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Eosinophilie, HautveränderungenGrunderkrankung + D72.1
Synonym(e)
Definition
Hauterscheinungen die durch eosinophile Infiltration der Haut (z.B. als Begleiterscheinungen von Insektenstichen, Arzneimittelreaktionen, atopischer Dermatitits oder anderer neoplastischer, immmunologischer oder vaskulitischer Fehlreaktionen) und/oder durch Hämatoeosinophilien gekennzeichnet sind.
Als Eosinophilie wird die Erhöhung des Normwertes eosinophiler Granulozyten im Blut (Normwert: 2-4% oder 50-500/µl) oder in Geweben bezeichnet. Eine Hämatoeosinophilie liegt dann vor, wenn die absolute Zahl der Eosinophilen von 500/µl überschritten wird (> 50% der gesamten Leukozyten).
Der früher genutzte Begriff "Hypereosinophilie" (> 1500/µl) ist nicht mehr gebräuchlich und findet nur noch nomenklatorischen Eingang in dem sog. Hypereosinophilie-Syndrom.
Einteilung
-
Primäre Eosinophilie:
- klonale Eosinophilie
- idiopathische Eosinophilie.
-
Sekundäre Eosinophilie:
- reaktive Eosinophilie.
- Unter den primären Eosinophilien werden klonale und idiopathische Formen zusammengefasst. Bei den klonalen Eosinophilien handelt es sich überwiegend um hämatologische Neoplasien oder myelodysplastische und -proliferative Erkrankungen.
- Unter den reaktiven (oder auch sekundären) Eosinophilien werden alle Zustände zusammengefasst, bei denen eine kurzfristige oder persistierende Eosinophilie stets in Assoziation mit einer nachweisbaren Erkrankung (z.B. parasitäre Erkrankung, maligne Tumoren, andere eosinophile Organerkrankungen wie eosinophile Ösophagitis, Gastritis, Pneumonie, Pankreatitis, Myokarditis) oder Ursache (z.B. Arzneimittel, Strahlentherapie) nicht klonalen Ursprungs auftritt. Hierunter sind auch zahlreiche dermatologische Erkrankungen einzuordnen (z.B. Granuloma faciale).
Im folgenden sind Erkrankungen aufgelistet, die konstant oder inkonstant von einer Eosinophilie des Blutes begleitet werden:
- Allergische Erkrankungen (Formenkreis der atopischen Erkrankungen):
- Atopisches Ekzem
- Asthma, allergisches (s.u. Asthma bronchiale)
- Rhinoconjunctivitis allergica
- Netherton-Syndrom (s.u. Ichthyosis linearis circumflexa) - häufig mit atopischen Erkrankungen kombiniert
- Urtikaria (inkonstant, kein Leitsymptom)
- Erythema exsudativum multiforme (inkonstant).
- Parasitäre Erkrankungen (v.a. wenn die Parasiten oder deren Sekrete in das Gewebe eindringen):
- Wurminfektionen (Übersicht s.u. Anthelminthika)
- Epizoonosen ( Skabies, Pediculosis, Pulikose, Trombidiose, Getreidekrätze)
- Insektenstiche durch Hautflügler.
- Infektionserkrankungen und parainfektiöse Erkrankungen:
- Spezielle Pilzinfektionen ( Aspergillose, Coccidioidomycose)
- Erkrankungen durch Protozoen (s.u. Zoonosen)
- Verschiedene Virusinfektionen ( HIV-Infektion, Masern, Ringelröteln)
- Scharlach
- Fleckfieber
- Acrodermatitis papulosa eruptiva infantilis (Gianotti-Crosti-Syndrom).
- Blasenbildende Dermatosen:
- Erkrankungen der Pemphigus-Gruppe (s.u. Pemphigus)
- Erkrankungen der Pemphigoid-Gruppe (s.u. Pemphigoid)
- Dermatitis herpetiformis (inkonstant, häufig nur Histoeosinophilie)
- Incontinentia pigmenti (Bloch-Sulzberger) (Eosinophilie im Blasenstadium konstant)
- Stevens-Johnson-Syndrom (Eosinophilie inkonstant).
- Krankheiten des hämatopoetischen Systems:
- Hypereosinophilie-Syndrom/HES (hohe Eosinophilie ist obligat)
- (Hyper-)eosinophile Dermatitis (hohe Eosinophilie ist obligat)
- Episodisches Angioödem mit Eosinophilie (Gleich-Syndrom; konstante und ausgeprägte Eosinophilie)
- Eosinophile Leukämie
- Erythrodermien (bei Hinweis auf kutanes T-Zell-Lymphom)
- kutane B-Zell-Lymphome
- kutane T-Zell-Lymphome
- Myelom, multiples
- Lymphogranulomatose, maligne
- Mastozytose
- Histiozytosen, Langerhanszell-Histiozytosen (z.B. Eosinophiles Granulom).
- Kollagenosen:
- Eosinophile Fasziitis (konstant)
- Eosinophiles-Myalgie-Syndrom (Toxic-oil-Syndrom, wird kaum noch beobachtet)
- Dermatomyositis (inkonstant)
- Sklerodermie, systemische (eher selten).
- Vaskulitiden:
- Arteriitis temporalis (inkonstant)
- Churg-Strauss-Syndrom (konstantes Phänomen)
- Polyarteriitis nodosa, systemische (inkonstant)
- Vaskulitis, leukozytoklastische (non-IgA-assoziierte) (meist Histoeosinophilie)
- Wegener-Granulomatose (Eosinophilie kann exzessiv sein).
- Endokrine Störungen:
-
Immundefekte:
- Episodisches Angioödem mit Eosinophilie
- Selektiver IgA-Defekt
- Wiskott-Aldrich-Syndrom
- Sarkoidose (bei etwa 25% der Patienten)
- Hyper-IgE-Syndrom/HES (regelmäßig und ausgeprägt).
- Verschiedene andere Erkrankungen:
- Als paraneoplastisches Syndrom (z.B. bei verschiedenen soliden Tumoren)
- Karzinome von Kolon, Magen, Ovar, Pankreas, Cervix uteri und Schilddrüse; Bronchialkarzinome.
- DRESS
- Dermatitis, exsudative diskoide lichenoide (Oid-Oid-disease)
- Pannikulitis, pankreatische
- Behçet, M.
- Eosinophile sterile Pustulose
- Post-Kala-Azar-Dermatose
- Omenn-Syndrom
- Hypermelanose, nävoide, streifen- und wirbelförmige
- Eosinophile Zellulitis (Wells-Syndrom, Eosinophilie obligat)
- Kimura, Morbus (Angiolymphoide Hyperplasie mit Eosinophilie)
- Antikonvulsiva-Hypersensitivitäts-Syndrom
- Eosinophiles episodisches Angioödem (Gleich-Syndrom; konstante und ausgeprägte Eosinophilie)
- Erythema neonatorum
- Eosinophiles anuläres Erythem
- Polymorphe und pruritische eosinophile Eruption bei Strahlentherapie (Rueda et al.1999)
- Granuloma faciale
- Als paraneoplastisches Syndrom (z.B. bei verschiedenen soliden Tumoren)
Vorkommen/Epidemiologie
Häufigste Ursache in Europa sind Allergien (> 20% der Bevölkerung); zunehmend sind Medikamente als Ursache einer Eosinophilie. Weltweit führen Parasitosen: je nach Region können bis zu 80% der Bevölkerung betroffen sein.
Diagnose
Vorgehen bei Eosinophilie:
- Anamnese (Allergien, Atopie, Familienanamnese, Medikamente, Impfungen, Reiseanamnese)
- Körperliche Untersuchung mit Biopsien nach mehrtätiger Steroidkarenz (involvierte Organe wie: Haut, Herz, Lunge, GIT u.a.)
- Labor: Blutbild, ECP, Stuhluntersuchungen (Parasiten), Prick, RAST
Merke! Eine Eosinophilenzahl > 1500/ul ist für allergische Erkrankungen eher ungewöhnlich. Die Konstellation von Hämatoeosinophilie und assoziierten Hauterscheinungen bedarf einer hämatologischen Abklärung.
Hinweis(e)
Bei verschiedenen klonalen Hämato - Eosinophilien kann ein Rearrangement der Gene des "platelet-derived growth-factor receptor" (PDGFR) alpha und beta nachgewiesen werden. Durch Inhibition bestimmter durch diesen Rezeptor beeinflusster zytoplasmatischer Tyrosinasen ( Imatinib) können primäre Eosinophilien erfolgreich behandelt werden.
Literatur
- Wozel G (2007) Eosinophile Dermatosen. Hautarzt 58: 347-360