Epidermolysis bullosa acquisita L12.30

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles, Dr. med. Lucian Cajacob, Prof. Dr. Ralf Ludwig

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Acquired epidermolyis acquisita; Dermolytic pemphigus; Dermolytischer Pemphigus; EBA

Erstbeschreiber

Elliot, 1895; Kablitz, 1904

Definition

Seltene, erworbene, blasenbildende Autoimmunerkrankung mit Antikörpern gegen Typ VII Kollagen, der Hauptkomponente der "Anchoring Fibrils" in der dermoepidermalen Junktionszone. Die Erkrankung kann nach viralen Infekten, als paraneoplastisches Syndrom, auch nach autoimmunologischen Reaktionen (z.B. nach autologer Stammzelltransplantation) auftreten.   

Einteilung

Unterschieden werden 3 klinische Varianten:

  • Klassische, akral betonte mechano-bullöse Form (Blasenbildung nur an mechanisch belasteten Stellen).
  • Generalisierte, inflammatorische Form, klinisch dem bullösen Pemphigoid entsprechend (Blasenbildung ubiquitär).
  • Lokalisierte Form unter dem Bild des vernarbenden Pemphigoids.

Vorkommen/Epidemiologie

Inzidenz in Westeuropa: 0,25-1,0/1,0 Million Einwohner/Jahr. Keine ethnische Häufung.

Ätiopathogenese

Blasenbildende Autoimmunerkrankung; Autoantigen ist Kollagen-Typ VII, das den Hauptbestandteil der Verankerungsfibrillen der papillären Dermis ausmacht. Die Antikörper binden an die NC1-Domäne von Kollagen-Typ VII.

Manifestation

Auftreten ist in jedem Lebensalter möglich, meist zwischen dem 40.-60. LJ. Selten auch bei Kindern auftretend. m:w=1:1; 

Klinisches Bild

Integument:

  • Bei der klassischen Form der Erkrankung finden sich straffe, nicht-entzündliche Blasen unterschiedlicher Größe, überwiegend an mechanisch-traumatisierten Hautregionen (vor allem Hände, Ellbogen, Füße, Knie) sowie in seltenen Fällen an der Mundschleimhaut. Gelegentlich heilen die betroffenen Areale mit Hautatrophie oder Milien, Hyper- und Hypopigmentierungen ab.
  • Eine zweite klinische Variante (30% der Fälle) verläuft als generalisierte, juckende, entzündliche Erkrankung unter dem Bild eines bullösen Pemphigoids.
  • Eine dritte Variante verläuft unter dem Bild eines lokalisierten vernarbenden Pemphigoids Brunsting-Perry.
  • Eine vierte Variante wurde unter dem Bild einer Linearen IgA-Dermatose beschrieben, mit Blasenbildung im Gesicht, teilweise unter dem Bild der Impetigo contagiosa.    

Extrakutane Manifestationen: In seltenen Fällen Ausbildung ösophagealer oder urethraler Strikturen.

In Übersichtsarbeiten wurde ein Zusammenhang zwischen Epidermolysis bullosa acquisita (EBA) und chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (Inflammatory bowel disease) herausgearbeitet. Bei 42 koinzidenten Fällen wurde 35x ein Morbus Crohn (K50.9) und 7x eine Colitis ulcerosa (K51.9) nachgewiesen. Meist ging die chronisch entzündliche Darmerkrankung den Hautveränderungen voraus (Reddy H et al. 2013). Hinweis: Das Antigen von EBA (Kollagen Typ VII) wird auch in der Darmschleimhaut zwischen Epithel und Stratum proprium exprimiert.  
 

Histologie

Subepidermale Blasenbildung. Ödem der Dermis. Schüttere, diffus angeordnete, überwiegend neutrophile Infiltrate in der oberen Dermis, bei klaffenden Blut- und Lymphgefäßen. Diagnose: Diffuse, superfizielle, überwiegend neutrophile Dermatitis mit subepidermaler Blasenbildung. 

Elektronenmikroskopie: Spaltbildung in der dermo-epidermalen Junktionszone im Bereich der Sublamina densa Zone. Reduktion der Anzahl der Anchoring Fibrillen.

Direkte Immunfluoreszenz

Lineare IgG- und C3-Ablagerung in der Basalmembranzone. Muster korrespondierend zur Lokalisation von Kollagen VII in der Sublamina-densa-Zone der Haut.

Bei hoher Vergrößerung kann ein typisches Muster der IgG-Ablagerungen festgestellt werden, welches typisch für die EBA ist: das sogenannte "U-serrated pattern" (Br J Dermatol 2004). Dies ist ein wichtiges diagnostisches Kriterium, da sich in nur ca. 50-60% der EBA Patienten zirkulierende Autoantikörper nachweisen lassen. Mit der Feststellung des "U-serrated pattern"  in der direkten IF ist die Diagnose der EBA eindeutig gestellt.

In der Immunelektronenmikroskopie IgG-Ablagerungen unterhalb der Lamina densa, z.T. auch an den Anchoring Fibrils. Allerdings wird diese Methode nur von sehr wenigen Zentren angewendet, und ist Spezialfällen vorbehalten.

 

Indirekte Immunfluoreszenz

In ca. 50-60% der Patienten lassen sich IgG- und/oder IgA-Autoantikörper gegen Typ VII Kollagen serologisch nachweisen. Der Nachweis erfolgt zunächst mittels indirekter IF mit salt-split skin als Substrat. Bei EBA binden die Autoantikörper am Boden der künstlichen Blase. Dies ist jedoch nicht beweisend für die EBA, da auch das p200 Antigen und Laminin-332 am Blasenboden exprimiert wird.

Mittels ELISA (NC1/NC2) oder Immunochip (mit COL7 exprimierenden Zellen) kann der Nachweis Kollagen 7-spezifischer Antikörper erfolgen. Ebenfalls möglich ist der Nachweis mittels Western Blot auf dermalem Extrakt mit dem Nachweis einer Bande bei 290 kD.

Diagnose

Klinik und Nachweis eines u-serrated patterns in der direkten IF sichern die Diagnose.

Sollte sich der Pattern in der direkten IF nicht darstellen, kann die Diagnose bei linearen Ig/C3 Ablagerungen in der direkten IF wie folgt gestellt werden:

  1. Serologischer Nachweis Typ VII Kollagen spezifischer Autoantikörper
  2. Immunelektronenmikroskopie

Therapie

Insgesamt gilt: Die Aggressivität der Behandlung sollte der Akuität des Krankheitsbildes angepasst sein.

Externe Therapie

Bei lokalisierter Epidermolyse können externe Glukokortikoide ausreichend sein (z.B. Ecural Lösung). Vermeidung bzw. Therapie von Sekundärinfektionen sowie Druckentlastung.

Interne Therapie

Systemtherapie ist bei Generalisation oder Schleimhautbeteiligung indiziert. Nur einige Patienten (insbes. bei stark entzündlicher Komponente) sprechen auf Monotherapie mit systemischen Glukokortikoiden gut an, mittlere Dosierung (60-80 mg/Tag Prednisonäquivalent). Daher ist die Kombination von Glukokortikoiden mit folgenden Immunsuppressiva anzustreben:

Therapieversuch ist zudem möglich mit Vitamin E (z.B. Evit Kps.) hoch dosiert 600-1200 mg/Tag. Unter dieser Therapie wird in Einzelfällen vollständige Abheilung beschrieben, die Besserung tritt allerdings erst über einen langen Zeitraum ein.

Neuere Therapieansätze:

  • IVIG: Immunglobuline (z.B. Pentaglobin) 5 ml/kg KG/Tag i.v. an 3-7 aufeinander folgenden Tagen sollen in Kombination z.B. mit Prednisolon oder Ciclosporin A Behandlung zu besseren Ergebnissen führen. Literaturangaben zufolge scheinen intravenöse Immunglobuline nur initial einen therapeutischen Effekt zu haben. Langfristige Besserungen sind darunter nicht beschrieben.
  • Plasmapherese kann als Begleitmaßnahme die Erhaltungsdosis der Glukokortikoide und Immunsuppressiva senken.

Prophylaxe

Vorbeugend;  möglichst keine außergewöhnliche mechanische Beanspruchung der Haut.

Hinweis(e)

In Einzelfällen wurde das zeitgleiche Auftreten von Malignomen beschrieben (Zervixkarzinom, multiples Myelom, Pankreaskarzinom).

Gehäuft wurden Assoziationen zu anderen Autoimmunerkrankungen beschrieben: Autoimmunthyreoiditis, Systemischer Lupus erythematodes, Morbus Crohn.

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

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