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Follikulotrope Mycosis fungoidesC84.0
Synonym(e)
Erstbeschreiber
Definition
Seltene Variante eines CD4-positiven, kutanen T-Zell-Lymphoms vom Typ der Mycosis fungoides, die durch eine besondere Epitheliotropie (Adnexotropie) häufig unter Aussparung der Epidermis (oberflächenglatte Epidermis) gekennzeichnet ist
Ätiopathogenese
S.u. KutaneT-Zell-Lymphome. Beschrieben wurde diese kutane T-Zell-Variante nach Organtransplantationen (Spence-Shishido A et al. 2015).
Manifestation
Lokalisation
Klinisches Bild
An Hals, Nacken, Gesicht und Kapillitium lokalisierte, 2,0-10,0 cm große, meist unscharf begrenzte, leicht gerötete oder rot-braune oder grau-braune, deutlich juckende (seltener asymptomatische), wenig aus dem Hautniveau hervortretenden Plaques mit meist hautfarbenen, 0,1-0,2 cm großen, stets follikulären, spitzkegeligen, rauen Hornpapeln (klinisches Bild der sog. Mucinosis follicularis). Nicht selten Nachweis von läsionalen Komedonen und Zysten; bei Befall des Gesichts auch "Akne-artige" Bilder (Shamim H et al. 2021). Am Kapillitium kann eine läsional begrenzte Alopezie auftreten, die an eine Alopecia areata erinnern kann.
Nicht selten kann im frühen Stadium eine Alopezie der Augenbrauen auftreten.
Im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung treten die Plaques und Knoten deutlicher aus dem Hautniveau heraus.
Histologie
Histologie: Follikelbetontes lymphozytäres infiltrat aus klein- bis mittelgroßen Lymphozyten (bei diesen sind häufig zerebriforme Kerne nachweisbar). Eine Epidermotropie fehlt meist oder ist nur sehr fokal nachweisbar. Adnexepithelien erscheinen zunächst hyperplastisch und später dann zerstört (Bild der Mucinosis follicularis). Manchmal sind nur noch epitheliale Einzelverbände nachweisbar.
Einige Fälle kennzeichen sich durch eine bevorzugte Syringotropie (ältere Bezeichnung: syringotrope MF).
Immunhistologie: Die Tumorzellen sind wie bei der klassischen MF CD3 positiv, CD4 positiv und CD8 negativ. Eine Beimischung von CD30+ Zellen ist zu beobachten.
Diagnose
Das klinische Bild mit den follikulären, in der seitlichen Betrachtungsweise besonders hervortretenden, spitzkeligen, hautfarbenen, wenig entzündlichen jedoch, juckenden Hornpapeln (Patient kommt wegen Juckreiz!) ist charakteristisch. Das histologische Muster ebenso typisch. Bis zur Diagnosestellung dauert es allerdings im Schnitt 3,9 Jahre (!).
Therapie
- S.u. Mycosis fungoides.
- Stufenschema:
- Initial strikte Lokaltherapie mit PUVA oder Schmalband-UVB sowie Glukokortikoidexterna.
- Bei Fortschreiten der MF: PUVA in Kombination mit Retinoiden ( Acitretin: Die wirksame Dosis liegt oberhalb von 10 mg/Tag. Das Wirkungsoptimum liegt in Abhängigkeit vom Körpergewicht bei etwa 50 mg/Tag).
- Bei Fortschreiten der MF: Kombination von PUVA und Interferon alpha (Dosierung: 3,0-5,0 Mio IE, 3mal/ Woche s.c.); ergänzend: lokale Röntgenbestrahlungen (3,0-5,0 Gy) mittels Linearbeschleunigern oder konventionellen Röntgengeräten.
- Im Stadium IIb (s. hierzu u. Kutane T-Zell-Lymphome): Chemotherapie (CHOP, Doxorubicin, Gemcitabine; s.u. Zytostatika): schlechtes Ansprechen.
- Experimentell: Allogene Stammzelltransplantation.
Verlauf/Prognose
Etwa analoge Prognose im Vergleich zur "klassischen" Mycosis fungoides. Die 5-Jahresüberlebensrate im Stadium IIA beträgt 87%, im Stadium IIb 83%. Bei Patienten mit ausgedehnteren Plaques einer follikulotropen MF ist mit einem Überleben analog zu Patienten mit einer MF im Tumorstadium zu rechnen. Die 10 Jahres-Überlebensrate beträgt für dieses Kollektiv 25% (van Santen S et al. 2016).
Das therapeutische Ansprechen auf die üblichen Standardtherapien ist gegenüber der "klassischen MF" als etwas schlechter zu werten (van Santen et al. 2017). Insofern empfiehlt sich bei lokalisierter Manifesttion eine frühzeitige "aggressive topische Radiotherapie" .
Hinweis(e)
Ähnliche Fälle wurden als "follikulozentrische oder pilotrope MF" beschrieben. Es ist wahrscheinlich, dass ein relevanter Teil der Patienten, die unter dem Krankheitsbild der Mucinosis follicularis eingeordnet wurden, tatsächlich als follikulotropes T-Zell-Lymphom gewertet werden müssen.
Literatur
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