Psoriasis arthropathica L40.50

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 11.09.2024

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Synonym(e)

Psoriasisarthritis; Psoriasis-Arthritis; psoriatic arthritis (e); psoriatische Arthritis

Definition

Von der Psoriasis geprägte Form des chronischen Rheumafaktor-negativen polyarthritischen Syndroms mit Befall der DIP und PIP an Händen und Füßen. Die Psoriasisarthritis verläuft in 25% als destruierende Arthritis und verursacht bleibende Behinderung. Die Arthritis kann den Hauterscheinungen um Jahre vorausgehen und umgekehrt (s.a. Arthritis psoriatische bzw. Psoriasisarthritis)

Vorkommen/Epidemiologie

  • Psoriasis in der Bevölkerung: 1-3%
  • Arthritis psoriatica bei Patienten mit Psoriasis: 5-20%
  • Arthritis psoriatica in der gesamten Bevölkerung: 0,1-0,2%
  • Männer und Frauen erkranken gleichhäufig.

Ätiopathogenese

Manifestation

Bei Patienten mit Psoriasis vulgaris bzw. Psoriasis pustulosa generalisata auftretend.

Lokalisation

Häufig Befall des Kniegelenks, danach Finger-, Sprung- und Zehengelenke; sog. "Transversalbefall": Einbeziehung der Fingerendgelenke sowie auch der Zehengelenke oder "Befall im Strahl": Grund-, Mittel- und Endgelenke betroffen (sog. Daktylitis) mit Schwellungen eines Fingers bzw. einer Zehe.

Klinisches Bild

5 Verläufe der Erkrankung sind bekannt:
  • Bevorzugte Beteiligung der Fingerendgelenke und Nagelveränderungen
  • Schwerer deformierender Verlauf mit Verknöcherungen/Gelenksteife und zur Verstümmelung führende Gelenkveränderungen.
  • Symmetrischer Befall mehrerer Gelenke (vergleichbar der rheumatoiden Arthritis ohne Rheumafaktoren)
  • Befall eines oder weniger Gelenke im Zuge einer Psoriasis (s.u. Psoriasis vulgaris).
  • Psoriasis-Arthritis mit Wirbelsäulenmanifestation.

Labor

Harnsäure (starke Erhöhung der Harnsäure soll mit einem schweren Krankheitsverlauf korrelieren). Negative Rheumafaktoren. 10-15% der Patienten mit Psoriasisarthritis zeigen Antikörper gegen zyklische zitrullinierte Peptide ( CCP-AK). Bei Spondylarthritis häufig pos. Assoziation mit HLA-B27.

Therapie allgemein

  • Zusammenarbeit mit dem Rheumatologen. Schonen der Gelenke im Schub, Ausdauertraining zwischen den Schüben. Neben Bewegungsübungen, Bewegungsbädern (34 °C) und Bindegewebsmassagen ergänzend Ergotherapie (Gelenkschutz, Selbsthilfetraining, Funktionstraining).

    Merke! Keine Tablette ohne Krankengymnastik!

  • Als abschwellende Maßnahme im akuten Schub lindern Eisbeutel, in anderen Fällen Wärmepackungen mit Fango oder Schlick. Ergänzend Kurzwellenbehandlung, Interferenzstrombehandlung oder Ultraschall. Hilfreich sind Vitamin E in einer Dosierung von 400-800 mg/Tag, zusätzlich Selen und Zinksubstitution. Äußerst bewährt hat sich die Einnahme von Eicosanoiden, z.B. Omega-3-Fettsäuren (Epamax).

    Merke! Die Medikamente heilen nicht, sondern ermöglichen dem Patienten, mit seiner Krankheit möglichst beschwerdefrei zu leben!

Externe Therapie

  • Nichtsteroidale Antiphlogistika in Salben- oder Gelgrundlage (z.B. Target Gel, Voltaren Emulgel).
  • Glukokortikoide: Intraartikuläre Glukokortikoid-Injektionen wie Triamcinolon-Kristallsuspension (z.B. Lederlon) unter den üblichen aseptischen Kautelen. Für Finger- und Zehengelenke genügen 1,5-3 mg, Hand- und Sprunggelenke 10-20 mg intraartikulär. Infiltration des peritendinösen Gewebes und schmerzhafter Sehnenansätze.

Interne Therapie

Stufentherapie s.u. Tab. 2 "Stufentherapie bei Psoriasis arthropathica".

  • Nichtsteroidale Antirheumatika: Infrage kommen Indometacin (z.B. Amuno) 100-150 mg/Tag, Diclofenac (z.B. Voltaren Drg.) 100-200 mg/Tag oder Ibuprofen (z.B. Ibuprofen Klinge Drg.) 800-1200 mg/Tag p.o. Therapie bedarfsorientiert oder regelmäßig einsetzen.
  • Glukokortikoid-Stoßtherapie: Bei intermittierender Schubaktivität Glukokortikoidstoß mit Prednisonäquivalent (z.B. Decortin) 40 mg/Tag p.o., alle 3 Tage um 5 mg reduzieren. Cave! Magenschutz mit z.B. Riopan Gel.

Merke! Jede mittelschwer oder schwer verlaufende, klinisch aktive Psoriasisarthritis bedarf einer Basistherapie!

  • Methotrexat: Bei schwerem Verlauf Methotrexat (z.B. Lantarel Tbl.) 10-20 mg/Woche p.o. oder i.m. (Gesamtdosis max. 1,5 g!).
  • Fumarsäureester: Alternativ Versuch mit Fumaraten 1000-1200 mg/Tag p.o. (z.B. Fumaderm), einschleichend dosieren. Besserung der Symptomatik nach etwa 2-3 Monaten.
  • Kombinationstherapie: Gerade beim akuten Schub hat sich die Kombination von MTX und Fumaraten bewährt. Nach circa 3-4 Monaten, nach Abfangen des akuten Schubes, kann MTX weggelassen werden, die Fumadermtherapie wird fortgeführt. Eine engmaschige Laborkontrolle ist selbstverständlich.

Bei therapierefraktärem Schub "Pulstherapie" mit hoch dosierten Glukokortikoiden i.v. wie Prednisolon (z.B. Solu Decortin H) 500-1000 mg/Tag an 3 aufeinander folgenden Tagen.

Merke! Glukokortikoide sind nicht in allen Fällen erfolgreich!

  • Basistherapie: Perorale Goldtherapie (z.B. Auranofin) 6 mg/Tag p.o. Falls nach 4-6 Monaten keine Besserung eintritt, kann die Dosis auf 9 mg/Tag p.o. erhöht werden.
    Alternativ: Sulfasalazin (z.B. Azulfidine): Initial 500 mg/Tag p.o., wöchentliche Steigerung um 500 mg bis max. 2-3mal 1000 mg/Tag.
  • Ciclosporin A (Sandimmun): Sehr gut wirksam und indiziert bei schweren Formen (Dosierung: 2,5 mg/kg KG/Tag p.o.).
  • Etanercept (z.B. Enbrel): Bei therapieresistenten Fällen.
  • Leflunomid (z.B. Arava): initial 100 mg/Tag über 3 Tage, dann 20 mg/Tag. Im Vergleich mit Sulfasalazin bzgl. Wirksamkeit und Sicherheit existieren vergleichbare Resultate (TOPAS-Studie). Therapeutische Wirkung ist nach 4-6 Wochen zu erwarten.
  • Golimumab (Simponi): 1mal/Monat 50 mg s.c. (jeweils am selben Tag des Monats), ggf. in Kombination mit der individuell erforderlichen Dosis MTX.
  • Upadacitinib ist ein selektiver und reversibler JAK-Inhibitor. In humanzellbasierten Assays inhibiert Upadacitinib  bevorzugt JAK1- oder JAK1/3-Signalwege im Vergleich zu anderen Zytokin-Signalwegen, die über JAK2 vermittelt werden.  Dosierung 15 mg alterniv 30 mg/Tag. 

Merke! Bei Schwangerschaft und Kinderwunsch muss auf eine Basistherapie verzichtet werden. Antikonzeption ist bei allen Basistherapeutika angezeigt, bei zytotoxischen Substanzen auch beim Mann.

Operative Therapie

Bei rezidivierenden Gelenkergüssen sind ggf. Synovektomien, Sehnen- oder Arthroplastiken erforderlich.

Naturheilkunde

Ordnungstherapie:

Laktovegetabile Kost: Naturheilkundlich wird die Einhaltung einer laktovegetabilen Kost mit Meiden von tierischem Fleisch und Eiern (max. 2 Portionen / Woche) empfohlen. Zusätzlich mehrfach ungesättigte Fettsäuren, hier z.B. in Kapselform (z.B. Epamax®).

Übermäßige Gelenkbelastungen sollten im Stadium der akuten Entzündung vermieden werden. Neben Bewegungsübungen, Bewegungsbädern (34 °C), Überwärmunsgbäder und Bindegewebsmassagen ergänzend Ergotherapie (Gelenkschutz, Selbsthilfetraining, Funktionstraining).

Phytotherapie:

Harpagophyti radix: Die Psoriasisarthritis kann unterstützend mit der afrikanischen Teufelskrallenwurzel (Harpagophyti radix), im Handel als z.B. Rivoltan®, Doloteffin®, behandelt werden. Harpagophyti radix wirkt entzündungshemmend und schwach schmerzstillend. Eine positive Bewertung der Kommission E/ESCOP mit gesicherter Wirkung  bei degenerativen Erkrankungen des Bewegungsapparates, unterstützend bei Schmerzen in der Lendenwirbelsäule, bei Verdauungsbeschwerden und Appetitlosigkeit, liegt vor. Nebenwirkung: Appetit- und Verdauungsanregend

Aternativ: Salicis cortex, die Weidenrinde, kann ebenfalls unterstützend eingesetzt werden. Die Weidenrinde wurde bereits 1991 in das Deutsche Arzneibuch (DAB 10) aufgenommen, im Jahre 1997 durch die Monographie der Kommission E und ESCOP bestätigt. Die Tagesdosis wurde auf 240 mg heraufgesetzt (ESCOP-Monographie, 1997).

Ergänzend: Weihrauchharz, Boswella serrata H15 (s.u. Weihrauch), hat entzündungshemmende Wirkungen durch die Hemmung des Enzyms 5-Lipoxygenase, welches die Leukotriensynthese induziert. Die Wirkung entfaltet sich bei Erkrankungen mit erhöhten Leukotrienenwerten wie Asthma bronchiale, Rhinitis allergica, rheumatoide Arthritis, Lupus erythematodes, Psoriasis, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Multiple Sklerose. Empfohlen wird eine Dosierung von 2 x 450 mg.

Bemerkung: Die Therapie mit Weihrauch kann mit der Therapie von Biologika mit ungenügender Wirkung auf die Arthritis kombiniert werden. 

 

 

Tabellen

Formen der Psoriasisarthritis (nach Moll und Wright)

Klinische Formen

Häufigkeit der Manifestation (%)

DIP und PIP-Befall wie Heberden- und Bouchard-Polyarthrose

6

Deformierende mutilierende Polyarthritis

5

Symmetrische Polyarthritis

25

Asymmetrische Oligoarthritis

Arthritis mit Achsenskelettbefall wie Sakroiliitis, Spondylitis, HLA-B27

20


Stufentherapie bei Psoriasis arthropathica

Stufe

Therapeutische Maßnahmen

I

Physiotherapeutische Maßnahmen

Nichtsteroidale Antiphlogistika

Glukokortikoid-Injektionen intraartikulär

II

Wie Stufe I, zudem Basistherapeutika wie Sulfasalazin oder Gold

Alternativ: Fumarsäure

Intermittierender systemischer Glukokortikoid-Stoß

III

Wie Stufe I, zudem Methotrexat

IV

Ciclosporin als Ultima ratio

Diät/Lebensgewohnheiten

Weglassen von tierischem Eiweiß im Sinne einer lactovegetabilen Kost. Fleisch, Fisch oder Eier sollten maximal 2mal/Woche gegessen werden. Ungesättigte Fettsäuren scheinen bei milderen Verlaufsformen Gelenkschmerzen, Juckreiz, Rötung und Schuppung zu lindern.

Hinweis(e)

Tumornekrosefaktor-α Inhibitoren ( Infliximab, Etanercept) werden zur Behandlung der Psoriasis-Arthritis eingesetzt. Beschrieben wurde das Auftreten von psoriasiformen oder ekzemartigen Hautveränderungen unklarer Genese unter der Therapie mit diesen Inhibitoren. Dieses wurde in einer Studie mit 8 Probanden untersucht. Die Autoren postulieren, dass die psoriasiformen Hautveränderungen eher als Arzneimittelreaktionen zu interpretieren sind und nicht durch die Psoriasis kausal induziert werden.

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

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