Nephrogene systemische Fibrose L90.5

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

Co-Autor: Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Fibrose nephrogene systemische; Nephrogene fibrosierende Dermatopathie; Nephrogene systemische Fibrose; Nephrogenic fibrosing dermopathy; Nephrogenic systemic fibrosis; NSF

Erstbeschreiber

Cowper, 2000

Definition

Seltene, idiopathische, erworbene, akut einsetzende, sklerosierende Erkrankung der Haut, des subkutanen Fettgewebes sowie der Muskulatur (seltener ist eine Beteiligung innerer Organe) die fast ausschließlich bei Patienten mit fortgeschrittener chronischer Niereninsuffizienz (GFR<30ml/min/1,73m2) nach Gabe von   gadoliniumhaltigen Kontrastmitteln (Gadodiamid, Gadopentetat-Dimeglumin) auftritt.    

Vorkommen/Epidemiologie

Selten; derzeit sind etwa 200 Fälle in der Weltliteratur bekanntgeworden, wobei eine deutlich höhere Inzidenz anzunehmen ist. Die Inzidenz ist deutlich zunehmend. Keine Geschlechtspräferenz (im Gegensatz zur systemischen Sklerodermie).

Ätiopathogenese

Ätiologisch ungeklärte, wahrscheinlich multifaktorielle, sklerosierende Systemerkrankung, die häufig bei renaler Dysfunktion auftritt. Zusammenhänge mit dem bei Kernspinuntersuchungen verwendeten Gadolinium (einem Metall-Chelatkomplex) werden zunehmend beschrieben, sodass sich der Verdacht erhärtet, dass hier eine Kausalität gegeben ist. Die Chelatbildung des Gadoliniums mindert seine Toxizität und ermöglicht die renale Ausscheidung. Die thermodynamische und kinetische Stabilität des Chelatkomplexes definiert die Freisetzung von freien Gadolinium-Ionen. Bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz treten Stoffwechselsituationen auf, die häufig eine Azidose und Hyperphosphatämie begünstigen. Diese führen wiederum zu einer "Transmetallierung", d.h. einer Freisetzung der Gadolinium-Ionen aus dem Chelatkomplex, die dann im Gewebe toxisch wirken. Weiterhin diskutiert wird eine multifaktorielle Genese, bestehend aus terminaler Niereninsuffizienz, Gadolinium, Weichmachern in Dialysesystemen und chronischen Infektionen (Sepsis, Osteomyelitis, chronische Hepatitiden). In größeren Studien konnte nachgewiesen werden, dass Pat. mit NSF eine signifikant höhere Anzahl an Kernspinuntersuchungen hatten als eine Kontrollgruppe.

Manifestation

Ganz überwiegend bei niereninsuffizienten Patienten auftretend. Häufig bei Hämodialyse-Patienten oder nach Nierentransplantation, selten auch nach Lebertransplantationen auftretend. Keine Bevorzugung eines Geschlechtes.

Lokalisation

Prädilektionsort sind die unteren Extremitäten. Weiterhin Stamm und obere Extremitäten. Es wurde jedoch auch über Organbefall (Herz, Lunge, Leber) bei sehr ausgedehnten Formen der Erkrankung berichtet.

Klinisches Bild

Integument: Plaqueförmige und/oder diffuse, brettharte (hölzern) Verdickung und Verhärtung der Haut, der Subkutis und der unterliegenden Muskulatur mit bräunlich, gelblicher Verfärbung. Gelegentlich auch Papeln und subkutane Knoten. Beginn der Hautveränderungen an den Extremitäten, dann Ausbreitung auf den Rumpf. Gesicht meist ausgespart. Häufig im Verlauf Beugekontrakturen mit Rollstuhlpflichtigkeit. Brennende Schmerzen, Juckreiz.

Extrakutane Manifestationen: Schwächegefühl, Muskelschmerzen. In Einzelfällen wurden extensive Fibrosierungen und Kalzifikationen des Diaphragmas, des M. psoas sowie der Nieren beobachtet.

Histologie

Zellreicher, fibrotischer Umbau der Dermis sowie des subkutanen Fettgewebes. Die Subkutis wird von plumpen CD34+ fibroblastenreichen Septen durchzogen. Das feingewebliche Bild (da wesentlich zellreicher) erinnert nur teilweise an das Bild der Morphea.

Differentialdiagnose

Abgrenzung zum Skleromyxödem ist notwendig.
Skleromyxödem nephrogene systemische Fibrose
systemisch lokal
Gesicht meistens betroffen Gesicht frei
Paraproteine im Serum keine Paraproteine im Serum
Plasmazellen in den Infiltraten Keine Plasmazellen
Mucin vermehrt kein Mucin
Fibroblasten vermindert Fibroblasten vermehrt
Weitere Differentialdiagnosen: Toxisches-Öl-Syndrom; Eosinophiles-Myalgie-Syndrom; Eosinophile Fasziitis.

Therapie

Behandlung der Nierenerkrankung. Von einzelnen Spontanheilungen bei verbesserter Nierensituation wird berichtet. Einzelversuche mit hoch dosierten Steroiden u. Plasmapherese, Chemotherapeutika (Cyclophosphamid, Melphalan) oberflächlicher Röntgenbestrahlung, Thalidomid, Tracrolimus, Mycophenolat, oralen Retinoiden haben sich als problematisch und v.a. wenig erfolgreich erwiesen. Die besten Erfolge scheinen durch extrakorporale Photopherese (ggf. in Kombination mit Acitretin) erreichbar zu sein. Insgesamt sind die Therapieergebnisse derzeit nicht befriedigend.

Bestrahlungstherapie

Es wurde über den erfolgreichen Einsatz von UVA1 bei der nephrogenen systemischen Fibrose berichtet. Eigene Erfahrungen mit dieser Therapiemodalität konnten die Wirksamkeit der Methode bei dieser Indikation nicht bestätigen.

Verlauf/Prognose

Ein Großteil der Patienten zeigt einen progredienten Krankheitsverlauf, der letztendlich aufgrund der Kontrakturen zur Immobilität (Rollstuhl) führt. Scheinbar kann nur eine Verbesserung der Nierensituation (in der Regel nur erreichbar durch Nierentransplantation) zum Sistieren der Erkrankung führen.

Hinweis(e)

Wichtig ist die Prävention! Strenge Indikationsstellung bei Pat. mit terminaler Niereninsuffizienz.

Literatur
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  2. Cowper SE, Bucala R (2003) Nephrogenic fibrosing dermopathy: suspect identified, motive unclear. Am J Dermatopathol 25: 358
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  5. High WA (2007) Gadolinium is detectable within the tissue of patients with nephrogenic systemic fibrosis. J Am Acad Dermatol 56: 21-26
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  9. Ortega LM et al.(2009) Nephrogenic fibrosing dermopathy or nephrogenic systemic fibrosis? What do we know and what do we have to learn?. Nefrologia 29:109-117.
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  11. Ting WW et al. (2003) Nephrogenic fibrosing dermopathy with systemic involvement. Arch Dermatol 139: 903-906
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