Synonym(e)
Definition
Sehr seltene, hereditäre, autoinflammatorische Erkrankung gekennzeichnet durch:
Rezidivierende urtikarielle Exantheme, Fieberschübe mit Gelenk- und Muskelschmerzen, allgemeines Schwächegefühl, progredienter Innenohrschwerhörigkeit und einer fakultativen Nierenamyloidose (AA-Amyloidose).
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Ätiopathogenese
Hereditäre Erkrankung mit autosomal-dominantem Erbgang (mit unvollständiger Penetranz vererbte Mutation des CIAS1-Gens (Kälte-induziertes-autoinflammatorisches-Syndrom-1-Gen, NLRP3-Gen) das auf der Chromosomenregion 1q44 lokalisiert ist. Das Gen wird in den Leukozyten des peripheren Blutes exprimiert und kodiert für Cryopyrin. Es hat die gleiche N-terminale Proteindomäne wie Pyrin, dessen Veränderungen Ursache des Familiären Mittemeerfiebers sind.
Mutationen in den Genen NALP3/CIAS1/PYPAF1 sind für 2 weitere klinische Syndrome verantwortlich:
- die Familiäre Kälteurtikaria (FCAS)
- und
- das "Chronische infantile neuro-dermo-artikuläre Syndrom" auch CINCA-Syndrom genannt.
Klinisches Bild
Klinische Symptome sind:
- Chronisch rezidivierende urtikarielle Exantheme (selten: Urtikariavaskulitis)
- Kältesensitivität insbes. bei feucht-kaltem Wetter und Wetterumschwüngen
- Fieberschübe mit Gelenk- und Muskelschmerzen (Polyarthralgien) seit der Kindheit
- Allgemeines Schwächegefühl und Unwohlsein
- Fakultativ: progrediente Innenohrschwerhörigkeit
- Fakultativ: systemische Amyloidose
Histologie
Differentialdiagnose
Kälteurtikaria: eindeutiger Zusammenhang mit einer Kälteexposition
Hereditäre periodische Fiebersyndrome anderer Genese (s. dort)
Chronisch rezidivierende Urtikaria: keine Arthritiden, keine Amyloidose, keine vaskulitischen Phänomene
Sekundäre systemische Amyloidose: keine eigentliche Differenzialdiagnose, da systemisches Begleitphänomen bei zahlreichen Erkrankungen
Alport-Syndrom: genetisch definiert; Varianten in Genen, die für Kollagen Typ IV kodieren. Sechs Gene (COL4A1–COL4A6), entsprechend der sechs homologen Kollagen-Ketten (α1–α6) für Kollagen Typ IV, sind bekannt. Die Mutationen führen zu einer progredienten Erkrankung der glomerulären Basalmembran. Diese ist kombiniert mit Innenohrschwerhörigkeit und Augenveränderungen
Schnitzler-Syndrom: chronisch rezidivierendes urtikarielles Exanthem (Urtikariavaskulitis) assoziiert mit rezidivierenden Fieberschüben, Abgeschlagenheit, Knochenschmerzen, Arthralgie oder Arthritiden der großen Gelenke, Lymphadenopathie, Hepato- oder Splenomegalie sowie einer monoklonalen IgM-Gammopathie (seltener IgG-Gammopathie) unklarer Signifikanz ( MGUS). Seltener treten begleitende Angioödeme und Knochenverdichtungen auf.
Therapie
Versch. Arbeiten belegen gute Erfahrungen mit dem bei der rheumatoiden Arthritis zugelassenen Interleukin -1-Rezeptorantagonisten Anakinra (100 mg/Tag s.c. alle 2 Tage).
Alternativ: Immunsuppressive Therapie zur Verhinderung weiterer amyloidaler Ablagerungen.
Alternativ: Cyclophosphamid (z.B. Endoxan) 100 mg/Tag in Kombination mit Methylprednisolon (z.B. Urbason) 40 mg/Tag (Reduktion nach Klinik),
Alternativ: DADPS (z.B. Dapson Fatol) initial 100 mg/Tag
Alternativ: Colchicin (z.B. Colchicum dispert).
Fallbericht(e)
Anamnese: Bereits seit dem Vorschulalter leidet die inzwischen 45 Jahre alte Patientin unter rezidivierenden Exanthemen an Rumpf und den unteren Extremitäten. Unter NSAR passagere Besserung. Deutlichere klinische Effekte konnten mit mittleren Prednisolon-Dosierungen erzielt werden.
Mit 20 Jahren erster Hörsturz. Rezidivierende Arthritiden meist verbunden mit Fieber, Kopfschmerzen und urtikariellen Exanthemen. Die Schubaktivitäten setzen 3-4x jährlich ein.
Mit 30 Jahren wurde eine Hochtonschwerhörigkeit festgestellt.
Seit 10 Jahren nimmt die Pat. regelmäßig, nahezu täglich Ibuprofen ein.
Grund der Visitation: unter Fieber, Abgeschlagenheit und Krankheitsgefühl, akute schmerzhafte Schwellung des linken Sprunggelenkes, weiterhin der Fingergrundgelenke. Gleicheitig urtikarielles, kleinfleckiges Exanthem an Rumpf und Extremitäten. Gesicht frei.
Labor: BSG: 60/111, CRP 65mg/l, neutrophile Leukozytose, Lymphopenie, Erythrozyturie, diskrete Serum-Amyloid-A-Erhöhung. Unauffällig sind ANA, ENA, C3,C4, RF. c-ANCA. p-ANCA.
Humagenetische Diagnostik: Nachweis einer Mutation des CIAS1-Gens (Kälte-induziertes-autoinflammatorisches-Syndrom-1-Gen) das auf der Chromosomenregion 1q44 lokalisiert ist.
Therapie: IL-1-Rezeptorantagonist (Anakinra) in einer Dosierung von 100mg/Tag s.c.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
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- Grassegger A et al. (1991) Urtikarielle Vaskulitis als Syndrom des Muckle-Wells-Syndroms? Hautarzt 42: 116–119
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Verweisende Artikel (19)
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