HIV-Infektion Z21; B20-B24

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

Co-Autoren: Dr. Nessr Abu Rached , Dr. med. Ibrahim Güler

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

This article in english

Synonym(e)

AIDS; HIV

Erstbeschreiber

Erste Fälle traten in Afrika und Haiti auf.

1983: Luc Montagnier gab dem Virus den Namen LAV (lymphadenopathia-associated virus). 

Robert Gallo benannte das Virus wenig später HTLV-3 ("human T-lymphotropic virus").

Definition

Durch das humane Immundefizienz-Virus (HIV 2 und HIV2 - s.u. Retroviridae) hervorgerufene, schwer verlaufende Infektionskrankheit, die durch einen zunehmenden Verlust der zellulären Abwehr, charakterisiert durch ein zunehmendes Auftreten opportunistischer Infektionen sowie bestimmter Tumoren, gekennzeichnet ist.

Erreger

HIV 1 und HIV 2 (alte Bezeichnungen HTLV III und LAV), humanpathogene Retroviren aus der Subfamilie der Lentiviren in der großen Familie der Retroviridae.

Sie infizieren Zellen, die den CD4-Rezeptor und Korezeptoren (z.B. CCR5, CXCR4) tragen, z.B. T-Helferzellen, Monozyten, Makrophagen, dendritische Zellen, Mikroglia.

Einteilung

  • Erwachsene:
    • Klinische Kategorien der HIV-Infektion bei Erwachsenen (s.u. Tab.).
    • Laborkategorien bei Erwachsenen:
      • Kategorie 1: CD4-Zellen/μl ≥ 500
      • Kategorie 2: CD4-Zellen/μl 200-499
      • Kategorie 3: CD4-Zellen/μl < 200.
    • CDC-Klassifikation von 1993, (s.u. Tab.): Die CDC-Klassifikation erlaubt wichtige prognostische Aussagen:
      • AIDS-Patienten werden in Stadium C eingestuft.
      • Alle Patienten mit > 500 CD4-Zellen/μl sowie asymptomatische Patienten mit > 200 CD4-Zellen/μl sind in Stadium A.
      • Ausnahmen: Patienten mit > 500 CD4-Zellen/μl und einem Kaposi-Sarkom, einem Non-Hodgkin-Lymphom oder einer Tuberkulose = Stadium C.
      • Alle anderen Patienten befinden sich in Stadium B.
  • Kinder:
    • Klinische Einteilung der HIV-Infektion bei Kindern (s.u. Tab.).
    • Immunologische Klasseneinteilung der HIV-Infektion bei Kindern (s.u. Tab.).

Vorkommen/Epidemiologie

Prävalenz (Deutschland, 2007): ca. 59 000 Menschen mit HIV/AIDS. Es waren ca. 9000 Menschen aus Hochprävalenzregionen (überwiegend Migranten aus Subsahara-Gebieten aus Afrika) betroffen.

Neuinfektionen (Deutschland; 2007): n = ca. 2750. Zudem wurden dem RKI ca. 1100 neue AIDS-Erkrankungen gemeldet.

Anstieg der HIV-Infektionen seit 2001 bei homosexuellen Männern in Deutschland (bedingt durch erhöhte Promiskuität, abgestumpftes Bewusstsein bzgl. unsafe sex, erleichterte sexuelle Kontakte durch das Internet).

Es besteht eine hohe Rate an Koinfektionen mit anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen (STI). Bis zu 60% der HIV-positiven Teilnehmer der KABASTI-Studie berichten über eine STI in den letzten 12 Monaten. Die Prävalenz von HSV-2 Antikörpern liegt bei 30-50%. Bis zu 95% aller HIV-infizierten haben eine Hepatitis B durchgemacht, etwa 10-15% haben eine chronische Hepatitis B. Ca. 15% sind HCV/HIV koinfiziert. Bis zu 80% der Infizierten in Deutschland sind TPHA-positiv, bis zu 15% der Syphilis-Infizierten haben eine HIV-Infektion.

Ätiopathogenese

HIV-Infektion durch Geschlechtsverkehr, Bluttransfusionen, kontaminierte Kanülen etc., Organtransplantationen, unter der Schwangerschaft (diaplazentar, perinatal, über Muttermilch), künstliche Befruchtung. Hier hat sich die sog. Dreier-Regel etabliert. Das Risiko sich bei einer Nadelstichverletzung mit HIV, Hepatitis-C und Hepatitis-B zu infizieren beträgt in aufsteigender Reihenfolge 0,3% (HIV), 3% (Hepatitis-C), 30% (Hepatitis-B).

Risikogruppen in Europa und USA: Homosexuelle, Konsumenten intravenöser Drogen, Prostituierte, vor 1986: Hämophile, Empfänger von Bluttransfusionen.

Hierarchie von Infektionswahrscheinlichkeiten für die HIV-Übertragung (Anordnung nach abnehmender Infektionswahrscheinlichkeit, höchste Wahrscheinlichkeit zuerst:

  • Gemeinsame Verwendung von Injektionsutensilien
  • Ungeschützter aufnehmender Analverkehr
  • Ungeschützter aufnehmender Vaginalverkehr
  • Ungeschützter eindringender Vaginalverkehr
  • Ungeschützter eindringender Analverkehr
  • Aufnehmender Oralverkehr (bei Aufnahme von Sperma).

Klinisches Bild

Akute HIV-Infektion (akutes Infektionsstadium): Bei ca. 30% der Patienten verläuft das Infektionsstadium asymptomatisch.

70% der Infizierten entwickeln durch Virämie nach 3-12 Wochen grippeähnliche Symptome wie Fieber, Kopfschmerzen, Erbrechen, Durchfall und Arthralgien. Lymphknotenschwellungen, morbilliforme oder makulopapulöse Exantheme und Pharyngitiden sind ebenfalls möglich (s.a. akutes retrovirales Syndrom). Nicht selten ähnelt das Krankheitsbild dem Verlauf einer infektiösen Mononukleose. Es kommt zu einem schnellen Anstieg und Abfall der HIV-RNA mit Disseminierung des HIV in das lymphatische Gewebe. In 10% der Fälle treten neurologische Komplikationen als klinische Erstmanifestation in Erscheinung (akute HIV-Meningoenzephalitis). Die CD4-Lymphozyten sinken für einige Wochen ab, während die CD8-Zellen zeitweise ansteigen. Die HIV-Serologie kann in dieser Phase negativ verlaufen!  

Klinisch asymptomatische HIV-Infektion (Latenzstadium): Die Zeitdauer dieses Stadiums schwankt zwischen einigen Wochen und mehreren Jahren, in denen keinerlei Beschwerden auftreten. In dieser Phase sind HIV-Antikörper nachweisbar. Unbehandelt kommt es zu einem langsamen Anstieg der HI-Viruslast. Klinisch können ein Lymphadenopathiesyndrom (LAS) und der AIDS-Related-Complex (ARC) auftreten. Dieses Stadium ist erreicht, wenn mindestens zwei vergrößerte extrainguinale Lymphknoten über die Dauer von 3 Monaten bestehen, oder wenn Fieberschübe unklarer Genese länger als 4 Wochen anhalten, oder wenn therapierefraktäre Durchfälle ohne Erregernachweis beobachtet werden. Ebenso können Candidose der Mundschleimhaut (Mundsoor), orale Haarleukoplakie, bakterielle Infektionen (z.B. Streptococcus pneumoniae, Salmonellen), Zoster oder schwere Herpes-simplex-Virus-Erkrankungen auftreten.

AIDS-Stadium: Unbehandelt wird das AIDS-Stadium nach 1-15 Jahren erreicht. Aufgrund des zunehmenden Verlustes der zellulären Immunkompetenz Auftreten von Wasting, multiplen opportunistischen Infektionen (z.B. Pneumocystis carinii Pneumonie, Toxoplasmose, Zytomegalieinfektionen, atypischen Mycobakteriosen oder Tuberkulose), Tumoren oder progressiver multifokaler Leukenzephalopathie (Jacob-Creutzfeld-Virus). 30-60% aller HIV-Infizierten entwickeln neurologische Komplikationen.

Bei den Neoplasien handelt es sich um BasalzellkarzinomePlattenepithelkarzinome, Zervix-CA, anale intraepitheliale NeoplasienAnalkarzinomeKaposi-Sarkom und NHL-Lymphome. In den letzten Jahren waren die HIV-typischen Malignome wie das Kaposi-Sarkom rückläufig; hingegen war die Inzidenz der nicht-HIV-assoziierten Hautkrebserkrankungen ansteigend (höheres Lebensalter unter HAART, damit höhere Relevanz der üblichen Risikofaktoren).

Häufig werden Condylomata acuminata diagnostiziert. Bei 90% der Fälle bestehen latente HPV-Infektionen.

 Merke! Bei behandelten Patienten sind aufgrund von HAART und multiplen Prophylaxemaßnahmen die zeitlichen Verläufe bis zum Erreichen des AIDS-Stadiums bzw. die Dauer des AIDS-Stadiums oft stark protrahiert bzw. das Fortschreiten der Erkrankung stark verlangsamt.

Diagnose

Nachweis der Infektion: Antikörper-Nachweis (anti p24, anti gp 120/160) in ELISA und Western-Blot. Serokonversion meist 2-6 Wochen nach Infektion, aber auch nach Monaten möglich. Antigen-Nachweis mit Polymerasekettenreaktion (HIV-spez. DNA) bereits nach ca. 7 Tagen möglich. P24 im Serum (Kernprotein).

Nachweis der zellulären Immundefizienz: Wichtigstes Kriterium ist die Verminderung der CD4-Zellzahl unter 500/μl. Außerdem: Absinken des CD4/CD8-Quotienten unter 1,2 und der Gesamtlymphozytenzahl.

Immunologische Zusatzdiagnostik (Verlaufsparameter, die mit der Erkrankungsaktivität korrelieren): Zirkulierende Immunkomplexe, CRP, beta-2-Mikroglobulin, Neopterin, Gamma-Globuline, Lymphokine, Interferon gamma, Interleukin-2-Rezeptoren.

Differentialdiagnose

Seit 2004 wurden einige durch opportunistische Erreger verursachte Infektionskrankheiten bei Erwachsenen ohne Immunschwäche festgestellt. Sie waren nicht mit HIV infiziert, zeigten aber, ähnlich wie bei AIDS, klinische Manifestationen aufgrund einer extrem niedrigen Immunität. Hierfür wurde der Begriff "adult-onset immunodeficiency syndrome" (Immunschwächesyndrom bei Erwachsenen) vorgeschlagen, um diese neue Art von Krankheit zu beschreiben, da die Hauptpatientengruppe aus Erwachsenen besteht. Bis heute wurden einige wenige Studien zu AOID durchgeführt und veröffentlicht. Die kumulativen Berichte bestätigten die entscheidende Rolle von Anti-IFN-γ-Autoantikörpern bei der Pathogenese von AOID (Chen LF et al. 2021).

Therapie

  • S.a.u. HAART. S.a.u. HIV-Infektion, Postexpositionsprophylaxe.
  • Aufgrund neuerer Studienergebnisse ist die Therapie der HIV-Infektion in den letzten Jahren grundsätzlich überdacht worden. Während früher mit der Therapie erst bei symptomatischen HIV-Patienten bzw. bei Patienten mit < 500 CD4-Zellen/μl oder später begonnen wurde, wird heute die Indikation zur Therapie nicht mehr in Abhängigkeit von der CD4-Zellzahl/μl oder dem Auftreten HIV-assoziierter Erkrankungen allein, sondern v.a. in Abhängigkeit von der Virusbelastung (HIV-RNA Kopien/ml) und vom Verlauf der CD4-Zellen im Blut gestellt, da man weiß, dass Patienten mit hoher Viruslast wesentlich schneller an AIDS erkranken.
  • Für die Therapie stehen mittlerweile mehr als 20 Präparate und Präparatekombinationen zur Verfügung, weitere befinden sich in klinischen Zulassungsstudien. Ziel der Therapie muss es sein, die Viruslast um mind. 2 log10-Stufen zu senken bzw. sie unter die Nachweisgrenze zu bringen (Kontrolle der Virusbelastung vor Therapieeinleitung, nach 4 Wochen sowie anschließend in jeweils 1-3-monatigen Abständen). Begonnen wird i.d.R. mit einer antiretroviralen Kombinationstherapie. Ein zusätzliches Problem stellen mögliche Resistenzentwicklungen der reversen Transkriptase bzw. der viralen Protease dar, die zu einer Unwirksamkeit einzelner Präparate in der Therapie führen können. Aus o.g. Gründen ergibt sich die Indikation zur regelmäßigen Bestimmung der Viruslast (z.B. initial für 3 Monate 4-wöchentlich, danach 3-monatlich). Bei Verdacht auf Therapieversagen sollte vor dem Umsetzen der Therapie eine genotypische ("Genotyping") und ggf. auch eine phänotypische ("Phenotyping") Resistenztestung durchgeführt werden. Mit dem Auftreten von Resistenzen ist bei den verschiedenen Substanzen zu unterschiedlichen Zeitpunkten zu rechnen: Beim erneuten Anstieg der Viruslast sollte die antiretrovirale Therapie unter Berücksichtigung der Resistenzlage umgestellt werden.
  • Neben der adäquaten antiretroviralen Therapie spielt bei fortgeschrittenem Immundefekt die Primär-Prophylaxe gegen opportunistische Infektionen eine wichtige Rolle.
  • Die Wirksamkeit der Therapie ist maßgeblich von der Compliance des Patienten abhängig. Diskutiert wird weiterhin, ob eine einmalige Gabe der antiretroviralen Therapie der mehrfachen Gabe überlegen ist. Aufgrund der geringen Fallzahlen ist die Datenlage jedoch nicht eindeutig. Es bedarf weiterer Studien, um diesen Sachverhalt zu klären.
  • Behandlung HIV-diskordanter Paare mit Kinderwunsch: Die Beratung und Betreuung HIV-diskordanter Paare mit Kinderwunsch ist eine interdisziplinäre Aufgabe auf der Basis einer umfassenden Diagnostik. Bei HIV-Infektion des (Ehe-) Mannes kann durch Verfahren der assistierten Reproduktion der Kinderwunsch mit allenfalls hypothetischem Restrisiko einer Infektion für die gesunde Partnerin realisiert werden. Ist die Frau HIV-infiziert, sollte das fertile Paar über die Möglichkeiten der Selbstinsemination unterrichtet werden. Über eine aktive reproduktionsmedizinische Therapie kann angesichts des heutigen Kenntnisstandes, insbesondere wegen des Risikos der materno-fetalen Transmission und der angesprochenen haftungsrechtlichen Überlegungen, nur im Einzelfall entschieden werden. Selbstverständlich müssen diese Einschätzungen an künftige Entwicklungen angepasst werden.

Tabellen

Die klinischen Kategorien der HIV-Infektion bei Erwachsenen

Kategorie A

(asymptomatisches Infektionsstadium)

Asymptomatische HIV-Infektion

persistierende generalisierte Lymphadenopathie (LAS)

akute, symptomatische (primäre) HIV-Infektion (auch in der Anamnese)

Kategorie B

(symptomatische Pat.

ohne AIDS)

bazilläre Angiomatose

oropharyngeale Candida-Infektionen

vulvovaginale Candida-Infektionen

zervikale Dysplasien oder Carcinoma in situ

konstitutionelle Symptome (Fieber > 38,5 °C, Diarrhoe > 4 Wochen)

orale Haarleukoplakie

Herpes zoster mit Befall mehrerer Dermatome oder nach Rezidiven in einem Dermatom

idiopathische thrombozytopenische Purpura

Listeriose

Entzündungen des kleinen Beckens, besonders bei Komplikationen eines Tuben- oder Ovarialabszesses

periphere Neuropathie

Kategorie C

(symptomatische Pat.

mit AIDS)

Pneumocystis carinii-Pneumonie

Toxoplasma-Enzephalitis

ösophageale Candida-Infektion oder Befall von Bronchien, Trachea oder Lungen

chronische Herpes simplex-Ulzera oder -Bronchitis, -Pneumonie, -Ösophagitis

CMV-Retinitis

generalisierte CMV-Infektion (nicht von Leber oder Milz)

rezidivierende Salmonellen-Septikämien

rezidivierende Pneumonien innerhalb eines Jahres

extrapulmonale Kryptokokkeninfektionen

chronische intestinale Kryptosporidieninfektion

chronische intestinale Infektion mit Isospora belli

disseminierte oder extrapulmonale Histoplasmose

Tuberkulose

MAI-Infektionen

Kaposi-Sarkom

maligne Lymphome (Burkitt, immunoblastisch, primäres zerebrales Lymphom)

invasives Zervix-Karzinom

HIV-Enzephalopathie

progressive multifokale Leukenzephalopathie

Wasting-Syndrom

 

 

CDC-Klassifikation der HIV-Infektion für Erwachsene (CDC, 1993)

 

CD4-Zellen/μl

Klinische Kategorie

 

A (asymptomatisch)

B (Symptome, kein AIDS)

C (Symptome, AIDS)

≥ 500

A1

B1

C1

200-499

A2

B2

C2

< 200

A3

B3

C3

 

 

Klinische Einteilung der HIV-Infektion bei Kindern

 

Leichte Symptome

Lymphadenopathie, Hepatomegalie, Splenomegalie

Dermatitis

Parotitis

rez. Infektionen der oberen Luftwege, incl. Otitis media

Mittelschwere Symptome

Lymphozytäre interstitielle Pneumonitis (LIP)

Wachstumsstillstand

rez. oder persistierende Sinusitis

hämatologische Störungen (Anämie, Neutropenie, Thrombopenie)

Kardiomyopathie

Hepatitis

Nephropathie

Schwere Symptome

gehäuft oder rez. schwere bakterielle Infektionen

rez. oder chron. Diarrhoe

Bronchiektasien

persistierendes Fieber unklarer Genese

opportunistische Infektionen

rez. oder persistierende orale, ösophageale oder pulmonale Candidose

rez. oder persistierende Herpes simplex (HSV)-Stomatitis

multidermatodermaler oder disseminierter Herpes zoster (VZV)

Infektionen mit Mycobacterium tuberculosis (extrapulmonal oder disseminiert)

disseminierte Infektionen mit anderen Mykobakterien

progressive multifokale Leukenzephalopathie

opportunistische Infektionen mit Beginn nach dem 1. Lebensmonat

Pneumocystis carinii-Pneumonie

Zytomegalie (CMV)-Infektionen

Toxoplasmose

HSV-Bronchitis, -Pneumonitis oder Ösophagitis

Tumorerkrankungen

primäres ZNS-Lymphom

andere Non-Hodgkin-Lymphome

Leiomyosarkom

Kaposi-Sarkom

Enzephalopathie mit deutlichem Entwicklungsrückstand

Entwicklungsstillstand

eingeschränktes Kopfumfangswachstum

Hirnatrophie

erworbene symmetrische Bewegungsstörung (Paresen, Ataxie, pathologische Reflexe, Gangstörung)

"Wasting-Syndrom", d.h. ohne konkurrierende Erkrankung, die als Erklärung für einen persistierenden Gewichtsverlust ausreicht

 

 

Immunologische Stadieneinteilung der HIV-Infektion bei Kindern (CDC, 1994)

 

 

Alter < 12 Monate

Alter 1-5 Jahre

Alter 6-12 Jahre

Immunologische Klasse

CD4-Zellen/μl (%)

CD4-Zellen/μl (%)

CD4-Zellen/μl (%)

1 = keine bis geringe Immunsuppression

≥ 1500 (≥ 25)

≥ 1000 (≥ 25)

≥ 500 (≥ 25)

2 = mäßige Immunsuppression

750-1499 (15-24)

500-999 (15-24)

200-499 (15-24)

3 = schwere Immunsuppression

< 750 (< 15)

< 500 (< 15)

< 200 (< 15)

 

 

Dermatologische Manifestationen der HIV-Infektion

 

Erreger

Erkrankung / Manifestation

Pilzinfektionen

Candida spp.

orale Candidose, Candidavulvovaginitis, Candidabalanitis

Pityrosporon ovale

Pityriasis versicolor, Pityrosporon-Follikulitis

Dermatophyten

Tinea corporis und Tinea profunda, Onychomykose

Cryptococcus neoformans

kutane Kryptokokkose

Histoplasma capsulatum

kutane Histoplasmose

Aspergillus fumigatus

kutane Aspergillose

Bakterielle Infektionen

Staphylokokken

großblasige Impetigo contagiosa, varioliforme Pyodermie, Follikulitiden, Furunkulose

Streptokokken

Erysipel, Ekthymata

Bartonella spp.

bazilläre Angiomatose

Mycobacterium tuberculosis

Tuberculosis cutis luposa

M. avium intracellulare

kutane atypische Mykobakteriose

Treponema pallidum

Syphilis

Virale Infektionen

Herpes simplex-Virus

rez. Herpes labialis oder genitalis, ulzerierender Herpes genitalis, Herpes simplex generalisatus

Varicella zoster-Virus

Varizellen, Herpes zoster über mehrere Dermatome, Herpes zoster generalisatus

Epstein-Barr-Virus

orale Haarleukoplakie

Poxvirus mollusci

Mollusca contagiosa

Zytomegalievirus

v.a. perianale Ulzera (s.u. Zytomegalie)

humane Papillomviren

Condylomata acuminata, AIN, PIN, VIN, KIN, Verrucae vulgares

Infektionen durch Protozoen

Toxoplasma gondii

kutane Toxoplasmose

Befall durch Milben

Sarcoptes scabiei

Skabies

Demodex folliculorum

Demodex-Follikulitis

Tumoren

Humanes Herpes-Virus 8

Kaposi-Sarkom

Sonstige

 

seborrhoisches Ekzem

Exsikkationsekzem

habituelle Aphthen

Hypersensitivitässyndrom nach Carbamazepin

Purpura bei Autoimmunthrombozytopenie

sterile eosinophile Pustulose

Psoriasis vulgaris

Zidovudin-assoziierte Melanoonychien und kutane Hyperpigmentierungen

Arzneiexantheme bis hin zum Lyell-Syndrom, v.a. unter HAART, Cotrimoxazol, und Penicillintherapie

 

 

Mediane Überlebenszeit von HIV-Patienten mit < 500 CD4-Zellen/μl in Abhängigkeit von der Viruslast

 

HIV-RNA [Kopien/ml]

Mediane Zeit bis AIDS [Jahre]

< 500

> 10

500-3.000

> 10

3.000-10.000

8,3

10.000-30.000

5,5

> 30.000

2,8

 

 

Primär-Prophylaxe gegen opportunistische Infektionen

 

Opportunistische Infektion

Indikation/ Absetzen der Primärprophylaxe

Substanz

Dosierung

Präparat

Pneumocystis carinii-Pneumonie

 

Indiziert bei bei < 200 CD4-Zellen/µl

Cotrimoxazol

960 mg 3mal/Woche p.o.

Eusaprim forte, Cotrim forte

Alternativ:

Dapson

2mal/Woche 100 mg p.o.

Dapson-Fatol

Absetzen bei anhaltendem Anstieg > 200 CD4-Zellen/µl (für 3-6 Monate) unter antiretroviraler Therapie

Alternativ:

Pentamidin

1mal 300 mg/Monat per inhalationem (z.B. mit Respigard II oder Fisoneb Zerstäuber)

Pentacarinat

 

Zerebrale Toxoplasmose

Indiziert bei < 150 CD4-Zellen/µl

Cotrimoxazol

960 mg 3mal/Woche p.o.

Eusaprim forte

Alternativ: Kombination Dapson + Pyrimethamin

Dapson

200 mg/Woche

Dapson-Fatol

Absetzen bei anhaltendem Anstieg > 200 CD4-Zellen/µl (für 3-6 Monate) unter antiretroviraler Therapie

in Kombination mit

Pyrimethamin

75 mg/Woche

Daraprim

 

Atypische Mykobakteriose

Bei CD4-Zellen < 50 erwägen

Azithromycin

1mal 1200 mg/Woche

Ultreon

 

Alternativ:

Clarithromycin

2mal/Tag 500 mg

Mavid

Absetzen bei anhaltendem Anstieg > 100 CD4-Zellen/µl (für 3 Monate) unter antiretroviraler Therapie

 

 

 

 

 

Faktoren die bei Infizierten (I) oder Exponierten (E) das Übertragungsrisiko erhöhen können

Faktor, um den das Übertragungsrisiko steigt

 

Vorliegen einer bakterieller Geschlechtskrankheit (I/E) (z.B. Gonorrhoe, Lues, Trichomonaden, Chlamydien)

2-5

Genitaler Herpes simplex (I/E)

5-10

Intakte Vorhaut im Vergleich zu besxchnittenen Männern bei insertivem vaginalem (analem?) Geschlechtsverkehr

2-3

Hohe Plasma-Viruslast (I) (Referenzwert: Viruslast > 2500 Kopien/ml)

10- > 30

Frische HIV-Infektion (I), Serokonversionssyndrom

10-100

Erstmalige Exposition gegenüber HIV (E)

nicht bekannt

Vaginalverkehr während der Regelblutung (I/E)

nicht bekannt

 

 

 

 

Art des Kontaktes/ -Partners

Infektionswahrscheinlichkeit/Kontakt

Ungeschützter rezeptiver Analverkehr mit bekannt HIV-positivem Partner

ca. 0,82%

Ungeschützter rezeptiver Analverkehr mit Partner von unbekanntem HIV-Serostatus

ca. 0,27%

Ungeschützter insertiver Analverkehr mit Partner von unbekanntem HIV-Serostatus

ca. 0,06%

Ungeschützter rezeptiver Vaginalverkehr

ca. 0,1%

Ungeschützter insertiver Vaginalverkehr

ca. 0,03–5,6% (je nach Quelle)

Oraler Sex

keine Wahrscheinlichkeit bekannt, jedoch sind Einzelfälle, insbesondere bei Aufnahme von Sperma in den Mund beschrieben.

 

 

 

 

Art der HIV-Exposition

Expositionsrisiko in Relation zum mittleren Risiko einer HIV-Übertragung

Sehr tiefe Stich- oder Schnittverletzungen

16:1

Sichtbare, frische Blutspuren auf dem verletzenden Instrument

5:1

Verletzende Kanüle oder Nadel war zuvor in einer Vene oder Arterie platziert

5:1

Indexperson hat hohe Viruslast (akute HIV-Infektion, AIDS ohne ART)

6:1

Exposition von Schleimhaut

1:10

Exposition von entzündlich veränderten Hautpartien

1:10

 

Hinweis(e)

In den letzten Jahren ist die Lebenserwartung HIV-infizierter Patienten deutlich gestiegen. Trotz allen Fortschrittes gewinnen Begleiterkrankungen an Bedeutung und zehren einen Teil der Zunahme an Lebensjahren und -qualität wieder auf. Bei Verfügbarkeit von antiretroviraler Therapie machen nicht-AIDS-assoziierte Ereignisse in den USA mittlerweile 42% aller Todesfälle aus, wobei an erster Stelle kardiovaskuläre Erkrankungen, gefolgt von Leber- und Lungenerkrankungen noch vor den Tumoren stehen. Nach einer Umfrage an HIV-spezialisierten Krankenhäusern in Frankreich waren bereits 2000 (4 Jahre nach Einführung der hochaktiven antiretroviralen Therapie) 28% aller Todesfälle auf Tumorerkrankungen zurückzuführen, davon waren 45% nicht-AIDS-definierend. Neben Lymphomen, Kaposi-Sarkomen und Zervixkarzinomen traten vor allem Bronchialkarzinome, hepatozelluläre Karzinome und Analkarzinome auf.

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Carpenter CC et al. (1996) Consensus statement: Antiretroviral therapy for HIV infection in 1996: Recommendations of an International Panel. JAMA 276: 146-154
  2. Chinen J, Shearer WT (2002) Molecular virology and immunology of HIV infection. J Allergy Clin Immunol 110: 189-198
  3. Crum-Cianflone N et al. (2009) Cutaneous malignancies among HIV-infected persons. Arch Intern Med169:1130-1138
  4. Furrer H et al. (2003) Challenges in HIV long-term care. Dtsch Med Wochenschr 128: 1064-1069
  5. Gerberding JL (2003) Clinical practice. Occupational exposure to HIV in health care settings. N Engl J Med 348: 826-833
  6. Hamers FF et al. (2003) HIV in central and eastern Europe. Lancet 361: 1035-1044
  7. Harrington M, Carpenter CC (2000) Hit HIV-1 hard, but only when necessary. Lancet 355: 2147-2152
  8. Jacobsen H et al. (1996) In Vivo Resistance to a Human Immunodeficiency Virus Type 1 Proteinase Inhibitor: Mutations, Kinetics, and Frequencies. JID 173: 1379-1387
  9. Johnson BT et al. (2003) Interventions to reduce sexual risk for the human immunodeficiency virus in adolescents, 1985-2000: a research synthesis. Arch Pediatr Adolesc Med 157: 381-388
  10. Marcus U et al. (2006) HIV incidence increasing in MSM in Germany: factors influencing infection dynamics. Euro Surveill 11: 157-160
  11. Mellors JW et al. (1996) Prognosis in HIV-1 infection Predicted by the Quantity of Virus in Plasma. Science 272: 1167-1170
  12. Minkoff H (2003) Human immunodeficiency virus infection in pregnancy. Obstet Gynecol 101: 797-810
  13. Paech V, Lorenzen T, Stoehr A, Plettenberg A (2002) Radata - implementation of resistance analysis and expert advice for optimized HAART switches in general practice of HIV-infected individuals via a compiling internet presence. Eur J Med Res 7: 323-329
  14. Potthoff A et al. (2005) Syphilis and HIV infection. Characteristic features of diagnosis, clinical assessment, and treatment. Hautarzt 56: 133-140
  15. Pulido F et al. (2005) Once-daily antiretroviral therapy: Spanish Consensus Statement. J Antimicrob Chemother. 56: 808-818
  16. Richman DD (1996) HIV therapeutics. Science 272: 1886-1888
  17. Tashima KT (2003) Fusion inhibition--a major but costly step forward in the treatment of HIV-1. N Engl J Med 348: 2249-2250
  18. Watts DH (2002) Management of human immunodeficiency virus infection in pregnancy. N Engl J Med 346: 1879-1891
  19. Weigel MM et al. (2001) Diagnostics and treatment of HIV-discordant couples who wish to have children. Eur J Med Res 6: 317-321
  20. Weigel MM et al. (2003) Deutsch-Österreichische Leitlinien zur Diagnostik und Behandlung HIV-diskordanter Paare mit Kinderwunsch. Dtsch Med Wochenschr 128: S32-34

Disclaimer

Bitte fragen Sie Ihren betreuenden Arzt, um eine endgültige und belastbare Diagnose zu erhalten. Diese Webseite kann Ihnen nur einen Anhaltspunkt liefern.

Abschnitt hinzufügen

Autoren

Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024