Bazilläre Angiomatose A48.8

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Angiomatose bazilläre

Erstbeschreiber

Parinaud, 1889; Stoler, 1983

Definition

Überwiegend bei HIV-Infizierten mit < 200 CD4-Zellen/μl, aber auch bei nicht HIV-infizierten Patienten mit Immunsuppression (z.B. Organtransplantierte) auftretende systemische Infektionserkrankung mit engem ätiologischem Zusammenhang zur Katzenkratzkrankheit. S.a.u. Bartonellosen.

Erreger

Bartonella henselae und seltener Bartonella quintana (kleine pleomorphe Bakterien; s.u. Bartonella); Vektoren sind bei Bartonella henselae Katzen und Katzenflöhe; bei Bartonella quintana ist der Vektor die Kleiderlaus (s.u. Pediculosis corporis).

Ätiopathogenese

Bartonella henselae und Afipia felis sind die Erreger der i.A. spontan abheilenden Katzenkratzkrankheit. Traumatische Kontakte zu Katzen sind bei diesem Krankheitsbild jedoch nur in etwa 1/3 der Fälle beschrieben. Kofaktoren wie HIV-, CMV- oder EBV-Infektionen sind beschrieben worden.

Befallene Zielzellen (Endothelzellen) induzieren Freisetzung von Wachstumsfaktoren (VEGF vascular endothelial growth factor), die zur Endothelzellproliferation führen.

Bartonella henselae ist in erster Linie der Erreger der bazillären Angiomatose ein Krankheitsbild das in erster Linie bei Immunsupprimierten (z.B. AIDS-Patienten) auftritt. Das klinische Bild erinnert an die Verruga peruviana, ein Krankheitsbild das als chronische Verlaufsform des in Andenregionen endemischen Oroya-Fiebers (Bartonella bacilliformis) auftritt. 

Klinisches Bild

Integument: In der Regel schmerzlose Hautveränderungen ohne Juckreiz. Neben kleinen papulösen, roten, teilweise auch hämorrhagischen Hautveränderungen findet man auch multiple rötlich-violette, kutane und subkutan gelegene, bis walnussgroße Tumoren, z.T. mit zentraler Ulzeration. Verbacken mit Faszien und Knochen möglich. Die Konsistenz der Knoten ist gummiartig fest! Es werden drei kutane Manifestationsformen beobachtet:

  • Subkutane, teils verbackene, rund-ovale, inder Regel hautfarbene Tumoren variabler Größe.
  • Exophytisch wachsende, rötliche, häufig zentral ulzerierte und verkrustete, bei Traumatisierung leicht blutende Knoten (ähneln dem Granuloma teleangiectaticum).
  • Trockene, hyperpigmentierte, hyperkeratotische Plaques über osteolytischen Herden. V.a. bei Afrikanern beobachtet.

Typischerweise treten Allgemeinsymptome wie Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsverlust auf. Schleimhautbefall ist möglich.

Systemische Manifestationen: Befall innerer Organe, z.B. von Leber, Milz, Knochen und ZNS ist beschrieben. Bildung multipler zystischer Hohlräume in der Leber (bacillary peliosis hepatis) möglich. Schmerzhafte Osteolysen der distalen Extremitäten, Leberbeteiligung.

Histologie

Lobuläre vaskuläre Proliferation unterschiedlich geformter Blutgefäße mit überwiegend plumpem, z.T. kubischem oder epitheloidem Endothel. Entzündliches Infiltrat mit zahlreichen Neutrophilen. Moderate Kernatypien. Interstitiell homogenes oder granuliertes eosinophiles Material, multiple aggregiert vorliegende, extrazelluläre Bakterien, die mittels Warthin-Starry-Färbung oder Elektronenmikroskopie im betroffenen Gewebe nachzuweisen sind.

Diagnose

PCR in Läsionen, Antikörperbestimmung (EIA: 88% positiv), Blutkultur (bei fiebrigem Verlauf), Anzüchtung aus Lymphknoten, s.a. Tabelle 1.

Differentialdiagnose

Granuloma teleangiectaticum, Kaposi-Sarkom, Hämangiome, Dermatofibrome, papulöse Exantheme anderer Genese; unterschiedliche subkutane Tumoren; ulzerierende Pyodermien; Syphilis II oder III; Verruga peruana (insbesondere histologische Analogie), s.u. Oroya-Fieber.

Komplikation(en)

Vereinzelt und eher selten aber gehäuft bei HIV-Infizierten kann Peliosis hepatis auftreten. Hierbei handelt es sich um Gefäßproliferationen und zystische Blutansammlungen in der Leber und/oder auch der Milz.

Therapie

Auch bei Einzelherden ist eine antibiotische Therapie anzusetzen! Bei Rezidiv: ggf. lebenslange Therapie erforderlich!

Externe Therapie

Bei Einzelläsionen: Exzision, Elektrodissekation, Kürettage oder Kryotherapie.

Interne Therapie

Cave! Jarisch-Herxheimer-Reaktion!

Verlauf/Prognose

Vollständige Abheilung unter Therapie, Persistieren von Hyperpigmentierungen möglich.

Tabellen

Diagnostik der bazillären Angiomatose

Histologie

Lobuläre Proliferate kleiner Blutgefäße mit plumpen Endothelien, die in das Lumen hineinragen (hier: Mitosen und Atypien). Perivaskulär vorwiegend neutrophiles Infiltrat mit Kerntrümmern, interstitiell in zelldichten Arealen granuläres Material (Whartin-Starry-Färbung: Bakterienhaufen!)

Immunhistochemie

Expression endothelialer (Faktor VIII) und histiozytärer (alpha-1-Antichymotrypsin) Marker

Elektronenmikroskopie

Bakterien mit typischem 3-schichtigen Wandaufbau

Anzüchtung (Kochblutagar, 35 °C, 5% CO2-Atmosphäre, 2-6 Wochen)

Stecknadelkopfgroße, heterogene, weißliche autoadhärente Kolonien

Gramfärbung

Feine, leicht gebogene gramnegative Stäbchen

Gaschromatographie

Bestimmung der zellulären Fettsäuren

SDS-Disc-Elektrophorese

Zellmembranproteine

PCR-Amplifizierung

DNA-Restriktionsendonukleasemuster, DNA-Hybridisierung und Sequenzierung des 16S rRNA-Gens

Literatur
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  1. Hof H et al. (2019) Bartonella .  In: Hof H, Schlüter D, Dörries R, Hrsg. Duale Reihe Medizinische Mikrobiologie. 7., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme S 465-466
  2. Parinaud H (1889) Conjonctivite infectieuse transmise par les animaux. Ann Oculistique 101: 252-253
  3. Plettenberg A et al. (1995) Bazilläre Angiomatose. Hautarzt 46: 39–43
  4. Sanders A, Kaliebe T, Bredt W (1996) Bartonella (Rochalimeae) Infektionen: Katzenkratzkrankheit und bazilläreAngiomatose. DMW 121: 65–69
  5. Stoler MH et al. (1983) An atypical subcutaneous infection associated with acquired immune deficiency syndrome. Am J Clin Pathol 80: 714-8
  6. Wagemann B et al. (2002) Ungewöhnliche Ausprägung einer bazillären Angiomatose. Z Hautkr 77: 496-505

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