Synonym(e)
Definition
Thrombozyten (von thrombos = Klumpen und kytos = Gefäß, Hülle) sind die kleinsten Zellen im Blut mit einem Durchmesser von 1,5 µm bis 3,0 µm. Sie entstehen im Knochenmark durch Abschnürung aus Megakaryozyten.
Der Normwert beträgt 150.000 bis 380.000 pro µl Blut.
Die Lebensdauer der Thrombozyten beträgt 8-12 Tage.
Der Abbau erfolgt vorwiegend in der Milz; weiterhin in Lunge und Leber.
Thromboyzten sind scheibenartig flach (Diskozyten), besitzen keine Zellkerne und damit keine DNA-Strukturen, jedoch mRNA aus Megakaryozyten. Hierdurch sind sie zur Neusynthese von Proteinen befähigt. Weiterhin beinhalten sie wie andere Zellen Mitochondrien, jedoch eine spezielle Form des rauen endoplasmatischen Retikulums, das sog, "kanalikuläre System". Dieses dient als Calciumionen-Speicher. Seine rasche Entleerung ins Zytosol ist eine essentielle Voraussetzung für die physiologische Thrombozytenaggregation. Als weitere Zellkompartimente sind bei Thrombozyten die Speicher-Granula bedeutsam: Sie werden in:
- alpha-Granula
- elektronendichte Granula
- Lysosomen
unterteilt und enthalten aggregationsfördernde Substanzen und Proteine, deren Sekretion für die Thrombozytenfunktion notwendig ist.
Allgemeine Information
Normalerweise zirkulieren Thrombozyten frei im Blut. Bei ihrer Aktivierung (z.B. durch freiliegendes Kollagen bei einem Endotheldefekt), werden Reaktionskaskaden in Gang gesetzt, die zur Aggregation der Thrombozyten an der defekten Stelle führen. Hierbei wird der Thrombozyten-Rezeptor, auch Glykoproteinrezeptor (GP IIb/IIIa), aus dem Zellinneren an die Zelloberfläche transportiert. Er bindet dort an Fibrinogen oder den von-Willebrand-Faktor (Thrombozytenadhäsion). Durch diesen Prozess werden mehrere Thrombozyten miteinander vernetzt (Thrombozytenaggregation). Es kommt so zu einer dreidimensionalen Netzstruktur.
Bemerkung: Der Plättchen-Rezeptor GP IIb/IIIa (GP = Glykoprotein) gehört zu den Integrinen. GP-IIb/IIIIa-Antikörper wie Tirofiban, oder Abciximab werden als Thrombozytenaggregationshemmer eingesetzt, um die Ausbildung von Thrombozytenthromben zu unterdrücken.
Tiefe Gefäßwandverletzungen sowie die Freisetzung von Lipidsubstanzen aus atherosklerotischen Plaques führen zu einer vermehrten Freisetzung von Gewebsthromboplastin. Dieses induziert durch die Bildung von Thrombin über den extrinsischen Weg die plasmatische Gerinnungskaskade und trägt damit zur Aktivierung zirkulierender Thrombozyten bei.
Ein angeborener Mangel an speziellen Integrinrezeptoren führt zu einer Funktionsschwäche bezüglich der Aggregationsfähigkeit der Thrombozyten (Thrombasthenie Glanzmannn), was wiederum eine Blutungsneigung bewirkt.
Die Thromozytenmembran besitzt zudem Rezeptoren für Adrenalin, ADP, Kollagen und Arachidonsäure. Diese modulieren ebenfalls die Aggregationsfähigkeit der Thrombozyten.
Bei der Aktivierung der Thrombozyten verändern diese ihre Form (shape change). Es erfolgt innerhalb Sekundenfrist eine Ausstülpung von Pseudopodien. Dieser Vorgang geht mit einer erheblichen Oberflächenvergrößerung einher. Hierdurch wird die Thrombusbildung durch Fibrin-vermittelte Bindung mit anderen Thrombozyten verstärkt. Das Endothel synthetisiert wiederum Faktoren, die der Thrombozytenaktivierung entgegenwirken. Hierzu zählen Prostazyklin, Stickstoffmonoxid (NO) und Heparin, das die Thrombozytenaktivierung indirekt über eine Hemmung der Thrombinaktivität beeinflusst.
Die Bedeutung dieses Prozesses zeigt sich bei Patienten, bei denen Mutationen der kodierenden Gene für den vWF (von-Willebrand-Jürgens-Syndrom) bzw. für den Rezeptor des Glykoprotein Ib-V-IX (Bernard-Soulier-Syndrom) vorliegen (s.a. Urtikaria aquagene). Bei diesen Patienten besteht eine erhöhte Blutungsneigung.
Normwert: Der Normwert liegt im EDTA-Blut zwischen 150000 und 350000 /ul
Pathologisch erhöht: akute und chronische Entzündungen, Malignome, nach einer Splenektomie, akute Blutungen, postoperativ, Hämolysen, essenzielle Thrombozytenämie, myeloproliferative Erkrankungen, chronischer Eisenverlust, Glukortikoidtherapie
Auch interessant
Vorkommen
Thrombopenie (Ursachen und assoziierte (Haut-) Erkrankungen):
- verminderte Bildung im Knochenmark bei Blutkrankheiten (z. B. akute myeloische Leukämie)
- Verdrängung des Knochenmarks durch diffuse Tumorinfiltration
- Osteomyelofibrose
- Myelodysplasie
- durch erhöhten Umsatz, verkürzte Lebenszeit bei disseminierter intravasaler Gerinnung (z. B. bei Sepsis)
- bei Splenomegalie
- Autoimmunerkrnakung: bei Autoantikörpern gegen Thrombozyten (z. B. Autoimmunthrombopenie, Morbus Werlhof),
- idiopathische Thrombozytopenie
-
Hautveränderungen die mit Thrombopenie assoziiert sind:
- Dermatose, akute febrile neutrophile
- Dyskeratosis congenita
- Fasziitis, eosinophile
- Hämangiom des Säuglings
- Heparinallergie
- Heparinnekrose
- Immundefekte, T-zelluläre, primäre
- Kasabach-Merritt-Syndrom
- Livedosyndrome
- Lymphohistiozytose, familiäre hämophagozytische
- Moschcowitz-Syndrom
- Pannikulitis, histiozytäre, zytophagische
- Phospholipid-Antikörper-Syndrom
- Polyvinylchlorid-Krankheit
- Pseudo-SLE-Syndrom
- Purpura, idiopathische thrombozytopenische
- Wiskott-Aldrich-Syndrom (Thrombozytopenie, familiäre mit Ekzem und Infektanfälligkeit)
Thrombozytose (Ursachen und assoziierte (Haut-) erkrankungen):
- post- und paraentzündlich
- paraneoplastisch (beschrieben bei Ovarialkarzinom und NM-Skin Cancer. Beim Ovarialkarzinom konnte weiterhin gezeigt werden, dass neben der Thrombozytose die Plasmaspiegel von Thrombopoietin und IL-6 signifikant erhöht waren.
- bei essentieller Thrombozythämie
- bei Polycythämia vera
- nach Splenektomie
- Wiskott-Aldrich-Syndrom
- Gray-Platelet-Syndrom
- Jacobsen-Syndrom
- Hautveränderungen die mit Thrombozytose assoziiert sind.
- Erythromelalgie (diese geht mit anderen Störungen der Mikrozirkulation wie Migräne-artige Erscheinungen und anderen ischämischen Ereignissen) geht mit essentieller Thrombocythämie (ET), oder Polycythemia vera (PV) einher. Laborchemisch wird bei diesen Patienten eine verkürzte “platelet survival”gefunden. Weiterhin im Serum ein erhöhtes Beta-thromboglobulin (beta-tg), ein erhöhter “platelet factor 4 (PF4)“, ein erhöhtes Thrombomodulin (TM)piegel und eine Thromboxan- B2 (TxB2)-Urinausscheidung.
- Assoziation mit Autoimmunerkrankungen (selten: systemischer Lupus erythematodes)
- Adultes Still-Syndrom
- Kawasaki-Syndrom
- Livedosyndrome (Livedovaskulitis -Livedo racemosa-)
- Morbus Gaucher
- POEMS-Syndrom
- Purpura Schönlein-Henoch
- Schnitzler-Syndrom
- Skleromyxödem
- Sneddon-Syndrom
- Sweet-Syndrom
- Takayasu-Arteriitis
- Vaskulitis, leukozytoklastische (non-IgA-assoziierte)
- Wegener-Granulomatose
- Zellulitis, eosinophile
Thrombozytopathien. Hierzu zählen u.a.:
- Bernard-Soulier-Syndrom
- von Willebrand-Jürgens-Syndrom
- Glanzmann-Thrombasthenie
- hereditäre Thrombasthenie
- Storage pool disease (Verminderung der dichten Granula mit Störung der irreversiblen Thrombozytenaggregation)
Labor
Thrombozytenfunktion – Diagnostik
Für die Einschätzung von Thrombozytenstörungen stehen folgende Parameter zu Verfügung:
- Thrombozytenzahl
- Rumpel-Leede-Test
- Blutungszeit
- Bestimmung des Ristocetin-Cofaktors.
Verschiedene Thrombozytenfunktionstests:
- Thromboplastinzeit (Qucik/INR)
- Retentionstests
- Verschlusszeit
- Aggregationstest
- Adhäsionstest
- Aktivitätstest nach Grotemeyer
- Thrombelastogramm
- Durchflusszytometrie
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Abid N (2013) Thrombocytosis in a patient with systemic lupus. J Pak Med Assoc 63:1305-1306
- Davis AN et al (2012) Platelet effects on ovarian cancer. N Engl J Med 366:610-618
- Shi X et al.(2014) Analysis of POEMS Syndrome and Related Diseases. Leuk Lymphoma 55:1139-1143
- Gambichler T (Erythromelalgia and livedo reticularis in a patient with essential thrombocythemia, acquired von Willebrand disease, and elevated anti-phospholipid antibodies. Ann Dermatol 24:214-217
- Koudoukpo C (2014) Urticarial vasculitis associated with essential thrombocythaemia progressing to myelofibrosis. Ann Dermatol Venereol 141:773-776
- Michiels JJ et al. (2006) Platelet-mediated erythromelalgic, cerebral, ocular and coronary microvascular ischemic and thrombotic manifestations in patients with essential thrombocythemia and polycythemia vera: a distinct aspirin-responsive and coumadin-resistant arterial thrombophilia. Platelets 17:528-544
- Lopez-Lerma I et al. (2014) Atypical scleromyxedema with prominent nodular lesions associated with immune thrombocytopenia: an unusual presentation. J Am Acad Dermatol 71:e158-159
- Meyer O et al. (2007) Autoimmune thrombocytopenia in two patients with Sneddon's Syndrome. Thromb Haemost 98:1368-1370.
- Michiels JJ (2003) Platelet-mediated microvascular inflammation and thrombosis in thrombocythemia vera: a distinct aspirin-responsive arterial thrombophilia, which transforms into a bleeding diathesis at increasing platelet counts. Pathol Biol (Paris) 51:167-175.
- Pielasinski U et al. (2013) Essential thrombocythemia presenting as localized livedo reticularis. Am J Dermatopathol 35:e22-25
- Reddy Munagala VV (2012) Adult onset Still's disease: experience from a tertiary care rheumatology unit. Int J Rheum Dis 15:136-141
- Verner E et al. (2014) Cyclical thrombocytosis, acquired von Willebrand syndrome and aggressive non-melanoma skin cancers are common in patients with Philadelphia-negative myeloproliferative neoplasms treated with hydroxyurea. Leuk Lymphoma 55:1139-1143