Ekthyma L08

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Ecthyma; Ecthyma gangrenosum; Ecthyma simplex; Ecthyma simplex streptogenes; Ekthymata; Lochschwäre; Schützengrabengeschwür; Staphylodermia ecthymatosa; Streptodermia ecthymatosa

Erstbeschreiber

Stokes 1807

Definition

Umschriebene, wie ausgestanzt wirkende (scharfrandige) Ulzera der Haut, die durch äußere Umstände z.B. durch (sub-)tropisches Klima begünstigt wird. Während die Erkrankung in den Mangeljahren des 2. Weltkrieges in Zentraleuropa häufig zu beobachten war, ist sie heute eher selten. Zunehmend wird sie bei Reiserückkehrern aus tropischen oder subtropischen Regionen gefunden sowie bei immuninkompetenten Personen (s.u. Ekthyma gangrenosum). 

Bemerkung: Der Begriff Ekthyma oder Ecthyma ist ätiologisch nicht eindeutig besetzt. 

Erreger

Meist beta-hämolysierende Streptokokken, Streptococcus pyogenes oder seltener Staphylococcus aureus.

Einteilung

Allgemein werden folgende Formen unterschieden:

I. Ecthyma simplex: Streptokokken-Infektion (Streptodermia ecthymatosa, Ecthyma simplex streptogenes) oder Staphylokokken-Infektion (Staphylodermia ecthymatosa). 

II. Ecthyma gangraenosum: bedingt durch Pseudomonas aeruginosa; diese Form spielt eine zunehmende Rolle v.a. bei Immuninkompetenten sowie bei Pseudomonas-aeruginosa-Sepsis

Vorkommen/Epidemiologie

Selten

Ätiopathogenese

Ausgang für die Entwicklung von Ekthymata sind kleine Verletzungen, Follikulitiden, Insektenstichen, Skabies oder Prurigo simplex subacuta. Die Herde beginnen ähnlich wie bei der Impetigo contagiosa, entwicklen dann aber am Blasengrund eine Nekrose. Begünstigend wirken mangelnde Hygiene, feuchtwarmes Klima, chronisch-venöse Insuffizienz, geschwächter Allgemeinzustand, Akrozyanose, Immunsuppression, HIV-Infektion und Diabetes mellitus. 

Lokalisation

V.a. Unterschenkel.

Klinisches Bild

Vesikulopustulöses Anfangsstadium, rascher Gewebezerfall mit Ausbildung von tiefen, scharf geschnittenen Ulzera, mit  schmierig eitrigen Belägen und Halo-artigem Erythemsaum. Ausbreitung bis ins subkutane Fettgewebe. Eintrocknende, schmutzig grau-gelbe Krusten. Lymphangitis und -adenitis möglich. Abheilung unter Narbenbildung. 

Diagnose

Klinik, Abstrich, Antibiogramm.

Differentialdiagnose

Syphilid (ulzeröse) - selten

Syphilis maligna- selten

ulzerierte Gummata- selten

Erythema induratum

Artefakte - Anamese hinterfragen, Persönlichkeitsbild

 

Komplikation(en)

Erysipel, Sepsis, Glomerulonephritis.

Therapie

Ursächliche Faktoren beseitigen (z.B. mangelnde Hygiene, Stiefel, enge Jeans etc.). Behandlung von Grunderkrankungen.

Externe Therapie

Reinigende feuchte Verbände (alle 2 Std. erneuern) mit antiseptischen Zusätzen wie Polihexanid (Serasept, Prontoderm), Chinolinol (z.B. Chinosol 1:1000), R042 , Kaliumpermanganat-Lösung (hellrosa). Umgebung ggf. mit Pasta zinci abdecken. Bei Lokalisation am Bein bei intakter Durchblutung Kompressionstherapie.

Interne Therapie

Antibiose mit Penicillin V (z.B. Megacillin) 3mal/Tag 1 Mega IE p.o. über 10 Tage. Bei Penicillin-Allergie Erythromycin (z.B. Erythrocin Filmtbl.) 4mal/Tag 500 mg p.o. Bei V.a. Mischinfektion Flucloxacillin (z.B. Staphylex) 3-4mal/Tag 0,5-1,0 g p.o. oder i.m.

Alternativ Cephalosporine wie Cefazolin (z.B. Elzogram) 2mal/Tag 1-2 g i.v. oder Cefixim (Cephoral) 400 mg/Tag p.o. Sobald wie möglich Umstellung nach Antibiogramm.

Verlauf/Prognose

Ohne Therapie chronischer, meist wochenlanger Verlauf, ohne Tendenz zur Abheilung. Abheilung unter systemischer Antibiose und Änderung der begünstigenden Hygienedefizite. Narbenbildung.

Hinweis(e)

Ganz allgemein versteht man unter "Ekthymata" oder "Ecthymata" infektiöse, wie ausgestanzt wirkende Ulzerationen der Haut unterschiedlicher Ätiologie. Insofern handelt es sich eher um einen morphologisch-deskriptiven Begriff.
  • Beim häufigsten Befund, dem Ecthyma simplex, liegt in den meisten Fällen eine kutane Streptokokkeninfektion (beta-hämolysierende S.) vor, mit tiefen, wie "ausgestanzt" wirkenden Ulzerationen. Das E. simplex tritt bevorzugt bei höheren Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit an den Beinen auf und entwickelt sich nach Insektenstichen oder nach Bagatelltraumen (s. hierzu das hier beschriebene Krankheitsbild).
  • Das Ecthyma gangraenosum ist ein durch P. aeruginosa hervorgerufener Infekt. Die eher flächenhaft ausgebreiteten, flachen Ulzerationen der Intertrigines mit kräftigem Umgebungserythem treten v.a. bei Patienten mit Pseudomonas-Sepsis, aber auch als reine Lokalinfektion auf.
  • Ursache des Ecthyma contagiosum (Orf) ist eine von Tieren (Maul- oder Fußgrind bei Schafen, Ziegen u.a.) auf den Menschen übertragene Infektion mit dem Parapoxvirus ovis (Gruppe Parapoxviren).

Literatur
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