Pemphigus paraneoplastischerL10.8

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Paraneoplastic pemphigus; Paraneoplastischer Pemphigus

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Erstbeschreiber

Grant James Anhalt, 1990

Definition

Seltene, klinisch schwer verlaufende, autoimmunologische, obligate Paraneoplasie mit schmerzhaften Schleimhauterosionen der Konjunktiven, der Mundschleimhaut, des Ösophagus, der Bronchien, der Lunge (fibrosierende Alveolitis), des Darms. In der Haut imponieren vornehmlich schlaffe, meist hämorrhagische, schlaffe Blasen sowie  flächenhafte Erosionen.

Der paraneoplastische Pemphigus ist häufig assoziiert mit Non-Hodgkin-Lymphomen, v.a. mit indolenten B-Zell-Lymphomen (42%). Assoziation auch mit T-Zell-Lymphomen, chronisch lymphatischer Leukämie (29%), Castleman-Lymphomen (!), malignen Thymomen (10%) sowie Sarkomen unterschiedlicher Genese.

Epitheliale Malignome wie Adenokarzinome oder Plattenepithelkarzinome fehlen als initiierende Malignome.   

Klinisches Bild

Häufig akuter Beginn mit schmerzhaften Erosionen und Ulzera der Mundschleimhaut. Die Stomatitis verläuft ungewöhnlich schwer und therapieresistent (sichtbar sind schmerzhafte flächige Erosionen und Ulzera). Weiterhin treten therapieresistente Entzündungen an anderen  Übergangsschleimhäuten (Rhinitis, Pharyngitis, Bronchitis, Brochiolitis: Bemerkung: im Gegensatz zu anderen Pemphigusarten kann auch ein akantholytischer Adhäsionsverlust des Bronchialepithels auftreten, Balanitis und Vulvitis) auf. Eine schmerzhafte Konjunktivitis kann mit narbigen Synechien einhergehen. Eine obstruktive Bronchiolitis kann zu einem fatalen Verlauf Ausgang der Erkrankung führen. Beschrieben ist ein Zusammenhang mit Myasthenia gravis.

Die Hautveränderungen  sind im Gegensatz zum Pemphigus vulgaris vielgestaltig, ähneln mit den teils schlaffen aber auch prallen Blasen dem bullösen Pemphigoid oder einem Erythema exsudativum multiforme; weiterhin können Lichen-planus-artige Plaques aber auch Blasen an Handflächen und Fußsohlen auftreten (Bemerkung: der Befall der Handflächen und/oder Fußsohlen ist  für einen Pemphigus vulgaris unüblich), auch TEN-artigen Epidermolysen sind möglich.         

Labor

Nachweis von Antikörpern gegen Envoplakin, Periplakin, alpha2-Makroglobulin-like1. Bei fast allen Patienten finden sich Ak gegen Desmoglein3.  

Histologie

Fokale subprabasale Akantholyse mit dichtem subepithelialem Infiltrat aus Lymphozyten, Monozyten und wenigen neutrophilen Leukozyten.

Direkte Immunfluoreszenz

IgG und IgA sowie meist Komplementkomponenten (C3, C4, C1) im Interzellularraum der Epidermis/Mukosa. Häufig auch lineare IgG und Komplementablagerungen im Bereich der dermo-epidermalen Junktionszone (wie beim bullösen Pemphigoid!).

Indirekte Immunfluoreszenz

Nachweis von IgA und IgG Antikörpern gegen Desmocollin 3 (s.u. DSC3-Gen) sowie IgG Antikörpern gegen Desmocollin 2 (s.u. DSC2-Gen).

Differentialdiagnose

Toxische epidermale Nekrolyse; Stevens-Johnson-Syndrom; Pemphigus vulgaris, bullöses Pemphigoid;

Therapie

Tumorsuche und Sanierung. Da die Hauterscheinungen häufig erst im fortgeschrittenen Stadium auftreten, steht die symptomatische palliative Therapie im Vordergrund. Externe Therapie s.u. Pemphigus vulgaris.

Fallbericht(e)

48-jährige Metallarbeiterin mit seit 3 Jahren bekanntem follikulärem B-Zell-Lymphom und einer Cyclophosphamid-Monotherapie entwickelte akutes Fieber mit Splenomegalie, abdomineller Lymphadenopathie und deutlicher Kurzatmigkeit. CT Thorax und Rö-Thorax: Ohne Befund. 5 Tage nach der stationären Aufnahme Ausbildung einer schweren, sehr schmerzhaften erosiven Stomatitis, einer bilateralen Konjunktivitis sowie einem wenig juckenden, lichenoiden Exanthem an Stamm und Extremitäten. An mehren Stellen, bildeten sich EEM-artige Plaques.

Histologie (Haut): Dichtes inflammmatorisches Infiltrat in der papillären Dermis, hydropische Basalzelldegeneration, fokale suprabasale Akantholyse. Diagnose: Erkrankung der Pemphigusgruppe.

DIF: IgG- und IgA-Ablagerungen im Bereich der Keratinozytenoberfläche, lineare C3- Ablagerungen im Bereich der Basalmembranzone. Indirekte DIF: IgG-Antikörperbindung an Epithel des Affenösophagus (Titer 1:640), der Rattenharnblase (Titer 1:640); Bindung von IgA und IgG an Bronchialepithel von Rattenlunge.

Immunoblot: Bindung von Serum IgG an 210 kDa Envoplakin, 190 kDa Periplakin und BP 180 NC16a Domäne.

ELISA: Nachweis von IgA- und IgG-Ak gegen Desmocollin 3, IgG-Ak gegen Desmocollin 2.

Verlauf: Hautsymptome und orale Schleimhautveränderungen besserten sich nach hoch dosierter Therapie mit Glukokortikoiden (Prednisolon 3 mg/kg KG i.v.). 14 Tage später Entwicklung einer schweren Aleveolitis; Exitus letalis.

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