Dyskeratosis follicularis Q82.8

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Darier disease; Darier-Krankheit; Darier M.; Dyskeratosis follicularis vegetans; Keratosis vegetans; M.Darier; Morbus Darier; Morbus Darier-White; OMIM:124200; Porospermosis cutanea; Porospermosis follicularis vegetans

Erstbeschreiber

Darier, 1889; White, 1889

Definition

Seltene, genetisch determinierte, chronisch progredient oder chronisch rezidivierend verlaufende, diffuse oder lokalisierte, auch segmental oder als kutanes Mosaik in Blaschko-Linien auftretende Haut- und Schleimhauterkrankung mit akantholytisch gestörter Keratinisierung. Die Hautveränderungen treten insbes. in seborrhoischen Arealen auf. Häufig werden Nageldeformitäten beobachtet.

Vorkommen/Epidemiologie

Familiäre Häufungen. Prävalenz (Dänemark): 1/50.000-100.000 Einwohner; 1/36.000 (England). Inzidenz: 4/1 Million Einwohner/10 Jahre. Die Expression des Krankheitsbildes ist in Darier-Familien sehr unterschiedlich.

Ätiopathogenese

Autosomal-dominant vererbte Mutationen des ATP2A2-Gens, das auf dem Chromosom 12q23-24 lokalisiert ist. Das ATP2A2-Gen kodiert die Kalzium-pumpende ATPase (auch bekannt als SERCA2 = sarco(endo)plasmic reticulum Ca2+-ATPase 2) im sarco- und endoplasmatischen Retikulum. Mutationen des Gens führen zu fehlerhafter Enzymbildung und sekundär zur inadäquaten Auffüllung der Kalzium-Speicher des endoplasmatischen Retikulums. Hieraus resultiert die Expression veränderter, Kalzium-abhängiger Adhäsionsmoleküle (desmosomale Cadherine). Diese Proteine sind für Adhäsionsprozesse epithelialer Zellen notwendig. Ihre gestörte biologische Funktion führt zum Verlust der Adhäsion, zur Akantholyse und zur Apoptose der Keratinozyten.

Manifestation

Meist bei Kindern, gehäuft peripubertär auftretend. Bei etwa 70% der Patienten beginnt die Erkrankung zwischen dem 6. und 20. Lebensjahr mit einem Erkrankungsgipfel während der Pubertät. Sie verläuft typischerweise in Schüben mit Phasen weitgehender Erscheinungsarmut. Vollständige Remissionen sind selten.

Lokalisation

Vor allem seborrhoische Zonen des Gesichtes und des Stammes, des behaarten Kopfes, der Anogenitalregion, der Palmae, Plantae und Nägel. Schleimhautläsionen (in erster Linie am harten Gaumen) werden bei etwa 15% der Pat. gefunden. Vereinzelt in belichteten Arealen verstärkt auftretend!

Selten entlang der Blaschko-Linien angeordnet (im anglo-amerikanischen Schrifttum als "segmental Darier`s disease" bezeichnet). Hierbei ist der genetische Zusammenhang mit dem gewöhnlichen diffusen Phänotyp nachgewiesen worden. 

Klinisches Bild

  • Zunächst glasstecknadelkopfgroße, isoliert stehende, rötliche bis bräunliche, meist nicht follikuläre Papeln (Namensgebung fehlerhaft). Braune, fest haftende Keratosen konfluieren zu beetartigen, verrukösen oder auch mazerierten Flächen. Die betroffenen Areale weisen einen schmutzig-bräunlichen Aspekt auf; meist unangenehmer Körpergeruch. Die Patienten erscheinen ungepflegt. Gelegentlich starker Juckreiz. Die Hautveränderungen sind nicht selten lichtprovozierbar (Auftreten im Bereich der belichteten Areale). Triggerung auch durch Hitze und Schwitzen.
  • Charakteristische rundliche oder bizarr konfigurierte Unterbrechungen der Papillarlinien an Handtellern und Fußsohlen (" Pits"). Diese weiten sich manchmal zu Grübchen mit Hyperkeratosen aus. Daneben finden sich an Handflächen und/oder Fußsohlen isolierte oder aggregierte 3-5 mm große, gelb-bräunliche Hornpapeln. Seltener sind hier flächenhafte Keratodermien.
  • Typische Papeln an Wangenschleimhaut, Gaumen, Ösophagusschleimhaut, Enddarm- und Genitalschleimhäuten. Kleinfleckige, oft an die Follikelmündung gebundene Leukoderme.
  • Die Hand- und Fußnägel zeigen rillenförmige Dystrophien, auch longitudinale Erythronychien mit sägezahnartigem Rand, Splitterblutungen, subunguale Hyperkeratosen, disale Onycholyse.
  • Auch zystische Knochenveränderungen, ggf. schizoide Wesenszüge.
  • Klinische Sonderformen:
    • Vesikulös-bullöse Varianten: V.a. bei Fieber und starkem Schwitzen; Erweiterung der suprabasalen Spaltbildungen zu intraepithelialen Blasen.
    • Intertriginöse akantholytische Dyskeratose:erworbene, intertriginös lokalisierte (Leiste, submammär, Genitale) papulöse Hautveränderungen mit histologischen Merkmalen der Dyskeratosis follicularis.
    • Unilateraler, zosteriformer Darier: Striär, in den Blaschko-Linien angeordnete Papeln mit dem klinischen und histologischen Aspekt des M. Darier (s.u. Mosaik, kutanes).
    • Aktinische Komedonen: Komedonenbildung in aktinisch exponierter Haut, die Zeichen der fokalen akantholytischen Dyskeratose aufweisen. In sehr seltenen Fällen kann diese "Komedonenvariante" als monsymptomatische Form des Morbus Darier auftreten (v. Köckritz A 2018). 
    • Akrale verruciforme Papeln: Disseminierte, flache Papeln an Hand- und Fußrücken. Histologisch Zeichen der akantholytischen Dyskeratose.

Histologie

  • Mäßige bis deutliche Akanthose, mit Hyperkeratose und fokaler, meist säulenförmiger Parakeratose. Meist deutlich hervortretende suprabasale Spaltbildung. Im Stratum spinosum und granulosum dyskeratotische Elemente. Diese aus dem Zellverband isolierten abgerundeten Keratinozyten werden als "corps rond" bezeichnet. Darüber Entwicklung einer säulenförmigen Parakeratosezone mit einzelnen dyskeratotischen Zellen (grains).
  • Elektronenmikroskopie: Fehlen oder stark verminderte Anzahl von Desmosomen, Störungen des Desmosom-Keratinfaseransatzes an den Desmosomen sowie perinukleäre Aggregate von Intermediärfilamenten (Keratin).

Diagnose

Klinik, Histologie.

Komplikation(en)

Bakterielle oder mykotische Sekundärinfektionen. Seltener sind generalisierte Herpes simplex-Infektionen.

Therapie allgemein

Sonnenlichtkarenz und Prophylaxe mit Lichtschutzmitteln bzw. Tragen dicht gewebter Kleidung (z.B. Baumwollbekleidung). Desinfizierende Hautreinigung.

Externe Therapie

  • In leichten Fällen externe Behandlung mit keratolytischen Externa wie 0,05-0,1% Vit A-Säure-Creme/Gel (z.B. Isotrex Creme o. Gel; Cordes VAS Creme, R256 ), 3-5% Salicylsäure-haltige Externa (z.B. Salicylvaseline Lichtenstein, Squamasol Gel) und pflegende hydratisierende Präparate mit 2-10% Harnstoff (z.B. Excipial U Lipo-Lotio, Eucerin 5% Urea Creme, R104 R102 ).
  • Bei beginnender Superinfektion Körperpflege mit desinfizierenden Seifen (z.B. Betaisodona Waschlösungen), Bäder mit Kaliumpermanganat (hellrosa). Durch umschriebene Therapie (< 7 cm2) mit 5-Fluorouracil (z.B. Efudix, alle 2 Tage über 1-2 Wochen) kann an exponierten Stellen eine für Wochen bis Monate anhaltende Remission erreicht werden.
  • In schweren Fällen ist externe Therapie i.d.R. wenig hilfreich, externe Retinoide können in solchen Fällen teilweise zu unangenehmen Hautreizungen führen.

Interne Therapie

In schweren Fällen systemische Gabe von Acitretin (Neotigason) initial 10-20 mg/Tag p.o. bis zur deutlichen Befundverbesserung, Erhaltungsdosis: < 5 mg/Tag in Abhängigkeit vom klinischen Resultat. Mit Absetzen von Acitretin flammen die Hauterscheinungen wieder auf.

Alternativ: In Einzelfällen wurde über den Erfolg von Alitretinoin in üblicher Dosierung (30mg/Tag p.o).berichtet.

Nur bei stark entzündlicher, ekzematöser Komponente kurzfristige Gabe systemischer Glukokortikoide wie Prednisolon (z.B. Decortin H) 100-150 mg/Tag und anschließende rasche Dosisreduktion.

Bei Superinfektion Antibiose nach Antibiogramm.

Operative Therapie

Dermabrasio führt in einigen Fällen zu Wochen bis Monate dauernder Besserung (insbes. bei verrukösen Formen). Bei umschriebenen Veränderungen (insbes. bei axillärem Befall) kommt Exzision mit Spalthauttransplantation infrage.

Hinweis(e)

Die Erkrankung verschlimmert sich häufig im Sommer. Durch UV-Bestrahlungen können Darier-Läsionen in nicht-involvierter Haut provoziert werden. Auch Lithium kann Hauterscheinungen provozieren.

Literatur
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  10. Köckritz v. A (2018) Behandlungsresistente Komedonen (Komedonenvariante eines Morbus Darier): J Dtsch Derrmatol 16: 493-495
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  13. White JC (1889) A case of keratosis (ichtyosis) follicularis. Journal of Cutaneous and Genitourinary Diseases (Chicago) 7: 201-209

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