Eosinophiles Myalgie-Syndrom M35.8

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Eosinophiles Myalgie-Syndrom; Eosinophilie-Myalgie-Syndrom L-Tryptophan-bedingtes; L-Tryptophan-bedingtes Eosinophilie-Myalgie-Syndrom; Myalgie-Syndrom eosinophiles

Definition

Durch generalisierte Myalgie und Eosinophilie (mehr als 1000 Eosinophile/ml) gekennzeichnetes Krankheitsbild, das meistens 1 bis 12 Monate nach der Einnahme von L-Tryptophan auftritt. Auszuschließen sind eine Infektion oder ein Tumorleiden als Auslöser der Erkrankung.

Ätiopathogenese

  • Verunreinigung des L-Tryptophans bei der gentechnischen Herstellung durch den japanischen Hersteller Showa-Denko (90% des Weltmarktes): Sog. "Peak E" entspricht einer modifizierten Aminosäure, dem 1,1'-Äthylidenbis(tryptophan). Zusätzlich scheint eine individuelle genetische Bereitschaft zu Störungen im Tryptophan-Stoffwechsel zu bestehen.
  • Tryptophan induziert Interleukin-3 und -4 sowie GM-CFS mit Aktivierung von eosinophilen Granulozyten, die ihrerseits enzymatisch (MBP, ECP, EDN) Fibroblasten, Endothelzellen und Nervenzellen zur Synthese aktivieren bzw. toxisch schädigen, so dass Fibrose, Ischämie und Neuropathie resultieren.

Klinisches Bild

Myalgie (100% der Pat.), Arthralgie (73%), Schwächegefühl, Dyspnoe (59%), flüchtige makulopapulöse oder urtikarielle Eruptionen (60%), generalisierter Juckreiz, Morphea-artige Herde (32%) und diffuse Alopezie (28%). Im Verlauf trennt man eine ödematöse Frühphase mit peripheren Ödemen (59%) und periorbitalen Ödemen (28%) von einer bindegewebsproliferativen Spätphase mit Organmanifestationen wie pulmonale Hypertension, kardiale Arrhythmie, Myopathien, Hyperthyreose.

Labor

Mehr als 1000/μl Eosinophile (100%), Leukozytose (85%), Aldolase-Erhöhung (46%), Erhöhung der Leberfunktionswerte (43%), BSG-Beschleunigung (33%).

Histologie

Verdickung und Inflammation der tiefen Dermis durch Akkumulation von Kollagen und Mucopolysacchariden. Infiltration mit mononukleären Zellen und eosinophilen Granulozyten. Hierbei treten Vimentin-positive und Mac–387-negative Zellen (Fibroblasten) auf.

Therapie

  • Absetzen des Tryptophans; darunter allein keine spontane Besserung, daher zusätzlich systemische Glukokortikoide (z.B. Decortin H) anwenden. Beginn mit 0,5-1,0 mg/kg KG/Tag, dann langsam Reduktion auf 6-10 mg/Tag. Nach 3-6 Monaten gelingt meist das Absetzen.
  • Krankengymnastik und Massagen zur Verhinderung von Kontrakturen.

Verlauf/Prognose

Langsame Rückbildung, Rezidive möglich. Da der Vertrieb tryptophanhaltiger Präparate vom Bundesgesundheitsamt 1990 verboten wurde, ist nur noch mit einem sporadischen Auftreten der Erkrankung zu rechnen.

Literatur
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