Primär kutanes CD30 + anaplastisches großzelliges T-Zell Lymphom C86.6

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

This article in english

Synonym(e)

ALCL; Anaplastic large cell lymphoma; Anaplastisches großzelliges T-Zell Lymphom; CD30-positives anaplastisch großzelliges Lymphom; CD30-positives großzelliges kutanes T-Zell-Lymphom; CD30-positives großzelliges T-Zell-Lymphom der Haut; großzelliges CD30-positives kutanes T-Zell-Lymphom; Kutanes anaplastisches großzelliges Lymphom; Primary cutaneous CD30-positive large T-cell-lymphoma

Definition

Malignes T-Zell-Lymphom der Haut, bestehend aus großen Zellen mit anaplastischer, pleomorpher oder immunoblastischer Zytomorphologie, das zu > 75% das CD30-Antigen (Aktivierungsmarker aus der Gruppe der Nervenwachstumsfaktor-Rezeptoren; s.u. Wachstumsfaktoren) exprimiert.

Manifestation

Das mittlere Erkrankungsalter bei Erstdiagnose beträgt etwa 57 Jahre. Männer sind gegenüber Frauen im Verhältnis von 6,7:3,4 betroffen.

Lokalisation

 Bevorzugt an der oberen Körperhälfte. In 43% der Fälle an den Armen. 

Klinisches Bild

Meist solitärer Knoten mit einer mittleren Größe von 2,4cm (bis 7,0cm). Seltener (14%) sind multiple Knötchen oder Knoten in einer Körperregion. Es besteht eine Neigung zur Ulzeration. Spontane Regressionen und erneute Rezidive sind möglich (bei bis zu 25% der Patienten). Im Verlaufe der Erkrankung können sich disseminierte, multiple Knoten entwicklen (Booken N et al. 2012). Die extrakutane Ausbreitung (meist periphere Lymphknoten; weiterhin: zentrale Lymphknoten, Lunge, ZNS) ist insgesamt selten (29% bei Erstdiagnose).

Hinsichtlich der systemischen Formen s.u. Anaplastisches großzelliges Lymphom ALK-positiv (ALCL, ALK+) 

Histologie

Charakteristisch sind überwiegend großzellige, diffuse oder knotige, anaplastische, selten pleomorphe oder immunoblastische Infiltrate der Haut. Mäßige bis fehlende Epidermotropie.

Immunhistologische Kriterien: > 75% der Tumorzellen exprimieren das CD30-Antigen; kleine Lymphozyten sind negativ. T-Zell-Muster sind meist nachweisbar. Bei einem Teil der Tumoren (29%) tritt ein Antigenverlust des Pan-T-Zell-Markers (CD3), bei 14% des T-Zell-Markers CD4 auf.  CD8-Zellen finden sich nur in einem sehr geringen Anteil (<5% CD20+Zellen). Die proliferative Aktivität (MIB-Antikörper) ist bei allen Patienten erhöht. Sie liegt in der Regel bei 55% der Tumorzellen. EMA (= epitheliales Membranantigen) ist bei diesem Lymphomtyp nur sehr vereinzelt reaktiv (Booken N et al. 2011)

Zytogenetisch kann mehrheitlich ein monoklonales Rearrangement von T-Zell-Rezeptor-Genen (TZR gamma-Gene) nachgewiesen werden.

Diagnose

Klinik.

histologische und immunhistologische Untersuchung von Haut und Lymphknoten.

molekulare Diagnostik (T-Zell-Rezeptor-Rearrangement.

Hierdurch ist eine Unterscheidung zwischen monoklonaler und polyklonaler Population möglich). S.a.u. Kutane T-Zell-Lymphome. Nicht empfohlen ist im Rahmen des Tumorstaging eine Knochenmarksbiopsie, da diese in einer Studie nur bei 1/107 Fällen ein positives Resultat erbrachte.

 

 

Differentialdiagnose

Klinisch:

  • Mycosis fungoides: Das klinische Bild des kutanen anaplastischen großzelligen (T-Zell-)Lymphoms kann von dem Tumorstadium der Mycosis fungoides durch die jahrelange "Vorläufersituation" der Mycosis fungoides unterschieden werden. 
  • B-Zell-Lymphom: Eine Neigung zur Ulkusbildung spricht eher gegen das B-Zell-Lymphom
  • Nodales anaplastisches großzelliges Lymphom: Nachweis des extrakutanen Befalls. Der klinische Lokalbefund ist nicht unterscheidbar.

Histologisch:

  • Nodales anaplastisches großzelliges Lymphom: Differenzialdiganose gelingt i.A. nur durch den ergänzenden klinischen Befund (Nachweis des extrakutanen Befalls).
  • Lymphomatoide Papulose Typ C:  Differenzialdiagnose gelingt i.A. nur durch den ergänzenden klinischen Befund (typischer rezidiviereder Verlauf mit langen Latenzen; kein extrakutaner Befall).
  • B-Zell-Lymphome: Auszuschließen durch den beweisenden immunologischen Phänotyp (B-ZellMuster).  

Therapie

  • Bei isoliertem Tumor Exzision oder Bestrahlung: Fraktionierte Radiotherapie (2-3mal/Woche, GD 25-30 Gy, ED 2-5 Gy).
  • Bei multifokalen Läsionen mit Regressionen: Bestrahlungstherapie (s.o.).
  • Bei disseminiertem Auftreten: Chemotherapie oder Bestrahlungstherapie:
    • Chemotherapie:
    • Methotrexat: Zunächst sollte eine Behandlung mit Low-Dose-Methotrexat durchgeführt werden. Bei Rezidiv oder Therapieversagen zunächst Ansatz eines weniger aggressiven Schemas (z.B. Knospe-Schema), bevor aggressivere Kombinationen zum Einsatz kommen. Eingesetzt werden Methotrexat, Knospe-Schema, CHOP-Schema, COPBLAM-Schema. Handling, Nebenwirkungen und Laborkontrollen s. jeweils dort. S.a.u. Zytostatika.
    • Bestrahlungstherapie: Alternativ bei disseminierten Tumoren Ganzkörperbestrahlung mit schnellen Elektronen (GD: 30-36 Gy, ED: 2 Gy).
    • Brentuximab Vedotin ist ein Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (ADC) mit einem monoklonalen Antikörper, der sich gegen humanes CD30-Antigen richtet. Der Antikörper ist kovalent an 3-5 Moleküle des Zytostatikums Monomethylauristatin E gebunden. Ergebnisse der Zulassungsstudie s. u. Brentuximab Vedotin

Verlauf/Prognose

Im Gegensatz zu den CD30-negativen großzelligen T-Zell-Lymphomen eher günstig; 10-Jahresüberlebensrate etwa 90%.

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Au WY et al. (2002) CD30-positive cutaneous T-cell lymphoma with concurrent solid tumour. Br J Dermatol 146: 1091-1095
  2. Beljaads RC et al. (1993) Primary cutaneous CD 30-positive large cell lymphoma. Definition of a new type of cutaneous lymphoma with favourable prognosis. An European multicenter study on 47 cases. Cancer 71: 2097-2104
  3. BennerMF et al. (2008) Bone marrow examination has limited value in the staging of patients with anaplastic large cell lymphoma (ALCL) first presenting in the skin. Retrospectively analysis of 107 patients. Br J Dermatol 159: 1148-1151
  4. Booken N et al. (2012) Clinical spectrum of primary cutaneous CD30-positive anaplastic large cell
    lymphoma: an analysis of the Mannheim Cutaneous Lymphoma Registry. J Dtsch Dermatol Ges 10:331-339. 
  5. Cepeda LT et al. (2003) CD30-positive atypical lymphoid cells in common non-neoplastic cutaneous infiltrates rich in neutrophils and eosinophils. Am J Surg Pathol 27: 912-918
  6. Gellrich S et al. (2003) T cell receptor-gamma gene analysis of CD30+ large atypical individual cells in CD30+ large primary cutaneous T cell lymphomas. J Invest Dermatol 120: 670-675
  7. Gonzales CL et al. (1991) T-cell-lymphoma involving subcutaneous tissue. A clinicopathologic entity commonly associated with hemphagocytic syndrome. Am J Pathol 15: 17-22
  8. Holloway KB et al. (1992) Therapeutic alternatives in cutaneous T-cell lymphoma. J Am Acad Dermatol 27: 367-378
  9. Kempf W, Cerroni L (2016) Kutane Lymphome. In: Cerroni L et al. Histopathologie der Haut. Springer-Verlag Berlin Heidelberg New-York S. 914-915
  10. Oregel KZ et al. (2016) Complete response in a critically
    ill patient with ALK-negative anaplastic large cell lymphoma treated with single agent brentuximab-vedotin. Expert Rev Anticancer Ther 16: 279-283.
  11. Sterry W et al. (1995) Kutane maligne Lymphome. Z Hautkr 70: 781-788
  12. Wollina U et al. (2003) Multicenter study of pegylated liposomal doxorubicin in patients with cutaneous T-cell lymphoma. Cancer 98: 993-1001

Disclaimer

Bitte fragen Sie Ihren betreuenden Arzt, um eine endgültige und belastbare Diagnose zu erhalten. Diese Webseite kann Ihnen nur einen Anhaltspunkt liefern.

Abschnitt hinzufügen

Autoren

Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024