Harlequin-IchthyoseQ80.4

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

ARCI; Harlekinfetus; Harlekin-Ichthyose; Harlequin ichthyosis; Hyperkeratosis universalis congenita; Ichthyosis congenita fetalis; Ichthyosis congenita gravis; Ichthyosis congenita Riecke I; Ichthyosis congenita universalis; Keratosis diffusa maligna; OMIM 242500; OMIM 601277

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Erstbeschreiber

Riecke 1900

Definition

Schwerste Form der autosomal rezessiven kongenitalen Ichthyose (ARCI). S.u. Ichthyosen.

Vorkommen/Epidemiologie

Sehr seltene Form der Ichthyose mit einer Prävalenz von 1/1,0 Mio. Menschen.

Ätiopathogenese

Rezessive Nonsense-Mutation im ABCA12-Gen das auf dem Chromosom 2q34 lokalisiert ist. Das ABCA12-Gen kodiert ein Protein das als  "ATP-binding cassette (ABC)-Transporter" bezeichnet wird. Dieses Protein ist am Lipidtransport der lamellären Granula zur apikalen Membran der Keratinozyten im Statum granulosum beteiligt. Anzunehmen ist, dass die Mutation entweder über die Veränderung der wichtigen Nukleotid-bindenden Domäne oder der Transmembran-Domäne des ABCA12-Proteins zu einem erheblichen Funktionsverlust der Lipidbarriere und damit zu dem schweren ichthyotischen Zustand der Haut führen. 

Weniger gravierende Missense-Mutationen des ABCA12-Gen führen zu einer milderen Variante der autosomal-rezessiven kongenitalen Ichthyosen (s. ACRI-Spektrum).  

Klinisches Bild

Die Kinder werden mit extremen, schon intrauterinen einsetzenden Verhornung mit panzerartigen Hornplatten und tiefen Hauteinrissen geboren (lamelläre Ichthyose). Der rüstungsartige Panzer beeinträchtigt die Beweglichkeit der säuglinge erhbelich und schränkt auch ihre Fähigkeit zum Atmen und zur Nahrungsufnahme erheblich ein. Der Harlekin-Fötus wird mit platter Nase, Wulstlippen, ektropionierten Lidern geboren. Weiterhin  Befall von Mund- und Genitalschleimhaut.

 

Histologie

Proliferationshyperkeratose und unregelmäßig verbreitertes, massiv orthohyperkeratotisches, mit Parakeratoseinseln durchsetztes Stratum corneum sowie verdicktes Stratum granulosum.

Diagnose

Evtl. pränatale Diagnostik.

Therapie

Intensivmedizinische Betreuung und Überwachung, Lagerung in feuchtgehaltenem Inkubator (erhöhter Wasser- und Wärmeverlust, häufig Frühgeburten), Ausgleich von Wasser- und Elektrolythaushalt (hypernatriämische Dehydratation), Vermeidung von Sekundärinfektionen, intensivmedizinische Überwachung. Häufig besteht ein Ektropium, so dass die Augen gesondert behandelt sowie vor Austrocknung und externer Verletzung geschützt werden müssen.

Externe Therapie

Wichtig ist die mehrmals tgl. Fettung der Haut (z.B. Paraffin subliq., Linola Fett). Bei Einrissen der Haut Fett-Gaze mit antiseptischen Zusätzen wie Chlorhexidin (z.B. Bactigras Gazeverband). Ölhaltige Bäder und antiseptische Zusätze wie Chlorhexidin. Salicylsäure-haltige Externa für extreme hyperkeratotische Bereiche sind wegen resorptiver Toxizität umstritten, besser sind für solche Bereiche kurzfristig bis zu 10% Harnstoff-Salben geeignet.

Eine lokale Behandlung mit Tazarotene kann an umschriebenen Hautstellen (< 2% der Körperoberfläche) durchgeführt werden. S.a.u. Ichthyosis vulgaris, autosomal-dominante.

Interne Therapie

Etretinattherapie (1-3 mg/Tag in langsam absteigender Dosierung) ist die einzige, als wirksam beschriebene Medikation. Beginn in den ersten Lebenstagen.

Todesursachen anfänglich überlebender Babys sind insbesondere plötzlich auftretende Septikämien mit schnellem Verfall. Deshalb sind prophylaktische Breitbandantibiose, regelmäßige Abstriche der Haut, Blutkontrollen auf Bakteriämie sowie der schnellstmögliche Einsatz von Antibiotika nach Antibiogramm, bei Verdacht auf Infektion erforderlich.

Verlauf/Prognose

50% der Kinder versterben vor oder kurz nach der Geburt durch Ateminsuffizienz, Störungen des Wärme-/Wasserhaushaltes und Septikämien. Das Krankheitsbild geht später in das klinische Bild einer entzündlichen exfoliativen Ichthyose und Erythrodermie über.

Bei Langzeitüberlebenden bildet sich die Hautpanzerung etwas zurück. Es zeigen sich generalisierte, groblamelläre Schuppungen bei ausgeprägter Entzündungssymptomatik (Erythrodermie).   

Literatur

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