Synonym(e)
Definition
Seltene, nekrotisierende Systemvaskulitis mit vorwiegendem Befall der kleinen und mittelgroßen Gefäße. Es kommt zur Ausbildung nicht verkäsender Granulome im Bereich des Nasen-, Mund- und Rachenraumes sowie der Lungen. Eine Nierenbeteiligung wird in etwa 80% der Fälle gefunden .
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Vorkommen/Epidemiologie
Inzidenz: 0,5-3/100.000 Einwohner/Jahr. Prävalenz: 5/100.000 Einwohner/Jahr. Panethnisch, überwiegend bei hellhäutiger Bevölkerung.
Ätiopathogenese
Diskutiert wird eine granulomatöse Vaskulitis sowie Störungen der Leukozytenfunktion.
Autoimmunmechanismen: Hinweise auf Autoimmunerkrankung durch Nachweis von Antikörpern gegen zytoplasmatische Strukturen in neutrophilen Granulozyten und Monozyten (ANCAs) sind beschrieben.
Genetik: Die Assoziation mit HLA-B8 und HLA-DR2 weist auf die Bedeutung genetischer Faktoren hin.
Umweltfaktoren (Silikose): Bei diesem Personenkreis wurde ein mehr als 24-faches Risiko für eine systemische Sklerodermie und für ANCA+-Vaskulitiden festgestellt) (Makol A et al. 2011).
Pathogenese: Es wird diskutiert, dass es durch Zytokine (Interleukin-1, Tumor-Nekrose-Faktor alpha) im Rahmen eines Infektes zur Aktivierung von Endothelzellen und Granulozyten kommt, mit der Folge erhöhter Adhäsion von Entzündungszellen an Gefäßwandendothelien. Von Granulozyten und Monozyten synthetisierte und freigesetzte, gewebstoxische Mediatoren (Proteasen, reaktiver Sauerstoffspezies) führen dann zur nekrotisierenden Veränderung an den Gefäßen.
Die Rolle der ANCAs beim Aktivierungsprozess der Granulozyten ist noch nicht vollständig geklärt, es gibt aber Hinweise, dass die Antikörper zur Freisetzung von reaktiven Sauerstoffradikalen und Proteasen führen, wodurch eine nekrotisierende Vaskulitis entstehen könnte. Begleitend zur Vaskulitis kommt es zur Bildung der Granulome. Diskutiert wird eine molekulare Mimikry zwischen den ANCA-Zielantigenen und best. Adhäsionsproteinen von Bakterien.
Manifestation
In jedem Lebensalter möglich, meist 6. und 7. Lebensjahrzehnt; Männer sind tendenziell etwas häufiger betroffen.
Klinisches Bild
Klassische Trias aus HNO-Beteiligung, Lungenmanifestation u. Nierenbeteiligung!
- Initial meist Entwicklung von schmerzhaften oder schmerzlosen, oralen oder nasalen bzw. paranasalen Ulzera mit eitriger oder blutiger Sinusitis und Rhinitis (Carnevale C et al. 2019)
- Otitis media oder Mastoiditis
- Schlechter Allgemeinzustand mit Fieber, nicht selten auhc Arthralgein und Arthritiden.
- Beteiligung der Lungen mit Hämoptoe.
- Nierenbeteiligung in Form einer Immunkomplex-negativen, häufig nekrotisierenden, extrakapillär proliferativen Glomerulonephritis (Rapid Progressive Glomerulonephritis) mit dem klinischen Bild eines rasch progredienten Funktionsverlustes. Meist interstitielle Entzündungszeichen in der Niere nachweisbar.
- Mitbeteiligungen von Augen (klinisch: "Rotes Auge"- Episkleritis oder Skleritis), Speicheldrüsen, Pleura, Herz, Genitaltrakt, Milz, Gastrointestinaltrakt.
- Beteiligung der Haut (schmierig belegte Ulzerationen), paplpable Purpura, akrale Nekrosen, akneiforme Papeln, subkutane Knoten.
- Gelenkbefall (polyartikuläre Arthralgien) und Befall des zentralen Nervensystems sind in unterschiedlicher Häufigkeit beschrieben.
- Klinische Zeichen können neben Rhinitis, Otitis, Schwerhörigkeit, Anosmie, Kieferschmerzen (Gingivitis), Uveitis, Retinitis, Orchitis, Arthralgien auch neurologische Symptome wie z.B. Mononeuritis multiplex sein.
Mehrphasiger Verlauf (EUVAS-Definition):
- Lokalisiertes Stadium: Zunächst Monate bis Jahre dauerndes, laviertes lokalisiertes Stadium ohne oder mit milden Systemzeichen.
- Frühsystemisches Stadium: Jede Manifestation ohne Organ- oder Vitalbedrohung.
-
Generalisationsstadium: Renale Beteiligung oder andere organbedrohliches Manifestation. Meist unvermittelter Übergang in ein generalisiertes Stadium mit schweren Systemzeichen (s.o.).
- Haut- und Schleimhautveränderungen (in 40-50% der Fälle): Ulzeröse oder granulomatöse Veränderungen an Lippen, Zunge, Wangenschleimhaut, Gaumen, Rachen, ggf. Perforationen. Vesikulöse, papulonekrotische, auch urtikarielle, ulzerierende Hautveränderungen, vor allem über den Streckseiten großer Gelenke
- Schweres, vitalbedrohliches Generalisationsstadium mit Nierenversagen oder Versagen eines anderen Vitalorgans.
- Refraktäres Stadium: Progressive Erkrankung ohne Ansprechen auf Kortikosteroide oder Cyclophosphamid.
Bei den ca. 10% ANCA-negativen Fällen findet sich häufiger die lokalisierte Form der GPA sowie ein geringerer Nierenbefall als bei den PR3-ANCA- oder MPO-ANCA-positiven Patienten bei vergleichbarem rezdivfreien Gesamtüberleben (Puechal X et al. 2022) .
Labor
Leukozytose (10.000-20.000 Leukozyten/μl) (manchmal Eosinophilie in Blut und Gewebe) Thrombozytose, Anämie und Hypergammaglobulinämie in Bl
meist exzessive Erhöhung von BSG und C-reaktivem Protein
Nachweis zirkulierender Immunkomplexe
Nachweis von antineutrophilen zytoplasmatischen Antikörpern (in 90%) mit zytoplasmatischem Fluoreszenzmuster: c-ANCA; Anti-Protease 3 (PR3)-ANCA (am häufigsten positiv), MPO-ANCA (10-20%).
Bei Nierenbeteiligung häufig Nachweis von Antikörper gegen LAMP-2.
Histologie
Akzentuiert um postkapilläre Venolen und größere Gefäße in Haut und Subkutis |
Kapillaren ausgespart oder weniger stark beteiligt |
perivaskuläre Leukozytoklasie |
Schädigung von Endothelzellen |
Fibrin in/im Bereich von Gefäßwänden |
Perivaskuläre Extravasation von Erythrozyten |
Kein/leichtes Ödem in der papillären Dermis |
Kollagendegeneration mit basophilen nekrotischen Läsionen in variablem Ausmaß, umgeben von Palisadengranulomen |
Keine signifikante Anzahl von Eosinophilen |
Plasmazellen oder Fibrosklerose |
Reorganisation durch lymphozytäre Vaskulitis |
Indirekte Immunfluoreszenz
Diagnose
Diagnoseweisend ist mit hoher Sensitivität und Spezifität der Nachweis anti-neutrophiler zytoplasmatischer Antikörper (ANCA) im Serum gegen unterschiedliche Antigene, am häufigsten gegen die Serin-Protease-3-PR3 im ELISA. ANA-negativ. Gewinnung von Biopsien aus Haut oder Schleimhaut.
Zur Klassifikation sollten 2 von 4 Kriterien der ACR-Kriterien (1990) zutreffen:
- Entzündung von Nase und Mund mit Ulzera und purulenter Sekretion
- Knoten, Infiltrationen oder Kavernennachweis im Rö-Thorax
- Nephritisches Urinsediment (Erythrozyturie > 5 Erythrozyten/Gesichtsfeld oder Erythrozytenzylinder)
- Bioptisch nachgewiesene granulomatöse Entzündung in arteriellen Gefäßwänden oder perivaskulär.
Differentialdiagnose
Die Frage nach der Differenzialdiagnose stellt sich beim Vorliegen einer serologisch und histologisch gesciherten ANCA-assoziierten Vaskulitis, die ein Subgruppe der primären systemsichen Vaskulitiden nach der Chap Hill Consensus Conference darstellt. Folgende Erkrankungen kommen in Betracht:
- Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA - Vorliegen einer Bluteosinophilie + Asthma bronchiale)
- Mikroskopische Polyangiitis (MPA - keine granulomatösen Organinfiltrate)
Weiterhin:
Komplikation(en)
Interne Therapie
- Frühphase/granulomatöse Phase/abortive Form:
- Therapie mit Cotrimoxazol (z.B. Eusaprim forte): 2mal/Tag 160 mg/800 mg p.o.
- Akute Phase (Standardtherapie):
-
Cyclophosphamid (z.B. Endoxan) und Prednisolon (z.B. Decortin H) nach dem FAUCI Schema: Cyclophosphamid 2-(4) mg/kg KG/Tag und Prednisolon 0,5-1 mg/kg KG/Tag. Reduktion von Prednisolon innerhalb von 3-6 Monaten unter die Cushing-Schwelle (7,5 mg/Tag).
Nach Remission (cANCA-Titer) Bolustherapie mit 15-20 mg Cyclophosphamid/Tag alle 3-4 Wochen.
Cave! Magenschutz bei oraler Glukokortikoidgabe!
Blasenschutz bei Cyclophosphamidtherapie mit Uromitexan (z.B. Mesna), großzügige tägliche Trinkmenge (Bilanzierung!), Antikonzeption, langfristig Kontrollen der Harnblase, da Gefahr der Entwicklung eines Harnblasenkarzinoms besteht. - Alternativ:
- Ciclosporin A (Sandimmun): 7-10 mg/kg KG/Tag. Kontrolle der Nierenwerte und des Blutdrucks.
- Methotrexat (z.B. MTX - 15-25 mg/Woche i.m. meist in Kombination mit Glukokortikoiden. Cave! Regelmäßige Kreatinin- und Urin-pH Wert-Kontrollen.
- Rituximab+Glukokortikoiden
- Avacopan (C5aR-Inhibitor) +Glukokortikoide, kombiniert mit Rituximab oder Ciclosporin
-
Cyclophosphamid (z.B. Endoxan) und Prednisolon (z.B. Decortin H) nach dem FAUCI Schema: Cyclophosphamid 2-(4) mg/kg KG/Tag und Prednisolon 0,5-1 mg/kg KG/Tag. Reduktion von Prednisolon innerhalb von 3-6 Monaten unter die Cushing-Schwelle (7,5 mg/Tag).
- Chronische Phase:
- Azathioprin (z.B. Imurek) 100-150 mg/Tag p.o. in Kombination mit Glukokortikoiden wie Prednisolon (z.B. Decortin H) 1 mg/kg KG/Tag. Prednisolon im weiteren Verlauf unter die Cushing-Schwelle reduzieren. Azathioprin erst nach Remission schrittweise auf Erhaltungsdosis von z.B. 50 mg/Tag senken.
- Alternativ.
- Methotrexat (z.B. MTX) s.o. + Glukokortikoide
- Rituximab+Glukokortikoide
- Hoch-akuter Verlauf:
- Plasmapherese in Kombination mit der o.g. immunsuppressiven Therapie.
- Alternativ:
- Therapieversuche mit Applikation von hoch dosierten Immunglobulinen ( IVIG) mit 30 g/Tag über 5 Tage i.v. oder Infliximab zeigen bei therapierefraktären Patienten erfolgversprechende Ergebnisse.
Verlauf/Prognose
Unbehandelt zeigt die GPA eine Mortalität von 80% innerhalb von 2 Jahren. Rezidive bei 50-70% aller Patienten in einem Zeitraum von 10-15 Jahren.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
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