Niereninsuffizienz chronische N18.9

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024

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Synonym(e)

Chronic kidney disease; Chronic Kidney Disease; Chronische Nierenerkrankung; Chronische Niereninsuffizienz; CKD; Harnvergiftung; Urämie

Erstbeschreiber

Bereits im alten Rom wurde eine Harnvergiftung, die innerhalb weniger Tage oder Wochen zum Tode führte, beschrieben. Richard Bright deutete als Erster die Proteinurie als Hinweis auf eine chronische Nierenerkrankung und beschrieb im Jahre 1831 das gehäufte Auftreten von Alkoholismus im Rahmen einer Glomerulonephritis (Singer 1999).

Durch Analgetika- Abusus kann es zu einer sog. Analgetika- Nephropathie kommen, die jedoch i. d. R. nicht letal endet. Die Patienten zeigen vielmehr eine durch den Abusus bedingte Häufung maligner Tumoren im Bereich der ableitenden Harnwege. Der deutsche Nephropathologe Mihatsch beschrieb dieses Phänomen als Erster im Jahre 1980 (Geiger 2003).

Dem Niederländer Willem Kolff gelang 1945 die erste erfolgreiche Dialyse durch eine sog. „rotierende Trommelniere“ bei einer Patientin mit akutem Nierenversagen. Bei der späteren Entlassung zeigte die Patientin eine normale Nierenfunktion (Hepp 2017).

 

Definition

Die chronische Niereninsuffizienz wird in den Internationalen Leitlinien nunmehr als „Chronic Kidney Disease“ (CKD) bezeichnet (Herold 2020) und in Deutschland als „chronische Nierenerkrankung“ anstatt der bisherigen Bezeichnung „chronische Niereninsuffizienz“ (Kuhlmann 2015). Man versteht unter einer CKD eine Erkrankung, bei der über einen Zeitraum von > als 3 Monaten folgende Symptome bestehen:

  • Reduktion der eGFR < 60 ml / min / 1,73 m² KOF
  • und / oder
  • Zeichen einer Nierenschädigung durch pathologische Veränderungen im Serum, Urin, Histologie oder bei der Bildgebung (Herold 2020)

 

Einteilung

Die CKD wird klassifiziert durch die Ursache (C = cause), die glomerulären Filtrationsrate (G) und die Albuminurie (A) = CGA (Kuhlmann 2015).

Nach KDIGO (Kidney disease improving global outcomes) teilt man die CKD in folgende Stadien ein:

  • Stadium G 1:
    • es liegt eine Nierenschädigung bei normaler Nierenfunktion vor
    • die GFR ml / min / 1,73 m² KOF liegt bei ≥ 90
    • das Vorgehen besteht in Behandlung der Begleiterkrankungen, vermindern des kardiovaskulären Risikos und weiterer Progression
  • Stadium G 2:
    • es besteht eine Nierenschädigung mit leicht verminderter eGFR
    • die GFR ml / min / 1,73 m² KOF liegt zwischen 60 - 89
    • das Vorgehen besteht – genau wie in Stadium 1 - in Behandlung der Begleiterkrankungen, vermindern des kardiovaskulären Risikos und weiterer Progression
  • Stadium G 3a:
    • es liegt eine Nierenschädigung mit mittelschwerer Verminderung der eGFR vor
    • die GFR ml / min / 1,73 m² KOF liegt zwischen 45 - 59
    • zusätzlich zu den o. g. Punkten sollte eine Diagnostik und Therapie der Komplikationen erfolgen
  • Stadium G 3b:
    • auch hierbei liegt eine Nierenschädigung mit mittelschwerer Verminderung der eGFR vor
    • die GFR ml / min / 1,73 m² KOF liegt zwischen 30 - 44
    • es sollte auch hierbei zusätzlich zu den o. g. Punkten eine Diagnostik und Therapie der Komplikationen erfolgen
  • Stadium G 4:
    • es besteht eine schwere Verminderung der eGFR
    • die GFR ml / min / 1,73 m² KOF liegt zwischen 15 - 29
    • der Patient sollte auf die Nierenersatztherapie vorbereitet werden
  • Stadium G 5:
    • es liegt ein Nierenversagen vor
    • die GFR ml / min / 1,73 m² KOF liegt bei < 15
    • die Behandlung besteht in einer Nierenersatztherapie

Die genannten Stadien werden zusätzlich noch um den Faktor einer Albuminurie ergänzt (die Albuminurie ist ein wichtiger Parameter hinsichtlich einer Beurteilung der Nephronschädigung [Kasper 2015]):

  • A 1:         < 30 mg / 24 h
  • A 2: 30 – 300 mg / 24 h
  • A 3:       > 300 mg / 24 h (Herold 2020)

Vorkommen/Epidemiologie

In Deutschland findet sich eine geschätzte Prävalenz an chronisch Nierenerkrankten bei bis zu 10 % der Bevölkerung über 18 Jahre (Weckmann 2019) und eine Albuminurie ≥ 30 mg / dl bei ca. 11,5 % der Bevölkerung (Herold 2020).

Bei Frauen ist die Prävalenz einer CKD höher als bei Männern (Weckmann 2019).

In Europa liegt die Inzidenz einer CKD bei 13,5 / 100.000 Einwohner. Durch die Zunahme der Hypertonie- und Diabeteserkrankten steigt die Zahl der chronisch Nierenerkrankten ständig.

Derzeit werden in Deutschland ca. 80.000 Patienten mit Hämo- oder Peritonealdialyse behandelt und ca. 23.000 befinden sich nach erfolgreicher Nierentransplantation in der Nachsorge.

Von den Patienten mit chronischer Nierenerkrankung erreicht nur ca. 1 % das Stadium der Dialysepflichtigkeit, da der überwiegende Teil der Patienten zuvor an kardiovaskulären oder malignen Erkrankungen verstirbt (Kassumeh 2016).

Eine Nierentransplantation erhalten ca. 2.500 Menschen pro Jahr in Deutschland. Davon sind ca. 30 % Lebendspenden (Herold 2020).

Ätiopathogenese

Folgende Nierenerkrankungen führen am häufigsten zur CKD:

  • vaskuläre hypertensive Nephropathie (bei 23 %)
  • primäre Glomerulonephritis (bei 19 %)
  • diabetische Nephropathie (bei 15 %)
  • Systemerkrankungen / Autoimmunerkrankungen (bei 8 %) wie z. B.:
    • interstitielle Nephropathie (bei 4 %)
    • hereditäre Nierenerkrankung u. a.
  • Ursache unbekannt (bei ca. 20 %) (Herold 2020)
  • interstitielle Nierenerkrankungen (durch Medikamente bedingt; fast so häufig wie die vaskuläre Nephropathie)
  • autosomal- dominante Zystenniere (ca. halb so häufig wie die interstitielle Nierenerkrankung)
  • in seltenen Fällen durch eine obstruktive Uropathie (Weckmann 2019)

Die Zahlenangaben zur Ursache schwanken - je nach Literatur - nicht unerheblich, u. a. dadurch, dass die Ätiologie sich je nach Kontinent unterscheidet (Kasper 2015).

Pathophysiologie

Pathophysiologisch spielen zwei Mechanismen die Hauptursache für die Schädigung:

1. Initiierung von Mechanismen, die abhängig von der jeweiligen Ursache der Schädigung sind wie z. B. :

- Ablagerung von Immunkomplexen

- Abnormalitäten der Nierenentwicklung

- entzündliche Veränderungen

- Exposition von Toxinen (bei bestimmten Erkrankungen der Nierentubuli bzw. des Interstitiums)

2.: eine Reihe fortschreitender Mechanismen wie z. B.:

- Hypertrophie der verbleibenden Nephrone

- Hyperfiltration der verbleibenden Nephrone (Kasper 2015)

Die verbleibenden gesunden Glomeruli versuchen somit eine Aufrechterhaltung der Nierenrestfunktion durch intraglomeruläre Drucksteigerung mit Hyperfiltration. Eine eventuell vorhandene arterielle Hypertonie verstärkt diesen Prozess noch erheblich. Diese Hyperfiltration wird durch Angiotensin II vermittelt. Durch Angiotensin II kommt es außerdem zu einer vermehrten Produktion von Zytokinen und Wachstumshormonen, die wiederum eine Hypertrophie und Hyperplasie der Glomerula  bewirken. Zusätzlich wird durch Angiotensin II die glomeruläre Permeabilität erhöht, wodurch die glomeruläre Siebfunktion verloren geht. Als Folge davon bildet sich eine Proteinurie aus, die ihrerseits als direktes Nephrotoxin über eine progressive Glomerulosklerose zu Schrumpfnieren führen kann (Herold 2020).

Pathophysiologische Folgen einer CKD sind:

Gestörte sekretorische Nierenfunktion: Die Retentionswerte steigen erst dann im Serum an, wenn > als 60 % des funktionstüchtigen Nierengewebes ausgefallen sind, d. h. das Glomerulusfiltrat < 50 ml / min beträgt. Die Plasmakonzentration sowohl von körpereigenen als auch von körperfremden (z. B. Medikamente) Substanzen steigt dadurch an, ebenso ihre Konzentration im Primärharn. Die Konzentrationsfähigkeit der Niere hingegen nimmt ab. Durch die zunehmende Reduktion der Nephren kommt es zu einem Überangebot von gelösten Stoffen im Einzelnephron, woraus eine osmotische Diurese mit Polyurie, Polydipsie und Nykturie resultiert (Herold 2020).

Störungen im Wasser-, Elektrolyt- und Basenhaushalt:

1. Natrium: Mit der Abnahme der glomerulären Filtration steigt die fraktionierte Ausscheidung von Natrium exponentiell. Ab einer glomerulären Filtrationsrate von < 10 – 20 ml / min / 173m2 KOF ist die Adaptionsfähigkeit der Niere erschöpft und es kommt zu einer Retention von Salz und Wasser mit Zunahme des Extrazellulärraumes, was wiederum eine Hypertonie bewirkt. In manchen Fällen hingegen (z. B. bei einer tubulointerstitiellen Nephropathie) kann es frühzeitig durch die tubuläre Funktionsstörung zu einer Salzverlustniere kommen. Von daher ist eine kochsalzarme Diät nicht grundsätzlich bei Patienten mit CKD angezeigt.

2. Kalium: Die Kaliumbilanz ist hingegen selbst bei fortgeschrittener CKD meistens ausgeglichen, da es zum einen zu einer Erhöhung der intestinalen Kaliumsekretion kommt und zum anderen zu einer Zunahme der distalen tubulären Kaliumsekretion des Einzelnephrons. Erst im terminalen Stadium einer CKD kommt es zu einer Hyperkaliämie durch:

- Überschreitung der Sekretionskapazität bei übermäßiger Kaliumzufuhr und / oder Azidose

- Abnahme der Sekretionskapazität bei Oligurie

- den Natriummangel im distalen Tubus nicht mehr ausreichend Natrium zum Austausch gegen Kalium verfügbar ist

3. Säure- Basenhaushalt: Sobald die glomeruläre Filtrationsrate auf < 30 ml / min / 173m2 KOF abnimmt, entwickelt sich häufig eine metabolische Azidose, da die Nieren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Lage sind, die täglich anfallenden H- Ionen zu eliminieren. Es kommt durch eine anhaltende Azidose zu:

- ossärer Freisetzung von Kalzium

- zunehmend gastrointestinalen Beschwerden wie z. B. Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen etc.

- Hyperkaliämie

- Zunahme des Eiweißkatabolismus

- subjektiv empfundener Dyspnoe (Herold 2020)

Gestörte Blutdruckregulation: Die gestörte Blutdruckregulation umfasst sowohl die Hypertonie als auch die Hypotonie.

1. arterielle Hypertonie: Durch eine Imbalanz zwischen vasodilatatorischen Systemen (wie z. B. Prostaglandinen, NO- System) und den vasopressorischen Systemen (wie z. B. Sympathikus, RAAS [Renin- Angiotensin- Aldosteron- System], Endothelinsystem) kommt es pathophysiologisch bereits früh zum Auftreten einer arteriellen Hypertonie. In späteren Stadien resultiert diese jedoch überwiegend aus einer Volumenhypertonie. Eine arterielle Hypertonie tritt bereits ab dem Stadium 3 bei 70 % - 85 % der Patienten auf. Im Stadium der Dialyse sind es sogar bis zu 90 % der Patienten mit CKD. Bei einem Viertel der Hypertonie- Patienten findet sich eine Therapieresistenz.

2. arterielle Hypotonie: Durch einen intravasalen Volumenmangel (z. B. als Folge einer Therapie mit Diuretika oder als Folge der Dialyse) kommt es ab dem Stadium 4 bzw. 5 häufig zu einer arteriellen Hypotonie (Herold 2020).

Kardiovaskuläre Erkrankungen: Die CKD selbst stellt einen eigenständigen Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen dar. Selbst bei den nicht- dialysepflichtigen Patienten z. B. findet sich bereits bei ca. 75 % eine schwere Linksherzhypertrophie. Auch die kardiovaskuläre Mortalität ist deutlich erhöht: Im Stadium 3b z. B. um das 11- fache und im Stadium 4 um das 21- fache gegenüber Nierengesunden. Pathophysiologisch spielen hierbei Risikofaktoren wie z. B. arterielle Hypertonie, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, Rauchen etc. eine Rolle (Herold 2020).

Neurologische Erkrankungen: Zu den neurologischen Erkrankungen, die bei Patienten mit CKD auftreten können, zählen:

1. urämische Enzephalopathie: Pathogenetisch vermutet man hierbei eine durch die Akkumulation von Urämietoxinen verursachte neurotoxische Schädigung des peripheren und zentralen Nervensystems. Die Enzephalopathie korreliert mit dem Schweregrad der Nierenfunktionseinschränkungen.

2. Dysäquilibrium- Syndrom: Zum Dysäquilibrium- Syndrom kommt es bei der Einleitung einer Dialysebehandlung. Es entsteht pathophysiologisch als Folge des osmotischen Gradienten, der sich bei einer effektiven Dialyse zwischen dem ZNS und dem Plasma ausbildet. Symptome können sein: Muskelkrämpfe, Kopfschmerzen, Erbrechen, Ruhelosigkeit, Verwirrtheit, zerebrale Krämpfe.

3. autonome Neuropathie: Diese kann sich durch eine Amyloidose oder einen Diabetes mellitus entwickeln. Symptom ist eine orthostatische Dysregulation (besonders Hypotension durch die Dialyse - s. Nierenerkrankungen und Hautveränderungen).

4. Polyneuropathien: Diese finden sich überwiegend bei Patienten im Stadium der Dialyse. Es bestehen Störungen der Sensibilität und des Kälteempfindens sowie Dysästhesien.

5. Restless- Legs- Syndrom: Das Restless- Legs- Syndrom tritt bei ca. 20 % - 30 % der dialysepflichtigen Patienten auf. Pathophysiologisch vermutet man eine neurotoxische Wirkung durch Urintoxine.

6. kognitive Dysfunktion bis zur Demenz: Es handelt sich hierbei überwiegend um ein vaskuläre Demenz.

Dermatologische Erkrankungen (s.u. Nierenerkrankungen und Hautveränderungen)

1. urämischer Pruritus: Bei ca. 25 % - 50 % aller Hämodialysepatienten tritt ein urämischer Pruritus auf. Es zeigen sich dabei - mit stark wechselnder Lokalisation – häufig Xerosis und eine Hyperpigmentierung der Haut. Ansonsten ist die Haut - abgesehen von Kratzläsionen und juckenden Prurigo nodularis – unauffällig. Therapeutisch kann man fetthaltige Creme als Hautpflegemittel empfehlen, eine UV- B Fototherapie einsetzen, die Dialyse intensivieren und als off- label Pregabalin bzw. Gabapentin verordnen. Sollte der Patient transplantiert werden, verschwinden die Symptome.

2. bullöse Hautveränderungen: Bullöse Hautveränderungen, die an eine Porphyria cutanea tarda (PCT) erinnern, treten bei ca. 20 % der Dialysepatienten auf. Die Patienten sollten in dem Fall eine übermäßige Lichtexposition vermeiden.

Klinisches Bild

Die Patienten zeigen in den ersten Stadien keine oder nur unspezifische Symptome wie z. B.:

  • Leistungsschwäche
  • Müdigkeit (Kuhlmann 2015)

Bei fortgeschrittener CKD bestehen dann:

  • Ödeme
  • Atemnot (durch Pleura- oder Perikardergüsse)
  • Appetitlosigkeit
  • Juckreiz
  • Konzentrationsschwäche
  • Knochenschmerzen (Kuhlmann 2015)
  • Polyneuropathie (betrifft vorwiegend die sensiblen Nerven, motorische Nerven sind erst bei schwerer Urämie betroffen) (Woolliscroft 2013)

Die Spätsymptome sind z. B.

 

Diagnostik

Die CKD entwickelt sich i. d. R. langsam, über mehrere Jahre hinweg. Erst nachdem ca. 50 % der funktionstüchtigen Nephrone ausgefallen sind, kommt es zu einer Erhöhung der harnpflichtigen Substanzen im Blut.

Klinische Symptome bestehen zu diesem Zeitpunkt meistens noch nicht. Von daher wird die Diagnose in den frühen Stadien eher zufällig gestellt, wenn z. B. bei Routineuntersuchungen ein erhöhtes Serum- Kreatinin bzw. eine verminderte eGFR auffallen (Herold 2020).

Anamnese

Inspektion und körperliche Untersuchung

  • blasses grau- braunes Hautkolorit (durch die Anämie und Ablagerung von Urochromen)
  • Kratzspuren
  • Ödeme (Füeßl 2010)
  • Blutdruckmessung (Weckmann 2019)

 

Bildgebung

Sonographie: Sonographisch können sich die Nieren verkleinert mit verschmälertem Parenchymsaum darstellen. Die Gefäße zeigen u. U. arteriosklerotische Veränderungen (Herold 2020)

Echokardiographie: Echokardiographisch besteht oftmals eine konzentrische Linksherzhypertrophie (Herold 2020)

Röntgendiagnostik: Routinemäßig sollte eine Röntgenuntersuchung zur Diagnostik der renalen Osteodystrophie nicht erfolgen, nur bei begründetem Verdacht. Hierbei zeigen sich:

  • vornehmlich am Handskelett, aber auch an den Claviculae und am Beckenringknochen subperiostale Erosionen
  • an den Endphalangen der Finger Akroosteolysen
  • am Wirbelsäulenskelett sog. Rugger- Jersey- Zeichen (bandförmige Sklerosierungen im Bereich der Grund- und Deckenplatten [Bücheler 2006]) (Kuhlmann 2015)

Nierenbiopsie: I. d. R. entscheidet der Nephrologe über die Notwendigkeit einer Nierenbiopsie. Routinemäßig ist die Biopsie bei einer CKD jedoch nicht erforderlich (Weckmann 2019).

Die Schädigung der Nieren durch einen Analgetika- Abusus betrifft histologisch überwiegend das Nierenmark (Geiger 2003).

Knochenbiopsie:  In der Knochenbiopsie können sich Hinweise auf eine renale Osteodystrophie finden (Lehnert 2014).

Labor

  • Großes Blutbild (normochrome, normozytäre Anämie typisch) (Herold 2020)
  • Vit. D
  • FGF 23 (Fibroblast growth factor 23) (Kassumeh 2016)
  • Blutzuckerbestimmung und ggf. HbA1c- Wert
  • Serumkreatinin
  • eGFR errechnen
  • Eisen
  • Ferritin
  • Transferrinsättigung
  • Vit. B 12
  • Folsäure
  • Blutgasanalyse (eine metabolische Azidose tritt erst bei fortgeschrittener CKD auf)
  • Kalium (Gefahr der Hyperkaliämie bei fortgeschrittener CKD)
  • Chlorid (Gefahr der Hyperchlorämie, diese kann bereits in frühen Stadien auftreten) (Kasper 2015)

Erst ab Stadium G 4 sollten zusätzlich folgende Werte bestimmt werden:

  • Kalzium
  • Serum- Phosphatbestimmung (oftmals besteht eine Hyperphosphatämie)
  • Parathormon (u. U. erhöht)
  • Vitamin D (Weckmann 2019)
  • Urinuntersuchung auf:
    • Proteinurie (Weckmann 2019)
    • Albuminurie (die Albuminurie stellt den wichtigsten Risikofaktor für eine Progression der CKD und für die Entwicklung eines kardiologischen Risikos dar [Herold 2020])
    • Hämaturie (Weckmann 2019)
    • Eiweißbestimmung im 24 h- Urin (Woolliscroft 2013)

Differentialdiagnose

  • akutes Nierenversagen:
    • kurze Anamnese
    • Hämoglobinwerte normal
    • kein Hinweis auf eine renale Osteodystrophie
    • Nieren sonographisch normal groß oder vergrößert

(Woolliscroft 2013)

Komplikation(en)

S. a. unter  "Pathophysiologie": "Pathophysiologische Folgen einer CKD sind".

Komplikationen im Verlauf einer CKD können zu folgenden Störungen führen:

  • Wasser- und Elektrolythaushalt (meistens ab Stadium 4 auftretend)
    • Überwässerung (meistens ab Stadium 4 auftretend)
    • Hyperkaliämie (meistens ab Stadium 3 b auftretend)
  • Säure- Basen- Haushalt (meistens ab Stadium 3 a auftretend)
    • metabolische Azidose
  • Mineral- und Knochenstoffwechsel (meistens bereits ab Stadium 2 auftretend)
    • Störungen des Kalzium- und Phosphathaushaltes
    • sekundärer Hyperparathyreoidismus
    • renale Osteopathien
  • Blutdruckregulation
    • arterielle Hypertonie (meistens ab Stadium 2 auftretend)
    • arterielle Hypotonie (meistens ab Stadium 4 - 5 auftretend)
  • metabolische Störungen (meistens ab Stadium 3 a auftretend) im Bereich des:
    • Fettstoffwechsels
    • Proteinstoffwechsels
    • Kohlenhydratstoffwechsels
    • Energy- wasting- Syndrom (Protein- energy- wasting- syndrome = PEW [Carrero 2016]
  • urämische Gastroenteropathie mit
    • Übelkeit (meistens ab Stadium 4 - 5 auftretend)
    • Erbrechen
    • Appetitlosigkeit
  • hormonelle Störungen
  • Störungen der Immunkompetenz
  • hämatologische Komplikationen (meistens ab Stadium 3 a auftretend)
    • Anämie
    • Thrombopathie mit Blutungsneigung
  • kardiovaskuläre Komplikationen (meistens ab Stadium 3 a auftretend)
  • neurologische Komplikationen (meistens ab Stadium 3 b auftretend):
    • kognitive Dysfunktion bis hin zur Demenz
    • urämische Enzephalopathie (meistens ab Stadium 5 auftretend)
    • Dysäquilibriumsyndrom (seltene aber ernste Komplikation am Ende einer Hämolyse [Nowack 2009])
  • periphere urämische Polyneuropathie
    • autonome Neuropathie
    • Restless- Legs- Syndrom
  • dermatologische Komplikationen (meistens ab Stadium 3 b - 4 auftretend)
    • Pruritus
  • Gelenkerkrankungen (Kuhlmann 2015)

 

Therapie

Patienten sollten umgehend einem Nephrologen vorgestellt werden bei:

  • mindestens zweimaligem Nachweis einer Proteinurie oder Albuminurie
  • mindestens zweimaligem Nachweis einer Erythrozyturie, Mikro- oder Makrohämaturie
  • bestehender CKD mit nicht kontrollierbarer arterieller Hypertonie (trotz Vierfach- Medikation)
  • rapider Verschlechterung der Nierenfunktion mit einem Abfall der GFR von > 5 ml / min / 1,73m3 KOF pro Jahr
  • morphologischen Veränderungen der Niere wie z. B. sonographisch erkennbare Schrumpfung der Nieren oder bei unterschiedlichen Nierengrößen
  • Vorliegen einer Anämie oder bei Störungen des Kalzium- Phosphat- Haushaltes bei einer GFR < 60 ml / min / 1,73m3 KOF
  • Erstdiagnose im bestehendem Stadium 3 b
  • Erstdiagnose im bestehendem Stadium 3 a und einem der oben genannten zusätzlichen Kriterien
  • Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion und Z. n. Myokardinfarkt oder Apoplex (Wolf 2020)

Die Albuminurie stellt den wichtigsten Risikofaktor dar für eine Progression der CKD dar (Herold 2020)

  • Ernährung: Für die mitunter in der Literatur zu findenden speziellen Ernährungsempfehlungen besteht lediglich eine geringe Evidenz. Deshalb sollte eine Diätempfehlung hinsichtlich Kalium, Phosphat, Kochsalz und Kalorien ausschließlich in Abhängigkeit des Schweregrades einer CKD erfolgen. Ab Stadium G 4 empfiehlt sich die Vorstellung in einer Ernährungsberatung. Die Evidenz hinsichtlich der früher generell empfohlenen Restriktion von Protein ist widersprüchlich. Inzwischen empfiehlt man erst ab Stadium G 4 eine reduzierte Eiweißzufuhr von 0.55-0.6 g / kg KG / d. (Weckmann 2019).
  • Flüssigkeit: Patienten mit CKD sollten in frühen Stadien ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen (ca. 2 l / d). Die Restriktion der Flüssigkeitsmenge ist erst dann gegeben, wenn Zeichen einer Herzinsuffizienz auftreten bzw. der Patient dialysiert werden muss (Weckmann 2019).
  • Nikotinkarenz (Herold 2020)

Therapie allgemein

Die Therapie einer CKD besteht zum einen in Behandlung der Grunderkrankung (falls überhaupt möglich) und zum anderen in Maßnahmen, die eine weitere Progression verzögern (Herold 2020).

Zielblutdruck: Ein Zielblutdruck von < 140 / 90 mmHg sollte bei Patienten mit einer Albuminurie von < 300 mg / dl und fehlendem Diabetes mellitus angestrebt werden und bei Patienten mit Albuminurie von > 300 mg / dl ein Blutdruck von ≤ 130 / 80 mmHg. (Herold 2020). Als Medikamente kommen in Frage: z. B. ACE-Hemmer oder Angiotensin- Rezeptorblocker, aber nicht in Kombination (dadurch besteht die Gefahr der dauerhaften Verschlechterung der Nierenfunktion, der Hyperkaliämie und der arteriellen Hypotension).

Unter der Behandlung kommt es zu einer Verschlechterung des eGFR (25 % vom Ausgangswert sind akzeptabel) und des Serumkreatinins (30 % des Ausgangswertes gelten als akzeptabel). Bei Überschreitung der Grenzen sollte eine Dosisreduktion erfolgen bzw. das Medikament abgesetzt werden. Patienten mit arterieller Hypertonie sollten die empfohlene Kochsalzmenge von 6 g nicht überschreiten (Weckmann 2019).

Diabetes mellitus: Der HbA1c- Zielwert liegt bei 6,5 – 7,5 %. Kontraindiziert ist das orale Antidiabetikum Glibenclamid. Andere orale Antidiabetika sind dem Stadium der CKD anzupassen, wie z. B.:

- Empagliflozin: 10 mg / d bis zur eGFR von > 45 ml / min / 173m2 KOF, danach kontraindiziert

- Glimepirid: 1 – 6 mg / d, ab Stadium G 3 reduzieren

- Metformin: 500 – 2250 mg / d, ab Stadium G 3 Reduktion auf maximal 2 x 500 mg / d, danach kontraindiziert

- Sitagliptin: 100 mg / d, ab Stadium G 3 Reduktion auf 50 mg / d, ab Stadium G 4 auf 25 mg / d

Nicht anzupasst werden müssen:

- Gliquidon 30 – 90 mg / d

- Insuline (Weckmann 2019)

Kardiovaskuläres Management: Da Patienten mit CKD ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse haben und dieses im Verlauf der CKD ansteigt, sollte das kardiovaskuläre Risiko frühzeitig durch validierte Risikokalkulatoren bestimmt werden. Dazu zählen:

1. - PROCAM- Risikokalkulator (PRospektiven CArdiovaskulären Münsterstudie) (www.cmd-taskforce.org/risk-assessment/)

Hiermit sind Aussagen über die Wahrscheinlichkeit tödlicher und nicht tödlicher kardiovaskulärer Ereignisse zu machen. Auswertung des Testes:

  • Ein hohes Risiko besteht bei multiplen Risikofaktoren. Hierbei liegt das 10- Jahresrisiko für letale und nicht letale Ereignisse > 20 %.
  • Ein mittleres Risiko ist bei 2 Risikofaktoren vorhanden. Das 10- Jahresrisiko für letale und nicht letale Ereignisse beträgt hierbei 10 % - 20 %.
  • Ein niedriges bis moderates Risiko besteht bei 1 Risikofaktor. Hierbei liegt das 10- Jahresrisiko für letale und nicht letale Ereignisse < 10 % (Herold 2020).

2. - ESC- Risikokalkulator- Score (www.scores.bnk.de/esc.html): Bei diesem Score lassen sich Aussagen zur Wahrscheinlichkeit tödlicher kardiovaskulärer Ereignisse machen. Ein sehr hohes Risiko tödlicher kardiovaskulärer Ereignisse von ≥ 10 % besteht bei:

- dokumentierter kardiovaskulärer Erkrankung wie z. B.: wie Z. n. Myokardinfarkt, zerebraler Insult, akutes Koronarsyndrom (ACS), koronar- arterieller Bypass- OP (CABG); peripherer arterieller Verschlusskrankheit (PAVK)

- bestehendem Diabetes mellitus mit ≥ 1 Risikofaktor und / oder einer Endorganschädigung

- schwerer chronischer Nierenfunktionsstörung mit einer eGFR: < 30 ml / min / 1,73m3 KOF

- Ein hohes Risiko tödlicher kardiovaskulärer Ereignisse von 5 % - 10 % besteht bei:

- Diabetes mellitus ohne Risikofaktoren und ohne Endorganschädigung

- moderater chronischer Nierenfunktionsstörung mit einer eGFR zwischen 30 – 59 ml / min / 1,73m3 KOF

- Ein moderates Risiko tödlicher kardiovaskulärer Ereignisse liegt bei 1 % - 5 %

- Ein niedriges Risiko tödlicher kardiovaskulärer Ereignisse liegt bei < 1 % (Herold 2020)

Reduktion der Proteinurie: Die Proteinurie lässt sich durch Gabe eines ACE- Hemmers oder eines Angiotensin- Rezeptorblockers (ARB) um 30 – 45 % senken, sofern die Medikamente ausdosiert werden (Herold 2020). S. a. „Therapie“ bei „Ernährung“.

Metabolische Azidose. Bei einer metabolischen Azidose sinkt die Bicarbonatkonzentration im Serum < 22 mmol / l. Die metabolische Azidose kann bei einer CKD bereits ab dem Stadium G 3 a auftreten und kommt im Stadium G 5 bei > 90 % der Patienten vor (Kuhlmann 2015). Therapeutisch sollten Patienten bei Auftreten einer Azidose zunächst diätetisch vermehrt Obst und Gemüse zu sich nehmen. Medikamentös sollte die Azidose bei Auftreten von:

- Dyspnoe

- Neigung zur Hyperkaliämie

- Katabolie

- Osteopenie

- sekundärem Hyperparathyreoidismus

behandelt werden mit z. B. 1 – 2 g / d Bicarbonat oral. Es sollten Bicarbonatwerte von > 22 mmol / l angestrebt werden, eine Überkorrektur von ≥ 27 mmol / l ist zu vermeiden (Kaufmann 2015)

Hypercholesterinämie: Bei Patienten mit CKD und erhöhtem kardiovaskulären Risiko sollten bei zusätzlicher Hypercholesterinämie Statine frühzeitig eingesetzt werden, da diese das Risiko für schwere kardiovaskuläre Risiken um ca. 20 % senken (Weckmann 2019). Inzwischen wird auch für Patienten > 50 Jahre und einer nachgewiesenen CKD ab dem Stadium G 1 bereits eine Behandlung mit Statinen empfohlen (Wolf 2020).

Anämie: Je nach klinischen Symptomen sollten anämische Patienten zunächst eine orale Eisensubstitution erhalten. Da in späteren Stadien der CKD die Eisenresorption gestört ist, empfiehlt sich die Umstellung auf eine parenterale Substitution. Hinsichtlich einer Transfusion von Blutprodukten sollte man bei Patienten, für die eine Transplantation als Behandlungsmöglichkeit in Betracht kommt, zurückhaltend sein, da durch die Transfusion eine Alloimmunisierung gegen Spenderantigene auftreten kann (Weckmann 2019).

Hyperurikämie: Eine Hyperurikämie tritt - abhängig vom Stadium - häufig bei der CKD auf. Die Ursache hierfür ist bislang unklar. Für eine asymptomatische Hyperurikämie wird in den Stadien 1 – 3 keine medikamentöse Harnsäuresenkung empfohlen. Falls es zu Symptomen kommt, sollte eine der Nierenfunktion angepasste medikamentöse Behandlung erfolgen, z. B. mit Allopurinol.

Dosierungsempfehlung:

- 100 mg / d bei einer eGFR < 10 ml / min / 1,73 m 2 KOF

- 200 mg / d ab einer eGFR von 10 - 20 ml / min / 1,73 m 2 KOF

- Standarddosierung (üblicherweise 300 mg) bei einer eGFR > 20 ml / min / 1,73 m 2 KOF

Im akuten Schub hat sich eine 3 – 5tägige Behandlung mit Prednisolon 30 mg / d als entzündungshemmend erwiesen. Die Schmerzen sollten mit Paracetamol oder Metamizol behandelt werden (Weckmann 2019).

Hyperkaliämie: Zur Hyperkaliämie kann es durch die verminderte renale Clearance kommen (Weckmann 2019). Die Patienten sollten in dem Fall eine kaliumarme Kost zu sich nehmen (kaliumarm sind z. B. Konservengemüse, Tiefkühlgemüse, Zucker, gekochte Kartoffeln, Weißmehlprodukte, Fette, Kaffee, Tee ect. [Lückerath 2014]). Medikamentös ist zu bedenken, dass kaliumsparende Diuretika kontraindiziert sind, ebenso sollten Medikamente, die Einfluss auf das Serumkalium haben gemieden werden wie z. B. RAAS – Hemmer, NSAID (Kasper 2015), ACE- Hemmer und Cotrimoxazol. (Herold 2020)

Hyperphosphatämie: Eine Hyperphosphatämie kann bereits in früheren Stadien der CKD auftreten. Laut Studien besteht ein Zusammenhang zwischen einer Hyperphosphatämie und einer erhöhten kardiovaskulären Mortalität. S. a. „Knochenstoffwechsel“ w. u. (Kasper 2015)

Knochenstoffwechsel: Veränderungen im Knochenstoffwechsel und im Kalzium- Phosphat- Haushalt werden als CKD- MBD bezeichnet. Diese treten bereits in frühen Stadien der CKD auf, sind aber zunächst meistens asymptomatisch. Therapiebedürftig sind folgende Veränderungen:

- Vitamin- D- Mangel

- Hyperphosphatämie

- Osteoporose

- sekundärer Hyperparathyreoidismus (Weckmann 2019)

Hinsichtlich einer Osteoporose können Biphosphonate nur bei zu einer eGFR von 30 ml / min / 173m2 KOF gegeben werden (Dosierungsempfehlung: z. B. Alendronat 70 mg 1 x pro Woche p. o. [Schubert 2009]). Als Alternative steht Denosumab zur Verfügung (Dosierungsempfehlung: 2 x jährlich 60 mg s. c. [Kurth 2018]). Bei nachgewiesenem Vit. D- Mangel, sollten die Patienten Colecalciferol oder Ergocalciferol erhalten (Tagesbedarf: 200 I. E. / d [Siegenthaler 2006])

Diuretika: Sobald die Niere die Fähigkeit verliert, Natrium auszuscheiden (dazu kann es bereits in frühen Stadien kommen), kann es durch die Retention von Natrium zu einer Erhöhung der extrazellulären Flüssigkeitsmenge kommen. Beides begünstigt das Entstehen von:

- peripheren Ödemen

- arterieller Hypertonie

- Herzinsuffizienz

Die Gabe von Diuretika wirkt sich positiv auf den Salzhaushalt aus und wirkt einer Volumenüberladung entgegen. Als Medikamente kommen in Frage z. B.:

- Furosemid übliche Dosis 20 – 80 mg / d, maximale Dosis bei fortgeschrittener CKD: 500 – 1.000 mg / d

- Thiazide wie HCT, Xipamid u. a. sollten ab einer eGFR von < 30 ml / min / 173m2 KOF zusätzlich zum Schleifendiuretikum gegeben werden

- Triamteren, Amilorid und Aldosteronantagonisten wie z. B. Spironolacton können bei refraktärer Hypertonie bzw. Ödemen als Hemmstoffe der Natriumrückresorption im Sammelrohr eingesetzt werden, sofern o. g. Medikamente nicht ausreichen.

- Triamteren sollte ab einer eGFR von 30 – 60 ml / min / 173m2 KOF nur mit besonderer Vorsicht eingenommen werden und ist ab einer eGFR < 30 ml / min / 173m2 KOF kontraindiziert

- Amilorid kann bis zu einer eGFR von 30 – 60 ml / min / 173m2 KOF in üblicher Dosis unter engmaschigen Kontrollen gegeben werden und ist ab einer eGFR < 30 ml / min / 173m2 KOF kontraindiziert

- Spironolacton sollte ab einer eGFR von 30 – 60 ml / min / 173m2 KOF reduziert werden (z. B. Einnahme alle 2 Tage). Ab einer eGFR < 30 ml / min / 173m2 KOF ist Spironolacton kontraindiziert. (Weckmann 2019)

- Analgetika: Da viele Schmerzmittel nephrotoxisch wirken, sollte der Patient Alternativen erhalten wie z. B. Paracetamol, Metamizol etc. NSAR z. B. sollten ab einer GFR von ≥ 30 ml / min / 173m2 KOF nur kurz und niedrig dosiert verabreicht werden und sind ab einer GFR von < 30 kontraindiziert (Weckmann 2019)

- Arzneimitteltherapie bei CKD

Viele Medikamente enthalten nephrotoxische Substanzen bzw. ist bei vielen die Pharmakokinetik renal eliminierter Medikamente bei Vorliegen einer CKD verändert. Nephrotoxische Medikamente sind z. B. Allopurinol, Aminoglykoside, verschiedene Analgetika, selektive COX- 2- Inhibitoren, Calciumkanalblocker, Cephalosporine, Digoxin, Methotrexat, NSAR, Penicillamin, Schleifendiuretika, Sulfonamide u. a. Auch Röntgenkontrastmittel sollten gemieden werden bzw. deren Verabreichung einer strengen Indikation unterstehen.

Kontraindiziert sind Medikamente wie z. B.:

- Pethidin (kann zu Konvulsionen führen)

- Lithium

- Metformin ab Stadium G 4 mit einer eGFR von <30 ml / min / 173m2 KOF (Gefahr der Laktatazidose)

- Sulfonylharnstoffe (hierbei besteht die Gefahr einer Hypoglykämie)

- Methotrexat (kann myelotoxisch sein)

- Spironolacton (Gefahr der Hyperkaliämie; s. o. „Diuretika“)

- Eplerenon (Gefahr der Hyperkaliämie)

- Gadolinium (kann zu einer nephrogenen systemischen Fibrose führen)

- Cefepim (kann ZNS- Störungen hervorrufen)

Renal eliminierte Medikamente: Eine Dosisanpassung ist erforderlich, falls:

- die eGFR < 60 ml / min / 173m2 KOF liegt

- der Q0- Wert des Medikamentes < 0,5 liegt (der Q0- Wert ist der extrarenale Ausscheidungsbruchteil bei normaler Nierenfunktion; dieser Wert kann unter https://dosing.de oder https://www.uni-ulm.de/nephrologie/fkd.html abgerufen werden)

Für renal eliminierte Medikamente, die eine veränderte Pharmakokinetik zeigen, gilt generell:

- die Therapie sollte mit einer normalen Startdosis beginnen

- die Enthaltungsdosis sollte entsprechend der verlängerten Halbwertszeit bei Vorliegen einer CKD angepasst werden, da mit abnehmender Kreatininclearance die Halbwertszeit zunimmt (Herold 2020 / Weckmann 2019)

Interne Therapie

Nierenersatzbehandlung: Die Nierenersatzbehandlung hat zum Ziel:

- die Elimination von harnpflichtigen Substanzen (wie z. B. Harnstoff, Kreatinin, Urämietoxine) und von Wasser

- die Korrektur des Elektrolyt- bzw. Säure- Basen- Haushaltes

- die Vermeidung von Komplikationen einer CKD (Herold 2020)

Es gibt vier unterschiedliche Krankheitsbilder, die eine Indikation für die Nierenersatztherapie darstellen:

Der Beginns einer Dialysebehandlung wird beim akuten Nierenversagen unterschiedlich diskutiert. Überwiegend wird empfohlen, sobald es beim Patienten zu einem Anstieg des Harnstoff- Wertes auf > 214 mg / dl, ohne dass klinische Zeichen einer Erholung sichtbar sind, die Dialysebehandlung zu beginnen (Kasper 2015)

  • II. Dauerdialysebehandlung bei terminaler CKD bei:
    • urämischen Symptomen wie z. B. urämische Gastroenteritis mit Übelkeit und Erbrechen, gestörter Tag- Nachtrhythmus, Pruritus, urämische Enzephalopathie, urämische Perikarditis etc.
    • Hyperhydratation mit Fluid lung / Ödemen
    • therapierefraktäre Hypertonie
    • renale Azidose (pH < 7,2 und Base excess < - 10 mmol / l)
    • Verminderung der glomerulären Filtrationsrate (bei einer GFR < 7 ml / min / 173m2 KOF auch bei Fehlen urämischer Symptome; bei zusätzlichem Diabetes mellitus bzw. Malnutrition bereits früher)
    • Hyperkaliämie (bei Serumkalium > 6,5 mmol / l besteht eine Notfallindikation)
    • renale Anämie (trotz adäquater Substitution von Erythropoetin und Eisen liegt der Hb bei < 8,5 g / dl (Herold 2020)

Auch bei einer CKD wird der Beginn einer Dialysebehandlung unterschiedlich diskutiert. Es wird empfohlen, den optimalen Beginn für jeden Patienten individuell festzulegen (Kasper 2015)

  • III. Kardial bedingte Hyperhydratation (Herold 2020)
  • IV. Bei Intoxikationen mit dialysablen oder ultrafiltrierbaren toxischen Stoffen wie z. B. verschiedene Alkohole, Barbiturate, Salicylate, Bromide, Lithium etc. (Kuhlmann 2015)

Für die Nierenersatzbehandlung stehen vier unterschiedliche Verfahren zur Verfügung:

  • 1. Die Hämodialyse (HD)
  • 2. Die Hämofiltration (HF) in Form der
    • kontinuierlichen arteriovenösen Hämofiltration (CAVH)
    • kontinuierlichen venösen Hämofiltration (CVVH)
  • 3. Die Peritonealdialyse (PD) in Form der
  • 4. Die Hämodiafiltration (die HDF stellt eine Kombination von Hämodialyse und Hämofiltration dar) (Kuhlmann 2015)
  • zu 1. Hämodialyse (HD) Das Prinzip der Hämodialyse beruht auf Diffusion. Hierbei werden in erster Linie niedermolekulare Stoffe bis zu 25.000 Dalton eliminiert. Die HD ist mit bis zu 80 % - 85 % das am häufigsten angewandte Verfahren in Deutschland. Über einen Dialysezugang (AV- Fistel oder AV- Gefäßinterponat bei dauerhaftem Dialysezugang bzw. AV- Katheter bei temporärem Zugang) erfolgt die Hämodialyse über mehrere Stunden mehrmals die Woche i. d. R. in Dialysezentren, seltener zu Hause. (Kasper 2015 / Herold 2020 / Kuhlmann 2015 / Bergmann 1993)
  • zu 2. Hämofiltration (HF, CAVH, CVVH) Bei der HF wird – im Gegensatz zur Hämodialyse – die Dialyseflüssigkeit nicht durch einen Dialysator geleitet, sondern mehrmals wöchentlich eine Hämofiltrationslösung i. v. injiziert und durch Druckgefälle im Hämofilter wieder entfernt. Die Hämofiltration beruht auf Konvektion (Bergmann 1993). Hierbei können größere Moleküle eliminiert werden . Wegen der geringen Effektivität von < 5 % wird die reine Hämofiltration heutzutage nur noch selten angewandt (Kasper 2015).
  • zu 3. Peritonealdialyse (PD, APD, CCPD, NIPD, CAPD): In Deutschland wird die Peritonealdialyse bei ca. 6 % der dialysepflichtigen Patienten angewandt (weltweit bei ca. 10 %).(Kasper 2015)

Bei der PD wird über einen PD- Katheter das Dialysat in die Bauchhöhle instilliert. Das Peritoneum stellt die semipermeable Membran dar . Die PD kann als kontinuierliche (3 – 5 x pro Tag manuell) oder als automatisierte Peritonealdialyse (hierbei erfolgt der Dialyseaustausch automatisch i. d. R. nachts) angewendet werden (Kasper 2015).

  • zu 4. Hämodiafiltration (HDF) Die Hämodiafiltration erhalten in Deutschland ca.15 % der dialysepflichtigen Patienten (Kasper 2015). Der Vorteil der HDF liegt darin, dass hierbei sowohl nieder- als auch mittelmolekulare Stoffe eliminiert werden können.Sie findet i. d. R. mehrmals wöchentlich über mehrere Stunden statt (Herold 2020).

 

Operative Therapie

Die chirurgische Behandlung einer CKD besteht in einer Nierentransplantation (NTX).

Die Transplantationsfähigkeit eines Patienten ist ab einer GFR von < 15 ml / min / 173m2 KOF zu evaluieren und der Patient entsprechend vorzubereiten.

Zusätzlich sollte der Patient auch auf die Möglichkeit einer präemptiven Transplantation (Transplantation vor Einleitung einer Dialysebehandlung) hingewiesen werden (Kuhlmann 2015).

Indikation für die Nierentransplantation ist eine:

  • terminale CKD

Impfungen: Präoperativ sollten die Patienten über ausreichenden Impfschutz verfügen bzw. regelmäßig auffrischen lassen wie z. B.:

- Polio

- Diphtherie

- Tetanus

- Hepatitis B

- Pneumokokken

- Influenza

Postoperativ sollten in den ersten 6 Monaten keine Impfungen erfolgen (außer Grippeimpfung) und danach ausschließlich Impfungen mit inaktiven Totimpfstoffen (Lebendimpfstoffe sind wegen der Immunsuppression kontraindiziert). (Herold 2020)

Leichenspende: Die Wartezeit auf eine Leichenspende beträgt ca. 5 – 6 Jahre (Herold 2020).

Lebendspende: Spender sind nahe Verwandte oder Personen aus dem näheren Umfeld der Betroffenen.
Bei der Lebendspende besteht die Möglichkeit der AB0- inkompatiblen Transplantation (Herold 2020).

Postoperativ:Transplantierte Patienten bedürfen postoperativ der lebenslangen Immunsuppression (Herold 2020).

 

Verlauf/Prognose

Für das Fortschreiten einer CKD sind insbesondere verantwortlich:

  • nicht beeinflussbare Faktoren wie z. B.
    • männliches Geschlecht
    • höheres Lebensalter
    • positive Familienanamnese
    • genetische Faktoren
  • beeinflussbare Faktoren wie z. B.
    • arterielle Hypertonie
    • Tabakkonsum
    • Dyslipidämie
    • Albuminausscheidungsrate
    • erhöhter BMI (Wolf 2020)

Die Prognose wird verbessert durch:

Die Einteilung in die G 1 – G 5 und die A 1 – A 3 Stadien (s. o. unter „Einteilung“) ermöglichen eine prognostische Aussage zur Progredienz des Nierenversagens.

  • geringes Risiko:

G 1 und A 1

G 2 und A 1

  • mäßig erhöhtes Risiko:

G 1 und A 2

G 2 und A 2

G 3a und A 1

  • hohes Risiko:

G 3a und A 1

G 1 und A 2

G 2 und A 2

  • sehr hohes Risiko:

G 3a und A 3

G 3b und A 2

G 3b und A 3

G 4 und A 1 – A 3

G 5 und A 1 – A 3 (Kasper 2015)

Für Patienten mit einer CKD im Endstadium in einem Lebensalter zwischen 20 – 40 Jahren verlängert sich die Lebenszeit durch eine Nierentransplantation im Vergleich zur Dialysebehandlung um ca. 17 Jahre. Die Prognose nach einer NTX ist bei Patienten mit Lebendspende wegen der kurzen Ischämiezeit und der eventuell motivierteren postoperativen Compliance besser als bei Patienten mit Leichenspende. (Herold 2020)

Mortalität: Die Gesamtmortalität ist gegenüber der Allgemeinbevölkerung erhöht bei Patienten mit einer erniedrigten eGFR (Herold 2020), ebenso steigt die Mortalität durch das Auftreten einer ausgeprägten metabolischen Azidose (< 17 mmol / l). Bei Dialysepatienten ist die Alkalose (> 27 mmol HCO3) mit einer erhöhten Mortalität verbunden (Kuhlmann 2015).

Die 5- Jahresüberlebensrate beträgt bei Leichenspenden 77 % und bei Lebendspenden 85% (Herold 2020).

Nachsorge

Patienten mit einer CKD bedürfen nach Diagnosestellung der regelmäßigen Nachsorge. Hierbei sollten insbesondere kontrolliert werden:

  • Gewicht einschließlich Ernährungs- und Hydratationszustand
  • Blutdruck
  • Harnstoff - Stickstoff
  • Kreatinin
  • Hämoglobin
  • Serumphosphat
  • Serumkalzium (eine iatrogene Hyperkalzämie ist wegen der Nephrotoxizität unbedingt zu vermeiden)
  • alkalische Phosphatase im Serum
  • Albumin (Woolliscroft 2013)

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

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  2. Bücheler E et al. (2006) Einführung in die Radiologie: Diagnostik und Interventionen. Georg Thieme Verlag 66
  3. Carrero J J et al. (2016) Etiology of the protein-energy wasting syndrome in chronic kidney disease: a consensus statement from the International Society of Renal Nutrition and Metabolism (ISRNM). J Ren Nutr 23 (2) 77 - 90
  4. Füeßl H S et al. (2010) Duale Reihe: Anamnese und klinische Untersuchung. Thieme Verlag 265
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  6. Hepp W et al. (2017) Dialyseshunts: Grundlagen – Chirurgie – Komplikationen. Springer Verlag 11
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  9. Kasper D L et al. (2015) Harrisons Innere Medizin. Georg Thieme Verlag 2223, 2225 - 2255
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  13. Lehnert H et al. (2014) Rationelle Diagnostik und Therapie in Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel. Thieme Verlag Kap. 4.3.6
  14. Lückerath E et al. (2014) Diätetik und Ernährungsberatung: Das Praxisbuch. Karl F Haug Verlag 167
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  19. Weckmann S et al. (2019) S 3- Leitlinie Versorgung von Patienten mit chronischer nichtdialysepflichtiger Nierenerkrankung in der Hausarztpraxis. AWMF-Registernummer: 053 – 048
  20. Wolf G et al. (2020) Elsevier Essentials Nephrologie: Das Wichtigste für Ärzte aller Fachrichtungen. Urban und Fischer Verlag 77 - 86
  21. Woolliscroft J (2013) Diagnose- und Therapielexikon für den Hausarzt: Die wichtigsten Erkrankungen von A – Z. Springer Verlag 294 - 295

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Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024