Synonym(e)
Definition
Als Interleukine (von lat/griech. inter = zwischen; leukos = weiß; kinein = sich bewegen) wird eine Gruppe von körpereigenen, kurzkettigen Regulatorproteinen (Zytokine) des Immunsystems bezeichnet (IL1 - IL35). Interleukine sind Mediatoren für Induktion, Verlauf und Kontrolle der T-Zell-vermittelten zytotoxischen Immunreaktionen sowie der B-Zell-Aktivierung (Antikörperproduktion). Sie werden vorwiegend von stimulierten Leukozyten, Monozyten und Makrophagen gebildet und sezerniert. Bisher sind etwa 35 unterschiedliche Interleukine eindeutig identifiziert. Jedem Zytokin der Interleukingruppe ist nomenklatorisch eine Zahl zu dessen Klassifikation zugewiesen (IL-1 bis IL-35).
Einige funktionsbezogen verwandte Zytokine werden zu Zytokin-Familien (bzw. Interleukin-Familien) zusammengefasst. Ein Beispiel ist die IL-2-Familie: Zu dieser Familie gehören neben dem Interleukin-2 (als T-Zell-Wachstumsfaktor) Interleukin-15, welches Interleukin-2 z.T. in dieser Funktion ersetzen kann; weiterhin Interleukin-21, das Zellteilung und Proliferation von NK-Zellen und zytotoxischen T-Lymphozyten induziert.
Ein weiteres Beispiel ist die Interleukin-10-Familie. Zu dieser Zytokin-Familie gehören: Interleukin-10 und die homologen Interleukine IL-19 und IL-20 und weiterhin die Interleukine IL-22, IL-24 und IL-26.
Einteilung
Interleukin-1 (IL-1; lymphocyte-activating factor [LAF]): wurde erstmals in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts als so genanntes "endogenes Pyrogen" beschrieben. Seine Bildung und Sekretion erfolgen durch Makrophagen.
Interleukin-2 (IL-2): ist therapeutisch eines der wichtigsten Interleukine. Es wird bei Immunreaktionen auslösenden, bösartigen (malignen) Tumoren ausgeschüttet und bewirkt die Produktion von T-Helfer-Zellen.
Interleukin-3 (IL-3): wirkt auf die Stammzellen im Knochenmark und wird zur Stimulation der Blutbildung nach einer Chemotherapie, nach Knochenmarks- oder Stammzelltransplantation eingesetzt.
Interleukin-4 (IL-4): agiert (wie auch IL-10 und IL-11) als sog. antiinflammatorisches Zytokin, indem es überschießende Entzündungsreaktionen verhindert und ist somit wichtig für die Homöostase des Immunsystems. Außerdem stimuliert IL-4 die B-Zell-Aktivierung und die IgE-Produktion.
Interleukin-5 (IL-5 oder T-cell-replacing factor): Produkt aktivierter T-Helferzellen. Einwirkung auf aktivierte B-Zellen und Steigerung der Antikörperproduktion. Il-5 wirkt positiv chemotaktisch auf eosinophile Granulozyten und steigert die Synthese und Sekretion von Immunglobulin A durch Plasmazellen.
Interleukin-6 (IL-6): Glykoprotein mit einem Molekulargewicht von 21 kD. IL-6 wird von aktivierten T-Zellen, Makrophagen, Fibroblasten und Endothelzellen gebildet.
Interleukin-7 (IL-7): wird von Stromazellen der lymphatischen Organe produziert und stimuliert das Wachstum von Vorläuferzellen der B- und T-Lymphozyten.
Interleukin-8 (IL-8): ist ein Chemokin der CXC-Familie und wird unter anderem durch Endothelzellen, Monozyten, Epithelzellen und Fibroblasten produziert. Ein wichtiger Angriffspunkt des Chemokins sind neutrophile Granulozyten.
Interleukin-10 (IL-10): agiert (wie auch IL-4 und IL-11) als sog. antiinflammatorisches Zytokin, indem es die Makrophagenfunktion hemmt und somit überschießende Entzündungsreaktionen verhindert. Gebildet wird es vor allem von TH2-Zellen sowie regulatorischen T-Zellen.
Interleukin-11 (IL-11): agiert (wie auch IL-4 und IL-10) als sog. antiinflammatorisches Zytokin, indem es überschießende Entzündungsreaktionen verhindert und ist somit wichtig für die Homöostase des Immunsystems.
Interleukin-12 (IL-12): besitzt eine zentrale Funktion in der Anstoßung und Fortdauer einer T-Helferzell-1-(TH-1-)Immunantwort (zelluläre Abwehr) und hat Einfluss auf den Verlauf von intrazellulären Infektionen.
Interleukin-13: wird von T-Lymphozyten produziert und stimuliert die Bildung und Differenzierung von B-Lymphozyten. Weiterhin inhibiert IL-13 die Aktivierung von Makrophagen.
Interleukin-16 (IL-16): ist erhöht bei akutem und chronischem atopischem Ekzem. Es scheint auch eine Rolle bei der rheumatoiden Arthritis zu spielen.
Interleukin-17 (IL-17): wird überwiegend von CD4-Lymphozyten und eosinophilen Leukozyten exprimiert. Weiterhin produzieren neutrophile Granulozyten, Mastzellen, gamma/delta T-Zellen, natürliche Killerzellen (NK-Zellen) und „innate lymphoid cells“ ebenfalls relevante Mengen von IL-17A. IL-17 regt u.a. die Produktion von IL-6 und IL-8 an. Ihm kommt in der Pathogenese der psoriatischen Entzündung eine zentrale Rolle zu. Antikörper gegen IL-17A werden erfolgreich in der Psoriasistherapie eingesetzt..
Interleukin-18 (IL-18): konnte in erhöhter Konzentration in der Gelenkinnenhaut (Synovia) von Patienten mit rheumatoider Arthritis nachgewiesen werden.
Auch interessant
Therapie allgemein
Mittlerweile existieren eine ganze Reihe an rekombinanten Antikörpern gegen versch. Interleukine selbst oder gegen deren Rezeptoren (Interleukin-R). Diese kommen in der Immuntherapie verschiedener Erkrankungen zum Einsatz:
- Interleukin-1-R-Antagonist: Anakinra (Rheumatoide Arthritis)
- Interleukin-2-R-Antikörper: Basiliximab, Daclizumab (Prophylaxe der Transplantatabstoßung)
- Interleukin-6-R-Antikörper: Tocilizumab (Rheumatoide Arthritis)
- Interleukin-1beta-Antikörper: Canakinumab (Hereditäre Fiebersyndrome)
- Interleukin-5-Antikörper: Mepolizumab (Churg-Strauss-Syndrom)
- Interleukin-12/23-Antikörper: Ustekinumab (schwere Psoriasis)
Einfluss auf den CYP450-Metabolismus
Für den therapeutischen Einsatz sind neben den gewollten Wirkungen auch die Nebenwirkungen der Interleukine und ihrer Antikörper von großer Bedeutung (s.u den einzelnen Zytokinen). Beispielsweise unterdrücken Interleukin-6 und Interleukin-1 die Bildung der hepatischen Cytochrom-P450-Enzyme (CYP450). Nehmen Patienten Arzneimittel mit einer geringen therapeutischen Breite ein, die durch Cytochrom-P450-Enzyme metabolisiert werden, z.B. Ciclosporin, Calciumkanal-Blocker, Theophyllin, Warfarin, Phenytoin oder Benzodiazepine, so sollten ihre therapeutischen Blutspiegel überwacht und ggf. angepasst werden.
Hinweis(e)
Zu Beginn der Interleukin-Forschung wurde jedes neu gefundene Zytokin nach seiner In-vitro-Wirkung benannt. Nach Isolierung der Proteine und nach Indentifizierung ihrer DNA-Sequenz, wurde jedoch schnell deutlich, dass nur eine begrenzte Anzahl von Verbindungen existieren, die gleichzeitig auf mehrere Zellarten wirken und dort unterschiedliche Wirkungen hervorrufen. Es handelt sich somit um pleiotrope Proteine mit zahlreichen auch unterschiedlichen Zellfunktionen.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
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