Hidradenitis suppurativaL73.2

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles, Duygu Percin

Co-Autoren:Dr. Nessr Abu Rached , Luca Cristodero

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Zuletzt aktualisiert am: 16.09.2024

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Synonym(e)

Abscès tubereux de l'aiselle; Abszess der Schweißdrüsen; Achselhöhlenabszess; Achselhöhlenabszess apokriner; Acne inversa; Aknetetrade; Apokrine Akne; apokriner Achselhöhlenabszess; Chronisch rezidivierende Hidradenitis; Dissecting terminal hair folliculitis; Dissecting terminal hair Folliculitis; Follikuläre Okklusionstriade; follikuläres Okklusionssyndrom; Hidrosadenitis; Intertriginöse Akne; Morbus Verneuil; Pyodermia fistulans sinifica; Schweißdrüsenabszess; Schweißdrüsenabszess apokriner; Verneuil`s disease, Follikuläresm Okklusionssyndrom

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Erstbeschreiber

Velpeau, 1839; Verneuil, 1854; Plewig und Steger, 1989

Definition

Eine chronisch-rezidivierende, einschmelzende und vernarbende, neutrophile, furunkuloide, autoinflammatorische Reaktion von Haut und Subkutis, die sich vorzugsweise in den intertriginösen Arealen, d.h. perianal, inguinal, gluteal und/oder axillär manifestiert. Bei aytpischen Formen kann die Region retroaurikulär oder der Nacken betroffen ist. Pathogenetisch wesentlich ist hierbei die Zerstörung terminaler Haarfollikel in intertriginösen Hautarealen. 

Rauchen und Adipositas sind neben einer genetischen Disposition (Jørgensen AR et al. 2020) wichtige prädisponierende Faktoren.  

Vorkommen/Epidemiologie

Die Prävalenz einer bereits diagnostizierten Acne inversa in Deutschland liegt bei 0,3%. In Dänemark liegt die Prävalenz bei der allg. Bevölkerung bei 1,1%. In England wird eine Inzdienz von 1:600 angegeben. Afrikaner haben höhere Inzidenzen als Europäer.  

Ätiopathogenese

Chronische, neutrophile Follikulitis, die mit Zerstörung der Terminalhaarfollikel und sekundärer Einbeziehung der apokrinen Schweißdrüsen einhergeht. Bei einem Teil der Patienten gelingt der Nachweis von follikulären Hyperkeratosen mit anschließender Superinfektion (s.u. Acne inversaAkne-Triade bzw. Akne-Tetrade). Bei anderen Patienten hingegen können follikuläre Hyperkeratosen nicht nachgewiesen werden. Ansonsten ist das klinische Bild einer chronischen destruierenden Inflammation der Haut und Subkutis weitgehend identisch.

Allg. begünstigende Faktoren: Rauchen (90% der Pat. sind Raucher!) Schwitzen, Adipositas (Odds Ratio 3,9), metabolisches Syndrom (Phan K etal. 2019), scheuernde Kleidung, regelmäßiges Ausrasieren der Achselhaare, depilierende Externa. 

Der läsionale Hidradentitis-Keratinozyt: Von pathogenetischer Bedeutung ist, dass  läsionale Hidradenitis-Keratinozyten autonom, hohe Mengen an Chemokinen wie CCL2, CCL3 und CXCL3 sezernieren. Sie rekrutieren somit neutrophile Granulozyten, CD8-T-Zellen und natürliche Killerzellen. Keratinozyten sind offenbar auch die wichtigste Quelle für den Tumornekrosefaktor-α und Interleukin (IL)-6 in Hidradenitis-Läsionen. In Anwesenheit von IFN-γ (IFN-γ hängt in vivo von der Infiltration durch Immunzellen ab), exprimieren die Keratinozyten zusätzlich vermehrt Zytokine wie IL-1β, IL-12, IL-23 und IL-36γ. Bemerkenswerterweise mildert der JAK-Inhibitor Ruxolitinib die Expression von entzündlichen Zytokinen und Chemokinen in läsionalen HS-Keratinozyten. Er liefert damit eine Grundlage für künftige Studien zur topischen Behandlung der Hidradenitis suppurativa zumal er in geeigneten Grundlagen ein ausgezeichnetes Penetrationsverhalten zeigt (Schell SL et al. 2023).

Genetische Dispositionen: 

  • Bei den sehr seltenen "familiären Formen der Hidradenitis suppurativa" wurden Mutationen im "gamma-Sekretase-Komplex (s.u. PSENEN 2-Gen)" nachgewiesen (s.u. Acne Inversa familiäre 2, mit oder ohne Dowling-Degos Krankheit; OMIM: 613736).
  • MEFV-Defekt (MEFV steht für „MEFV Innate Immuity Regulator, Pyrin“). Das vom MEFV-Gen kodierte Protein, das auch als Pyrin oder Marenostrin bekannt ist ein wichtiger Modulator der angeborenen Immunität und der Entzündungsreaktion als Reaktion auf IFNG/IFN-gamma. Mutationen in diesem Gen werden mit dem familiären Mittelmeerfieber, einem hereditären periodischen Fiebersyndrom in Verbindung gebracht. MEFV-Mutationen kommen bei Hidradenitis suppurativa häufiger als in der Normalbevölkerung. Sie stehen mit dem Schweregrad der Erkrankung in Verbindung, sind jedoch auch bei vielen anderen entzündlichen Erkrankungen von pathogenetischer Bedeutung. 
  • Morbus Crohn: Assoziationen mit Morbus Crohn sind beschrieben - das Risiko an HDS zu erkranken ist um das Dreifache erhöht (Garg et al 2018).
  • Assoziationen mit  Rheumafaktor-negativer  Polyarthritis, mit Hypertonie und Pyoderma gangraenosum sind bekannt (s.u. SAPHO-Syndrom). Seltener ist eine Assoziation mit systemischer Amyloidose.
  • Paradoxe Reaktionen: von ätiologischer Relevanz ist der Hinweis, dass die Hidradenitis suppurativa als paradoxe Reaktion (UAW) unter einer Therapie einer rheumatoiden Arthritis oder eines M. Crohn mit TNF-alpha-Antagonisten auftreten kann (Salvador-Rodriguez L et al. 2020). 

Manifestation

In einer größeren amerikanischen Studie (Garg A et al. 2018) lag das Erkrankungsalter zwischen 28 und 64 Jahren;  56.5% im Alter zwischen 18 - 44 Jahren, 34,2% zwischen 45- 64 Jahren, 9.3% waren > 65 Jahre alt. Eine perianale Manifestation tritt bei Männern häufiger als bei Frauen auf. Gehäuft auch bei Rauchern auftretend.

Lokalisation

Häufige Manifestation: Axillen-Oberarmregion, Inguinalregion, Anal- und Perianalregion, Perineum, Skrotum, Gluteal, Oberschenkelinnen- und Streckseiten.

Atypische Formen: retroaurikulär, Nacken

Selten: Brustwarzenumgebung und Vulva.

Klinisches Bild

Im Frühstadium zeigen sich bei einem Teil der Fälle entzündliche, oberflächlich gelegene, hochrote, schmerzhafte Knötchen und Knoten. Diese können zu schmerzhaften, wulstartigen Abszessen konfluieren oder eitrig aufbrechen.

Je nach klinischer Ausprägung werden 3 Schweregrade (Hurley) unterschieden:

  • Hurley Grad I: Isolierte, einzelne oder multiple schmerzhafte Abszesse, keine Narbenstränge oder Fistelgänge.
  • Hurley Grad II: Rezidivierende schmerzhafte Abszesse mit Strangbildungen und Vernarbungen, einzeln oder multipel, aber nicht flächenhaft.
  • Hurley Grad III: Diffuse, plattenartige, entzündliche, schmerzhafte Infiltrationen, oder multiple miteinander verbundene Stränge (Fistelgänge) und Abszesse. Gefahr der Gelenkkontrakturen infolge schmerzbedingter Bewegungseinschränkung.

Labor

Die Entzündungsparameter können erhöht sein (Neutrophile Granulozyten, CRP, Leukozyten, Haptoglobin).

Die Höhe des Akut-Phaseproteins Haptoglobin ist mit der Erkrankungsschwere und dem Risiko von metabolischen Komplikation verbunden (Abu Rached et al. 2023).

Differentialdiagnose

Komplikation(en)

Rezidivneigung: Auch nach radikaler Operation sind Rezidive möglich. Die Rezidivquote ist je nach Lokalisation unterschiedlich: axillär ca. 3%, inguino-perineal ca. 35%, submammär ca. 50%. Bei längeren Verläufen ist die Bildung von Plattenepithelkarzinomen (Marjolin-Ulcus) möglich.

Kontrakturen/Fisteln: Dermale Kontrakturen mit Bewegungseinschränkung der Schulter- und Hüftgelenke, persistierende Schwellungen der äußeren Genitalien, tiefe pararektale Fisteln in der Perianalregion, urethrale Fisteln in der Genitalregion verbleiben.

Sepsis: Selten sind septische Verläufe.

Erhöhtes kardiovaskuläres Risiko: Offenbar besteht für Patienten mit Hidradenitis suppurativa ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko (Myokardinfarkte, ischämische Schlaganfälle)

Erhöhtes Risiko für Diabetes mellitus: Patienten mit schweren, entzündlichen Formen einer HS  haben ein erhöhtes Risiko für einen Diabetes mellitus (Abu Rached et al. 2023).

Assoziative Erkrankungen:

  • SAPHO-Syndrom: Erhöhtes Risiko für das Auftreten eines SAPHO-Syndroms (Synovitis, Akne/Hidradenitis suppurativa, Pustulose, Hyperostose und Osteitis (Crowley EL et al. 2018)
  • PASH/PAPASH-Syndrom: Erhöhtes Risiko für  PASH-Syndroms (Pyoderma gangrenosum, Akne und suppurative Hidradenitis) bzw. für das  PAPASH-Syndrom (Pyoderma gangraenosum, Akne, pyogene Arthritis und suppurative Hidradenitis). Diese Syndrome werden mit Mutation im PSTPIP1-Gen (Prolin-Serin-Threonin-Phosphatase-Interaktionsprotein-1-Gen) bzw. dem PSENEN-Gen (PSENEN ist das Akronym für Presenilin Enhancer, gamma-Sekretase-Komplex) in Verbindung gebracht (Vinkel C et al. 2017).
  • Familiäres Mittelmeerfieber: Bei Patienten mit familiärem Mittelmeerfieber (FMF), der häufigsten hereditären autoinflammatorischen Erkrankung, kann die Hidradenitis suppurativa einen schweren Phänotyp aufzeigen (Vural S et al. 2017). Es wird eine molekulare Verbindung zwischen familiärem Mittelmeerfieber und PASH/PAPASH und  komplexer Hidradenitis suppurativa vermutet, insbesondere wenn sie von einem Pyoderma gangraenosum begleitet wird, da die Produkte von Mittelmeerfieber-Gen (MEFV) und PSTPIP1 miteinander interagieren.

Therapie

Grad I:

  • Bei der frühen unkomplizierten Hidradenitis suppurativa sind intraläsionale Triamcinolon-Kristallsuspension-Injektionen 5-10 mg (z.B. mit Volon A) angezeigt. Abszessinzision mit nachfolgender Drainage (z.B. Einlegen eines Polyvidon-Jod getränkten Salbenstreifens) bei Fluktuation und drohender Perforation. Begleitend Systemantibiose mit Tetracyclinen (Tetracyclin-Wolff 1,0-1,5 g/Tag p.o.), Doxycyclin (z.B. Doxycyclin Stada 100-200 mg/Tag p.o.) über 14 Tage bis zum Abklingen der entzündlichen Erscheinungen.
  • Alternativ: Ciprofloxacin (z.B. Ciprobay 2mal/Tag 250 mg p.o.) oder Cephalosporine wie Cefadroxil (z.B. Cedrox 1,0-1,5 g/Tag). Nach Erhalt des Kulturergebnisses, Therapieregime entsprechend dem Antibiogramm.
  • Alternativ: Die Studien PIONEER I und PIONEER II bestätigten eine gute Effizienz von Adalimumab bei diesem Krankheitsbild (Saunte DML 2017).  
  • Prophylaxe: Nach Abheilen regelmäßige Behandlung der befallenen Areale mit desinfizierenden und desodorierenden Mitteln, z.B. mit 15-20% alkoholischer Aluminiumchlorid-Hexahydrat-Lösung  R005  oder  R006  oder -Gel  R004 . Cave! Nicht alle Patienten tolerieren Deodorantien auf der Basis von Aluminiumchlorid! Wichtig: Vermeiden von eng anliegenden Kleidern wie T-Shirts, Blue-Jeans, Body-Shirts u.ä. Keine Benutzung von Deo-Rollern oder Deo-Stiften.

Grad II:

  • Operative Therapie: Therapie der ersten Wahl ist je nach Lokalisation die radikale operative Sanierung der entzündlich veränderten Areale (Kirschke J et al. 2015). Inwieweit präoperativ eine Therapie mit Isotretinoin (z.B. Aknenormin) 0,5-1,0 mg/kg KG p.o. über 3-6 Monate angewendet werden sollte, ist derzeit noch nicht entschieden (Blok JL et al. 2013). Die deutschen Leitlinien sehen dies nicht vor. Insgesamt sind die Erfolge von Isotretinoin bei der Hidradenitis suppurativa eher als enttäuschend zu bezeichnen (Scheinfeld N 2013).   
  • Bei axillärer Lokalisation: Oval-lanzettförmige Umschneidung der zuvor durch den Minorschen Schwitzversuch markierten sezernierenden Drüsenareale. Hierfür wird  mittels Stieltupfer wässrige Jod-Lösung in der Achselhöhle aufgetragen und anschließend mit Weizenstärke überpudert; sezernierende Areale markieren sich blau-schwarz. Nach Exzision folgen die subkutane Wundrandmobilisierung und eine Beseitigung der entzündlichen Konglomerate mit der Präparierschere. Wenn technisch möglich, primärer Wundverschluss. Postoperativ Antibiose. Ein Verband zur Vermeidung von Abduktionsbewegungen sollte den Arm für ca. 7 Tage ruhigstellen. Häufig ist primärer Wundverschluss nicht möglich. In diesen Fällen kann man den Verschluss über Meshgraft anstreben oder aber das Operationsfeld offen lassen. Regelmäßige Verbände mit Alginaten (z.B. Algosteril, Tegagel), begleitende Antibiose. Nach entsprechender Wundgranulation Meshgraft-Transplantation.

Grad III:

  • Operative Therapie: Bei schwerer flächenhafter Hidradenitis der Axillen oder der Genitoanalregion ist die radikale Exzision des Entzündungsfeldes Mittel der Wahl. Wenn möglich 3-6 Monate zuvor mit Isotretinoin (z.B. Isotretinoin-ratiopharm; Aknenormin) 0,5-1,0 mg/kg KG p.o. beginnen. Falls erforderlich, sind intravenöse Antibiotikatherapien (z.B. Ceftriaxon 1mal/Tag 2 g i.v.) über 7-10 Tage präoperativ zu applizieren. Die Operationen sollten in Kliniken durchgeführt werden, die hierzu die notwendige Erfahrung besitzen. Einzelheiten des operativen Vorgehens sind identisch mit den Verfahren bei der Hidradenitis suppurativa Grad II. Abhängig von der Radikalität der Operation zeigt eine Sekundärheilung eine Rezidivrate  bis zu 30%. Grundsätzlich gilt: je radikaler operiert wird um so geringer das Rezidivrisiko!

 

Therapie allgemein

Nach Abheilen regelmäßige Behandlung der befallenen Areale mit desinfizierenden und desodorierenden Mitteln, z.B. mit 15-20% alkoholischer Aluminiumchlorid-Hexahydrat-Lösung oder -Gel (R004) . Cave! Nicht alle Patienten tolerieren Deodorantien auf der Basis von Aluminiumchlorid!

Wichtig: Vermeidung eng anliegender Kleider wie T-Shirts, eng anliegenden Jeans, Body-Shirts u.ä.

Keine Benutzung von Deo-Rollern oder Deo-Stiften.  

Interne Therapie

Zugelassene antiinflammatorischen Systemtherapien:

Adalimumab: eine Systemtherapie mit Adalimumab (Bsp: Humira®: 40mg s.c./1 x pro Woche - PiONEER I -Studie) führt nach einem Zeitraum von 12 Wochen zu einem guten klinischen Ergebnis.  Adalimumab ist für diese Indikation zugelassen (Dosierung wie zuvor angegeben). Dosierung für Erwachsene mit mittelschwerer bis schwerer Acne inversa: Humira® 80 mg / 0,8 ml: Induktion 2 Injektionen 80 mg (Woche 0: 160 mg), Erhaltung: Ab Woche 2 eine Injektion 80 mg jede zweite Woche (s.a. Lovrić I et al. 2021).

Secukinumab: Der Einsatz einer Systemtherapie mit Secukinumab (Cosentyx® 300mg s.c. alle 4 Wochen -  SUNSHINE und SUNRISE-Studie ) zeigt eine gute klinsche Ansprechrate sowohl binnen 16 als auch innerhalb von 52 Wochen. Secukinumab ist seit 2023 für mittelschwerer und schwerer Acne inversa/ Hidradenitis suppurative zugelassen: 300mg Cosentyx® s.c.: Induktion von subkutanen Injektionen mit 300mg über 4 Wochen (0-1-2-3-4), anschließend Erhaltungsdosen mit 300mg s.c. alle 4 Wochen (s.a. Kimball A et al. 2023). Bei weiterer Exazerbation: Erhöhung der Dosis auf 300 mg s.c. alle 2 Wochen.

Bimekizumab: Der monoklonale IL-17A/-17F-Antikörper Bimekizumab ist seit 2024 zur Systemtherapie der Hidradenitis suppurativa zugelassen (Bimzelx® 320mg s.c. alle 2 Wochen bis Woche 16, ab Woche 16 dann 320mg s.c. alle 4 Wochen — BE HEARD I und BE HEARD II-Studien). Bei ausbleibender Besserung nach 16 Therapiewochen sollte erwogen werden, die Systemtherapie mit Bimekizumab abzusetzen (s. a. Kimball A et al. 2024.).

Aktuell nicht zugelassen:

Experimentell: Etanercept (2mal/Woche 25/50 mg s.c.) zu.

Experimentell: Der Einsatz von Cyproteronacetat (Diane-35®, Androcur-10) ist bei Frauen eher enttäuschend, das gilt ebenso für Spironolacton.

Experimentell: Therapieansätze mit Infliximab ®, (3 Infusionen, 5 mg/kg KG in Woche 0, 2, 6; anschließend 1-jährige Beobachtungsphase) werden bei einem Teil der Fälle als positiv bewertet.

Experimentell: Therapieansätze mit Fumarsäureester (Deckers IE et al. 2015)

Experimentell: fokale Therapie mit Botulinumtoxn -A. Die Datenlage zu diesem Therapieansatz bedarf weiterer Studien.  

Experimentell: JAK-Inhbitor Ruxolitinib 

Verlauf/Prognose

Im günstigsten Fall nur einmalig solitäre Abszessbildung. Unbehandelt chronisch progredienter Verlauf. Die befallenen Areale können auch über Axillar- und Ileoinguinalregion hinausgehen, z.B. auf Oberarme, Oberschenkel und Gesäß. Die Rezidivneigung ist auch nach passagerem Abheilen sehr hoch. Die Hidradenitis suppurativa kann Bestandteil versch. systemischer autoinflammatorischer Syndrome sein wie: PAPASH und PASH

Familiäres Mittelmeerfieber: Bei Patienten mit familiärem Mittelmeerfieber (FMF), der häufigsten hereditären autoinflammatorischen Erkrankung, kann die Hidradenitis suppurativa mit einem schweren Phänotyp einhergehen, und weiterhin überlappende PAPASH-ähnliche Merkmale aufweisen (Vural S et al. 2017). Eine molekulare Verbindung zwischen familiärem Mittelmeerfieber und PASH/PAPASH wird bei Patienten mit komplexer Hidradenitis suppuratia angenommen, insbesondere wenn sie von Pyoderma gangraenosum begleitet wird. Hierbei scheinen die vom Mittelmeerfieber-Gen (MEFV) und dem PSTPIP1-Gen kodierten Produkte zu interagieren.

 

Hinweis(e)

1839 wurde das Krankheitsbild erstmals von Velpeau beschrieben. 1854 grundlegende Arbeit durch Verneuil; seine Auffassung: Die Hidradenitis suppurativa sei Folge entzündeter Schweißdrüsen. Lane und Brunsting vermuteten eine Abhängigkeit von der Akne. 1989 prägten Plewig und Steger den für dieses Krankheitsbild umstrittenen Begriff "Acne inversa".

Es besteht Grund zur Annahme, dass sich unter dem klinischen Begriff Hidradenitis suppurativa keine klinische Entität verbirgt, sondern dass unterschiedliche Kausalitäten zu einem weitgehend identischen klinischen Phänotyp führen. Wahrscheinlich ist das Krankheitsbild der Acne inversa ätiopathogenetisch (und auch klinisch: Nachweis der Komedonenbildung!) von der (idiopathischen) Hidradenitis suppurativa zu unterscheiden. Damit wären auch unterschiedliche Therapieansätze gerechtfertigt!

Rauchen scheint pathogenetisch bedeutsam zu sein. In einer größeren Studie waren 92% der Befragten Raucher!

Isotretinoin scheint keinen therapeutischen Nutzen zu besitzen. Bei Acitretin scheinen bei längerrzeitiger Therapie positive Effekte nachweisbar zu sein (Zoubulis CC et al. 2015).  

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