Haarleukoplakie orale K13.3

Greenspan et al., 1984h

Im Rahmen der HIV-Infektion beschriebene, klinisch charakteristische weißliche Veränderungen der Zungenschleimhaut. Das Krankheitsbild kann jedoch auch bei Non-HIV-Patienten beoachtet werden. 

• Bei ca. 18% der HIV-Infizierten und 36% der AIDS-Patienten.
• Auch bei Nieren- oder Knochenmarktransplantierten unter Immunsuppression
• Gehäuft bei Patienten die langzeitig Steroid-Inhaler wegen pulmonaler Probleme nehmen
• Pat. mit Autoimmunerkrankungen die langzeitig unter immunsupressiver Therapie stehen (Koinzidenz mit Candia-Infektionen)

Infektion mit EBV-Viren.

Zunge

Mehrere Millimeter dicke, weiße, meist asymptomatische, nicht abwischbare mattenartige Auflagerungen am seitlichen Zungenrand und der Zungenunterfläche.

Hyperparakeratose mit haarähnlichen Projektionen an der Oberfläche. Große, ballonierte Zellen mit pyknotischen Kernen. Fehlende dermale entzündliche Reaktion. Elektronenmikroskopischer und immunhistochemischer Nachweis von Epstein-Barr-Virus in den Läsionen.

Orale Leukoplakie; Lichen planus; Candidose; Exfoliatio areata linguae; Pseudohaarleukoplakie.

Ggf. Abbürsten und Vit. C (z.B. Cebion) Tbl. 400-1000 mg/Tag, Tbl. auf der Zunge zergehen lassen. Bei starkem Leidensdruck ist eine Therapie mit Aciclovir (z.B. Zovirax) 5mal/Tag 400 mg p.o. möglich. Hierunter rasante Rückbildung der Haarleukoplakie, nach Absetzen jedoch häufig schnelles Rezidiv. Alternativ Valaciclovir (Valtrex) 3mal/Tag 1 g p.o. (Off-Label-Use; laut Studien gut wirksam, geringeres Rezididivrisiko als unter Aciclovir).

Abhängig von der Grunderkrankung; 80% der Patienten entwickeln innerhalb von 1–2 Jahren nach Auftreten der oralen Haarleukoplakie das Vollbild AIDS.

Kasuistik (Bogner R (2024 HIV | MMW Blickdiagnose)
Ein 57-Jähriger mit einer Salmonelleninfektion der Harnwege klagte über einen Gewichtsverlust von 8 kg und einen faden Geschmack im Mund. Ein daraufhin durchgeführter HIV-Test war positiv. Ein Blick auf die Zunge zeigte folgenden Befund:

Ein flächiger teppichartiger weißlicher Belag in dem massenhaft Candida-Spezies nachweisbar waren. Ein eher anauffälliger, aber wichtiger Befund zeigte sich in kleineren, festen Papeln und Plaques am Zungenrand (S- Abb. mit gelbem Pfeil).

Die Diagnose lautete: orale Haarleukoplakie bei fortgeschrittener HIV-Infektion.

Der Zungenbefund war Anlass für den sofortigen Beginn einer antiretroviralen Kombinationstherapie mit Dolutegravir und Lamivudin sowie einer Therapie mit Fluconazol - noch vor Eintreffen der ersten Laborergebnisse. Schon nach einer Woche kam es zu einer Normalisierung des Geschmackssinns.

Das Labor bestätigte den Verdacht einer bereits fortgeschrittenen HIV-Infektion: Die CD4-Zellzahl lag bei nur 33/µl (10% aller peripheren Lymphozyten), die HIV-Quantifizierung ergab 1,16 Millionen RNA-Kopien pro ml.

1. Bogner R (2024) HIV | Blickdiagnose -Typisches Zeichen für AIDS an der Zunge. MMW - Fortschritte der Medizin | Sonderheft 2/2024

2. Chambers AE et al. (2014) Twenty-first-century oral hairy leukoplakia--a non-HIV-associated entity. Oral Surg Oral Med Oral Pathol Oral Radiol 119:326-332

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