich
- bei 75% der Psoriatiker Tüpfelnägel (nicht spezifisch für Psoriasis, auch bei chronischer Handdermatitis)
- bei 50% eine Verdickung und weiß-gelbliche Verfärbung der Nagelplatte
- bei 46% eine (distale) Onycholyse
- bei 30% gelblich-bräunliche Verfärbungen durch parakeratotische Verhornung der Nagelplatte (Ölfleck)
- 50% der Betroffenen klagten über Schmerzen (meist Druckschmerz).
Weiterhin:
Splitterhämorrhagien (kleinste längliche Einblutungen unterhalb der Nagelplatte)
Subunguale Hyperkeratosen (entstehen durch psoriatische Areale im distalen Nagelbett und/oder des Hyponychiums;
Paradoxes Nagelwachstum: verstärktes Dickenwachstum des Nagels zu Lasten des Längswachstum.
Psoriatische Paronychie: entzündlicher Befall des Paronychiums mit unterschiedlich starker Schwellung und Schuppenbildung. Häufig Verdickung oder auch Verlust des Nagelhäutchens (Eponychiums).
Psoriatischer Krümelnagel, als Maximalform der psoriatischen Onychodystrophie.
Pustulöse Nagelpsoriasis mit Ausbildung steriler Pusteln. Neigt zu vernarbenden Atrophie. Als Maximalform kann die Acrodermatitis continua suppurativa gewertet werden.
Ätiopathogenese
Die Ätiopathogenese der psoriatischen Nagelbeteiligungen ist bisher unklar. Einige Autoren diskutieren Variationen im IL1RN-Gen, einem Regulator der proinflammatorischen Aktivität von IL-1A. Das kodierte Zytokin verursacht nachweislich Nagelveränderungen und könnte daher für die psoriatische Nagelpathologie verantwortlich sein (Julià A et al. 2012. Bei der Psoriasis sind verschiedene Psoriasis-Anfälligkeitsallele bekannt, wobei HLA Cw0602 am besten untersucht ist (Dand N et al. 2020). Bei diesem Haplotyp treten jedoch Nagelbeteiligungen seltener auf (Ogawa K et al. 2020).
Manifestation
Im Allgemeinen sind die Nägel der Hände deutlich häufiger als die Zehen betroffen. Der vierte Finger und die erste Zehe sind bevorzugt (Brazzelli V et al. 2012). Auch unterscheiden sich die klinischen Befunde zwischen Fingernägeln und Zehennägeln. Typisch für die Fingernägel sind die Tüpfelbildungen während Nagelhyperkeratose und Onycholyse häufiger an den Zehennägeln auftreten (Brazzelli V et al. 2012).
Klinisches Bild
Die Nagelpsoriasis ist durch verschiedene klinische Erscheinungsbilder gekennzeichnet, die isoliert oder kombiniert bei einzelnen oder mehreren Finger- bzw. Fußnägeln auftreten können.
In einer größeren Kohorte fanden sich
- bei 75% der Psoriatiker Tüpfelnägel (nicht spezifisch für Psoriasis, auch bei chronischer Handdermatitis)
- bei 50% eine Verdickung und weiß-gelbliche Verfärbung der Nagelplatte
- bei 46% eine (distale) Onycholyse
- bei 30% gelblich-bräunliche Verfärbungen durch parakeratotische Verhornung der Nagelplatte (Ölfleck)
- 50% der Betroffenen klagten über Schmerzen (meist Druckschmerz).
Weiterhin:
- Splitterhämorrhagien (kleinste längliche Einblutungen unterhalb der Nagelplatte)
- Subunguale Hyperkeratosen (entstehen durch psoriatische Areale im distalen Nagelbett und/oder des Hyponychiums
-
Querrillen/Längsrillen: Querrillungen der Nagelplatte treten im Gefolge eines chronischen, und psoriatischen Befalls der proximalen Nagelmatrix ein. Nicht selten gehen dicht gestaffelte psoriatische Querrillungen mit schindelartigen Oberflächenabschilferungen der Nagelplatte einher. Querrillungen sind nicht selten mit Dehiszenzen von Nagelfalzen und Nagelplatte kombiniert. Im Bereich der proximalen Nagelfalz führt dies zu einem Verlust der Kutikula, womit eine Schutzfunktion des Nagelorgans verloren geht.
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Längsrillungen: Längsrillungen sind bei der Psoriasis meist eher diskret. Sie haben keine diagnostische Psoriasis-typische Wertigkeit, denn sie werden auch gehäuft bei Altersnägeln angetroffen.
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Reibeisennagel (Trachyonychie): Eine reibeisenartige Nageloberfläche wird meist in Folge einer schweren generalisierten Psoriasis beobachtet. Der Reibeisennagel - Trachyonychie - ist das Resultat einer diffus gestörten Funktion der proximalen Nagelmatrix. Die Trachyonychie ist als unspezifische Nageldystrophie einzuordnen, da sie auch bei anderen generalisierten Hauterkrankungen (z.B. bei Erythrodermie/Lichen planus) beobachtet werden kann.
Psoriatische Paronychie: entzündlicher Befall des Paronychiums mit unterschiedlich starker Schwellung und Schuppenbildung. Häufig Verdickung oder auch Verlust des Nagelhäutchens (Eponychiums).
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Psoriatische Onychgrypose: Onychogrypotische Nägel sind ein Hinweis auf eine schwere komplexe Störung v.a. der distalen und proximalen Nagelmatrix. Durch die chronische psoriatische Inflammation kommt es zu einer Störung des horizontal-distalen Wachstums. Dieser Befund ist nicht Psoriasis-spezifisch und kann auch bei anderen digitalen Pathologien der Haut (z.B. bei Erythrodermien), wie auch bei rekurrierenden Traumata der Nagelmatrix (z.B. bei Fußballspielern) beobachtet werden.
- Psoriatischer Krümelnagel, als Maximalform der psoriatischen Onychodystrophie.
- Pustulöse Nagelpsoriasis mit Ausbildung steriler Pusteln. Neigt zu vernarbenden Atrophie. Die Nagelbettpustulose kann so einer kompletten Anonychei führen. Als Maximalform kann die Acrodermatitis continua suppurativa gewertet werden.
Komorbiditäten und assoziierte Faktoren
- Psoriatische Arthritis: Die psoriatische Arthritis ist die häufigste Komorbidität bei Psoriasis und tritt (klinisch) bei 5-42% der Patienten auf (McGonagle D et al. 2009). Etwa 80-90 % der Patienten mit psoriatischer Arthritis entwickeln eine Nagelbeteiligung (Lai TL et al. 2016). Patienten mit psoriatische Arthritis erkranken deutlich häufiger an einer psoriatischen Onychopathie als solche mit ausschließlicher Hautbeteiligung (Lai TL et al. 2016). So wird auch postuliert, dass eine Nagelbeteiligung ein Prädiktor für eine Enthesopathie ist. Die klinische Assoziation zwischen Enthesopathie und Onychopathie wird durch die anatomische Nähe von Strecksehne der distalen Phalanx und Nagelmatrix erklärt(Tan AL et al. 2007; Tan AL et al. 2007; Wilson FC et al. 2009; Williamson L et al. 2004; Kaeley GS et al. 2021).
- Onychomykose: Die klinische Differenzialdiagnose zwischen Nagelpsoriasis und Onychomykose ist oft schwierig. Darüber hinaus kommt es bei 30 % der Patienten mit Nagelpsoriasis zu einer Koexistenz der beiden Erkrankungen (Zisova L et al. 2012; Klaassen KMG et al. 2013). Es wird postuliert, dass morphologische Veränderungen der psoriatischen Nägel prädisponierende Faktoren für Onychomykose sind und dass eine Onychomykose als Köbner-Phänomen für die Entwicklung der psoriatischen Onychopathie wirken kann (Klaassen KMG et al. 2013). Die Konsequenz aus dieser häufigen Koexistenz von Onychomykose und Nagelpsoriasis wird ein kultureller Pilzausschluss vor Beginn der Behandlung empfohlen, insbesondere wenn immunsuppressive Medikamente benötigt werden (Kaul S et al. 2018). Inzwischen verfügen einige Zentren über einen Schnelldiagnosetest, der aus einem immunchromatographischen Assay besteht, mit dem Trichophyton-Antigene in Nagelproben nachgewiesen werden können und der sofortige Ergebnisse mit ausreichender Qualität liefert (Paugam A et al. 2021).
- Rauchen: Offenbar ist Rauchen ein unabhängiger Risikofaktor für Psoriasis (Armstrong AW et al.2011). Unlängst konnte gezeigt werden, dass rauchende Psoriatiker häufiger an einer psoriatischen Onychopathie erkranken als Nichtraucher (Temiz SA 2020).
Histologie
Die klassischen histologischen Merkmale der Nagelpsoriasis überschneiden sich mit den Befunden der kutanen Psoriasis und umfassen: leichte bis mäßige Hyperkeratose, fokale Parakeratose, psoriasiforme Papillomatose, erweiterte und gewundene Kapillaren in der papillären Dermis sowie neutrophile Infiltrate (Grover C et al. 2005). Darüber hinaus kann es zu einem Verlust des Stratum granulare im Hyponychium und zu Hypergranulose in der Nagelmatrix sowie im Nagelbett kommen (Grover C et al. 2005). Das Matrixepithel im Bereich einer Tüpfelung zeigt in der Regel eine leichte Spongiosis mit Exozytose von Lymphozyten und Neutrophilen.
Diagnose
Differentialdiagnose
Tinea unguium (wichtigste Differenzialdiagnose!): Häufiger sind Zehennägel betroffen, langsames Nagelwachstum, selten Grübchen, häufig Onycholyse, mikroskopischer Nachweis von Sporen und Myzelien (sorgfältige Entnahmetechnik); positive Kultur!
Onychogrypose (häufig im Alter): Stark gewölbte, verdickte, häufig verfärbte, krallenartige, harte Nagelplatte. Ausbildung großer, missgebildeter, in die "falsche Richtung" gewachsener Nägel. Die Nagelmatrix ist hart und nicht krümelig.
Lichen planus: Meist verdünnte (!) Nagelplatten mit Längsverwerfungen der Oberfläche (Trachyonychie) und zahlreichen Tüpfeln. Komplette (atrophisierende) Zerstörung der Nagelplatte ist möglich.
Ekzemnägel: Nicht klar zugeordneter Begriff für Nagelveränderungen bei chronischen Handekzemen. Insofern sind die klinischen Symptome unterschiedlicher Art: Häufig unregelmäßige Nageloberfläche mit Rillen, Furchen, Tüpfeln, Aufsplitterung, Verdickung der Nagelplatte, Onycholyse und Farbveränderungen. Keine psoriatischen Stigmata der Haut.
Onycholysis semilunaris: Halbmondförmige unvollständige Onycholyse mit Ablösung der Nagelplatte vom freien Rand her. Keine weiteren psoriatischen Stigmata
Leukonychie (Differenzialdiagnose s. dort): Polyätiologisches Symptom mit punktförmiger, quer- oder längsstreifiger oder homogener totaler Weißfärbung der Nagelplatte (Leitsymptom: Nagel, weiß), das einen oder mehrere Nägel betreffen kann.
Yellow-nail-Syndrom: Verdickte, im gesamten Nagelbereich gelb verfärbte, langsam oder gar nicht wachsende Nägel, Skleronychie mit peripher einsetzender Onycholyse.
Zwanzig-Nägel-Dystrophie: Häufig schon angboren oder in den ersten Lebensmoanten sich entwickelnd. Betrifft meist alle Nägel. Nageldystrophien unterschiiedlich, meist verdickt, nicht krümelig, keine Tüpfel oder Ölflecken, keine integumentale Psoriasis.
Komplikation(en)
Etwa die Hälfte der Patienten mit Nagelpsoriasis berichten, je nach Ausmaß der Veränderungen, über Einschränkungen ihrer täglichen Funktionen im Alltag.
Rund 50% der Betroffenen geben Schmerzen an.
Therapie allgemein
Die Behandlung der Nagel-Psoriasis ist äußerst schwierig und langwierig und erfordert somit viel Geduld. Die Patienten müssen leider lernen, mit den versch. Formen der psoriatischen Onychodystrophie über eine längere Zeit zu leben. Das derzeitige therapeutische Arsenal an Systemtherapeutika ist sehr breit gefächert. Aus diesem breiten Sortiment, muss unter Berücksichtigung der klinischen Konstellation der individuelle therapeutische Behandlungsansatz gewählt werden. Er umfasst sowohl „wait and see“ als auch bei schweren Fällen den Einsatz von Systemtherapeutika. Einer besonderen therapeutischen Überlegung bedürfen die psoriatischen Minusvarianten mit solitärer psoriatischer Onychopathie bei denen der Lokalbefund zu erheblichen funktionellen und psychischen Problemen geführt hat.
Die äußere Therapie verspricht nur bei leichteren Formen Erfolg. Folgende allg. Verhaltensregeln sind zu beachten:
- Meiden von Provokationsfaktoren (aggressive Maniküre oder Pediküre, Manipulationen am Nagelhäutchen).
- Nägel kurz schneiden, insbes. bei Pat., die in Beruf/Haushalt/Hobby mit manuellen Tätigkeiten konfrontiert sind.
- Vor dem Schneiden die Nägel waschen und einfetten (z.B. Linola Fettsalbe), damit sie weniger splittern.
- Falls erforderlich, brüchige Nägel erst nach einem lauwarmen Öl- oder Teerbad (Linola Fett Ölbad, Balneum Hermal Ölbad) schneiden.
- Quer-Rillen oder verdickte Nägel von erfahrenen Medizinischen Fußpflegern abfräsen lassen.
- Leichtes, weites Schuhwerk tragen, das nicht auf die betroffenen, verformten Fußnägel drückt.
- Künstliche Fingernägel als optische Verschönerung sind möglich.
- Bei psoriatischen "Krümelnägeln" Okklusivbehandlung mit 40% Harnstoff-Paste (s.u. Harnstoff (Übersicht) für 10-14 Tage aufweichen und durch eine Fachkraft abfräsen lassen.
Externe Therapie
Es gibt nur wenige hochwertige Studien, die die verschiedenen topischen Behandlungen der Nagelpsoriasis bewerten und vergleichen. Im Allgemeinen zeigen Mittel mit einem höheren Fettanteil (Cremes oder Salben), die unter Okklusion angewendet werden, bessere Ergebnisse als eine nicht-okklusive Therapie. Bei Nagelbettmanifestationen sollte die Behandlung so nah wie möglich am Nagelbett erfolgen, nachdem der onycholytische Nagel gekürzt und eine subunguale Kürettage durchgeführt wurde (Jiaravuthisan MM et al. 2007). Es stehen verschiedene therapeutische Optionen zur Verfügung.
Kortikosteroide topisch: Derzeit gibt es keinen Konsens über ein Standardbehandlungsschema. In der klinischen Praxis werden jedoch häufig hochwirksame Kortikosteroide eingesetzt, oft unter Okklusion und über lange Zeiträume hinweg. Bei ihrer Langzeitanwendung ist wegen des Risikos einer Hautatrophie Vorsicht geboten (Kole L et al. 2014; Canal-García E et al. 2022). Alternativ: Versuch mit Sertaconazol Nagelpflaster (Zalain Nagelpflaster; auf Nagelgröße zuschneiden u. 1mal/Woche wechseln).
Alternativ: Vitamin-D-Derivate (Calcitriol, Tacalcitol, Calcipotriol): Diese Topika sind als Monotherapie oder zusammen mit topischen Kortikosteroiden (Clobetasol oder Betamethason) wirksam. Sie scheinen bei psoriatischen Veränderungen des Nagelbetts nützlicher zu sein als bei Matrix-induzierten (Canal-García E et al. 2022; Rigopoulos D et al. 2022). Bei leichteren Formen Versuch mit Calcipotriol Lösung/Salbe (z.B. Daivonex, Psorcutan Lösung) 1mal/Tag, vorzugsweise abends anwenden, möglichst okklusiv (Fingerlinge, Handschuhe) für mindestens 4-6 Monate.
Alternativ: Calcineurin-Inhibitoren (Tacrolimus): In einer Studie waren sie sowohl bei Matrix- als auch bei Nagelbettmanifestationen wirksam (De Simone C et al. 2013).
Alternativ: Tazarotene: Lokalbehanldung mit einer 0,1% Tazaroten-(Creme/Gel). Hierzu liegen mehrere positive Studienergebnisse (12-24 Wochentherapie) vor (Rigopoulos D et al. 2007). Diese Prozedur scheint topisch-okklusiv wirksam zu sein. Die Anwendung kann durch das häufige Auftreten von Erythem, Schuppung, Reizung und Paronychie eingeschränkt sein (Fischer-Levancini C et al. 2012; Canal-García E et al. 2022).
Alternativ (bei psoriatischer Onychogrypose): Applikation eines 15% Harnstoff-Lacks (Onypso). Über einen Zeitraum von >6 Monaten, 1 x täglich auf die betroffenen Nägel auftragen.
Alternativ: Bei schwereren Formen empfiehlt sich der lokale Einsatz von 1% 5-Fluorouracil oder einer Lösung mit 1% 5-Fluorouracil + Salicylsäure oder Harnstoff ( Off-Label-Use). Lösung einmal täglich auftragen, anschließend Okklusivverband. Mögliche Nebenwirkungen sind Rötung, Juckreiz und schmerzhaftes Brennen.Elektrotherapie: Die Interferenzstromtherapie wird auch bei Nagelpsoriasis als erfolgreich beschrieben (Fa. NEMECTRON; Fa. IONTO-COMED).
Kortikosteroide, intraläsional: Diese Therapiemethode ist die einzige mit akzeptablen Ergebnissen. Medial und lateral unterhalb der Matrix u. unterhalb der Nagelplatte ist ein Depot zu setzen. Das Kortikosteroid sollte mit einer 28-30G-Nadel verabreicht werden. Es ist ratsam, eine analgetische Technik in dem Gebiet anzuwenden, um Schmerzen während und nach dem Eingriff (die wichtigste unerwünschte Wirkung) zu vermeiden. Das am häufigsten verwendete Schema ist die Injektion von etwa 0,4 ml Triamcinolonacetonid in einer Konzentration von 10 mg/ml. (Canal-García E et al. 2022; Abell e et al. 1973). Stark schmerzhafte Prozedur, Leitungsanästhesie nach Oberst ist erforderlich. Ggf. mehrfache Wiederholung nach 2-4 Monaten. Unter dieser Therapie konnten in versch. Studien deutliche Erfolge nachgewiesen werden (Evidenzgrad C).
Bestrahlungstherapie
Nicht-pharmakologische Behandlungen: Mehrere nicht-pharmakologische Behandlungen wurden bei Nagelpsoriasis eingesetzt: Phototherapie, photodynamische Therapie, oberflächliche Strahlentherapie, Lasertherapie(Maranda EL et al. 2016). Die Ergebnisse sind sehr uneinheitlich und ihre Anwendung wird in der klinischen Routinepraxis nicht empfohlen (Canal-García E et al. 2022)
PUVA-Creme-Therapie und systemische PUVA-Therapie sind nur begrenzt wirksam. Neuere kontrollierte Daten liegen zu dieser Therapieform nicht vor.
Interne Therapie
Allgemeine Empfehlungen: In den letzten Jahren hat die Behandlung der Haut- und Nagelpsoriasis mit der Entwicklung neuer Medikamente mit langanhaltender Wirksamkeit, Fortschritte gemacht (Pasch MC 2016). Das Vorgehen sollte individuell auf die Anzahl der betroffenen Nägel, die Assoziation von Haut- und Gelenkläsionen, andere Begleiterkrankungen, den Grad der Beeinträchtigung der Lebensqualität usw. abgestimmt werden. Systemische Behandlungen sind die Behandlung der Wahl bei Patienten mit Mehrfachbefall der Nägel oder wenn die Nagelpsoriasis von Haut- oder Gelenkmanifestationen begleitet wird. Es gibt nur wenige randomisierte klinische Studien, die eindeutige positive klinische Effekte belegen.
- Retinoide (Acitretin): Retinoide haben eine mäßige Wirksamkeit mit NAPSI-Verbesserungen von 40-50 %. Es werden in niedrigeren Dosen als bei der kutanen Psoriasis verwendet (0,2-0,3 mg/kg/Tag). Ihr Wirkmechanismus ist langsam, aber sie sind Medikamente, die über Jahre hinweg eingesetzt werden können. Die häufigsten unerwünschten Wirkungen sind die bekannten wie Cheilitis und Hautabschuppungen (Canal-García E et al. 2022; Ricceri F et al. 2013).
- Methotrexat: Scheint bei Manifestationen der Nagelmatrix am nützlichsten zu sein. Die erzielte Wirksamkeit ist mäßig, mit einer Verbesserung der NAPSI-Scores zwischen 40-50 %. Die verwendeten Dosen sind die gleichen wie bei der kutanen Psoriasis. Im Vergleich zu Behandlungen mit Biologika ist die Wirksamkeit meist geringer (Reich K et al. 2011).
- Ciclosporin A: Ciclosporin A ist sowohl bei der Onychopathie des Nagelbetts- als auch der Nagelmatrix effektiv. Ciclosporin hat sich in der Monotherapie als wirksam erwiesen, wird aber zunehmend in Kombination mit Calcipotriol eingesetzt. Sein Einsatz ist wegen der Gefahr von Nierenschäden auf etwa 12 Monate begrenzt (Canal-García E et al. 2022).
- Apremilast: In klinischen Zulassungsstudien zeigte das Medikament Verbesserungen sowohl bei der Matrix- als auch bei der Nagelbettpsoriasis, mit NAPSI-Veränderungen von 60 % nach 52 Wochen (Papp K et al. 2015; Lanna C et al. 2020).
Biologika: Bei den meisten biologischen Arzneimitteln erfolgt das Ansprechen der Nagelpathologien deutlich langsamer als an den Hautläsionen, und ist i.A. ab Woche 12 ersichtlich. Hierbei verbessern sich i.A. die Fingernägel früher als die Zehennägel (schnelleres Wachstum). Die folgenden Medikamente wurden auf ihre Wirksamkeit bei Nagelpsoriasis untersucht:
- Infliximab: Mehrere Studien haben die Wirksamkeit von Infliximab auf Nagelbett- und Nagelmatrixmanifestationen nachgewiesen. Bei Patienten mit schwerer Psoriasis kam es schneller und in größerem Umfang zu einer Verbesserung als bei Patienten mit leichter Psoriasis. Darüber hinaus verbesserten sich die Lebensqualitätsskalen unter der Infliximab-Behandlung (Reich K et al. 2010; Canal-García E et al. 2022)
- Adalimumab: Mehrere Studien, darunter klinische Studien und bevölkerungsbezogene Kohorten, haben die Wirksamkeit von Adalimumab bei Nagelpsoriasis untersucht und im Allgemeinen gute Ergebnisse gezeigt (NAPSI-Verbesserungen zwischen 55-95 %). Diese Verbesserung war unabhängig von der vorherigen Behandlung mit Infliximab oder Etanercept (Canal-García E et al. 2022; Thaçi, D et al. 2015).
- Etanercept: In mehreren Beobachtungsstudien konnten Verbesserungen des NAPSI zwischen 50-90 % gezeigt werden (Luger TA et al. 2009).
- Ustekinumab: Ustekinumab hat sich bei Manifestationen im Nagelbett und in der Nagelmatrix als wirksam erwiesen, mit NAPSI-Verbesserungen von 57-97 %. Zugleich verbesserte es die Lebensqualität der behandelten Patienten (Rigopoulos D et al. 2011; Patsatsi A et al. 2013).
- Secukinumab: Die 2,5-Jahres-Ergebnisse zeigen eine anhaltende NAPSI-Verbesserung von etwa 70 % und eine Verbesserung der Lebensqualität (K. Reich et al. (2021).
- Ixekizumab: Mehrere Studien haben die Wirksamkeit mit guten Ansprechraten gezeigt (Verbesserung des NAPSI 100) von bis zu 55 % (Van de Kerkhof P et al. 2017)
- Brodalumab: Mehrere Studien, darunter auch randomisierte klinische Studien, haben die Wirksamkeit dieses Arzneimittels bei Nagelpsoriasis belegt (Elewski B et al. (2020).
- Guselkumab: Guselkumab ist seit 2019 für die Behandlung der kutanen Psoriasis erhältlich. In den Zulassungsstudien zeigte dieses Medikament im Vergleich zu Placebo nach 16 Wochen Verbesserungen des NAPSI-Werts (Foley P et al. 2018).
- Risankizumab: In klinischen Studien zeigte Risankizumab in den Wochen 16 und 52 statistisch signifikante Verbesserungen des NAPSI gegenüber Placebo (Gordon KB et al. 2018).
- Zusammenfassend wurde in einer Netzwerk-Metaanalyse die Ergebnisse von 7 vergleichenden klinischen Studien zu 6 biologischen Arzneimitteln ausgewertet: Eingeschlossen wurden Patienten mit gleichzeitiger mittelschwerer Psoriasis und Nagelpsoriasis. Der primäre Endpunkt war das vollständige Verschwinden der Nagelläsionen (NAPSI, mNAPSI oder PGA von 0) in Woche 24-26. Die Wahrscheinlichkeit eines vollständigen Ansprechens war bei Ixekizumab am höchsten (46,5%), gefolgt von Brodalumab (37%), Adalimumab (28,3%), Guselkumab (27,7%), Ustekinumab (20,8%) und Infliximab (0,8%) (Reich K et al. 2021). Bei gleichzeitiger Psoriasisarthritis ist ggf. eine Kombination mit Methotrexat zu erwägen.
Hinweis(e)
Die psoriatische Onychodystrophie wird häufig als zu vernachlässigendes "sekundäres Problem" gesehen. Dabei kann die klinische Problematik durch Stigmatisierung, funktionelle Einschränkungen alltäglicher Aktivitäten, Sekundärinfektionen und Schmerzen eine ernstzunehmende klinische Größe erreichen.
Hinsichtlich einer isolierten Nagelpsoriasis ist das Nutzen-Risiko-Profil einer internen Therapie zu bedenken!
Zur Objektivierung und Verlaufsbeobachtung der Nagelbeteiligung wurde der "Nail Psoriasis Severity Index ( NAPSI) entwickelt. Alternative Scores sind: NPQ10 (Nail Psoriasis Quality of Life - zur Beurteilung der Auswirkung der Nagelpsoriasis auf die Lebensqualität des Einzelnen) und NAPPA (Nail Assessment in Psoriasis and Psoriasic Arthritis). Andere Skalen, die hauptsächlich in klinischen Studien verwendet werden, sind der modifizierte NAPSI (mNAPSI) (Rich P et al. 2003; Cassell SE et al. 2007; Hudgens S et al. 2021).
Klinisch wichtig ist die in einer multivarianten Regressionsanalyse gesicherte Beobachtung, dass ein Nagelbefall als negativer Prognosefaktor angsehen werden muss (Bardazzi F et al. 2017).
Hinweis(e)
Bewertung des Schweregrads der Nagelpsoriasis: Die Bewertung des Schweregrads der Nagelpsoriasis hängt von ihren klinischen Merkmalen und ihrem Ausmaß ab. Die Verwendung von Skalen erleichtert die Standardisierung und Homogenisierung der Patienten. Eine der am häufigsten verwendeten Skalen ist der Nail Psoriasis Severity Index (NAPSI). Andere Skalen, die hauptsächlich in klinischen Studien verwendet werden, sind der modifizierte NAPSI (mNAPSI) oder die ärztliche Globalbeurteilung (f-PGA) (Rich P et al. 2003); Cassell SE et al. 2007; Hudgens S et al. 2021).
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