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Erythrodermie (Übersicht)L53.9
Synonym(e)
Erstbeschreiber
Hebra, 1868
Definition
Die Bezeichnung "Erythrodermie" ist ein rein deskriptiver Begriff für eine gleichförmige, universelle Rötung der Haut (Befall von > 90% des Hautorgans), als gemeinsame Endstrecke verschiedener inflammatorischer Erkrankungen.
Meist geht eine Erythrodermie mit ausgeprägter Schuppenbildung, intensivem Juckreiz (> 90% der Patienten) einher, seltener mit Nässen.
Pathogenetisch liegt einer Erythrodermie eine schwerwiegende entzündung der Haut zugrunde mit gravierenden Auswirkungen auf den Gesamtorganismus. Ein Rückschluss auf eine zugrunde liegende Erkrankung ist aus dem erythrodermischen Zustand per se nicht abzuleiten. Die ätiologische Zuordnung gelingt erst nach entsprechenden Untersuchungen.
Gundsätzlich ist eine Erythrodermie als schwerwiegendes, meist lebensbedrochiches Zustandsbild zu betrachten.
Als klinische Sonderfälle sind Patienten mit einer neonatalen Erythrodermie anzusehen, da dieser Zustand bei Neugeborenen und jungen Säuglingen wegen Wärmeverlust, transepidermalem Wasserverlust, Gefahr der transkutanen Infektion, potenziell lebensbedrohlich ist.
Einteilung
Erythrodermien werden unterschieden in primäre (Entstehung de novo) und sekundäre Erythrodermien (Entstehung auf dem Boden einer präexistenten dermatologischen Erkrankung).
- Primäre Erythrodermien (s = sehr selten):
- Akute primäre Erythrodermie (de novo entstanden als Antwort auf aktuelle Ereignisse):
- Toxische Erythrodermie (erythrodermische Dermatitis, z.B. durch Verbrennungen, Verbrühungen, UV-Schäden, Verätzungen)
- Arzneimittelreaktion, unerwünschte
- Pustulose akute generalisierte exanthematische (AGEP)
- Toxische epidermale Nekrolyse (TEN)
- Antikonvulsiva-Hypersensitivitäts-Syndrom.
- Chronische primäre Erythrodermien (angeboren- s.a. Erythrodermie, neonatale):
- Seltene kongenitale Ichthyosen (s.u. Ichthyosen)
- Ichthyosis lamellosa
- CHILD-Syndrom (s)
- Erythrodermia congenitalis ichthyosiformis bullosa(s)
- Ichthyosis congenita gravis (Harlekinfetus) (s)
- Keratitis-Ichthyosis-Taubheit-Syndrom (= KID) (s)
- Schwere Dermatitis-multiple Allergien-metabolischer Verlust-Syndrom (=SAM-Syndrom) (s)
- Refsum-Syndrom (s)
- Sjögren-Larsson-Syndrom (s)
- Immundefekte, T-zelluläre, primäre.
- Chronische primäre Erythrodermien (erworbene, schleichender Beginn):
- Sézary-Syndrom
- T- und B-Zell-Lymphome
- Leukämien
- Alterserythrodermie (idiopathische Erythrodermie; Alterserythrodermie des Mannes/red man syndrome)
- Akute primäre Erythrodermie (de novo entstanden als Antwort auf aktuelle Ereignisse):
- Sekundäre Erythrodermien (auf dem Boden einer vorbekannten Erkrankung!) (s = sehr selten):
- Psoriasis vulgaris (60% der sekundären Erythrodermien)
- Atopisches Dermatitis
- Seborrhoische Dermatitis
- Impetigo herpetiformis (s)
- Lichen planus exanthematicus (s)
- Dermatitis, chronisch aktinische (s)
- Pityriasis rubra pilaris (s)
- Pemphigus foliaceus (s)
- Pemphigus, paraneoplastischer
- Pemphigoid, bullöses
- Dermatomyositis
- Lupus erythematodes, systemischer
- IPEX-Syndrom/Mutation in FOXP3
- Comel-Netherton-Syndrom/Mutation in SPINK5
- OMENN-Syndrom/RAG1/2
- SCID (s)
- Scabies norvegica (s)
- Hypereosinophilie-Syndrom (s)
- Melanoerythrodermie u.a. als paraneoplastisches Syndrom(s)
- Papuloerythroderma (Ofuji) (s).
Vorkommen/Epidemiologie
Die epidemiologischen Daten zur Erythrodermie sind unzuverlässig. Die Prävalenzen schwanken zwischen 0,9/100.000 für Europa und 35/100.000 in Indien.
Manifestation
Histologie
Die diagnostische Wertigkeit einer histologischen Untersuchung muss differenziert betrachtet werden. Häufig ist das histologische Ergebnis uncharakteristisch. Bei den angeborenen Erythrodermien ist die histologische Untersuchung u.U. diagnostisch wegweisend. Lymphome der Haut können eindeutig diagnostiziert werden. Bei den sekundären Erythrodermien können sich Hinweise auf die Grunderkrankung ergeben.
Histologische Untersuchung: eine wichtige Voraussetzung für eine aussagekräftige, histologische Untersuchung ist ein längerzeitiges Absetzen jeglicher Therapie mit Glukokortikoiden (extern wie auch intern).
Diagnose
Systematik mit Hilfswort "SCALPID"
- S = Sezary-Syndrom, Scabies crustosa, SCLE
- C = Kontaktdermatitis
- A = atopische Dermatitis
- L = Lymphome (kutanes T-Zell-Lymphom), lymphatische Leukämie, Lichen planus
- P = Psoriasis, Pityriasis rubra pilaris, Pemphigus foliaceus, Paraneoplasie
- I = Ichthyosis
- D = Drugs (Arzneimittelreaktionen)
Komplikation(en)
Für die Haut und den Gesamtorganismus stellt eine Erythrodermie, unabhängig von der verursachenden Grunderkrankung, eine schwere Belastung dar, insbes. durch:
- Deutlich erhöhte Hautdurchblutung mit konsekutiver Herz-Kreislauf-Belastung.
- Exzessiv erhöhte Wärmeabstrahlung (ständiges Frieren des Patienten).
- Störung der Hautbarrierre mit erhöhtem Flussigkeitsverlust.
- Erhöhte Desquamation mit gesteigertem Verlust an Albumin und Proteinen.
- Unspezifische Störung der immunologischen Abwehr mit gesteigerter Infektneigung.
Therapie
Literatur
- Borrás-Blasco J et al.(2001) Erythrodermia induced by omeprazole. Int J Clin Pharmacol Ther 39:219 w23.
- Iliescu V et al.(1997) Erythrodermia Sézary with immunological deficiency and antibodies against human albumin. Acta Med Scand 197(1-2):141-144. Kiessling W et al.(1959) Melano-erythrodermia with cachexia. Arch Klin Exp Dermatol 208:579-591.
- Mori S et al. (1988) Postoperative erythrodermia (POED), a type of graft-versus-host reaction (GVHR)? Pathol Res Pract 184:53-59.
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