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Warzen (Übersicht) B07

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 16.10.2024

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Synonym(e)

Fingerwarzen, Fußsohlenwarzen, Fleischerwarzen; Verruca; Verrucae; Viruswarze; Viruswarzen; Warzen

Erstbeschreiber

Ciuffo, 1907 (Beschreibung der viralen Genese)

Definition

Häufige, gutartige, HPV-induzierte, rückbildungsfähige Papillome an Haut und/oder Schleimhäuten, deren klinischer Aspekt abhängig von Bestandsdauer und Lokalisation von kleinsten, flachen, kaum sichtbaren Papeln bis hin zu blumenkohlartigen handtellergroßen Wucherungen reicht.  

Erreger

Menschliches Papillomavirus (human papilloma virus = HPV), s. Humane Papillomaviren. Man unterscheidet z.Zt. mehr als 120 Virustypen. Die Inkubationszeit beträgt zwischen 1- 8 Monate.

Einteilung

Abhängig von der Lokalisation und dem klinischen Aspekt unterscheidet man bei den HPV-induzierten Warzenerkrankungen:

.

Ätiopathogenese

Übertragung der Warzenviren von Mensch zu Mensch, auch Autoinokulation.

Klinisches Bild

S.u. den einzelnen klinischen Varianten und Krankheitsbildern.

Therapie

Es gibt zahlreiche Therapiemodalitäten für HPV-induzierte Warzen, die häufig durch die klinische Erfahrungsbreite des Therapeuten bestimmt sind. Von entscheidender Bedeutung für die Effektivität einer Behandlung ist eine sichere Diagnose. Obwohl HPV-induzierte Warzenerkrankungen eine große klinische Bedeutung haben, ist die Studienlage hinsichtlich der Effizienz einzelner Therapieverfahren gering. Weiterhin spielt der Virustyp für die Prognose eine wichtige Rolle. Dieser prognostische Faktor ist in den wenigsten Studien berücksichtigt. Ebenso beeinflusst die zunehmende Dauer der Erkrankung ihre Prognose wesentlich. Hierdurch wächst die Gefahr einer Toleranzinduktion und damit der Persistenz der Warzen.

Wichtig für die Effizienz  einer Warzentherapie ist eine individuell auf den Patienten abgestimmte (und mit dem Patienten konsentierte) Strategie, sowie die qualifizierte Einschätzung und Festlegung des Therapieziels.

Individuelle Therapieziele (variiert n. Rübben):

  1. Gezielter operativer Eingriff (s. unter operative Therapie)!
  2. Bewusster Verzicht auf Therapiemaßnahmen bei Warzenerkrankungen, die voraussichtlich spontan abheilen (Bei Kindern hohe Spontanremissionsrate -  >60% innerhalb von 2 Jahren; insofern kann bei fehlendem Leidensdruck auch die Nicht-Intervention eine gerechtfertigte Option sein).
  3. Repetitive destruktive Reduktion der Warzenmasse mit dem Ziel der protrahierten Abheilung
  4. Repetitive destruktive Reduktion der Warzenmasse ohne Aussicht auf Abheilung (z.B. bei generalisierter Verrucosis)
  5. Aktivierung des Immunsystems (z.B. Imiquimod)
  6. Pseudotherapien/Plazebomaßnahmen (unter Plazebo lag bei einer Studie bei Kindern und Erwachsenen die Abheilung nach 4-24 Wochen bei 27%).

Therapeutische Studienergenissse von Warzentherapien sind zwangsläufig geprägt durch den Faktor "persönliche Erfahrung" der Autoren und damit nur von geringer Evidenz. Nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin liegen lediglich für die topische Anwendung von Salicylsäure (!) ausreichende Daten vor. Die Kryotherapie zeigte sich in 2 Studien als gleichwertig.

Therapie allgemein

Grundsätzlich wird bei jeder Behandlungsmodalität eine keratolytische Behandlung wesentlicher Bestandteil des therapeutischen Gesamtpaketes sein. Hierzu empfiehlt sich idealerweise die Applikation eines Salicylsäure-Pflasters (z.B. Guttaplast) über 6-12 Std. unter Okklusion. Das Pflaser sollte unmittelbar vor einer zusätzlichen Behandlungsmetode (z.B. Kurettage) abgenommen werden. Nur somit kann die volle keratolytische Wirkung der Salicylsäure genutzt werden.

Externe Therapie

Folgende Externa und Verfahren eignen sich zur Warzentherapie:

Medikamentöse Verfahren:

  • 0,5% 5-Fluorouracil-Lsg. und 10% Salicylsäure (z.B. Verrumal Lsg.):
  • Anwendungsweise: 2-3mal/Tag über ca. 6 Wochen auf betroffene Stellen auftragen. Wichtig: Lackfilm vor jedem neuerlichen Auftragen entfernen. Ebenso sollte die Hornschicht vor dem Auftragen des Therapeutikums mit einer Kürette (alternativ: kleine scharfe Schere) bis zum Auftreten einer Punktblutung sorgfältig abradiert werden (diese Prozedur kann von dem Pat. selbst durchgeführt werden). Nach erfolgreicher Therapie noch 1 Woche weiter behandeln. Als Nebenwirkung tritt leichtes Brennen ein. Die Kombination aus 5-Fluorouracil und Salicylsäure stellt bei sachgerechter Durchführung (Compliance!) nachgewiesenermaßen eine effektive und nützliche Therapie dar (Evidenzlevel I).
  • Alternativ: 5% Imiquimod-Creme (Aldara® - nicht zugelassen!): 3-5mal/Woche nach vorsichtiger scharfer Kürettage (kann auch nach vorheriger Anleitung von den Pat. selbst oder deren Angehörigen durchgeführt werden) der Warze, Imiquimod dünn auftragen. Das so behandelte Areal ist sorgfältig zu verbinden. Mit dieser Prozedur können gute Erfolgsquoten erzielt werden!
  • Alternativ: Podophyllin/ Podophyllotoxin: enthalten in Rezepturen verschiedener Warzentinkturen (z.B. Condylox Lösung®) oder Warzensalben (Wartec-Creme®).
  • Alternativ: Eisessig-Salpetersäure- Milchsäure-Lsg. (Solco Derman®): 1mal/Woche Pinselung des betroffenen Areals (diese Therapie gehört nicht in die Hände von Patienten!). Nebenwirkungen sind Brennen und Rötung.
  • Alternativ: Dithranol/Salicylsäure: Dithranol/Salicylsäure-haltige Cremes, z.B. Warzensalbe InfectoPharm oder Warzensalbe als magistrale Rezeptur (NRF 11.31.), 1mal/Tag auf die betroffenen Areale (am besten über Nacht unter einem Schnellverband) auftragen. Bei periungualem Befall empfiehlt es sich auf den Nagel einen farblosen Nagellack aufzutragen; dieser verhindert Gelbfärbung des Nagels). Cave! Irreversible Gelbverfärbung von Wäsche und Sanitäranlagen bei Kontakt mit dem enthaltenen Dithranol
  • Alternativ: Cantharidin (z.B. Canthacur-PS = Kombinationspräparat mit Cantharidin, Podophyllin und Salicylsäure; nur über die internationale Apotheke erhältlich): Auftragen der Lösung, nach dem Antrocknen Verband mit topischen Glukokortikoiden unter Okklusion (Folie). Bildung einer schmerzhaften Blase, die in örtlicher Betäubung vorsichtig kürettiert wird. Bei periungualem Befall Nagel über der Warze wegschneiden.
  • Experimentell : Bleomycin: Bleomycin in 0,9% NaCl-Lsg. von 0,1-1,0 IE/ml verdünnen und intraläsional injizieren. Nur bei hartnäckigen Warzen anwenden. Cave! Vorsicht bei Anwendung an den Akren: Nicht bei Gefäßerkrankungen anwenden, da passagere Gefäßspasmen auftreten können.
  • Experimentell: Einmalige subläsionale Injektion von 4,5 MU Interferon alfa-2a

Physikalische Verfahren:

  • WIRA: Wassergefilterte Infrarottherapie: 3mal/Woche über mehrere Wochen in Kombination mit Abtragen des verhornten Anteils der Warze nach Anwendung keratolytischer Externa (z.B. Guttaplast).
  • Photodynamische Therapie (5-Aminolävulinsäure): Die in versch. Studien mitgeteilten Therapieergebnisse sind unterschiedlich. Die Therapie scheint effektiv zu sein. s.a.unter Photodynamische Therapie, Indikation

Interne Therapie

Immunmodulation steht im Vordergrund. Anwendung begleitend bei ausgedehnten Befunden und nach durchgeführter operativer Therapie oder bei Rezidiv-Verrucae oder zur Prophylaxe. Cave! U.U. kostenintensive Therapie!

  • InterferoneInterferon alfa-2a bei mehr als 2 Rezidiven (Roferon A), 3-10 Mio. IE/Tag 3mal/Woche s.c. über 6 Wochen. Interferon beta (z.B. Fiblaferon) intraläsional oder systemisch mit drei 14-tägigen Behandlungszyklen, in 4-wöchigen Abständen. 3mal/Woche 1-3 Mio. IE Interferon beta i.v., Gesamtdosis von max. 81 Mio. IE. (Bemerkung: Das Therapieprinzip hat sich nicht durchgesetzt und gilt als überholt). 
  • Acitretin: 10-25mg p.o./Tag. (Bemerkung: Das Therapieprinzip hat sich nicht durchgesetzt und gilt als überholt).  
  • Levamisol: In einer kontrollierten Doppel-Blindstudie ließ sich der Erfolg einer Behandlung mit Levamisol (z.B. Ergamisol) dokumentieren. Levamisol wurde über 5 Monate jeweils an 3 aufeinander folgenden Tagen alle 14 Tage in einer Dosierung von 5 mg/kg KG/Tag verabreicht.

Operative Therapie

Bewährt haben sich die sog. Rotationstherapien: Im Wechsel Kürettage, Vereisung, Laser, säurehaltige Tinkturen (Duofilm, Verrumal, Verrucid) und immunstimulierende Maßnahmen.

  • Kürettage: Entfernung des superfiziellen Anteils der Verrucae, möglichst ohne tiefere Verletzung des Papillarkörpers nach vorheriger stundenweise durchgeführten Keratolyse (s.u.). Tiefe Exzisionen sind heute aufgrund der hohen Rezidivrate von circa 80% obsolet. Prinzipiell ist eine Entfernung in mehreren Sitzungen ohne örtliche Betäubung bzw. mit Vereisung mit flüssiger Luft oder nach 4-6-stündiger Anwendung einer anästhesierenden Creme unter Okklusion (z.B. EMLA Creme) indiziert.
  • Keratolyse und/oder Kürettage (vulgäre Warzen): Aufweichen der Warze mit Salicylsäure-haltigen Pflastern (Guttaplast), fixieren über 24-48 Std., danach vorsichtiges Abtragen nach Vereisung mit Stickstoff-Spray, entweder mit dem scharfen Löffel oder der Ringkürette. Blutstillung durch Kauterisation (hat den positiven Nebeneffekt, auch die Viren in der Nachbarschaft zu inaktivieren), Betupfen mit Eisen III-Chlorid Lösung (10% Liqu. Ferrisesquichlorat) oder Policresulen-Lösung (Albothyl Lsg.). Anschließend Auftragen von Podophyllotoxin-Lösung (Condylox Lsg.), Milchsäure-, Essigsäure und/oder salicylsäurehaltigen Tinkturen (Verrucid), ggf. Ätzung mit Silbernitrat (Höllenstift).
  • Ablative Laser: Entfernung der Warzen mittels CO2- Neodym-YAG-Laser oder Erbium-Laser bei gleichzeitiger Blutstillung, ebenfalls Inaktivierung der Viren in der Nachbarschaft. Meta-Analysen (2149 Patienten)  zeigten für die Lasertypen unterschiedliche Ansprechraten: CO2-Laser (50-100%), Neodym-YAG-Laser (50-100%), Erbium-YAG-Laser ( 72-100%) (Nguyen 2016). 
  • Farbstoff-Lasers: In Studien erfolgreich zeigte sich  der Einsatz des gepulsten Farbstoff-Lasers nach Abtragen der Hornschicht Ansprechraten 47-100%).
  • Kryochirurgie: Kryochirurgische Entfernung mittels flüssigem Stickstoff (geschlossen mit einem Stempel oder offen als Sprayverfahren nach vorhergehender Abdeckung der Umgebung durch Moulage, besonders an den Fingern). Erzeugen einer subepidermalen Blase, die nach 7-14 Tagen eintrocknet und sekundär verheilt. Cave! Schmerzhaftigkeit.

Allgemeine Wundbehandlung:  bei größeren sekundär heilenden Defekten ist eine sorgfältige Wundbehanldung mit antibakteriellen Salben (z.B. Polyvidon-Jod- oder antibiotikahaltige Salben) und Fettgaze (z.B. Oleo-Tuell, Jelonet) durchzuführen. Alternativ zu Salben können austrocknende, desinfizierende Lösungen oder mit Lösung getränkte Kompressen angewendet werden, z.B. Methylrosaniliniumchlorid-Lösung (Gentianaviolett: ggf. Kompressen 3-stündlich mit Gentianaviolett anfeuchten). Weiterhin: Fußbäder mit Desinfizienzien wie Chinolinol (z.B. Chinosol 1:1000 oder  rp. 042 ) oder Polyvidon-Jod Lösung (z.B. Betaisodona Lösung,  rp. 203 ) zur Ablösung der Verbände ab dem 2.- 3. postoperativen Tag tgl. durchführen. Cave! Gutes Abtrocknen vor Anlage eines neuen Verbandes ist erforderlich.

Verlauf/Prognose

Stets sollte eine Aufklärung des Patienten, auch über die hohe Rezidivhäufigkeit, erfolgen. Auf folgende prognostisch ungünstige Faktoren sollte aufmerksam gemacht werden (n. Rübben):

  • Höheres Alter (>29 Jahren)
  • Lange Bestandsdauer > 2 Jahre
  • Multiple Warzen (> 5)
  • Große Warzen (> 2,0 cm)
  • Ausgeprägte Hornüberlagerungen der Warzen
  • Periunguale, palmare oder plantare Lokalisation
  • Akrozyanose bei akraler Lokalisation
  • Begleitende zelluläre oder humorale Immundefizienz
  • Beginn der Erkrankung während einer krankheitsbedingten oder iatrogenen Immunsuppression
  • Therapieresistenz bei bisherigen adäquat durchgeführten Behandlungen

Prophylaxe

Allgemeine Maßnahmen zur Milieusanierung: Gefäßtraining und Verbesserung der akralen Perfusion (bei Akrozyanose), Rauchverbot, roborierende Maßnahmen (z.B. Kneipp'sche Maßnahmen), Beseitigung einer Hyperhidrose und/oder bakterieller oder mykotischer Begleitinfektionen.

Naturheilkunde

Thujaextrakte (s.u. abendländischen Lebensbaum, s.u. Thuja summitates dem Extrakt aus den Spitzen des Lebensbaums): Mono- oder Kombinationstherapie für die interne und/oder externe Therapie (Thuja Lsg. und/oder Thuja Drg.). Thuja-Lösung mehrmals tgl. auf befallenes Areal pinseln bis zur Abheilung. Thuja Drg. beginnend mit 3mal/Tag 1 Drg. p.o. und langsame Steigerung bis auf 6 Drg./Tag bis zur Abheilung.

s.a. Chelidonii herbae, s.a. Tee, grüner, Podophyllii Rhizoma

s.a. Löwenzahn, gewöhnlicher

s.a.unter Sandelholz, Teebaumöl

Hinweis(e)

Differenzialdiagnostisch wichtig sind die mit bloßem Auge erkennbaren, regelmäßig stehenden, kaum stecknadelspitzgroßen, schwarzen Punkte, die insbes. beim Abtragen der oberen Epidermisschichten sichtbar werden. Sie dienen dem Erfahrenen als therapeutisches Kontrollsignal für noch existentes virales Gewebe.

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

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Zuletzt aktualisiert am: 16.10.2024