Synonym(e)
Definition
Indolentes (niedrigmalignes), CD30-positives, besonders gutartig verlaufende lymphoproliferative Erkrankung mit jahrelangem, rezidivierendem Verlauf, gekennzeichnet durch einzelne oder multiple, schmerzlose, papulo-nodöse oder ulzeröse Paplen und Knoten mit spontaner Abheilung, aber auch monatelanger, evtl. sogar jahrelanger Latenz.
Bemerkung: Einige Autoren werten das Krankheitsbild als gutartig!
Auch interessant
Vorkommen/Epidemiologie
Prävalenz 0,1/100.000 Einwohner/Jahr. Weltweites Auftreten. Überwiegend bei Angehörigen der kaukasischen Ethnien, der Anteil an den CTCL beträgt etwa 18%.
Ätiopathogenese
Unbekannt. Virale Genese? Bei jugendlichen Patienten besteht eine erhöhte Assoziation zu atopischen Erkrankungen. Die nachweislichen Mutation in SDC1-, COL4A1- und Laminin-5-Genen können mit einem Tumorrezidiv oder einer Progression in ein höhergradiges Lymphom einhergehen (Wang TT et al. 2017).
Manifestation
V.a. Erwachsene; Alter: 7-83 Jahre, Durchschnittsalter: 39 Jahre (Xiong J et al. 2015); in einer größeren Studie an 20 Patienten betrug das Durchschnittsalter 28,6 Jahre (Wang TT et al. 2017). Sehr selten wird die Erkrankung auch bei Kindern und Jugendlichen angetroffen.
f:m=2,3:1 (nach anderen Quellen: 1:1).
Klinisches Bild
Meist mehrzählige, seltener nur einzählige (selten mehr als 5, disseminertes Auftreten ist möglich, aber die Ausnahme), sich innerhalb weniger Tage bildende (Eruptionsphase), rote bis rot-braune oder braun-violette, weich-elastische, schmerzlose, oberflächenglatte flache, rote Papeln. Diese entwickeln sich (überraschend schnell) zu roten stets schmerzlosen Knoten (bis 2 cm Ø) mit zunächst glatter Oberfläche.
Regelmäßig kommt es unter initialer hämorrhagischer Krustenbildung zu einem torpiden Zerfall der zentralen Knotenpartien. Dadurch entsteht Morphologiewandel! Klinisch imponiert in dieser Entwicklungsphase nur noch ein (dem Untersucher nicht erklärbares) unterschiedlich tiefes, meist kaum schmerzhaftes Ulkus. Gefahr der Sekundärinfektion (Bild der Pyodermie). Abheilung unter Ausbildung einer wenig spektakulären, hyper(hypo-)pigmentierten Narbe.
Nach 3-8 Wochen spontane Rückbildung unter Ausbildung von Schuppenkrusten.
Histologie
Typ A: Dichtes, diffuses, bis in die Subkutis reichendes, gemischtzelliges Infiltrat aus pleomorphen und anaplastischen lymphoiden Zellen sowie zahlreichen eosinophilen und neutrophilen Granulozyten, Histiozyten und kleinen Lymphozyten. Zahlreiche Mitosen.
Typ B: Bandförmiges dermales, epidermotropes Infiltrat aus kleinen bis mittelgroßen lymphoiden Zellen mit chromatindichten zerebriformen Kernen.
Typ C: Dichtes, diffuses, bis in die Subkutis reichendes Infiltrat aus großen anaplastischen Zellen. Nur wenige eosinophile oder neutrophile Granulozyten, Histiozyten und kleine Lymphozyten. Zahlreiche Mitosen (weitaus häufigste Typ- Wang TT et al. 2017).
Typ D: Dichtes, diffuses, bis in die Subkutis reichendes Infiltrat aus kleinen bis mittelgroßen CD8+ und CD30+ Lymphozyten. Deutliche Epidermotropie.
Typ E (angioinvasiver Typ): Dichtes, angiozentrisches und angioinvasives, bis in die Subkutis reichendes, gemischtzelliges Infiltrat aus mittelgroßen pleomorphen und anaplastischen lymphoiden Zellen. Nachweis von Nekrosen und Ulkusbildung. Weiterhin eosinophile Granulozyten.
Typ F:Kleine intraepidermale Lymphozyten neben größeren pleoorphen dermalen Lymphozyten mit einer charakteristischen follikulotropen Verteilung.
Immunhistologie: Tumorzellen sind positiv für CD3 (80-90%), CD4 (80-90%), CD8 (50% der Fälle), CD25. In Typ A und C exprimieren die anaplastischen, großen Zellen CD30 (s.u. CD-Klassifikation). T-Zell-Rezeptor-Gen-Rearrangement: Nur in vereinzelten Fällen Nachweis der Monoklonalität der T-Zell-Infiltrate. CD20 wird nur sehr selten, ALK1 nicht exprimiert.
Differentialdiagnose
Lymphom, kutanes T-Zell-Lymphom, großzelliges, CD30-positives: Meist solitärer größerer Knoten; selten gruppierte Knötchen oder Knoten mit Neigung zur Ulzeration. Spontane Regressionen und erneute Rezidive sind möglich (bei bis zu 25% der Patienten).
Pityriasis lichenoides chronica: Sehr polymorphes klinisches Bild; initial kleine (meist < 0,5 cm), kalottenförmige, gerötete, derbe, oberflächlich stumpfe oder spiegelnde Papeln, die von einer feinen Schuppe bedeckt werden. Ausrichtung längs der Spannungslinien der Haut. Typisch: Ausbildung einer kompakten, oblatenförmigen, bedeckenden, zentral haftenden Schuppe. Die Erkrankung verursacht bis auf einen leichten bis mäßigen Juckreiz keine Beschwerden. Histologie ist i.A. diagnostisch.
Chronische Prurigo: Meist buntes klinisches Bild mit Effloreszenzen unterschiedlicher Akuität "von frisch bis narbig abgeheilt". Typisch ist ein punktueller, unangenehm stechender Juckreiz, der mit einer ebenso umschriebenen und typischen Kratzreaktion (Auslöffeln) beantwortet wird; danach schlagartiges Sistieren des Juckreizes. Histologie schließt die Diagnose "lymphomatoide Papulose" sicher aus.
Merke! Nicht die "störenden Effloreszenzen", sondern der quälende Juckreiz führt zum Arzt!
Pseudolymphome: das klinische Bild ist variabel; meist oberflächenstabile, nicht ulzerierte, wenig symptomatische Papeln. Histologie: meist bunt gemischtes, reifzelliges, B- und T-Zell Muster. Kein CD30+ Infiltrat.
Insektenstiche: Meist juckende "artifiziell" wirkende, urtikarielle Papeln und Plaques. Meist kurze Anamnese. Schwierig abzugrenzen bei persistierenden Arthropodenreaktionen. Histologie: wie bei Pseudolymphomen.
Syphilis: Anamnese; Histologie und Serologie sind diagnostisch.
Eosinophiles Ulkus der Mundschleimhaut: diese DD ist nur histologisch abzuklären.
Komplikation(en)
40-60% der Patienten erkranken an einer weiteren lymphoproliferativen Erkrankung. Hierbei ist die Erkrankungsrate an Mycosis fungoides besonders hoch (durchschnittlich 78%). Patienten mit lymphomatoider Papulose Typ A sind bevorzugt betroffen (> 90%). Mycosis fungoides kann parallel zur lymphomatoiden Papulose (30-40%) auftreten oder ihr vorausgehen (60-70%).
Weitere lymphoproliferative Erkrankungen, die zusammen oder im Anschluss an eine lymphomatoide Papulose auftreten können, sind großzellige anaplastische Lymphome (12%). Vereinzelt wurde über das Auftreten eines M. Hodgkin berichtet.
Therapie
Die Therapie richtet sich in erster Linie nach der klinischen Ausprägung des Krankheitsbildes. Keine der verfügbaren Therapien beeinflusst den natürlichen Verlauf der Erkrankung. Alle Therapiemodalitäten sollten unter dem Aspekt der Krankheitskontrolle und nicht der Heilung eingesetzt werden.
Lokalisierter blander Befall:
- Zeitnahe proaktive Lokaltherapie mit mittelstarken topischen Glukokortikoiden gfls. unter Okklusion (Glukokortikoide Klasse II und III) wie 0,1% Betamethason-Lotio (R030), 0,1% Triamcinolon-Creme (R259) oder intraläsionale Gabe von Triamcinolon (z.B. Volon A 1:1 verdünnt mit LA wie Scandicain).
- In Einzelfallberichten erfolgreich: topisches Chlormethin Gel, einschleichend, zunächst 2x wöchentlich, später tägliche Applikation(Dege T et al. 2024)
Alternativ bei multifokaler Ausbreitung:
- Phototherapie mit PUVA-Therapie oder PUVA-Bad-Therapie, evtl. auch in Kombination mit Retinoiden wie Acitretin (Neotigason) 0,5 mg/kg KG/Tag als RePUVA-Therapie.
- Bei Nichtansprechen auch Kombination der Phototherapie mit Methotrexat (niedrig dosiert mit 20 mg/Woche).
- Alternativ: Bexaroten in der vorgegebenen Dosierung.
- Halbjährliche Kontrolluntersuchung, auch wiederholte Hautbiopsien sind erforderlich, um ggf. Übergang in ein agressives kutanes T-Zell-Lymphom rechtzeitig zu erkennen!
Therapie allgemein
Verlauf/Prognose
Meist gut, jahrelanger rezidivierender blander Verlauf, mit monatelanger oder jahrelanger Erscheinungsfreiheit.
Einschränkung der Lebenserwartung nur durch assoziierte Lymphome (bei bis zu 20% der Patienten entwickeln sich im Laufe von Jahren andere Lymphome: Mycosis fungoides, immunoblastisches oder großzelliges anaplastisches Lymphom, Morbus Hodgkin). Die Mortalitätsrate liegt bei rund 8%.
Für Patienten, die eine lymphomatoide Papulose im Kindesalter entwickeln, ist die Wahrscheinlichkeit an einem Non-Hodgkin-Lymphom zu erkranken 200mal höher als in der Normalbevölkerung.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Dege T et al. (2024) Successful treatment of lymphomatoid papulosis with chlormethine gel. J Dtsch Dermatol Ges 22: 826-827.
- Dupont A, Thulliez A, Brosens M (1956) Reticulose histiomoncytaire et mycosis fungoide: remarques propos de quatre observations. Arch Belg Dermatol Syphil 12: 263-265
- Gan EY et al. (2012) Lymphomatoid papulosis: is a second lymphoma commoner among East Asians? Clin Exp Dermatol 37:118-121
- Kempf W et al. (2011) EORTC, ISCL, and USCLC consensus recommendations for the treatment of primary cutaneous CD30-positive lymphoproliferative disorders: lymphomatoid papulosis and primary cutaneous anaplastic large-cell lymphoma. Blood 118:4024-4035
- Kempf W et al. (2014) Cutaneous lymphomas: an update. Part 1: T-cell and natural killer/t-cell lymphomas and related conditions. Am J Dermatopathol 36:105-123
- Kempf W et al. (2015) Paediatric cutaneous lymphomas: a review and comparison with adult counterparts. J Eur Acad Dermatol Venereol 29:1696-1709
- Kempf W, Cerroni L (2016) Kutane Lymphome. In: Cerroni L et al. Histopathologie der Haut. Springer-Verlag Berlin Heidelberg New-York S. 912-913
- Kiavash K et al. (2015) New variant lymphomatoid papulosis type E preceding and coexisting with mycosis fungoides - a case report and review of theliterature. J Cutan Pathol doi: 10.1111/cup.12606
- Nashan D et al. (2018) Primär kutane Lymphome-eine Fallserie von 163 Patienten. Hautarzt 69: 1014-1020
- Martorell-Calatayud A et al. (2010) Lymphomatoid papulosis in children: report of 9 cases and review of the literature. Actas Dermosifiliogr 101:693-701
- Macaulay WL (1968) Lymphomatoid papulosis. A continuing self-healing eruption, clinically benign - histologically malignant. Arch Dermatol 97: 23-30
- Markeeva E et al. (2011) Lymphomatoide Papulose Typ A: Ist weniger (Therapie) mehr? Akt Dermatol 37: 19-21
- Martires KJ et al. (2015) Characterization of Primary Cutaneous CD8+/CD30+ Lymphoproliferative Disorders. Am J Dermatopathol 37:822-833
- Meena M et al. (2014) Lymphomatoid papulosis type C of the eyelid in a young girl: a case report and review of literature. Orbit 33:395-398
- Nijsten T et al. (2004) Lymphomatoid papulosis in children. A retrospective cohort study of 35 cases. Arch Dermatol 140: 306-312.
- Wang TT et al. (2017) Lymphomatoid papulosis: a clinicopathologic analysis and whole exome sequencing. Zhonghua Bing Li Xue Za Zhi 46:601-606.
- Xiong J et al. (2015) Lymphomatoid papulosis: a clinicopathologic study of 22 cases.
- Zhonghua Yi Xue Za Zhi 95):3750-3752.
- Zackheim HS et al. (2003) Lymphomatoid papulosis associated with mycosis fungoides: a study of 21 patients including analyses for clonality. J Am Dermatol 49: 620-623
Verweisende Artikel (12)
Anaplastic lymphoma kinase-Protein; Bexaroten; CD-Klassifikation; Chlormethin-Gel; Eosinophiles Ulkus der Mundschleimhaut; Furunkel; Histiozytose, eosinophile; Lippenfurunkel; Prurigo simplex subacuta; Pyodermie schankriforme; ... Alle anzeigenWeiterführende Artikel (30)
Acitretin; Betamethasonvalerat-Emulsion hydrophile 0,025/0,05 oder 0,1% (NRF 11.47.); Bexaroten; CD20; CD25; CD3; CD30; CD4; CD8; CD-Klassifikation; ... Alle anzeigenDisclaimer
Bitte fragen Sie Ihren betreuenden Arzt, um eine endgültige und belastbare Diagnose zu erhalten. Diese Webseite kann Ihnen nur einen Anhaltspunkt liefern.