Synonym(e)
Definition
Die Cutis marmorata teleangiectatica congenita (CMTC) oder auch kongenitale Phlebekatsie, ist eine konnatale, durch Teleangiektasien und Phlebektasien hervorgerufene, generalisierte oder lokalisierte, nicht selten systematisierte (entweder entlang der Dermatomgrenzen ausgebildet oder den Blaschko-Linien folgend) komplexen Reifestörung v.a. von Haut, Subkutis mit netzförmiger Zeichnung der Haut. Die Dystrophie (Unterscheidung zur passageren Livedo reticularis des Neugeborenen) kann isoliert an der Haut auftreten oder mit mesodermalen oder neuroektodermalen Anomalien einhergehen. Nicht selten können Atrophien in der befallenen Haut nachgewiesen werden.
Auch lokalisierte Atrophien des subkutanen Fettgewebes, der angrenzenden Muskulatur sowie des knöchernenen Skeletts sind beschrieben (s.a. Adams-Oliver-Syndrom). Bei einigen Kindern mit CMTC wurden kardiale und neurologische Defekte sowie okuläre Anomalien festgestellt (Shareef S et al. 2024).
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Vorkommen/Epidemiologie
Die Häufigkeit von CMTC ist nicht bekannt; derzeit sind etwa 300 Fälle bekannt. Es wurde keine geschlechtsspezifische Prädilektion bei CMTC festgestellt. Viele Studien deuten auf ein Überwiegen des weibl. Geschlechts; derUnterschied war jedoch statistisch nicht signifikant (Shareef S et al. 2024).
Ätiopathogenese
Die molekulare Ursache dieses kongenitalen vaskulären Naevus ist bisher nicht bekannt geworden. In mehreren Studien wurde die Ursache der Krankheit jedoch als multifaktoriell eingestuft. Eine postzygotische Mutation in der frühen 'Embryogenes in einem bisher noch unbekannten Gen (GNA11?)diskutiert (Schuart C et al. 2022). Es ist zu vermuten, dass die Krankheit früher mit anderen, angeborenen kapillaren Fehlbildungen verwechselt worden ist. Insofern sind die älteren Publikationen zu diesem Krankheitsbild mit Vorbehalt zu versehen.
Pathophysiologie
Die Pathogenese dieser Erkrankung ist unklar und wahrscheinlich multifaktoriell bedingt. Die meisten CMTC-Fälle sind sporadisch aufgetreten. Ein autosomal-dominanter Vererbungsmodus mit unvollständiger Penetranz und Teratogene werden als Ursache für die Entstehung der CMTC in Betracht gezogen. Erhöhte mütterliche Serumspiegel an humanem Choriongonadotropin und fetaler Aszites wurden ebenfalls mit dieser Krankheit in Verbindung gebracht.
Manifestation
CMTC tritt in der Regel bei der Geburt auf; es wurden jedoch auch einige Fälle mit verzögertem Beginn berichtet, bei denen sich die Läsionen drei Monate bis 2 Jahre später entwickelten. Keine Geschlechtsbevorzugung!
Lokalisation
Die CMTC ist durch ein dunkelviolettes bis rotes, netzartiges Gefäßmuster gekennzeichnet, das mit Teleangiektasien und gelegentlich hervortretenden Venen durchsetzt ist. Die Läsionen können lokalisiert oder generalisiert sein und treten in der Regel bei der Geburt auf. Die lokalisierte Variante gilt als häufiger und betrifft etwa 60 % der erkrankten Kinder, während die generalisierte Form bei etwa 40 % der Kinder mit CMTC auftritt. Bei der lokalisierten Form tritt sie einseitig auf, segmental mit einer scharfen Abgrenzung, die die Mittellinie nicht überschreitet, und betrifft in der Regel die unteren Gliedmaßen, gefolgt von Rumpf und Gesicht. Bei der generalisierten Form der CMTC bleiben Handflächen, Fußsohlen und Schleimhäute meist verschont, während Rumpf, Gliedmaßen, Gesicht und Kopfhaut am häufigsten betroffen sind.
Klinisches Bild
Integument: Unsymmetrisch, auch segmental verteilte oder systematisierte marmorierte Haut mit Teleangiektasien und Phlebektasien; häufig auffallend dünne, durchscheinende (atrophische) Haut mit deutlicher Venenzeichnung.
Seltener sind eingestreute Spinnennävi oder prominente Venen.
Bei Jugendlichen und Erwachsenen kann eine deutliche Fettgewebs- und Muskelatrophie vorhanden sein. Es kann jedoch auch eine Hypertrophie der Gliedmaßen auftreten.
Nicht ganz selten ist die Cutis marmorata teleangiectatica congenita mit einem melanozytären Naevus oder einem Naevus anämicus kombiniert (s.a. pigmentär vaskuläre Phakomatose). Andere vaskuläre Anomalien sind Portweinflecken, Angiokeratome und Hämangiome.
Extrakutane Manifestationen: Genitoanale Anomalien, Skelettveränderungen, Gaumenspalte, Lipome, Hyperkalzämie, Glaukom, Missbildungen wie Hemiatrophie, Hemihypertrophie betroffener Extremitäten, neuromuskuläre Störungen. Vereinzelt Ausprägung eines progerieartigen Aspektes.
Andere assoziierte extrakutane Befunde sind:
- Glaukom
- neurologische Anomalien wie Makrozephalie stellten sich als Megalenzephalie-Kapillarmissbildungs-Polymikrogyrie-Syndrom (syn: Makrozephalie-cutis-marmorata-congenita -Syndrom) dar, ein Syndrom, das auch neonatale Hypotonie, Entwicklungsverzögerung, Überwuchs und Bindegewebsdefekte umfasst. Das mit MCAP assoziierte Gen, das PIK3CA-Gen (PIK3CA steht für: Phosphatidylinositol-4,5-Bisphosphat-3-Kinase Katalytische Untereinheit Alpha) ist ein Protein kodierendes Gen, das auf Chromosom 3q26.32 lokalisiert ist.
Histologie
Die Diagnose der CMTC ist klinisch, da die Histologie unspezifisch ist. Vermehrte, zum Teil lakunär erweiterte Kapillaren, Venulen in der Dermis und Subkutis. Auch eine spärliche perivaskuläre lymphozytäre Infiltration in der Dermis kann zu sehen sein.
Diagnose
Bei Säuglingen ist die Unterscheidung zur völlig harmlosen, reaktiven Livedo reticularis wichtig.
Differentialdiagnose
Livedo reticularis des Neugeborenen (reaktiv, rückbildungsfähig in den ersten Lebensmonaten)
Genuine diffuse Phlebektasie
Acrodermatitis chronica atrophicans (nicht angeboren, DD bei Erwachsenen, die sich erstmals mit den Erscheinungen vorstellen; fehlende Serologie, Histologie ist für die chronische Borreliose diagnostisch)
Livedo racemosa (nicht angeboren, Histologie ist diagnostisch, weitere Zeichen der Systemvaskulitis); s.u. Livedosyndrome.
Verlauf/Prognose
Komplette Rückbildung in 50% der Fälle in den ersten Lebensjahren. Ein Teil der Fälle persistiert oder entwickelt sich progredient (Atrophie von Haut, Fettgewebe, Muskulatur und/oder Skelettsystem). Inwieweit diese klinisch differenten Verläufe sich genetisch unterscheiden ist bisher nicht geklärt.
Hinweis(e)
Nach Kienast und Höger werden folgende Maior- und Minor-Kriterien aufgeführt:
- Maior-Kriterien: Kongenitales retikuläres Erythem, keine Venektasien, keine Reaktion auf Erwärmung.
- Minor-Kriterien: Abheilung über 2 Jahre, Teleangiektasien, Naevus flammeus andernorts, Ulzeration, Atrophie der Haut.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
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Verweisende Artikel (17)
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