Mycosis fungoides (Übersicht)C84.0

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles, Dr. med. Antje Polensky

Co-Autoren:Eva Jung , Wolfgang Schenk, Birte Stroucken , Hadrian Tran

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 11.10.2024

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Synonym(e)

CTCL vom Typ der Mycosis fungoides; Granuloma fungoides; Kutanes T-Zell-Lymphom vom Typ der Mycosis fungoides; MF; Mycosis fungoides

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Definition

Häufigstes (etwa 50% aller kutanen T-Zell-Lymphome/CTCL), chronisch-progressives, phasenhaft ablaufendes, primär kutanes T-Zell-Lymphom (niedrig malignes T-Zell-Lymphom), das von CD4-positiven, kleinen bis mittelgroßen T-Zellen (T-Helfer-Lymphozyten) ausgeht.

Funktionell sind die neoplastischen T-Helfer-Zellen einem TH2-Muster zuzuordnen, das durch ein entsprechendes Zytokinprofil (IL-4, IL-5, IL-10) mit möglicher konsekutiver Eosinophilie und einem potenziellen Immunglobulinanstieg (IgE, IgA) gekennzeichnet ist.

Einteilung

S.u. klinisches Bild.

Vorkommen/Epidemiologie

Inzidenz: 0,4-0,5/100.000/Einwohner/Jahr.

Ätiopathogenese

Bisher unbekannt. Übermäßige Proliferation meist von T-Helferzellen (s.u. periphere T-Zell-Lymphome). Während es im Rahmen der immunologischen Homöostase zu einem ständigen Ein- und Auswandern von Lymphozyten in das Hautorgan kommt, ist diese Balance bei der MF gestört.

Es kommt zu einer pathologischen Anhäufung von CD4-positiven-T-Lymphozyten, einem "skin-homing" in der obersten Schicht der Haut. Zum Teil findet man bei Patienten verstärkt allergische Reaktion vom Typ IV. Dies lässt auf eine vermehrte Aktivität von T-Helferzellen schließen. Hierbei spielt die Produktion von Chemokinen durch Keratinozyten eine entscheidende Rolle.

In der Frühphase der Erkrankung lagern sich T-Lymphozyten um die epidermalen Langerhanszellen und bilden Abszess-artige Anhäufungen, die sich lichtmikroskopisch als Pautriersche Mikroabszesse darstellen. Neben den "skin-homing"-Eigenschaften können aktivierte T-Zellen auch sekretorisch aktiv werden und somit immunmodulatorisch in das Entzündungsgeschehen eingreifen. Weiterhin zeigen die neoplastischen T-Zellen eine Reduktion der Apoptose, wodurch ihr Abbau verzögert wird.

Von pathogenetischer Bedeutung scheint auch eine erhöhte Kolonisierungsrate mit Staphylokokkus aureus zu sein (s.a. atopisches Ekzem). Ihre zu den Superantigenen gehörenden Toxine sind in der Lage, T-Zellen in besonderer Weise zu stimulieren. Eine Eradikation ist aus dieser Sichtweise empfehlenswert.

 

Manifestation

Beginn im 5.-7. Lebensjahrzehnt (mittleres Erkrankungsalter 55-60 Jahre).

Selten im Kindesalter (Altersspanne 20-90 Jahre).

Verlauf über mehrere Jahre (Jahrzehnte).

Männer sind 1,5-2 mal häufiger als Frauen betroffen.

Lokalisation

Rumpf und beugeseitige Oberschenkel, beugeseitige Oberarme v.a. proximales Drittel. In Spätstadien Befall des gesamten Integumentes.

Klinisches Bild

Klinisch vielgestaltiges und variables Bild (mittleres Zeitintervall von Erstsymptomatik bis zur Stellung der Diagnose: 4,2 Jahre!). Hauterscheinungen stehen initial ganz im Vordergrund, Systembeteiligungen sind erst nach längerem klinischen Verlauf nachweisbar. Der klinische Verlauf der Mycosis fungoides wird nach einem groben Schema in 3 Stadien eingeteilt, die allgemein hintereinander, aber auch nebeneinander ablaufen können:

  • Initialstadium (prämykosides Stadium) ("patch-stage"):
    • Meist wenige (< 10), selten solitäre, stationäre, an nicht-sonnenexponierten Stellen auftretende (Brust, Beugeseite der Oberarme und Oberschenkel, sonstige Rumpfpartien z.B. Flanken) Flecken. Selten ist im Frühstadium das Gesicht betroffen!
    • Scharf begrenzte, großflächige (Länge > 5,0 cm; Breite > 3,0 cm), in den Spaltlinien der Haut ausgerichtete, entweder homogen rote oder rot-braune Flecken/Erytheme mit knittriger Oberfläche (wie Zigarettenpapier). Möglich ist auch ein buntes Oberflächenmuster (poikilodermatisch) mit intraläsionalen, wechselnden braunen, braun-roten und weißen Flecken sowie Teleangiektasien.
    • Klinisch wenig charakteristisches, ekzemartiges Bild, mäßiger oder fehlender Juckreiz. Geringe bis fehlende, meist kleinfleckige Schuppung. Die Hautveränderungen bleiben an Zahl und Größe über Jahre hinweg stabil. Unter Sonneneinstrahlung und lokaler Glukokortikoidtherapie kommt es häufig zu deutlicher Besserung, jedoch nicht zur Abheilung.
       
  • Plaque-Stadium ("plaque stage"):
    • Verdachtszeichen einer bevorstehenden Progression des Lymphoms ist eine zunehmende, stärkere "Inflammation" der Flecken und betontem poikilodermatischen Aspekt sowie eine zunehmende Konsistenzvermehrung.
    • Juckreiz zunehmend.
    • Schuppung zunehmend.
    • Großflächige, deutlich konsistenzvermehrte Plaques. Die zuvor "ekzemartigen" Herde, die sich in ungebräunter Haut stärker abzeichnen und im Sommer gänzlich verschwinden können, verstärken bei steter Ortstreue zunehmend ihre klinische Präsenz. Sie breiten sich aus, mit Tendenz zur Konfluenz und zunehmender flächiger Konsistenzvermehrung.
    • Farbe: Kräftiges Rot.
    • Lymphadenopathie ist möglich und meist unspezifisch.
    • Bei Befall des Kapillitiums-Alopezie möglich.
    • Diagnose kann jetzt sowohl klinisch als auch histologisch sicher gestellt werden.
    • In diesem Krankheitsstadium wird die Mycosis fungoides vom Patienten zunehmend als bedrohliche "Erkrankung" wahrgenommen.
       
  • Tumorstadium ("tumor stage"):
    • rote, pilzförmige oder auch gelappte, pralle Knoten in plattenartig verdickter, bogenförmig konfigurierter, läsionaler Haut; Tendenz zur Ulzeration. 
    • therapeutisch kaum beherrschbarer Juckreiz, stark in befallener Haut.
    • Spezifischer Lymphknotenbefall.
    • Befall innerer Organe (Leber, Milz) ist möglich.
    • Zunehmende deutliche Störung des Allgemeinbefindens mit fieberhaften Episoden.
    • Neigung zu septischen bakteriellen und viralen Infekten (häufige Todesursache).

       

Begleitsymptome der Mycosis fungoides:

  • Schleimhautbeteiligung: In jeder Phase möglich; insbes. von Mundschleimhaut, Zunge, Tonsillen, Nasenhöhlen, Pharynx.
  • Organbeteiligung: Beteiligung von Milz, Leber, Lunge, Gastrointestinaltrakt oder ZNS in späteren Phasen der Erkrankung. Hinweis: Die Organbeteiligungen sind ein Hinweis für eine Änderung des "Homing-Verhaltens" der Tumorzellen.   

 

Varianten der Mycosis fungoides:

  • Pagetoide Retikulose: Missnomen für ein lokalisiertes, niedrigmalignes kutanes T-Zell-Lymphom mit ungewöhnlich stark ausgeprägter Epidermotropie. Klinisch unterscheidet man einen lokalisierten und einen disseminierten Typ.
  • Follikulotrope Mycosis fungoides: Seltene Variante der Mycosis fungoides mit follikulär betonter, reibeisenartiger Oberflächenbeschaffenheit
  • Syringotrope Mycosis fungoides: Seltene Variante mit Bevorzugter Infiltration der ekkrinen Schweißdrüsen.     
  • Granulomatous slack skin: Sehr seltene granulomatöse Variante (< 100 Fälle in der Weltliteratur) eines in der Regel CD4-positiven, kutanen T-Zell-Lymphoms, die durch granulomatöse Gewebsformationen und Verlust elastischer Fasern gekennzeichnet ist. Die Prognose ist für diese Variante schlechter als bei der klassischen Form (5-Jahres-Überlebensrate etwa 60%). 
  • Hypopigmentierte Mycosis fungoides: Seltene poikilodermatische Variante mit guter Prognose, die v.a. bei Kindern (Hauttyp IV-VI nach Fitzpatrick) beobachtet wird.  

  • Erythrodermische Mycosis fungoides: Eine Erythrodermie kann im fortgeschrittenen Stadium der  Mycosis fungoides auftreten. Seltener ist es ein primär erythrodermischer Beginn der Mycosis fungoides. Hierbei wäre die Abgrenzung zum Sezary-Syndrom schwierig. 

  • Uniläsionale und palmoplantare Formen der Mycosis fungoides. Sie sind klinisch wie auch histologisch schwerig zu diagnostizieren. Der Verdacht ergibt sich meist erst durch ihre Therapieresistenz und der später auftretenden plattenartigen Infiltration der Läsionen.   

Labor

Blutbild: Lymphozytose, Eosinophilie, atypische T-Lymphozyten (= Lutzner-Zellen), flowzytometrisch deutliche T-Lymphozytose (v.a. CD4-postive Zellen) mit zunehmender Unreife der Lymphozyten. Gelegentlich IgE-Erhöhung.

Histologie

Wichtig für eine histopathologische Beurteilung ist das Absetzen einer lokalen oder systemischen Glukokortikoidtherapie!

Initial- oder Patchstadium: Unterschiedlich dichtes, bandförmiges oder lichenoides, subepidermales Infiltrat aus kleinen, epidermotropen, neoplastischen CD4+ Lymphozyten, einer Mischung aus nicht-neoplastischen CD4- und CD8+ Lymphozyten sowie aus dendritischen Zellen. Eosinophile Granulozyten und Histiozyten sind in unterschiedlicher Dichte vertreten. Plasmazellen fehlen meist! Typisch: Perlschnurartige Ansammlung von Lymphozyten an der dermo-epidermalen Junktionszone (Lining-up-Phänomen). Mäßige Epidermotropie von atypischen lymphoiden und monozytoiden Zellen in die Epidermis. Die invadierten Zellen erscheinen in der Epidermis häufig vergrößert und sind von einem optisch leeren Hof (Halo-Zellen) umgeben. Eine typische Spongiose fehlt; ebenso eine ausgeprägte Parakeratose (Abgrenzung zum Ekzem). Pautriersche Mikroabszesse sind nachweisbar, aber in diesem Stadium eher selten.

Plaquestadium: Dichtes, dermales (papilläre und retikuläre Dermis) Infiltrat aus atypischen, kleinen aber auch mittelgroßen lymphozytären Zellen. Eosinophile Granulozyten und Histiozyten sind in unterschiedlicher Dichte vertreten. Deutliche Epidermotropie mit Ausbildung von Pautrierschen Mikroabszessen (charakteristisch für diese Phase). Die Epidermis ist nicht selten akanthotisch mit parakeratotischer Verhornung. Häufig Adnexotropie (Follikel und Schweißdrüsen) mit Zerstörung der Adnexe.

Tumorstadium: Dichtes, diffuses oder noduläres, dermales oder auch subkutanes Infiltrat aus atypischen, mittelgroßen, lymphozytären Zellen. Eosinophile Granulozyten und Histiozyten in unterschiedlicher Dichte. Hohe Mitoseaktivität (MIB 1). Vereinzelt auch Immunoblasten oder große anaplastische CD30+ Zellen. Meist weiterhin deutliche Epidermotropie. Pautriersche Mikroabszesse können auftreten, sind jedoch nie obligat. Epidermotropismus kann in diesem Entwicklungsstadium komplett fehlen! Die Epidermis ist akanthotisch aber auch atrophisch. Parakeratotische Verhornung. Die Follikel sind häufig zerstört. Im Infiltrat sind nicht selten Epithelregenerate der Follikel nachweisbar.

Bei etwa 25% der Fälle erfolgt im Tumorstadium eine Transformation in ein diffuses großzelliges Lymphom, das entweder CD30- oder CD30+ sein kann. Die Prognose ist dann deutlich verschlechtert. Das histologische Bild ist dann mit den primären kutanen T-Zell-Lymphomen identisch, die ohne Vorläuferstadien auftreten.

Neuere Studien zeigen, dass CD4-CD8-negative Lymphozyten immunhistochemisch auf eine Frühform der Mycosis fungoides hinweisen können.

Diagnose

Die Diagnose wird klinisch gestellt. Für die Krankheitsdefinition ist ein exaktes Tumorstaging notwendig (s. Tabelle). Neben der routinemäßig durchgeführten Labor- und Organanalyse erfolgt die Diagnosesicherung und das Tumorstaging durch histologische, immunhistologische, molekularbiologische und bildgebende radiologische (CT/Kernspin-Untersuchungen) und sonographische Untersuchungen.

  • Immunphänotypisierung: Hiermit ist eine Differenzierung zwischen T- und B-Zellreihe möglich; außerdem Erfassung von T-Zell-Subpopulationen mittels CD4-, CD8- und CD30-Antikörpern. Antikörper gegen CD45RO+ Memory T-Lymphozyten werden häufig bei der Frühform der Mycosis fungoides nachgewiesen.
  • T-Zell-Rezeptor-Gen-Rearrangement: Diagnostisch wichtig (wenn auch nicht beweisend); Nachweis der Monoklonalität der T-Zell-Infiltrate mittels dieser Methode möglich.
  • FACS-Analyse: Diagnostisch wichtig: Bei V.a. leukämischen Verlaufsformen (stets bei Sézary-Syndrom).
  • Lymphknotendiagnostik: Sonographische Untersuchung hautnaher Lymphknoten; ggf. Lymphknotenbiopsie und feingewebliche Diagnostik.
  • Knochenmarksbiopsie: Da ein Knochenmarksbefall bei den frühen Formen der CTCL (T1-3, N0-1, M0) selten ist, kann auf dieses diagnostische Verfahren im Allgemeinen verzichtet werden.

Differentialdiagnose

Die klinische Differenzialdiagnose der Mycosis fungoides ist abhängig von dem klinischen Stadium der Erkrankung und auch ihren klinischen Varianten (s.u. Einteilung). Insofern wird dieses Kapitel keine allgemein gültige Differenzialdiagnose beinhalten..

Initialstadium: Hierbei treten je nach Entwicklungsstand und Ausbreitung der Flecken sehr unterschiedliche klinische Bilder in Erscheinung. Ein wichtiges indikatorisches Zeichen ist die Längsausrichtung der Flecken in den Spaltlinien (Spannungslinien) der Haut. Dieses Makromuster ist nur wenigen Erkrankungen gemein (s. dort).  

  •  Parapsoriasis en plaques: Wenige (im Mittel bis 6) meist nur diskret entzündliche, größere (meist über 10 cm Durchmesser), rundliche oder ovaläre, scharf abgegrenzte, wenig schuppende Flecken oder Plaques. Längsachsen meist nach den Spaltlinien ausgerichtet. Häufig Präkursoren der Mycosis fungoides. Histologische Abklärung.
  •  Mikrobielles Ekzem: Initial meist kleine, rötlich-bräunliche, juckende, rote schuppende oder krustige Papeln oder Papulo-Vesikel. Allmähliches Größenwachstum zu scharf oder unscharf begrenzten, 1,0-6,0 cm großen, roten münzartigen ("nummuläres Ekzem") Plaques mit gelblichen Krusten oder Schuppenkrusten. Keine Knotenbildung. Der deutliche "Ekzemcharakter" spricht gegen die Diagnose "Mycosis fungoides". Weiterhin histologische Abklärung!
  •  Psoriasis vulgaris: Das klassische streckseitige Verteilungsmuster spricht gegen die Mycosis fungoides. Auch fehlen stets die typischen Psoriasisphänomene wie Auspitz-und Köbner-Phänomen.
  •  Ekzem, atopisches: Wichtig hier die Anamnese mit den typischen Typ I Allergien;  bei der ekzematoiden Form finden sich schuppende, zum Teil erodierte, zerkratzte und verkrustete unterschiedlich rote Plaques. Stets ist deutlicher Juckreiz vorhanden. Histologie: typische Ekzemmorphe.
  •  Pityriasis rosea: Stammbetontes, schubartiges, über 1-2 Wochen andauerndes Exanthem; nach den Spaltlinien ausgerichtet (Weihnachtsbaum-Muster), Herde: 0,2-1,0 cm große, ovale oder längliche, wenig erhabene, schuppige Plaque. Akuität der Erscheinungen spricht gegen die Mycosis fungoides.

Plaquestadium: Ein Plaquestadium wird bei der klassischen Verlaufsform stets mit prämykosiden (ekzemartigen) Veränderungen kombiniert sein. Insofern ist dieses Bild durch eine Vielfältigkeit der Erscheinungen gekennzeichnet. Zur klinischen Sicherung der Diagnose wird stets eine histologische und immunhistologische Absicherung notwendig sein.     

  •  Pseudolymphome der Haut: Eher monomorphes Erscheinungsbild. Keine jahrelange Anamnese. Histologie nicht mit den typischen Veränderungen des mykosiden Infiltrates.
  •  Leukämien der Haut: Sehr unterschiedliche Krankheitsbilder, meist exanthematische Ausbreitung. Kein stadienhafter Verlauf wie bei der Mycosis fungoides. Keine Poikilodermie.
  •  Lupus erythematodes tumidus: Meist disseminierte, chronisch stationäre, 0,5-5,0 cm große, rote, meist nicht hypersensitive, scharf begrenzte Papeln und Plaques mit glatt-glänzender, nicht schuppender Oberfläche. Ausgeprägte Photosensitivität. Kein stadienhafter Verlauf wie bei der Mycosis fungoides.
  •  Urticaria pigmentosa: Flache, ovale oder runde, graubräunliche oder braune Flecken unterschiedlicher Größe mit urtikarieller Reaktion (dieses Phänomen fehlt komplett bei der Mycosis fungoides). Häufig elevierter Dermographismus.
  •  Tinea corporis: Nur bei nicht behandelten ausgedehnten Formen kommt diese Differenzialdiagnose in Frage. Randbetonung der Herde, Juckreiz, Schuppung; nativer und kultureller Piznachweis. 

Tumorstadium:

  • andere kutane T-Zell-Lymphome:  Hierbei fehlt der phasenhafte Ablauf. Meist primäre Knotenbildung. Histologie ist beweisend.
  • kutane B-Zell-Lymphome: Hierbei fehlt der phasenhafte Ablauf. Meist primäre Knotenbildung. Histologie ist beweisend.

Therapie

Die Therapie erfolgt in Abhängigkeit von den einzelnen klinischen Stadien der Mycosis fungoides. Aggressive Therapiemodalitäten in den Anfangsstadien der Erkrankung haben sich nicht bewährt! Es besteht die Gefahr des Tumorenhancements.

Somit wird im Stadium IA von den meisten dermatologischen Experten  das expektative Konzept des "watchful waitings" zu Recht verfolgt.

Zu unterscheiden sind lokale und systemische Maßnahmen, die miteinander kombiniert werden können. Grundsätzlich kommen folgende Therapiemodalitäten in Betracht (s.a. Tabelle):

  • Glukokortikoide, extern oder systemisch
  • Klimatherapie
  • Heliotherapie (UVB; SUP)
  • PUVA-Therapie, systemisch oder als Bade-PUVA
  • Interferon alfa als Monotherapie oder in Kombinationen
  • Retinoide in Kombination mit PUVA-Therapie
  • Chemotherapeutika extern oder systemisch
  • Photopherese (extrakorporale)
  • Brentuximab Vedotin (Adcetris®): Seit 2017 zur Therapie erwachsener Patienten mit CD30-positivem kutanem T-Zell-Lymphom (CTCL) nach mindestens einer vorangegangenen systemischen Therapie zugelassen [Wiley, Beilage zum JDDG Nr. 8/2018].
  • Chlormethin-Gel (Valchlor®  = Mechlorethamin) seit 2019 zugelassen : 1 x / Tag
  • Experimentell: Interleukin-12: Experimentelle Studienansätze mit ersten positiven Ergebnissen beinhalten Therapiemodalitäten mit rekombinantem Interleukin-12 im klinischen Stadium 1A, 1B, IIA (2mal/Woche 300 ng/kg KG s.c., Erhaltungsdosis: 100 ng/kg KG s.c.).
Therapieempfehlungen für die MF nach Stadien (nach S2k-Leitlinie)
Stadium Empfohlene Therapie (first line) Empfohlene Therapie (second line)
IA watch and see

 

Bexaroten Gel

topische Immuntherapien (z.B. Imiquimod)

UVB/UVB-Schmalband Strahlen
PUVA-Therapie
Topische Glukokortikoide (Klasse III-IV)
 
Uniläsionale MF Pagetoide Retikulose

Radiotherapie (Röntgenweichstrahltherapie oder

Linearbeschleuniger) 30-36 Gy

 

Lokale Glucocorticoide Klasse III-IV

PUVA lokal

 
IB-IIA PUVA PUVA + INF alfa
 
IIB PUVA + INF-alfa und Röntgentherapie oder Linearbeschleuniger bei Tumoren Low dose MTX
Orales Bexaroten
Liposomales Doxorubicin
Vorinostat
Denileukin Diftitox
Gemcitabin
 
III

PUVA-Creme

UVB (311nm); 

Low dose MTX
Orales Bexaroten
Cladribin (zugelassen für Haarzell-Leukämie)

Extrakorporale Photopherese ggf. kombiniert

mit MTX oder INF-alpha

Schnelle Elektronen
Ganzkörperbestrahlung
Chlorambucil + Glukokortikoid
 
IVA PUVA+INF-alpha Low dose MTX
Orales Bexaroten
Ganzkörperbestrahlung mittels Linearbeschleuniger
Chlorambucil + Glukokortikoid
Gemcitabin
 
IVB   Orales Bexaroten
  Gemcitabin
PUVA + INF-alpha Cladribin
Chlorambucil + Glukokortikoid CHOP Polychemotherapie
Liposomales Doxorubicin Denileukin Diftitox
Alemtuzumab (Anti CD52 AK)

Gezielte lokalisierte oder generalisierte

"Ganzkörper-Elektronenbestrahlung" (generalisierte Plaques oder Knoten)

mittels Linearbeschleuniger.

Vorinostat

 

Bestrahlungstherapie

Radiologische Therapieverfahren sind (gezielte Bestrahlung mit schnellen Elektronen) bei uniläsionalen oder wenigen Herden erfolgreich und werden zu Recht eingesetzt.

Im generalisierten Patch-oder Plaque-Stadium (T2-3) sind Ganzkörper-Elektronenbestrahlungen eine wichtige Therapieoption (ED 1,5-2,0Gy; GD <30Gy). In mehreren Studien konnten damit im Stadium T2 Komplett- Remissionen von 75% und im Stadium T3 von 47% erzielt werden.

Verlauf/Prognose

"Indolenter Verlauf". Die Dauer des prämykosiden Stadiums kann 5 Jahre bis zu mehr als 20 Jahren betragen. Rückbildungen und Rezidive sind möglich.

5-Jahres-Überlebensrate: 66,1%

10-Jahres-Überlebensrate: 43,2%

Mittlere Überlebensrate (alle Stadien): 11,4 Jahre

Mittlere Überlebensrate (stadienabhängig):

  • T2-Patienten: 12,1 Jahre
  • T3/T4-Patienten: 3-4 Jahre
  • N0-Patienten: 17,5 Jahre
  • N1-Patienten: 6,5 Jahre
  • N2-Patienten: 1,7 Jahre
  • B0-Patienten: 12,3 Jahre
  • B1-Patienten: 3,0 Jahre.

Tabellen

Stadieneinteilung der Mycosis fungoides

Prämykosides Stadium (Patch-Stadium)

Geringer Pruritus oder uncharakteristische rote, seltener urtikarielle, ekzematöse Flecken. Dauer des Patch-Stadiums: 5 Jahre bis > 20 Jahre. Rückbildungen und Rezidive sind möglich. 5-Jahres-Überlebensrate: 66,1%, 10-Jahres-Überlebensrate: 43,2%.

Infiltratives Stadium (Plaque-Stadium)

Plattenförmig infiltrierte, scharf begrenzte, bizarr konfigurierte, leicht schuppende oder verkrustete, stark juckende, rote, rötlich-violette oder bräunlichrote Läsionen, die langsam an Größe zunehmen. Scharf begrenzte Inseln mit normaler Haut inmitten dieser Areale (Nappes claires). Im Kapillitiumbereich: Umschriebene Alopezien. Lymphknotenschwellungen.

Mykosides (tumoröses) Stadium (tumor-stage)

Tumorentwicklung im Bereich der infiltrierten Herde nach meist jahre- bis jahrzehntelanger Krankheitsdauer. Halbkugelige, eventuell gelappte, meist weiche, pilzförmige, blau- bis braunrote, an der Oberfläche erodierte, nässende und ulzerös zerfallende Tumoren. I.d.R. rasche Progredienz mit Exitus letalis.

 

 

 

 

T (Haut)

T1 begrenzter Hautbefall mit Plaques (< 10% KO)

T2 generalisierte Plaques(>10% KO)

T3 kutane Tumoren (> 1cm im Durchmesser)

T4 Generalisierter Befall (> 80% KO) oder Erythrodermie

N (Lymphknoten)

N0 keine Lymphknotenvergrößerung, histologisch ohne Befall

N1 Lymphknotenvergrößerungen, histologisch ohne Befall

  • Klon negativ

  • Klon positiv

N2 keine Lymphknotenvergrößerungen, aber histologisch befallen

  • Klon negativ

  • Klon positiv

N3 Lymphknotenvergrößerungen mit histologischem Befall (Dutch Grade 3-4)

  • Klon negativ

  • Klon positiv

M (Viszerale Organe)

M0 kein Organbefall

M1 Organbefall

B0 keine atypischen Lymphozyten im peripheren Blut (< 5%)

B1 atypische Lymphozyten im peripheren Blut (> 5%)

B2 Hohe Tumorlast im peripheren Blut (>1000 /ml Sézary Zellen mit positivem Klon)

M0 Keine Beteiligung viszeraler Organe

M1 Histologisch gesicherte Beteiligung viszeraler Organe

Stadium I

begrenzte (IA) oder generalisierte Plaques (IB) (T1 N0 M0 oder T2 N0 M0)

Stadium II

begrenzte oder generalisierte Plaques mit Lymphknotenvergrößerungen (IIA) oder kutane Tumoren mit/ohne Lymphknotenvergrößerungen (IIB), histologisch ohne Lymphknotenbefall oder Organbefall (T1-2 N1 M0 oder T3 N0-1 M0)

Stadium III

generalisierte Erythrodermie mit/ohne Lymphadenopathie, kein histologischer Befall von Lymphknoten oder Organen (T4 N0-1 M0)

Stadium IV

histologischer Befall von Lymphknoten (IVA) oder Organen (IVB) (T1-4 N2-3 M0 = IVA oder T1-4 N0-3 M1 = IVB)

 

 

 

 

 

T

N

M

B

IA

1

0

0

0,1

IB

2

0

0

0,1

II

1-2

1-2

0

0,1

IIB

3

0-2

0

0,1

III

4

0-2

0

0

IIIA

4

0-2

0

0

IIIB

4

0-2

0

1

IVA1

1-4

0-2

0

2

IVA2

1-4

3

0

0-2

IVB

1-4

0-3

1

0-2

 

Nachsorge

Tumorstadium Ia und Ib: alle 6-12 Monate klinische Untersuchung und Palpation der Lymphknoten.

In fortgeschritteneren Stadien engmaschigere Kontrolle mit bildgebender (LK-Sonographie, CT-Thorax/Abdomen) und laborchemischer (Differentialblutbild, FACS-Analyse) Diagnostik.

Hinweis(e)

Der Terminus Mycosis fungoides sollte nur für den klassischen "Alibert-Bazin" Typ benutzt werden. Eine Frühform einer Mycosis fungoides kann nach einem von Pimpinelli et al. ausgearbeiteten Algorithmus evaluiert werden (> 4 Punkte = Mycosis fungoides wahrscheinlich):

  • Klinik:
    • Persistierende oder progrediente Patches oder Plaques (1 Punkt)
    • Lokalisation nicht Sonnen-exponiert/großflächig, poikilodermisch (1 Punkt)
  • Histologie:
    • Superfizielles lymphoides Infiltrat, Zell- und Kernatypien, Epidermotropismus (1 Punkt)
  • Molekularbiologie:
    • Klonales T-Zell-Muster (1 Punkt)
  • Immunhistologie:
    • < 50% der T-Zellen exprimieren CD2, Cd3 und/oder CD5
    • < 10% CD7 (1 Punkt)
    • Erhöhte Anzahl von Lymphozyten (CD2, CD3, CD5, CD7) in der Epidermis (disproportionaler Epidermotropismus) (1 Punkt).

Fallbericht(e)

Die Wirksamkeit von pegylierten liposomalen Doxorubicin zur Behandlung der Mycosis fungoides wurde in mehreren Studien beschrieben. Kontrovers wird weiterhin die Effektivität der Therapie diskutiert. Im Jahre 2000 berichteten Wollina et al. in einem Fallbericht mit 6 Patienten über ein klinisches Ansprechen von 83%. Auch in nachfolgenden Studien wurden ähnlich gute Resultate publiziert. Die Aussagekraft dieser Studien ist jedoch durch geringe Probandenzahlen limitiert.

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Zuletzt aktualisiert am: 11.10.2024