Leishmaniasis (Übersicht) B55.-

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 19.12.2024

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Synonym(e)

Leishmaniase; Leishmaniose; Leishmaniosis; Oriental sore

Definition

Durch Protozoen der Gattung Leishmania hervorgerufene granulomatöse Infektionskrankheit.

Erreger

Häufig isolierte Erreger von Leishmaniasis (s.unter Leishmania) :

Vektoren: Leishmanien werden durch Sandmücken übertragen, in der Alten Welt durch Phlebotomus spp., in der Neuen Welt durch Lutzomyia-Arten. Sandmücken leben an dunklen und feuchten Orten und können sich im Biotop nur 20-50 m von ihrer Brutstätte entfernen. Die Sandmücken der Neuen Welt fliegen nicht besonders hoch und stechen daher ihr Opfer meist in Bodennähe (z.B. Unterschenkel). Aufgrund ihrer biologischen Anpassungsfähigkeit sind sie in Tropen, Subtropen, Wüsten, Regenwäldern und Hochebenen verbreitet.

Stechen nicht infizierte Sandmücken einen infektiösen Wirt, werden die Amastigoten während des Blutsaugens aufgenommen und in der Mücke in eine begeißelte Promastigote umgewandelt. Diese gelangt nach Teilung in den Saugrüssel des Insekts. Sticht die Mücke nun erneut, gelangt der Erreger in den neuen Organismus. Dort wird der promastigote Erreger wieder von phagozytierenden Zellen aufgenommen, in denen die Umwandlung (Metamorphose) in die amastigote Form stattfindet. Nach intrazellulärer Replikation erfolgt die Freisetzung der Leishmanien unter Ruptur der Wirtszellen (Fischer T et al. 2024). 

In Abhängigkeit von der Leishmanienspezies und dem Wirtsfaktor kann es zu einer lokalen oder disseminierten Verteilung der Parasiten kommen. Spontanheilung erlangt der Organismus durch Prägung von Parasiten-spezifischen T-Zellen, die in die Haut einwandern und dort mittels Interferon gamma und anderen Zytokinen Makrophagen aktivieren. 

Einteilung

Abhängig von Klinik und Erreger unterscheidet man:

Vorkommen/Epidemiologie

Etwa 350 Millionen leben in Endemiegebieten und unterliegen einem erhöhten Erkrankungsrisiko.

Etwa 90% der Neuerkrankungen treten in der Alten Welt (Afghanistan, Algerien, Saudi Arabien, Iran, Irak, Äthiopien, Mittlerer Osten, spanische Mittelmeerinseln!) auf. Erreger sind hier vorwiegend: L. major, L. tropica, L. aethiopica, L. infantum.

Etwa 10% der Neuerkrankungen treten in der Neuen Welt (Brasilien, Mexiko, Bolivien, Peru) auf. Erreger sind hier vorwiegend: L. mexicana, L. brasiliensis.

Inzidenz: Ca. 1,6 Mio. Neuerkrankungen/Jahr weltweit; hiervon entfallen 1,2 Millionen auf die kutanen Formen. Die Leishmaniasis ist nach Malaria und Dengue-Fieber die dritthäufigste von Vektoren übertragene Infektionskrankheit. 

Prävalenz: weltweit (ausgenommen Australien und Südostasien) sind derzeit ca. 12 Millionen Menschen erkrankt

Zunehmend tritt die Leishmaniasis bei Touristen und HIV-Patienten auf. Problematisch wird die Koinfektion von Menschen mit HI-Virus und Leishmanien-Parasiten gesehen. Durch die HIV-Infizierten auftretende protrahierte Parasitämien steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Mensch als Reservoirwirt dient. Aus einer primär zoonotischen Infektion (ursprüngliches Reservoir sind Säugetiere wie Hunde oder Nagetiere) wurde inzwischen eine Anthropozoonose.

Ätiopathogenese

Leishmanienübertragung erfolgt durch den Stich von Vektoren (Sandmücken der Gattungen Phlebotoma, Lutzomyia, Psychodopygus). Selten erfolgen viszerale Infektionen durch den Gebrauch infizierter Nadeln bei Drogenabhängigkeit, infizierte Blutkonserven oder kongenital.

Manifestation

Auftreten ist in jedem Lebensalter möglich.

Lokalisation

Hauptsächlich werden unbedeckte Körperpartien (Gesicht, Arme, Unterschenkel) befallen.

Diagnose

Klinischer Befund (unterschiedliche Klinik)

Nachweis der Erreger in Abstrich, Abklatschpräparat (nur für geübte Untersucher) oder Biopsie einer frischen Läsion (Biopsie aus unvorbehandelter Läsion mit Erregernachweis ist als Primäruntersuchung die Option der 1. Wahl!).

Abklatschpräparat: In der Giemsa- und HE-Färbung erscheinen die Amastigoten als hellblaue, ovale Körperchen mit einem dunklen Nukleolus und einem kleinen, punktförmigen Kinetoplasten innerhalb des Zytoplasmas der Makrophagen.

Antigennachweis mittels PCR: hoch sensitivenMethode, die sowohl an Nativmaterial, als auch aus Formalin-fixiertem Material durchgeführt werden kann. 

Kultur: Identifizierung der Erregerspezies (wichtig für Therapie und Prognose) aus Nativpräparaten, z.B. nichtfixiertem Biopsat, in hierfür spezialisierten Laboratorien (z.B. Bernhard-Nocht-Insitut für Tropenmedizin in Hamburg -www.bni-hamburg.de).

Serologische Nachweisverfahren: Leishmanien-spezifische Immunglobuline können nachgewiesen werden (Direkter Agglutinationstest (DAT), Immunfluoreszenzantikörpertests (IFAT), Enzym-linked Immunosorbent Assyays (ELISA). Sie sind bei einer unkomplizierten Leishmaniasisinfektion wenig hilfreich (meist negativ). Bei komplizierten Fällen kann der serologische Nachweis von Antikörpern diagnostisch hilfreich sein. 

Therapie

Eine abwartende Haltung kann bei solitären Läsionen von Alte-Welt-Formen gerechtfertigt sein; die Läsionen heilen meist spontan ab und führen zu einer bleibenden Immunität (gegenüber dem Erreger, nicht auch gegenüber anderen Leishmania spp.).

Multiple Läsionen und Läsionen in kosmetisch bedeutenden Arealen sollten so früh wie möglich behandelt werden.

Die systemische Therapie ist meist effektiver als die topische Therapie, aber auch mit deutlichen Nebenwirkungen behaftet.

Falls eine Infektion mit L. brasiliensis vorliegt, ist immer eine systemische Therapie indiziert, da dadurch ein Übergang in eine mukokutane Form verhindert werden kann.

Therapie

S.u. den einzelnen Krankheitsbildern.

Verlauf/Prognose

Die Prognose ist entscheidend von Spezies des Erregers und Immunstatus des Infizierten abhängig. Nach erfolgter Abheilung besteht erregerspezifische Immunität.

Prophylaxe

Die beste Vorbeugung gegen dieInfektion ist das Vermeiden der Sandmückenstiche.

Personen, die in Gebiete reisen, wo die Infektion weit verbreitet ist, oder Personen, die in solchen Gebieten leben, können folgende Maßnahmen ergreifen:

  • Auftragen von Insektenschutzmitteln, die DEET (Diethyltoluamid) enthalten, auf freiliegender Haut
  • Verwendung von Fliegengittern, Moskitonetzen und Kleidung, die mit Insektiziden wie Permethrin imprägniert sind
  • Tragen von langärmeligen Hemden, langen Hosen und Socken
  • Vermeidung von Aktivitäten im Freien zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang, wenn die Sandmücken am aktivsten sind

Tabellen

Geographische Verbreitung von Leishmanien und Leishmaniosen (modifiziert nach Lainson)

 

Spezies

Region

Klinik

Alte Welt

L. tropica major

Afrika, Asien

Kutane Leishmaniasis

L. tropica minor

Europa

L. donovani

Indien

Kala-Azar (viszerale Leishmaniasis)

L. donovani infantum

Mittel-, Ost-, Nordafrika, Europa

Infantiler Kala-Azar (viszerale Leishmaniasis) 

L. archibaldi

Sudan, Kenia

Kala-Azar und mukokutane Leishmaniasis

 

Neue Welt

L. brasiliensis

Brasilien

Kutane und mukokutane Leishmaniasis (Espundia)

L. mexicana - mexicana

Yucatan, Guatemala

Kutane Leishmaniasis, seltener diffuse kutane Leishmaniasis

L. mexicana - pifanoi

Venezuela

Diffuse kutane Leishmaniasis

Kutane Leishmaniasis

 

Hinweis(e)

Dei Leishmaniasis wird von der WGO zu den neglected tropical diseases (NTD) gezählt. Hierbei handelt es sich um Armuts-assoziierte Infektionskrankheiten, die v.a. in Tropen (Subtropen) vorkommen, mit hoher Morbidität und Mortalität verbunden sind und gegen die es bisher keine sicheren und langanhaltende Therapien gibt. 

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

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  4. Donovan C (1903) The etiology of one of the heterogeneous fevers of India. BMJ 2: 1401
  5. Fernandez-Flores A et al. (2015) Morphological and immunohistochemical clues for the diagnosis of cutaneous leishmaniasis and the interpretation of CD1a status. J Am Acad Dermatol doi: 10.1016/j.jaad.2015.09.038
  6. Fischer T et al. (2024)Behandlung der mukokutanen Leishmaniose- eine systematische Übersicht. JDDG 22:763-774
  7. Handler MZ et al. (2015) Cutaneous and mucocutaneous leishmaniasis: Differential diagnosis, diagnosis, histopathology, and management.J Am Acad Dermatol. 2015 Dec;73(6):911-26; 927-8.
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