Chronische Myeloische Leukämie C92.10; C92.2; C93.1;

Zuletzt aktualisiert am: 22.08.2024

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Synonym(e)

Chronic myeloid leukemia; CML; Myeloische Leukämie, chronische

Definition

Der chronischen myeloischen Leukämie (CML) liegt eine maligne Entartung der pluripotenten Stammzelle des Knochenmarks zugrunde. Die Erkrankung benötigt von der initiierenden die Krankheit auslösenden bcr-abl-Translokation (Genfusion), über einen mehrstufigen Verlauf mit der stabilen, therapeutisch gut zu beeinflussenden chronischen Phase, der Akzelerations- und der Blastenphase bis zur Diagnosestellung etwa 6 Jahre.

Die exzessiv produzierten Granulozyten der CML sind funktionstüchtig (im Gegensatz zu den unreifzelligen Blasten der akuten Leukämie). Die Einführung von Imatinib erbrachte in der Behandlung der CML einen entscheidenden Durchbruch. In allen Prognosegruppen und in jedem Alter wurde eine deutliche Überlegenheit von Imatinib gegenüber einer IFN-basierten Therapie beobachtet und das langfristige Überleben von CML-Patienten aller Altersgruppen erheblich verbessert (Hehlmann R et al. 2007).

Vorkommen/Epidemiologie

Die Inzidenz der CML beträgt etwa 1,2 bis 1,5/100.000 Einwohner und Jahr. In Deutschland erkranken jährlich etwa 1.000 bis 1.200, in der Schweiz und in Österreich jährlich etwa 100-120 Patienten.

Ätiopathogenese

Bei über 95% der CML-Patienten liegt eine spezifische Chromosomenaberration vor, die Translokation t(9;22)(q34;q11) mit dem charakteristischen Philadelphia-Chromosom, 22q-. Durch die Translokation wird das Gen der Abelson (ABL)-Tyrosinkinase in die Region des „Breakpoint Cluster Region“ (BCR)-Gens eingefügt. Es entsteht ein Fusionsprotein, BCR-ABL1, mit konstitutiver Tyrosinkinase-Aktivität. Das BCR-ABL1-Fusionsprotein ist für die onkogene Transformation der betroffenen hämatopoetischen Stammzelle verantwortlich.

Manifestation

Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen.  Die CML kommt in allen Altersgruppen vor, der Erkrankungsgipfel liegt bei 55-60 Jahren. Bei Kindern ist die CML sehr selten. Etwa 15 bis 20 Patienten im Alter bis 18 Jahre mit einem medianen Alter von 12 Jahren erkranken in Deutschland jährlich neu an einer CML. (Suttorp M et al. (2018).

Klinisches Bild

Die CML ist eine klonale myeloproliferative Erkrankung einer pluripotenten hämatopoetischen Stammzelle. Vor Einsatz der Tyrosinkinase-inhibitoren (TKI) war bei den meisten Patienten ein dreistufiger natürlicher Krankheitsverlauf zu beobachten.

Der klinische Verlauf der CML kann in drei Phasen untergliedert werden:

  • die chronische Phase
  • die akzelerierte Phase und
  • die Blastenkrise (Melo JV et al. 2007).

Heute gelingt es durch den Einsatz von TKI bei den meisten Patienten, die chronische Phase, bzw. eine Remission, bis zum Lebensende zu erhalten.

In die Definition der jeweiligen Phase gehen sowohl klinische, als auch histologische Aspekte ein. Die Übergänge zwischen den Phasen sind häufig fließend.

Die Diagnose einer CML wird in der Regel in der chronischen Phase gestellt. Diese wird häufig symptomatisch durch eine Anämie, die durch die verminderte Erythropoese aufgrund der expandierten Granulopoese bedingt ist. Weitere initiale Symptome können Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Knochenschmerzen oder Oberbauchbeschwerden im Rahmen einer Splenomegalie sein. Die chronische Phase kann jedoch auch klinisch symptomlos verlaufen, sodass der Verdacht einer CML nicht selten als Zufallsbefund bei einer Blutuntersuchung gestellt wird. Im Rahmen der Blutanalyse fällt vor allem die Expansion der Granulopoese mit Linksverschiebung der neutrophilen Granulozyten ohne Dysplasiezeichen auf. Weitere Merkmale wie eine Eosinophilie oder Basophilie können initial auffallen. Die Anzahl an Blasten beträgt in der chronischen Phase in der Regel < 2 % der Leukozyten. Im Knochenmark ist die Anzahl an Granulozyten ebenfalls erhöht, die Anzahl an Blasten liegt bei < 5 % der Knochenmarkzellen. Eine Zahl > 10 % deutet auf ein Fortschreiten der Erkrankung hin. Besondere histologische Merkmale sind verkleinerte Megakaryozyten mit hypolobulierten Zellkernen (sogenannte „dwarf megakaryocytes“), Pseudo-Gaucher-Zellen, Sea-blue Histiozyten und in 30 % der Fälle eine Retikulinfaserfibrose.

Kriterien, die den Übergang in die akzelerierte Phase beschreiben, sind eine weiterhin erhöhte oder zunehmende Anzahl an Leukozyten und/oder eine persistierende Thrombozytose/-penie, eine zunehmende Splenomegalie, eine Anzahl von über 20 % basophilen Granulozyten im peripheren Blut und eine Anzahl von Blasten im peripheren Blut bzw. im Knochenmark von 10 - 19 %. Außerdem können weitere chromosomale Veränderungen wie z.B. ein zusätzliches Philadelphia-Chromosom oder ein weiteres Chromosom 8 mit dem Fortschreiten der Erkrankung assoziiert sein. Im Knochenmark findet sich in der akzelerierten Phase häufig eine Myelodysplasie. Bei der Blastenkrise handelt es sich um eine akute Leukämie, welche unbehandelt tödlich verläuft. Die Blastenkrise ist definiert durch einen Blastengehalt > 20 % im peripheren Blut oder im Knochenmark, durch eine fokale Blastenvermehrung im Knochenmark oder eine extramedulläre Blastenvermehrung.

Die extramedulläre Blastenvermehrung findet zumeist in der Haut, in Lymphknoten, in der Milz oder im zentralen Nervensystem statt. In 70 % der Fälle handelt es sich bei der Blastenkrise um eine myeloische Blastenkrise, in 20 - 30 % um eine lymphatische Blastenkrise. Häufig liegen undifferenzierte Blasten vor, sodass eine zytochemische und immunphänotypische Untersuchung der Blasten nötig ist.

Bei Kindern ist der Anteil mit Erstmanifestation in fortgeschrittener Krankheitsphase mit 5 – 8% höher (Millot F et al. 2017, Hijiya N et al. 2016).

Hautveränderungen bei chronischer myeloischer Leukämie

Pustulose akute generalisierte exanthematische (AGEP) Scott Ad et al. (2014)

Sweet-Syndrom: Maligne Grunderkrankungen  bei ca. 20%. V.a. bei der akuten myeloischen Leukämie (AML), beim myelodysplastischen Syndrom. Häufig geht das Sweet-Syndrom der Diagnose des Malignoms voraus.

Spezifische leukämische Infiltrate der Haut 

Diagnostik

Körperliche Untersuchung: Milz- und Lebergröße; Labor: Blutbild; Leukozyten mit Differenzialblutbild, Thrombozyten, Hämoglobin, Hämatokrit; peripheres Blut; Multiplex-PCR auf BCR-ABL1-Transkripte

Knochenmarkaspirat: Zytologie (Blasten, Basophile, Megakaryozytenmorphologie, kontinuierliche Linksverschiebung);

Zytogenetik: Metaphasen-Analyse

Knochenmarkbiopsie: Fibrose? Blastenzahl und –verteilung

Charakteristische Befunde der Mikroskopie, der Genetik und der Differenzialdiagnose sind in der Wissensdatenbank, Chronische Myeloische Leukämie zusammengestellt.

Zytogenetik: Das zytogenetische Monitoring sollte aus Metaphasen aus heparinisiertem Knochenmark erfolgen, in Ausnahmefällen ist bei Diagnosestellung auch peripheres Blut möglich. Der Anteil Ph-positiver Metaphasen sollte auf mindestens 20 ausgewertete Metaphasen bezogen werden. Das zytogenetische Ansprechen wird komplett, partiell, minor und minimal bezeichnet. Interphase-FISH sollte zur Bestimmung des quantitativen zytogenetischen Ansprechens nicht verwendet werden.

Molekulares Monitoring: Zur Quantifizierung der BCR-ABL1 mRNA im peripheren Blut wird eine quantitative RT-PCR aus 10 ml EDTA-antikoaguliertem Blut alle 3 Monate durchgeführt. BCR-ABL1-Transkripte werden auf eine internationale Skala bezogen. Dies ermöglicht die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zwischen verschiedenen Laboren (Cross NC et al. (2012). Das frühe molekulare Ansprechen nach 3 Monaten (BCR-ABL1IS ≤10%) korreliert mit dem Überleben und der Chance auf das Erreichen einer tiefen molekularen Remission (Hanfstein B et al. 2014). Die Untersuchungsintervalle sollten 3 Monate betragen und können bei guter Remission, d. h. mindestens MMR, und stabilem Verlauf auf 6 Monate verlängert, sollen jedoch nach Absetzen des TKI auf 4 bis 6 Wochen verkürzt werden.

Signifikante Anstiege der BCR-ABL1-Transkriptspiegel (5-fach, mit Verlust der MMR) sind frühe Zeichen eines Therapieversagens oder für eine reduzierte Compliance. Das Erreichen der tiefen molekularen Remission (MR4, MR4,5, MR5, i.e. 4–5 log Reduktion) unter TKI-Therapie und eine stabile anhaltende tiefe molekulare Remission über mindestens 1 Jahr sind die Voraussetzungen für die Therapieunterbrechung.

Mehr als 100 verschiedene Kinase-Domain-Mutationen wurden bei Rezidiven sequenziert. Die spezifische Mutation hilft bei der Auswahl der alternativen TKI-Therapie. So sind z. B. V299L, T315A und F317L/V/I/C Dasatinib-resistent, während Y253H, E255K/V und F359V/C/I Nilotinib-resistent sind. Bei V299L verliert Bosutinib seine Wirkung. T315I ist resistent gegen alle TKI außer Ponatinib.

Differentialdiagnose

Differenzialdiagnostisch kann eine reaktive Leukozytose bei Infektionen, rheumatischen Erkrankungen und Kollagenosen, septischer Granulomatose, oder bei Medikamenteneinnahme (Kortikosteroide), eine andere chronische myeloproliferative Neoplasie inklusive einer atypischen BCR-ABL1-negativen CML oder der chronischen Neutrophilenleukämie vorliegen.

Interne Therapie

Nach Sicherung der Diagnose wird die Behandlung eingeleitet. Es empfiehlt sich Patienten in klinische Studien oder Register einzuschließen. Bei Kindern und Jugendlichen ist dies obligatorisch. Jeder Patient sollte vor Therapiebeginn über die Therapieziele und die Vor- und Nachteile der verschiedenen Inhibitoren informiert werden. Die Auswahl des individuell bevorzugten TKI erfolgt bei fehlendem Unterschied im Gesamtüberleben anhand der Effektivität und des Nebenwirkungsspektrums unter Berücksichtigung der individuellen Risikofaktoren.

Chronische Phase

Erstlinientherapie mit Imatinib: Imatinib 400 mg/Tag war der Standard für die Erstlinientherapie aller CML-Patienten in chronischer Phase nach Sicherung der BCR-ABL1-Positivität. In einer Phase-2-Studie nach IFN-Versagen wurde bei 532 Patienten in 67% ein gutes zytogenetisches Ansprechen (MCyR, Ph+≤35%) erreicht, davon erzielten 57% eine komplette zytogenetische Remission (CCyR). Das 6-Jahres-Überleben betrug 76%, das progressionsfreie Überleben 61%. Grad 3/4 nichthämatologische Nebenwirkungen wurden bei <5% der Patienten beobachtet (Kantarjian H et al. 2002).

Die Überlegenheit von Imatinib über IFN (frühere Erstlinientherapie)  wurde in der “International Randomized Study of Interferon and STI571” (IRIS) Studie belegt. Das 10-Jahresüberleben unter Imatinib-Therapie beträgt etwa 80-85%. Bei erwachsenen Patienten ist davon auszugehen, dass die jährliche CML-bedingte Mortalität ca. 0,5% und die Sterberate an CML-unabhängigen Ursachen etwa 1,2% beträgt (O'Brien SG et al. 2003; Hochhaus A et al. 2009). Eine erhöhte Imatinib-Dosis kann die Remissionsrate von Patienten mit suboptimalem Ansprechen verbessern.

Erstlinientherapie mit Zweitgenerationsinhibitoren (Nilotinib, Dasatinib, Bosutinib) 

Es wurden inzwischen weitere TKI mit verbesserter Wirksamkeit entwickelt.

Nilotinib wirkt BCR-ABL1-spezifischer, inhibiert wie Imatinib auch die Tyrosinkinasen PDGFR und KIT und zeigt eine bessere zelluläre Bioverfügbarkeit.

Dasatinib ist ein Multikinase-Inhibitor mit Wirkung auf ABL1, SRC, PDGFR und KIT.

Bosutinib ist ebenfalls ein SRC/ABL1-Inhibitor, weist aber keine signifikante Wirksamkeit gegenüber den PDGF-Rezeptoren und KIT auf.

In der Erstlinientherapie zeigten Nilotinib, Dasatinib und Bosutinib gegenüber Imatinib 400 mg/Tag eine bessere Effektivität mit höheren Raten zytogenetischer und molekularer Remissionen und Nilotinib und Dasatinib eine Reduktion früher Akzelerationsphasen oder Blastenkrisen. Die Imatinib-typischen Nebenwirkungen Flüssigkeitsretention und Muskelkrämpfe wurden unter Nilotinib deutlich seltener beobachtet. Unter Nilotinib traten häufiger kardiovaskuläre Ereignisse auf, auch können eine hyperglykämische Stoffwechsellage sowie der Lipidstoffwechsel durch Nilotinib verschlechtert werden. Die höhere Rate zytogenetischer und molekularer Remissionen im Vergleich zu Imatinib führte für Nilotinib, Dasatinib und Bosutinib zur Erstlinienzulassung für die Therapie der CML. Die Überlebensraten konnten mit dem Einsatz der Zweitgenerationsinhibitoren gegenüber Imatinib nicht verbessert werden.

TKIs in Kombination mit Interferon alpha: Die Rate des molekularen Ansprechens mit BCR-ABL1-Werten < 0,01% war in der Gruppe Imatinib+IFN (30%) signifikant höher als bei Patienten, die Imatinib 400mg erhielten. Gastrointestinale Nebenwirkungen waren häufiger in der Gruppe Imatinib+Ara-C, während Exantheme und Depressionen häufiger unter Imatinib-IFN beobachtet wurden. In deiner deutschen CML-IV-Studie wurde kein Vorteil der Zugabe von rekombinantem (nicht pegyliertem) Interferon alpha gegenüber Imatinib 400 mg/Tag gefunden (Hehlmann R et al. 2017).

Jedoch zeigte die Kombination von Dasatinib mit pegyliertem Interferon alpha hohe molekulare Remissionsraten bei guter Verträglichkeit. Die Kombination von Nilotinib mit pegyliertem Interferon alpha bedarf weiterer Evaluierung.

Nebenwirkungsprofil: Begleiterkrankungen sind heute die Haupttodesursache bei der CML. Sie können durch TKI-assoziierte reversible und irreversible Nebenwirkungen aggraviert werden. Insofern sind Alter der Patienten, bekannte Vorerkrankungen und das spezifische TKI-Nebenwirkungsprofil bei der Wahl der Therapie zu berücksichtigen. Die pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH) ist eine seltene Komplikation von Dasatinib, deshalb sollten Patienten mit vorbestehender PAH alternative TKIs erhalten. Dasatinib hemmt die Plättchenfunktion; Patienten unter oraler Antikoagulation haben deshalb ein höheres Blutungsrisiko.

Nilotinib induziert bei Risikopatienten eine Hyperglykämie (Cave: mangelhaft eingestellter Diabetes mellitus). Nilotinib wurde mit vasospastischen und gefäßokklusiven Nebenwirkungen, wie koronare Herzerkrankung, zerebrovaskuläre Erkrankungen und arterielle Verschlusskrankheit assoziiert . Bosutinib ist mit einer erhöhten Lebertoxizität und einer hohen Rate von Diarrhoen assoziiert. Patienten mit entsprechenden Vorerkrankungen sollten über das Auftreten dieser Nebenwirkungen aufgeklärt sein. Etablierte Dosisanpassungsschemata sind zu beachten.Imatinib ist mit milden bis moderaten Dauernebenwirkungen verbunden, die die Lebensqualität deutlich beeinträchtigen können. Hierzu gehören Muskelkrämpfe, Diarrhoe, Gewichtszunahme, Fatigue, periphere und periorbitale Ödeme, Knochen- und Gelenkschmerzen, Übelkeit und andere.

Grundsätzlich: Alle verfügbaren TKIs können die QT-Zeit verlängern. Deshalb sollten K+ und Mg++ kontrolliert und im Normbereich gehalten werden und regelmäßige EKG-Kontrollen erfolgen (Steegmann JL et al.2016).

Alternativ: Hydroxyurea (40 mg/kg Körpergewicht und Tag) kann vor Klärung des BCR-ABL1-Status als Initialtherapie eingesetzt werden, wenn wegen des Beschwerdebildes oder extrem erhöhter Leukozytenzahlen die Gefahr eines Hyperviskositätssyndroms besteht. Die TKI-Therapie sollte unmittelbar nach Bestätigung der BCR-ABL1-Fusion begonnen werden. Hydroxyurea soll nach Beginn der TKI-Therapie reduziert werden.

Absetzen des TKI bei anhaltender molekularer Remission: TKI-Absetzstudien belegten die Machbarkeit des sicheren Absetzens nach Erreichen einer tiefen molekularen Remission. Nach 3-jähriger Nilotinib-Therapie mit mindestens einjähriger tiefer molekularer Remission (MR 4,5) zeigten 51,6% der Patienten nach 96 Monaten eine stabile MMR (Hochhaus A et al. (2017).

Bei ca. 30% der Patienten kommt es zum sog. Absetzsyndrom, einem akuten Entzündungssyndrom mit im Vordergrund stehenden Muskel- und Gelenkschmerzen. In den meisten Fällen ist der Schweregrad des Syndroms in wenigen Wochen rückläufig. Eingesetzt werden können Antiphlogistika und/oder Glukokortikoide.

Zweitlinientherapie: Die Wahl der Zweitlinientherapie erfolgt nach klinischen Kriterien und vorliegenden BCR-ABL1-Mutationen. Die Verfügbarkeit von insgesamt fünf zugelassenen TKIs ermöglicht die individualisierte Therapie nach zytogenetischem und molekularbiologischem Ansprechen, nach klinischen Kriterien in Bezug auf das Nebenwirkungsspektrum und nach Mutationsstatus bei Resistenz auf die Primärtherapie.

Tyrosinkinase-Inhibitoren - Hochdosistherapie: Der Einsatz von Hochdosis-Imatinib kann bei Verträglichkeit der Standarddosis und fehlenden Resistenzmutationen versucht werden, zeigt aber nur selten langfristigen Erfolg. Nilotinib, Dasatinib und Bosutinib wurden in Phase-II-Studien nach Imatinib-Resistenz und –Intoleranz in allen Phasen der CML erfolgreich eingesetzt. Nilotinib wurde für die chronische und akzelerierte Phase nach Imatinib-Versagen in einer empfohlenen Dosierung von 2x400 mg/Tag zugelassen. Die empfohlene Dosierung von Bosutinib beträgt in der Zweitlinie 500 mg/Tag.

Einzelne Patienten mit unzureichender Kapazität der normalen Hämatopoese (rezidivierende Zytopenien, keine zytogenetische Remission unter der Imatinib-Therapie) haben eine deutlich geringere Chance, eine Remission unter Zweit- oder Drittlinientherapie zu erreichen. In diesen Fällen ist die Option der allogenen Stammzelltransplantation zu prüfen. Bemerkung: Der Erfolg der medikamentösen Zweitlinientherapie sollte insbesondere bei der Option einer allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation (HSZT) frühzeitig kritisch evaluiert werden.

Allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation: Die Durchführung der Transplantation in chronischer Phase ist mit deutlich besseren Ergebnissen als in fortgeschrittenen Stadien der CML verbunden, deshalb sollte die Indikationsstellung möglichst früh erfolgen. Die Induktion einer zweiten chronischen Phase durch alternative TKIs mit oder ohne Chemotherapie ist in jedem Falle vorteilhaft. Als Spender werden HLA-identische Geschwister, oder Fremdspender mit 10/10 oder 9/10 HLA-A, B, C und DR-Übereinstimmung in hochauflösender Bestimmung empfohlen.

Fortgeschrittene Phasen der CML: Der Mechanismus der CML-Progression ist heterogen und nicht vollständig geklärt. Wahrscheinlich handelt es sich um einen Mehrschrittprozess unter Beteiligung chromosomaler und molekularer Ereignisse. In jedem Fall sind Zweitgenerationsinhibitoren zu bevorzugen sowie die Option der allogenen Stammzelltransplantation bei geeigneten Patienten zu erwägen. Die Klassifikation als „akzelerierte Phase zum Diagnosezeitpunkt“ ist umstritten und wegen der Heterogenität der Faktoren (Blasten, Basophile, Thrombozytose, Thrombopenie) schwierig zu bewerten. Es wird empfohlen, diese Patienten initial als Hochrisiko-Patienten anzusehen.

In der Blastenkrise ist vor Transplantation ein Debulking mit konventioneller Chemotherapie je nach immunologischer Charakterisierung der Blasten mit oder ohne TKI sinnvoll  (Hehlmann R 2012).

Verlauf/Prognose

Die jährliche Mortalität von CML-Patienten beträgt derzeit ca. 1,7%. Somit steigt die Prävalenz der CML bei konstanter Inzidenz an.

Hinweis(e)

Schwangerschaft: Eine Schwangerschaft ist unter der TKI-Therapie wegen des teratogenen Risikos nicht möglich. Deshalb sind für Patientinnen mit Kinderwunsch individuelle Maßnahmen erforderlich, die die Möglichkeit der Remissionserhaltung während der Schwangerschaft ohne Verwendung von TKI ermöglichen.

Kinderwunsch: Bei männlichen Patienten mit Kinderwunsch sollte zum Zeitpunkt der Erstdiagnose die Möglichkeit der Kryokonservierung von Spermien diskutiert werden. PEG-IFN sollte wegen der Akkumulation von Polyethylenglykol in der Schwangerschaft möglichst nicht eingesetzt werden. Gegebenenfalls ist bei deutlicher Leukozytose im Einzelfall eine überbrückende Zytoreduktion mit Leukapheresen möglich.

Literatur
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Zuletzt aktualisiert am: 22.08.2024