Graft-versus-Host Disease L99.1/L99.2

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 18.12.2024

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Synonym(e)

Graft-versus-host disease; Graft-versus-Host Reaction; GvHD; Kutane Graft-versus-host Erkrankung; Transplantat-Empfänger-Reaktion; Transplantat-Wirt-Reaktion

Definition

Komplexe immunologische Reaktion mit Beteiligung verschiedener Organe, die hauptsächlich als Folge einer allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation (HSZT) auftreten kann. Selten, aber dennoch beschrieben, ist das Auftreten der GvHD nach Transfusionen von Blutprodukten, Organtransplantation (Leber, Niere) sowie nach autologer HSZT.

Bei der Graft-versus-host-Reaktion (GvHR) reagieren vor allem die im Transplantat enthaltenen Spender-T-Lymphozyten auf den Empfängerorganismus. Die häufigsten Symptome einer GvHR zeigen sich an der Haut (epitheliale Zellen), der Leber, dem Darm und dem Auge, wobei die Haut das am häufigsten betroffene Organ ist.

Graft-versus-host (GvH)-ähnliche Reaktionen (s.u. Pseudosklerodermien) wurden (selten) auch als Nebenwirkungen auf verschiedene Arzneimittel beschrieben, so u.a. auf Phenobarbital, D-Penicillamin, Gold-Präparate, Hepatitis-B-Vakzine, Captopril, Spironolacton und Allopurinol.

Einteilung

Aus klinischer Sicht (Konsensuskonferenz des NIH 2005) sind die GvH-Reaktionen nach ihrem Auftreten unterteilen in:

  • akute Graft-versus-Host-Disease (aGvHD/L99.1-) (Krankheitsbeginn innerhalb der ersten 100 Tage nach Transplantation)
    • Klassische akute GRaft-versus-Host-Disease (aGvHD)  
    • Persistierende akute Graft-versus-Host-Disease (Krankheitsbeginn 100 Tage nach Transplantation)
    • Rezidivierende akute Graft-versus-Host-Disease (Krankheitsbeginn 100 Tage nach Transplantation)
    • Verzögert auftretende akute Graft-versus-Host-Disease
  • chronische Graft-versus-Host-Disease (cGvHD/L99.2-) (Krankheitsbeginn >100 Tage nach Transplantation)
    • Klassische chronische Graft versus-Host-Disease (>100 Tage nach Transplantation)
    • Klassische chronische Graft versus-Host-Disease - Overlap Syndrom (>100 Tage nach Transplantation; Zeichen der akuten und der chronischen Graft-versus-Host-Disease)

 

Vorkommen/Epidemiologie

Bei nicht-verwandten Spendern wird eine Inzidenz von 4-60% erwartet. Bei HLA-Inkompatibilität erhöht sich das Risiko einer GvHD auf 70-80%.

Ätiopathogenese

Für die Entwicklung einer GvHD spielen die Anzahl und die Art der der fremdem HLA-Moleküle eine Rolle. Nach Möglichkeit wird die Transplantation von Blutstammzellen von HLA-identischen Spendern vorgenommen. Eine GvHD wird dadurch aber nicht verhindert.  

Bei der Entwicklung der aGvHD werden 3 Phasen angenommen (Ziemer M et al. 2020; Ferrara Jl et al. 2009):

  • die Aktivierung antigenpräsentierender Zellen des Empfängers
  • die Aktivierung von Spender-T-Zellen
  • die Effektorphase

Eine ätiologische wichtige Rolle bei der Auslösung einer aGvHD spielt die durch die vorausgegangene Konditionierung induzierte Gewebebeschädigung, und die dadurch ausgelöste Freisetzung proinflammatorischer Zytokine mit der Aktivierung antigenpräsentierender Zellen des Empfängers. Aber auch die Interaktionen des Immunsystems mit den Mikrobiomen des Gastrointestinaltraktes und der Haut. Durch die Translokation von Bakterien und deren endotoxisch wirksamen Lipopolysacchariden, die durch die vorausgegangene Konditionierung der nunmehr massiv toxisch geschädigte Darmwand möglich ist, werden antigenpräsentierende Zellen aktiviert. Die Aktivierung von Rezeptoren der angeborenen Immunantwort (=pathogen-recognition-receptors – PPR)  wie Toll-like-Rezeptoren (TLR) und Nod-like-Rezeptoren (NLR) durch Produkte der intestinalen Flora scheint ein Schlüsselelement der entzündlichen Kaskade bei der GvHD zu sein. Mikrobielle Metabolite wie kurzkettige Fettsäuren, die im Dickdarm durch anaerobe Bakterien gebildet werden und Tryptophan-Produkte kommensaler Bakterien (z.B. durch Laktobazillen) haben profunde Auswirkungen auf das Immunsystem (Ziemer M et al. 2020). Der notwendige frühzeitige Gebrauch von Antibiotika spielt für die Besiedlung des Darms durch pathogene Bakterienspezies eine wesentliche Rolle. Die Folge dieser Dysbakteriose des Darms ist ein inflammatorisches Milieu mit Aktivierung von Spender-Zellen, von zytotoxischen T-Zellen und natürlichen Killerzellen. Die Folge ist v.a. eine Schädigung epithelialer Zellverbände von Haut und Darm.  

Klinisches Bild

Bei > 90% der allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantationen ist die Haut bei der chronischen GVHD beteiligt.

Labor

Bisher sind keine prädiktiven Biomarker bekannt, die für eine spezifische Diagnosesicherung in Frage kämen. Diskutiert werden die Chemokine  CXCL9 und CCL17 (Chen T et al. 2019).

Verlauf/Prognose

Die GvHD ist neben Infektionen die häufigste Komplikation einer aHST (allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation). Im ersten Jahr nach Transplantation überleben im klinischen Stadium III der aGvHD nur etwa 30% der Patienten, im klinischen Stadium IV nur noch 10%. Die chronische GvHD (cGvHD) betrifft jeden 2. Patienten. Sie ist die schwerwiegendste Langzeitkomplikation der aHSCT. Die Haut ist das am häufigsten betroffene Organ.      

Literatur
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  1. Chen T et al. (2019) The clinical observation of serum specific biomarkers in patients with chronic graft-versus-host disease. Zhonghua Xue Ye Xue Za Zhi 40: 948-952.

  2. Filipovich AH et al. (2005) National Institute of Health consensus development project on criteria for clinical trials in chronic-graft-versus-host-disease. Biol Blood Marrow Transplant 11: 945-956

  3. Travnik R et al. (2011) Graft-versus-host-disease (GvHD) - ein Update. Hautarzt 62: 139-155
  4. Ziemer M et al. (2020)  Hautmanifestationen der akuten und chronischen Graft-versus-host-Erkrankung nach allogener Stammzelltransplantation. Hautarzt 71 :557-568.

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