Wegener, Friedrich

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

This article in english

Biographische Angaben

7. April 1907 in Varel; † 9. Juli 1990 in Lübeck. 

Friedrich Wegener war der Sohn des Arztes und Chirurgen Friedrich Wegener, der am Krankenhaus St. Josefsstift in Varel praktizierte, und dessen Frau Thyra Cecilia (Thydén). Nach dem Abschluss der Gymnasialzeit in Wilhelmshaven und Jever (1926) studierte Wegener in München Humanmedizin bis zum Physikum. Danach wechselte er an die Universität Kiel. 1932 dort Staatsexamen. Anschließend bis zum Frühjahr 1933 arbeitete er als Medizinalpraktikant am örtlichen Institut für Pathologie.

Wegener trat bereits im September 1932, acht Monate vor der Machtergreifung Hitlers in die SA  ein. Nach der Machtergreifung Hitlers am 1. Mai 1933 trat er noch am selben Tag in die NSDAP ein.  Im diesem Jahr nahm er eine Assistentenstelle in der Pathologischen Abteilung der Universität Kiel an. Wegener war im NS-Ärztebund organisiert und wurde später Sanitätsobersturmbannführer der SA. Sein Lehrer und Mentor war Dr. Marin Staemmler, der enge Verbindungen zum Regime hatte und über Rassenhygiene publizierte. 1935 folgte er dann Martin Staemmler an die Universität Breslau. Er arbeitete dort bis zum Jahr 1939 als erster Assistent und leitete stellvertretend die Prosektur am Wenzel-Hanke-Krankenhaus und am Allerheiligenhospital. Später diente Wegener als Armeepathologe in Lodz, wo er am 19. September 1939, 18 Tage nach Beginn des deutschen Einmarsches in Polen, eintraf. Seine politische Rolle in seiner Zeit in Lodz ist nicht endgültig geklärt worden. Wegeners Name erschien zwar in einem Register des polnischen Innenministeriums für Kriegsverbrecher, aber er wurde nie angeklagt. Seine Akten waren nicht mehr auffindbar. Wegener erkrankte 1944 an Diphtherie und musste seine Arbeit für ein Jahr unterbrechen.  Danach übernahm er die Rolle des Feldchirurgen, bis er von den amerikanischen Streitkräften gefangen genommen wurde. Er verbrachte eine kurze Zeit als Kriegsgefangener, danach arbeitete er in der Landwirtschaft und nahm später seine Tätigkeit als Pathologe in Lübeck wieder auf.

Während der Zeit in Breslau entstand der erste Beitrag über die Beobachtung einer bislang unbekannten granulomatösen Erkrankung (Rhinitis, Nierenversagen, systemische Vaskulitis) bei drei Patienten, die seit den 1960er Jahren als Wegener’sche Granulomatose bezeichnet wird. Die Untersuchungsergebnisse wurden im September 1936 erstmals auf der 29. Tagung der Deutschen Pathologischen Gesellschaft in Breslau vorgestellt.1976 verlieh ihm die Medizinische Universität Lübeck die Ehrendoktorwürde. Er erhielt 1986 die Ehrenplakette der Mayo Clinic and Foundation, Rochester (USA), und 1987 eine Auszeichnung der Stadt Mailand (Ambrogino). Das American College of Chest Physicians (ACCP) verlieh Wegener 1989 einen "Master Clinician"-Preis. Nachdem seine Nazi-Vergangenheit im Jahr 2000 aufgedeckt wurde, zog das ACCP den Preis zurück und setzte sich für eine Umbenennung der Wegenerschen Granulomatose in ANCA-assoziierte granulomatöse Vaskulitis ein. In jüngerer Zeit schlugen mehrere Fachgesellschaften, darunter das American College of Rheumatology, die European League Against Rheumatism und die American Society of Nephrology, in einem Leitartikel aus dem Jahr 2011 den Namen "Granulomatose mit Polyangiitis" vor. Der neue Name für die Erkrankung wird nun in der wissenschaftlichen Literatur weitgehend übernommen .

Weitere Publikationen Wegeners betreffen das braune Lipom, pathologische Erscheinungen an den weiblichen Genitalorganen (bei Leukämien und bei Periarteriitis nodosa), die metastatisch-krebsige Leberzirrhose, die akute Fettleber in der Schwangerschaft, die artifizielle postmortale Fettembolie und das Problem der Hepatotoxizität von Coffein und Theophyllin.

 

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Woywodt A et al. (2006) Wegener's granulomatosis: probing the untold past of the man behind the eponym. Rheumatology 45: 1303-1306
  2. Woywodt A et al. (2006) Wegener's granulomatosis. In: The Lancet. 367, 2006, S. 1362–1366 doi:10.1016/S0140-6736(06)68583-8. PMID 16631915.
  3. Wegener F (1937) Über generalisierte, septische Gefäßerkrankungen. In: Verh. Dtsch. Pathol. Ges. 29: 202.
  4. Wegener F (1939) Über eine eigenartige rhinogene Granulomatose mit besonderer Beteiligung des Arteriensystems und der Nieren. Beitr Pathol Anat Allg Pathol 102: 36.
  5. Grzybowski A et al. Jens Martin Rohrbach: Sollten wir auf das Eponym "Wegener'sche Granulomatose" verzichten? Ein historischer Exkurs. Klinische Monatsblätter für Augenheilkunde 228: 641–643

Weiterführende Artikel (1)

Granulomatose mit Polyangiitis;