Synonym(e)
Erstbeschreiber
Richard Bright beschrieb 1831 als Erster eine chronische Glomerulonephritis (Singer 1999).
M R Pollak fasste 2002 eine Gruppe von angeborenen Erkrankungen mit primärer Podozytenschädigung und nephrotischem Syndrom unter dem Begriff „Echte Podozytopathien“ zusammen. Dazu zählen z. B. die Minimal Change Disease, die fokal segmentale Glomerulosklerose und die membranöse Nephropathie (Chebotareva 2018).
Definition
Unter einer chronischen Glomerulonephritis (CGN) versteht man eine chronische Verlaufsform unterschiedlicher Glomerulopathien (Lohr 2002).
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Einteilung
Es existieren verschiedene Bewertungssysteme zur Beurteilung der Chronizität einer Glomerulonephritis (Sethi 2019):
- Standardisierte Einstufung chronischer Veränderungen der Niere (Sethi 201)
- Globale und segmentale Glomerulosklerose (GS) werden mit 0 bis 3 bewertet
- Schrumpfung der Tubuli mit Verdickung der tubulären Basalmembran und Abflachung des tubulären Epithels (TA) mit 0 bis 3
- Interstitielle Fibrose (IF) mit 0 bis 3
- Arteriosklerose mit 0 bis 1
Die Scores werden addiert (Gesamtnierenchronizitätsscore), um den Gesamtschweregrad der chronischen Läsionen in minimal (0 – 1 Gesamtscore), leicht (2 – 4 Gesamtscore), mäßig (5 – 7 Gesamtscore) und schwer einzustufen (≥ 8 Gesamtpunktzahl)
(Sethi 2017)
- Oxford- Klassifikation der IgA- Nephropathie (Sethi 2019):
Hierbei werden vier Variable für die Vorhersage des Nierenergebnisses benötigt:
(1) der mesangiale Hyperzellularitäts- Score
(2) segmentale Glomerulosklerose
(3) endokapilläre Hyperzellularität
(4) tubuläre Atrophie/interstitielle Fibrose (Roberts 2009)
- Modifizierte Klassifikation der International Society of Nephrology / Renal Pathology Society of Lupusnephritis (Sethi 2019):
Diese teilt die glomerulären Läsionen in die Klassen I – IV ein (Bajema 2018)
- Berden- Klassifikation für die ANCA- assoziierte Glomerulonephritis (Sethi 2019):
Dieses Klassifizierungssystem unterteilt die Biopsien in 4 verschiedene Kategorien ein (Berden 2010).
Vorkommen/Epidemiologie
Die akute Form der Glomerulonephritis (GN) heilt i. d. R. aus. Lediglich bei ca. 1 % der betroffenen Kinder und ca. 10 % der betroffenen Erwachsenen kommt es zu einem chronischen Verlauf (O’Brien 2021).
Ätiopathogenese
Die CGN wird in den meisten Fällen von den gleichen Krankheitserregern verursacht, die auch eine akute GN verursachen können (O’Brien 2021):
- infektiöse Glomerulonephritis
- genetische Anomalien
- Autoimmunerkrankungen
- bei der überwiegenden Zahl der Betroffenen bleibt die Ursache jedoch unbekannt (O’Brien 2021).
Pathophysiologie
Bei einer CGN entwickelt sich in den Tubuli eine Entzündung. Durch die begrenzte Regenerationsfähigkeit der glomerulären Strukturen schreitet die Entzündung fort. Durch Schädigung der postmitotischen Podozyten (Weltsch 2018) kommt es zu einer Beeinträchtigung der Barrierefunktion des glomerulären Filters und damit zu einer Proteinurie und Erythrozyturie. Der Schweregrad der Proteinurie stellt ein klinisches Äquivalent für die Aktivität bzw. Progression der CGN dar. (Chebotareva 2018).
Klinisches Bild
Der Beginn der Erkrankung ist i. d. R. schleichend. Symptome sind lediglich subtil ausgeprägt (O’Brien 2021).
Es können bestehen:
- Erythrozyturie
- evtl. nephrotisches Syndrom
Im fortgeschrittenen Stadium können Symptome einer Niereninsuffizienz auftreten wie z. B.
- reduzierte körperliche Leistungsfähigkeit
- Ödeme
- Dyspnoe (Herold 2022)
- Juckreiz
- Übelkeit
- Erbrechen (O’Brien 2021).
Diagnostik
Neben der Anamnese und der klinischen Untersuchung sind insbesondere Laborparameter und eine abdominelle Sonographie bei der Diagnostik von Bedeutung. Eine Biopsie ist wegen der fehlenden therapeutischen Konsequenzen in den meisten Fällen nicht (mehr) indiziert (Herold 2022).
Bildgebung
Abdominelle Sonographie
Bei einer CGN können sich die Nieren sonographisch über einen längeren Zeitraum hinweg unauffällig darstellen. Erst im weiteren Verlauf der Erkrankung kommt es zu einer typischerweise symmetrischen Organverkleinerung und einer Verschmälerung des Parenchymsaums. Zunächst sind die echoarmen Markpyramiden noch gut zu erkennen, es kommt dann aber zu einer zunehmenden homogenen Verdichtung des Parenchymsaummusters. In einem fortgeschrittenen Stadium erkennt man Veränderungen der Oberfläche, eine Vergröberung des Parenchymsaums und schlechte Differenzierbarkeit des Sinus renalis (Seitz 2008).
Labor
- Erythrozyturie
- ggf. Bestimmung spezifischer Antikörper (O’Brien 2021)
- Anstieg des Kreatinins (Seitz 2008)
Histologie
Bei chronischen Erkrankungen der Niere findet man pathologische Veränderungen sowohl in der Nierenrinde, wo sie Glomeruli, Tubuli, Interstitium, Arterien und Arteriolen betreffen können,
als auch im Nierenmark (Sethi 2017).
In den Glomeruli finden sich eine segmentale oder globale Glomerulosklerose, im Interstitium eine tubuläre Atrophie und eine interstitielle Fibrose (Sethi 2019).
Therapie allgemein
Die Behandlung einer chronischen Glomerulonephritis ist lediglich symptomatisch möglich, wobei die Einstellung der arteriellen Hypertonie von besonderer Bedeutung ist (Herold 2022).
Empfohlen werden zur medikamentösen Therapie ein ACE- Hemmer oder ein Angiotensin- II- Rezeptorblocker (ARB), zusätzlich eine salzarme Ernährung. Dadurch lässt sich das Fortschreiten der CGN oftmals verlangsamen, der Blutdruck verbessern und die Ausscheidung von Eiweiß im Urin senken (O’Brien 2021).
Verlauf/Prognose
Eine Ausheilung der chronischen Glomerulonephritis ist nicht möglich. Die Erkrankung schreitet fort in Richtung terminale Niereninsuffizienz (Herold 2022). Die Prognose selbst ist abhängig von der histologisch gesicherten Grunderkrankung (Bichler 2004).
Man schätzt, dass sich bei 25 – 50 % der Betroffenen ein terminales Nierenversagen entwickelt (Halfon 2017).
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
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