Chronische aktinische Dermatitis (Übersicht)L57.1

Autor:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

Co-Autor:Christoph Rose

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Actinic reticuloid; aktinische Dermatitis; Aktinisches Retikuloid; CAD; Chronic actinic dermatitis; Chronisch aktinische Dermatitis; Chronische aktinische Dermatitis; Chronische photosensitive Dermatitis; Lichtekzem; Persistent light reaction; Persistierende Lichtreaktion; Photosensitive Dermatitis; Photosensitives Ekzem; Retikuloid aktinisches

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Erstbeschreiber

Hawk und Magnus, 1979

Definition

Relativ seltene, eminent chronische, stark juckende oder brennende, therapieresistente, ekzematöse Hautkrankheit in lichtexponierten Arealen, die zu Beginn der Erkrankung durch UVB-, im weiteren Verlauf auch durch UVA-Strahlung oder durch normales Tageslicht (unspezifisch) provozierbar ist.

Das auslösende Phototoallergen ist in vielen Fällen nicht mehr eruierbar. 

Es besteht eine jahreszeitliche Abhängigkeit mit Verstärkung der Hauterscheinungen in den Sommermonaten.

 

Einteilung

Der Begriff "chronische aktinische Dermatitis", kurz CAD, gilt als Überbegriff (oder wird auch synonym gebraucht) für verschiedene, bereits zuvor beschriebene, Lichtdermatosen.

Hierzu gehören:

Ätiopathogenese

Der Pathomechanismus der Erkrankung ist unklar. Es wird angenommen, dass ein photoinduziertes Antigen zu einer Überempfindlichkeitsreaktion vom verzögertem Typ führt, analog zu einer allergischen Kontaktdermatitis.

Es werden allerdings weniger exogene Allergene vermutet, sondern eher endogene photoreaktive Autoantigene, die sich durch die elektromagnetische Bestrahlung bilden.

Das auslösende Aktionsspektrum liegt meist im UVB- und UVA-Bereich; seltener und bei mehrjähriger Persistenz auch im sichtbaren Lichtspektrum.

Manifestation

Vor allem Männer im mittleren und höheren Lebensalter sind betroffen. Verhältnis m:w=10:1

Lokalisation

Prädilektionsstellen sind das gesamte Gesicht, Hals- und Nacken sowie die Handrücken. Die Retroaurikularregion bleibt frei (DD Airborne Contact Dermatitis), ebenso der Kinnschatten. Bei schwerster Ausprägung der Erkrankung kann das gesamte Integument betroffen sein (sehr selten), weil schon geringste Dosen Tageslicht bzw. UV-Strahlung ausreichen, um eine photoallergische Reaktion auszulösen und zu unterhalten.         

 

Klinisches Bild

S.a. unter den einzelnen Krankheitsbildern.

Es zeigen sich meist großflächige, massiv juckende, auch schmerzende, chronisch-ekzematöse, schuppende Hautveränderungen mit erheblicher Lichenifikation und deutlicher entzündlicher Infiltration der Haut, was zu einer lederartigen Konsistenzzunahme der läsionalen Bereiche führt. Die Hautveränderungen sind zur unbelichteten Haut deutlich abgegrenzt, wobei dieser Übergang nicht linienmäßig scharf erfolgt, sondern unregelmäßig aufgelockert. Dermatitische  Streuphänomene können auch in von Kleidung bedeckten Hautarealen auftreten.  

Die Hautveränderungen persistieren nach geringer UV-Belastung monatelang und können im Winter abklingen, um im Frühjahr, nach kurzer UV-Exposition, erneut zu exazerbieren und zu persistieren.

Nach einer Reihe von Jahren geht dieser Rythmus verloren und die ekzematösen Hautveränderungen persistieren ganzjährig, wobei in der lichtreichen Jahreszeit eine zusätzliche Verschlechterung des chronischen Ekzemzustandes eintritt.  

Eine Facies leontina als Maximalausprägung der chronischen aktinischen Dermatitis (sog. aktinisches Retikuloid) im Gesichtsbereich ist möglich. 

Histologie

Bild einer chronischen, lichenifizierten Dermatitis mit teils psoriasiformer Akanthose, Verlängerung der Reteleisten, Hyperkeratose mit parakeratotischen Anteilen, perivaskulärem, teils auch diffusem, sehr dichtem, überwiegend lymphozytärem Infiltrat in der oberen Dermis, mit leichter bis deutlicher dermaler Fibrose (je nach Bestandsdauer der Ekzemreaktion). Meist Proliferation wandverdickter Kapillaren in der Infiltratzone. Fokal sehr unterschiedlich ausgeprägte (je nach Akuitätsgrad der Ekzemreaktion) Epidermotropie mit Spongiose. Bei sehr dichtem epidermotropem Infiltrat ist differenzialdiagnostisch an ein kutanes T-Zell-Lymphom vom Typ der Mycosis fungoides zu denken.  

Differentialdiagnose

Klinisch:

  • Kontaktallergische Dermatitis: Insbesondere das aerogene kontaktallergische Ekzem ist abgrenzungswichtig. Hierbei kann ein analoges klinisches  Bild vorhanden sein. Der Zusammenhang zwischen dem auslösenden Kontaktprinzip und den Hautveränderungen ist anamnestisch zu erforschen.
  • Photoaggravierte atopische Dermatitis: Verschlechterung der ekzematösen Hautsymptomatik beim zuvor bekannter extrinsischer atopischer Dermatitis unter UV- (meist UVA-) - oder Sonnenlichtexposition. Ein diagnostisches Hilfszeichen in Abgrenzung zum aerogenen kontaktallergischen Ekzem ist die freibleibende Kinn- (Kinnschatten) mit der Retroaurikularregion.  
  • Aktinisches Retikuloid: keine wirkliche Differenzialdiagnose, da das aktinische Retikuloid als (Maximal-)Variante der chronischen aktinischen Dermatitis angesehen wird. 
  • Akute Dermatitis solaris: Akutes Geschehen mit scharf auf den Expositionsort begrenzter, schmerzhafter Dermatitis (keine randständigen Streuphänomene). Der klinische Bezug zur auslösenden Situation ist meist eindeutig.     

Histologisch:

  • Lymphomatoide Kontaktdermatitis: durchaus analoges histologisches Bild mit Akanthose, bandförmigem lymphoidzelligem Infiltrat, Epidermotropismus: Klinik schließt diese DD aus.
  • Mycosis fungoides (auch andere T-Zell-Lymphome): Je nach Stadium der Erkrankungen kann ein analoges histologisches Bild auftreten; meist jedoch ist eine deutliche Zellpolymorphie zu erwarten. Klonalitätsuntersuchungen sind zur Abgrenzung nützlich. Letztlich entscheidend ist die zusammenfassende Wertung von Klinik und Histologie.
  • Atopische Dermatitis: Das UV-getriggerte atopische Ekzem kann ein analoges histologisches Muster aufweisen.   

 

Therapie

Im Vordergrund steht die strikte Prophylaxe (s. dort). Weiterführende Therapiemaßnahmen; s.u. Retikuloid, aktinisches.

Interne Therapie

Bei therapieresistenten Fällen ist eine systemische Immunsuppression mit Glukokortikoiden bzw. Azathioprin/Cyclosporin A notwendig. Sinnvoll ist eine immunsuppressive Kombinationstherapie in der frühen Phase einer PUVA-Therapie.  

Verlauf/Prognose

Die Erkrankung ist hochchronisch und neigt bei zunehmender Bestandsdauer zur Verschlimmerung der Symptomatik durch Zunahme der Lichtempfindlichkeit. So können minimale Lichtexpositionen zu langzeitigen Ekzemreaktionen in den betroffenen Arealen führen.      

Prophylaxe

  • Schutz durch Kleidung: Das Abdecken der Haut durch Kleidung ist ein effektiver und nebenwirkungsarmer Lichtschutz. Es sollte jedoch beachtet werden, dass Stoffe je nach Faser, Farbstoff und insbes. Maschenart und -größe verschieden sind und bei wenig dichten Geweben ein erheblicher Anteil der Strahlung das Textil durchdringen kann.
  • Chemische Lichtschutzmittel: Durch Absorption von UV-Licht verhindern diese Substanzen die photochemische Primärreaktion in der Haut. Zugesetzte Antioxidantien vermindern zusätzlich die sekundären photochemischen Reaktionen an körpereigenen Molekülen. Vorwiegend im UV-B Bereich absorbieren Substanzen aus den Stoffgruppen der Paraaminobenzoesäurederivate, der Salizylate, der Kampherderivate, der Zimtsäureester und der Benzimidazolderivate. Sogenannte Breitbandfilter wie Dibenzoylmethane und Benzophenone absorbieren sowohl UV-B als auch UV-A.
  • Physikalische Lichtschutzmittel: Pigmente aus Titanoxid, Eisenoxid oder auch Zinkoxid in einer Korngröße von 10-60 nm absorbieren im Bereich des UV-Lichtes, reflektieren aber das sichtbare Licht kaum. Sie können in breitem Rahmen angewendet werden. Die Bildung von gefährlichen Radikalen läßt sich durch ein Coating der Pigmentgranula oder durch eine Dotierung, eine Art Verunreinigung des Kristallgitters, vollständig verhindern.
  • Light-hardening: Photo(chemo)therapie oder Schmalband-UVB in sehr niedrigen Dosierungen (s.a. unter Retikuloid aktinisches).

Tabellen

Kriterien und Differenzierung zur Einteilung chronisch photosensitiver ekzematöser Hauterkrankungen (modifiziert nach Milde)

Diagnose

Histologie

Photosensitivität

Photopatch-Test

Patch-Test

Persistierende Lichtreaktion

Spongiotische Dermatitis

UVB, (UVA)

+

+/-

Aktinisches Retikuloid

Mycosis-fungoides-artig

UVB, UVA, (sichtbares Licht)

-

+/-

Photoallergisches Ekzem

Spongiotische Dermatitis

UVB, (UVA), (sichtbares Licht)

+/-

+/-

Photoaggraviertes endogenes Ekzem

Spongiotische Dermatitis

UVA, (UVB)

-

+/-

 

 

 

 

 

Testort

Nicht lichtexponierte Hautregion

Testfelder

5 x 5 cm

Strahlenquellen

UV-A:Fluoreszenzstrahler (Philips TL 09 N, TL 10 R)

Metallhalogenidstrahler (340 - 400 nm)

UV-B. Fluoreszenstrahler (Philips TL 12, 285 - 350 nm)

Sichtbares Licht : Diaprojektor

Strahlendosen

UV-A. 1,0, 10, 30 J/cm2

UV-B: 0,5-, 1,0-, 1,5fache MED

Sichtbares Licht: 30J/cm2

Ablesung

24, 48, 72 h nach Bestrahlung

 

Literatur

  1. Bhari N et al. (2017) Tacrolimus 0.1% ointment applied under occlusion using cling film clears chronic 
    actinic dermatitis resistant to systemic treatment.Int J Dermatol 56:e139-e141.
  2. Dawe RS (2003) Diagnosis and treatment of chronic actinic dermatitis. Dermatol Ther 16: 45-51
  3. Lehmann P et al. (2011) Lichtdermatosen: Diagnostik und Überblick. Dt Ärztebl 108: 135-141
  4. Ling TC et al. (2003) Treatment of polymorphic light eruption. Photodermatol Photoimmunol Photomed 19: 217-227
  5. Mang R et al. (2003) Sun protection during holidays. Hautarzt 54: 498-505
  6. McCall CO (2003)  Treatment of chronic actinic dermatitis with tacrolimus ointment. J Am Acad Dermatol 49: 775
  7.  O'Gorman SM et al. (2014) Photoaggravated disorders. Dermatol Clin 32:385-398
  8. Paek SYet al. (2014) Chronic actinic dermatitis. Dermatol Clin 32:355-361
  9. Wolf C et al. (1988) Das Syndrom der chronisch-aktinischen Dermatitis. Hautarzt 39: 635-641
  10. Yap LM et al. (2003) Chronic actinic dermatitis: A retrospective analysis of 44 cases referred to an Australian photobiology clinic. Australas J Dermatol 44: 256-262

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