Synonym(e)
Definition
Substanzgruppe, die zu den häufigsten eingesetzten Arzneimitteln gehört. Ihre Wirkung beruht auf ihren breit wirksamen antiphlogistischen und immunsuppressiven Eigenschaften. Aufgrund vielfältiger Angriffspunkte (Hemmung der Arachidonsäure, von Prostaglandinen, Leukotrienen, Thromboxan, PAF, TNF-alpha, Il-1, Il-2, Il-6, Plasminogenaktivator u.a., Hemmung der T-Zell-Aktivierung, Stimulation der Apoptose von eosinophilen Granulozyten und bestimmter Subtypen von T-Lymphozyten, Stabilisierung lysosomaler Membranen u.a. in neutrophilen Granulozyten) erfahren sie eine breite medizinische Verwendung.
Zur Einteilung der Glukokortikoide s.u. Glukokortikosteroide, inhalative; Glukokortikoide, topische; Glukokortikoide, systemische.
Da bei der Langzeitanwendung häufig schwere Nebenwirkungen beobachtet werden, die nicht zu umgehen sind, erfordert der Einsatz eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung.
Cortisol ist das wichtigste endogene Glukokortikoid des Menschen. Es gehört zu den Steroidhormonen und wird in der NNR synthetisiert. Tagesproduktion bei 20 mg. Zirkadiane Rhythmik mit Maximum in den frühen Morgenstunden (70% der Tagesproduktion). Minimum bei 24 Uhr. Bei Anwesenheit von Stressoren Steigerung der Produktion. Cortisol hemmt die Freisetzung von CRH aus dem Hypothalamus und von ACTH aus dem HVL. Im Blut wird es zu 90-95% an Plasmaproteine gebunden. Hochaffine Bindung an das spezifische Transportprotein "cortisol binding protein" (ca. 80%) oder niedrigaffine Bindung an Albumin (ca. 10-15%). Cortisol wird in der Leber durch Reduktion abgebaut und glukuronidiert ausgeschieden.
Pharmakodynamik (Wirkung)
Aufgrund der Lipophilie können Glukokortikoide frei durch die Membranen der Zellen penetrieren. Im Zytosol Bindung an Glukokortikoidrezeptoren. Durch deren Konformationsänderung kommt es zu einer Aktivierung mit Dissoziation des HSP-Komplexes (heat shock protein) und Translokation in den Zellkern. Dort Bindung an spezifische DNA-Sequenzen in der regulatorischen Region glukokortikoidabhängiger Gene.
- Typ I-Mechanismus: Klassischer Wirkmechanismus von Steroidhormonen. Steigerung der Transkriptionsrate von metabolisch und kardiovaskulär relevanten Genen.
- Typ 2-Mechanismus: Senkung der Transkriptionsrate von immunologisch relevanten Genen, z.B. für IL-2.
Auch interessant
Indikation
Immunsuppressive oder antiphlogistische Dauertherapie:
Allgemeines: Dosierungen meist physiologisch: d.h. Suppression des adrenalen Regelkreises, NW durch glukokortikoidspezifische Wirkungen!
Synthetische nicht fluorierte Präparate mit fehlender oder geringer mineralokortikoider Wirkung (z.B. Prednisolon) sind zu bevorzugen. Günstig: Prednisolon (z.B. Decortin H) oder Prednison (Decortin), Methylprednisolon (z.B. Urbason).
Eingeschränkt günstig: Cloprednol (Syntestan). Bei zu kurzer HWZ werden zu hohe Anfangsdosen benötigt (außerdem hoher Preis). Bei Patienten, die zu RR-Anstieg und Ödemen neigen, Einsatz von Glukokortikoiden mit schwächerer mineralokortikoider Wirkung wie Fluocortolon (z.B. Ultralan) und Triamcinolonacetonid (Volon A).
Andere Indikationen:
- Substitutionstherapie: Meist Hydrocortison (z.B. Hydrocortison Hoechst).
- Kurztherapie: Methylprednisolon (Urbason), Prednisolon (Decortin H); Prednison (Decortin); Cloprednol (Syntestan).
- Hochdosistherapie (1000 mg Prednisolon i.v. an 3 aufeinanderfolgenden Tagen) bei bestimmten Formen von Sklerodermie (s.u. Sklerodermie, zirkumskripte).
- Topische Anwendung: S.u. Hydrocortison, Triamcinolonacetonid (Triamgalen); Mometason-furoat (Ecural); Prednicarbat (Dermatop); Amcinonid (Amciderm); Clobetasolpropionat (Dermoxin).
- Systemtherapie bei Hirnödem: Dexamethason initial 12 mg i.v., anschließend 4 mg alle 6 Std. i.v., bei Prävention p.o.
- Notfalltherapie: Prednisolon, z.B. beim anaphylaktischen Schock, 250-1000 mg i.v.
- Schwangerschaft: Prednisolon 0,3 mg/kg KG, bei einer Therapiedauer < 4 Wochen werden Nebenwirkungen nicht erwartet. Bei hoher Dosis oder langer Therapiedauer sollte das fetale Wachstum per Ultraschall evaluiert werden. Nebenniereninsuffizienzen sollten hierbei berücksichtigt werden. Ein um 3,4fach erhöhtes Risiko für Mundspalten wird in der Literatur angegeben. Zusammenfassend wird nach aktuellem Kenntnisstand die Verwendung von Prednisolon bei diversen maternalen Erkrankungen unterstützt, eine Aufklärung über die Risiken sollte jedoch vorab erfolgen.
Unerwünschte Wirkungen
Bei prolongierter interner/externer Therapie: Striae cutis distensae, Steroidatrophie, Steroidpurpura, Teleangiektasien, Pigmentverschiebungen, Hypertrichose, Komedonenbildung, Steroidakne. S.a.u. Rubeosis steroidica, s.a.u. stippled skin.
Kontaktallergie: Kontaktallergien werden mit einer Inzidenz von 0,5 bis 6% angegeben. Seltener sind Sofortreaktionen vom Typ-I. Diese äußern sich nach systemischer Gabe als anaphylaktische Reaktion oder als Verschlechterung einer anaphylaktischen Reaktion. Typ IV-Allergien werden als "verschleierte" "Ekzemreaktionen" wahrgenommen (häufig auch bei polyvalent behandelten Ulzera cruris) (s. unter Glucocorticoide Epikutantestreihe)
Nach okulärer Gabe kann es einer Konjunktivitis bzw. zu einer Liddermatitis kommen.
Nach nasaler Applikation kann es neben einer lokalen Kontaktdermatitis evtl. mit Streureaktionen, zu nasaler Obstruktion, chronischer Rhinitis, Juckreiz, Brennen, Stomatitis, Angioödem der Lippen kommen.
Bei inhalativer Anwendung sind Bronchokonstriktionen möglich. Auch airborne-Reaktionen sind wurden beobachtet.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Ambros-Rudolph CM (2006) Dermatoses of pregnancy. J Dtsch Dermatol Ges 4: 748-759
- Basedow S et al.(2011) Immediate and delayed hypersensitivity to corticosteroids.J Dtsch Dermatol Ges 9:885-888.
- Wurpts G (2018) Kontaktallergie auf Glukokortikoide. Allergo J 27: 13-15