Synonym(e)
Definition
Durch Protozoen der Gattung Leishmania hervorgerufene granulomatöse Infektionskrankheit.
Erreger
Häufig isolierte Erreger von Leishmaniasis (s.unter Leishmania) :
- Leishmania donovani (S.a.u. viszerale Leishmaniasis).
- Leishmania brasiliensis (S.a.u. südamerikanische Leishmaniasis).
- Leishmania mexicana, L.braziliensis, L.amazonensis, L. peruvia, L.panamensis, Chiclero ulcer (Solitäre kutane Leishmaniasis; s.a.u. südamerikanische Leishmaniasis mit den verschiedenen klinischen Varianten).
- Leishmania tropica (Orientbeule; s.a.u. kutane Leishmaniasis).
- Leishmania major, L. infantum, L. aethiopicum (Orientbeule; s.a.u. solitäre kutane Leishmaniasis).
Vektoren: Leishmanien werden durch Sandmücken übertragen, in der Alten Welt durch Phlebotomus spp., in der Neuen Welt durch Lutzomyia-Arten. Sandmücken leben an dunklen und feuchten Orten und können sich im Biotop nur 20-50 m von ihrer Brutstätte entfernen. Die Sandmücken der Neuen Welt fliegen nicht besonders hoch und stechen daher ihr Opfer meist in Bodennähe (z.B. Unterschenkel). Aufgrund ihrer biologischen Anpassungsfähigkeit sind sie in Tropen, Subtropen, Wüsten, Regenwäldern und Hochebenen verbreitet.
Stechen nicht infizierte Sandmücken einen infektiösen Wirt, werden die Amastigoten während des Blutsaugens aufgenommen und in der Mücke in eine begeißelte Promastigote umgewandelt. Diese gelangt nach Teilung in den Saugrüssel des Insekts. Sticht die Mücke nun erneut, gelangt der Erreger in den neuen Organismus. Dort wird der promastigote Erreger wieder von phagozytierenden Zellen aufgenommen, in denen die Umwandlung (Metamorphose) in die amastigote Form stattfindet. Nach intrazellulärer Replikation erfolgt die Freisetzung der Leishmanien unter Ruptur der Wirtszellen (Fischer T et al. 2024).
In Abhängigkeit von der Leishmanienspezies und dem Wirtsfaktor kann es zu einer lokalen oder disseminierten Verteilung der Parasiten kommen. Spontanheilung erlangt der Organismus durch Prägung von Parasiten-spezifischen T-Zellen, die in die Haut einwandern und dort mittels Interferon gamma und anderen Zytokinen Makrophagen aktivieren.
Auch interessant
Einteilung
Abhängig von Klinik und Erreger unterscheidet man:
-
Leishmaniasis der Alten Welt
-
Kutane Leishmaniasis der Alten Welt
- Solitäre kutane Leishmaniasis der Alten Welt (klassische Orientbeule)
- Erysipel-artige kutane Leishmaniasis der Alten Welt (seltene Variante)
- weitere seltenere Varianten wie: paronychiale, chankriforme, ringförmige, palmoplantare, zosteriforme oder auch ekzematoide kutane Leishmaniasis.
-
Rezidivierende kutane Leishmaniasis der Alten Welt (Leishmaniasis recidivans - lupoide Leishmaniasis)
- Diffuse (anerge) kutane Leishmaniasis der Alten Welt
- Mukokutane Leishmaniasis der Alten Welt
-
Kutane Leishmaniasis der Alten Welt
- Leishmaniasis der "Neuen Welt"
- Kutane Leishmaniasis der Neuen Welt (Süd-)Amerikanische Leishmaniasis
- Solitäre kutane Leishmaniasis der Neuen Welt (klassische Form, analog zur Orientbeule)
- Rezidivierende kutane Leishmaniasis der Neuen Welt
- Diffuse (anerge) kutane Leishmaniasis der Neuen Welt
- Mukokutane Leishmaniasis der Neuen Welt
- Kutane Leishmaniasis der Neuen Welt (Süd-)Amerikanische Leishmaniasis
- Viszerale Leishmaniasis
Vorkommen/Epidemiologie
Etwa 350 Millionen leben in Endemiegebieten und unterliegen einem erhöhten Erkrankungsrisiko.
Etwa 90% der Neuerkrankungen treten in der Alten Welt (Afghanistan, Algerien, Saudi Arabien, Iran, Irak, Äthiopien, Mittlerer Osten, spanische Mittelmeerinseln!) auf. Erreger sind hier vorwiegend: L. major, L. tropica, L. aethiopica, L. infantum.
Etwa 10% der Neuerkrankungen treten in der Neuen Welt (Brasilien, Mexiko, Bolivien, Peru) auf. Erreger sind hier vorwiegend: L. mexicana, L. brasiliensis.
Inzidenz: Ca. 1,6 Mio. Neuerkrankungen/Jahr weltweit; hiervon entfallen 1,2 Millionen auf die kutanen Formen. Die Leishmaniasis ist nach Malaria und Dengue-Fieber die dritthäufigste von Vektoren übertragene Infektionskrankheit.
Prävalenz: weltweit (ausgenommen Australien und Südostasien) sind derzeit ca. 12 Millionen Menschen erkrankt.
Zunehmend tritt die Leishmaniasis bei Touristen und HIV-Patienten auf. Problematisch wird die Koinfektion von Menschen mit HI-Virus und Leishmanien-Parasiten gesehen. Durch die HIV-Infizierten auftretende protrahierte Parasitämien steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Mensch als Reservoirwirt dient. Aus einer primär zoonotischen Infektion (ursprüngliches Reservoir sind Säugetiere wie Hunde oder Nagetiere) wurde inzwischen eine Anthropozoonose.
Ätiopathogenese
Diagnose
Klinischer Befund (unterschiedliche Klinik)
Nachweis der Erreger in Abstrich, Abklatschpräparat (nur für geübte Untersucher) oder Biopsie einer frischen Läsion (Biopsie aus unvorbehandelter Läsion mit Erregernachweis ist als Primäruntersuchung die Option der 1. Wahl!).
Abklatschpräparat: In der Giemsa- und HE-Färbung erscheinen die Amastigoten als hellblaue, ovale Körperchen mit einem dunklen Nukleolus und einem kleinen, punktförmigen Kinetoplasten innerhalb des Zytoplasmas der Makrophagen.
Antigennachweis mittels PCR: hoch sensitivenMethode, die sowohl an Nativmaterial, als auch aus Formalin-fixiertem Material durchgeführt werden kann.
Kultur: Identifizierung der Erregerspezies (wichtig für Therapie und Prognose) aus Nativpräparaten, z.B. nichtfixiertem Biopsat, in hierfür spezialisierten Laboratorien (z.B. Bernhard-Nocht-Insitut für Tropenmedizin in Hamburg -www.bni-hamburg.de).
Serologische Nachweisverfahren: Leishmanien-spezifische Immunglobuline können nachgewiesen werden (Direkter Agglutinationstest (DAT), Immunfluoreszenzantikörpertests (IFAT), Enzym-linked Immunosorbent Assyays (ELISA). Sie sind bei einer unkomplizierten Leishmaniasisinfektion wenig hilfreich (meist negativ). Bei komplizierten Fällen kann der serologische Nachweis von Antikörpern diagnostisch hilfreich sein.
Therapie
Eine abwartende Haltung kann bei solitären Läsionen von Alte-Welt-Formen gerechtfertigt sein; die Läsionen heilen meist spontan ab und führen zu einer bleibenden Immunität (gegenüber dem Erreger, nicht auch gegenüber anderen Leishmania spp.).
Multiple Läsionen und Läsionen in kosmetisch bedeutenden Arealen sollten so früh wie möglich behandelt werden.
Die systemische Therapie ist meist effektiver als die topische Therapie, aber auch mit deutlichen Nebenwirkungen behaftet.
Falls eine Infektion mit L. brasiliensis vorliegt, ist immer eine systemische Therapie indiziert, da dadurch ein Übergang in eine mukokutane Form verhindert werden kann.
Verlauf/Prognose
Prophylaxe
Die beste Vorbeugung gegen dieInfektion ist das Vermeiden der Sandmückenstiche.
Personen, die in Gebiete reisen, wo die Infektion weit verbreitet ist, oder Personen, die in solchen Gebieten leben, können folgende Maßnahmen ergreifen:
- Auftragen von Insektenschutzmitteln, die DEET (Diethyltoluamid) enthalten, auf freiliegender Haut
- Verwendung von Fliegengittern, Moskitonetzen und Kleidung, die mit Insektiziden wie Permethrin imprägniert sind
- Tragen von langärmeligen Hemden, langen Hosen und Socken
- Vermeidung von Aktivitäten im Freien zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang, wenn die Sandmücken am aktivsten sind
Tabellen
Geographische Verbreitung von Leishmanien und Leishmaniosen (modifiziert nach Lainson)
Spezies |
Region |
Klinik |
|
Alte Welt |
L. tropica major |
Afrika, Asien |
Kutane Leishmaniasis |
L. tropica minor |
Europa |
||
L. donovani |
Indien |
Kala-Azar (viszerale Leishmaniasis) |
|
L. donovani infantum |
Mittel-, Ost-, Nordafrika, Europa |
Infantiler Kala-Azar (viszerale Leishmaniasis) |
|
L. archibaldi |
Sudan, Kenia |
Kala-Azar und mukokutane Leishmaniasis |
|
|
|||
Neue Welt |
L. brasiliensis |
Brasilien |
Kutane und mukokutane Leishmaniasis (Espundia) |
L. mexicana - mexicana |
Yucatan, Guatemala |
Kutane Leishmaniasis, seltener diffuse kutane Leishmaniasis |
|
L. mexicana - pifanoi |
Venezuela |
Diffuse kutane Leishmaniasis |
|
Kutane Leishmaniasis |
Hinweis(e)
Dei Leishmaniasis wird von der WGO zu den neglected tropical diseases (NTD) gezählt. Hierbei handelt es sich um Armuts-assoziierte Infektionskrankheiten, die v.a. in Tropen (Subtropen) vorkommen, mit hoher Morbidität und Mortalität verbunden sind und gegen die es bisher keine sicheren und langanhaltende Therapien gibt.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
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-
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Verweisende Artikel (25)
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