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Tinea (Übersicht)B35.-
Synonym(e)
Erstbeschreiber
Staphan Antiochus (zitiert n. Kaposi 1883 in Lehrbuch Pathologie und Therapie der Hautkrankheiten)
Definition
Mit Tinea wird eine Infektion des Stratum corneum der Epidermis, der Haare und/oder der Nägel durch Dermatophyten bezeichnet.
Die Namensgebung ist dem Lateinischen entlehnt (Tinea = Motte, Holzwurm).
Dermatophyten vermögen Keratin durch Spaltung von Disulfidbrücken abzubauen, daher erklärt sich die ausgesprochene Bevorzugung keratinhaltiger Substrate. Selbst bei Tinea profunda mit tiefem Befall der Haarfollikel dringen die Erreger nicht in die Dermis ein. Durch Zusatz der jeweiligen Körperregion z.B. Tinea inguinalis, Tinea barbae erübrigen sich traditionell verankerte Begriffe wie Kerion Celsi, Eccema marginatum u.a. Die Einheitlichkeit des "Tineabegriffes" wird durch irreführende Bezeichnungen wie Tinea amiantacea für Pityriasis amiantacea und Tinea versicolor für Pityriasis versicolor gefährdet.
Die gezielte Behandlung einer Tinea setzt eine exakte Diagnose durch den Nachweis der Erreger im Nativpräparat, durch die Kultur bzw. PCR-Techniken voraus.
Erreger
Dermatophyten. Zu den Dermatophyten gehören die Gattungen Trichophyton, Epidermophyton und Mikrosporum. Eine Einteilung in geophile, zoophile und anthropophile Arten ist aus epidemiologischen aber auch aus klinischen Gründen sinnvoll. Geophile und zoophile Dermatophyten verursachen beim Mensch deutlich stärker entzündliche Herde als anthropophile Dermatophyten, während sie beim Tier fast symptomlos vorhanden sein können. In der Dermatologie sind u.a. folgende Dermatophyten relevant:
- Anthropophile Arten: T. rubrum, Epidermophyton floccosum, M. audouinii, T. schönleinii, T. soudanense, T. violaceum, T. tonsurans
- Zoophile Arten: T. mentagrophytes, M. canis, T. verrucosum.
- Geophile Arten: M. gypseum.
Einteilung
Das klinische Bild der Dermatophyteninfektion variiert und wird wesentlich durch die Topographie definiert:
I. Kopf:
II. Stamm:
-
Tinea corporis:
- Steroid modifizierte Tinea
- Tinea imbricata
- Tinea inguinalis
III. Extremitäten:
- Tinea manuum
- Tinea pedum
- Tinea unguium (Onychomykose)
- Tinea cruris
- Tinea nigra
- Myzetom.
Vorkommen/Epidemiologie
Dermatophyten als Erreger der Tinea sind mit unterschiedlicher Inzidenz und Prävalenz weltweit vertreten. Die Inzidenz von Dermatomykosen ist v.a. von lokalen Faktoren wie Außentemperaturen, Durchfeutchung der Haut und individueller Empfänglichkeit abhängig. So finden sich Prävalenzen von Tinea pedis in bestimmten Kohorten (z.B. Soldaten) zwischen 10 und 15%.
Klinisches Bild
Diagnose
- Befall von Haarfollikeln und/oder Nägeln
- Persistierende Hyper- oder Hypopigmentierungen
- Sekundäre bakterielle Überlagerungen
- Sekundäre Kontaktallergie
- Chirurgische Vorbehandlungen (Inzisionen)
- Vorbehandlung mit Kortikosteroiden
- Intertriginöse Mazeration.
- S. Tabelle 1, s.a.u. Mykosen.
Therapie allgemein
Externe Therapie
Die externe Monotherapie ist für nachfolgende Typen der Dermatophytosen i.A. als ausreichend anzusehen: Nicht entzündliche Tinea corporis, Tinea faciei, Tinea manuum et pedum. Die nachfolgend aufgeführten externen Antimykotika haben bei vergleichbarer Qualität und Wirkung die größte Verbreitung gefunden:
- Imidazolderivate: Clotrimazol (z.B. R055 R056 , Canesten Creme, Clotri OPT, Cutistad), Econazol (z.B. Epi-Pevaryl Creme), Ketoconazol (z.B. Nizoral Creme), Miconazol (z.B. R173 , R172 Daktar Lösung, Vobamyk, Micotar), Bifonazol (z.B. Mycospor), Oxiconazol (z.B. Myfungar Creme), Tioconazol (z.B. Mykontral), Fenticonazol (z.B. Lomexin)
- Allylamine: Naftifin (z.B. Exoderil Creme), Terbinafin (z.B. Lamisil Lösung scheint eine gewisse Überlegenheit in der praktischen Anwendunge gegenüber den Imidazolpräparaten zu haben, da bei der Tinea pedis eine Einmaltherapie -"Lamisil Once" - wirksam ist).
- Morpholine: Amorolfin (Loceryl Creme)
- Ciclopiroxolamin (z.B. Batrafen Creme)
- Sertaconazolnitrat (z.B. Zalain, Mykosert)
- Verschiedene: Tolnaftat (z.B. Tonoftal Creme), Farbstoffe (z.B. Eosin oder Methylrosaniliniumchlorid).
- Kombinationspräparate mit Glukokortikoiden, Desinfizienzien oder Antibiotika. Diese Kombinationen werden als "Antidenkpräparate" zwar geschätzt, sollten jedoch nur ausnahmsweise eingesetzt werden. Bei entzündlich akzentuierten juckenden Dermatomykosen können Glukokortikoid-haltige Monotherapeutika passager eingesetzt werden.
Bei Therapieresistenz s.a. unter Photodynamische Therapie, Indikation
Interne Therapie
Indikation für systemische Therapie ist bei folgenden Erkrankungen gegeben:
- Entzündlich akzentuierte Dermatomykosen
- Hyperkeratotische Tinea der Handflächen und Fußsohlen
- Großflächige Tinea
- Tinea capitis
- Granulomatöse oder noduläre Tinea
- Immunsupprimierte Patienten
- Tinea unguium mehrerer Zehen oder Finger
- Therapieresistenz oder Intoleranz gegenüber externen Antimykotika.
Die nachfolgend aufgeführten Präparate haben bei vergleichbarer Qualität u. Wirkung die größte Verbreitung gefunden: Griseofulvin (z.B. Likuden M), Itraconazol (z.B. Sempera), Fluconazol (z.B. Diflucan), Terbinafin (z.B. Lamisil).
Operative Therapie
Prophylaxe
Naturheilkunde
Es gibt eine Reihe von Naturheilmitteln bei denen in versch. Studiendesigns antimykotische Wirksamkeit nachgewiesen wurden. Darunter Teebaumöl (in 25% und 50% Applikationsform), Solanum chrysotrichum (mexikanische Tomate) in einer Creme-Applikation, Eucalytus pauciflora 1%-Öl ( Eukalyptus-Öl mit dem Wirkstoff Cineol) sowie Ajone, der Inhaltsstoff von Allium sativum in einer 0,4% Creme-Anwendung.
Tabellen
Diagnostische Kriterien der Tinea
Anamnese |
Allg. Erkrankungen |
Chronische Lebererkrankungen |
Chronische Nierenerkrankungen |
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Endokrinologische Erkrankungen (z.B. Diabetes mellitus) |
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Periphere Durchblutungsstörungen (Tinea unguium) |
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Vorbehandlung |
Externe Vortherapien (insbes. Vorbehandlung mit Glukokortikoiden) |
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Systemtherapien |
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andere Hauterkrankungen |
insbes. Atopie oder Kontaktsensibilisierungen |
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Beruf |
Bademeister o.ä. |
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Landwirtschaft |
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Veterinärberufe |
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Freizeitkontakte |
Garten |
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Sportliche Aktivitäten mit Benutzung gemeinsamer Reinigungszonen in Duschen oder Sauna |
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Tierkontakte |
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Untersuchungen |
Allg. körperliche Untersuchung |
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Lokalisation der Hautveränderungen |
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Ausmaß der Läsionen |
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Art der Läsion |
Nichtentzündlich, schuppend, chronisch |
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Akut oder subakut, ekzematös, juckend |
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Chronisch lichenifiziert |
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Follikuläre Papeln oder Knoten (abszessartig) |
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Vesikulös oder bullös (Id-Reaktion) |
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Pustulös, einer Pyodermie ähnlich |
Hinweis(e)
Abrechungstipps:
- Entnahme: Die Abstrichabnahme ist nach der Nr.298 GOÄ (auch mehrfach, bei Entnahmnen versch. Körperstellen und getrennter Aufbereitung) zu berechnen. Bei aufwendiger Nagelentnahme kann die Nr. 743 GOÄ (analog) vertetreten werden.
- Mikroskopie: Bei mikroskopischem Pilznachweis unter Zusatz von Kalilauge ist Nr. 4711 GOÄ ansetzbar. Einfache Färbungen mit Methylenblau werden mit der Nr.3509 GOÄ (je Präparat) abgerechnet.
- Kultur: Ein Sabouraud-Agar (einfaches Nährmedium) ist mit der Nr.4715 GOÄ bis zu 5x aus dem selben Medium abzurechnen. Bei Verwendung spezieller Nährböden (aufwendiges Nährmedium) ist die Ziffer 4716 GOÄ oder die Nr. 4717 (Differenzierungsmedium) einzusetzen.
- Lichtmikroskopische Untersuchung angezüchteter Pilze: Nr. 4722 GOÄ.
Literatur
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- Nenoff P et al. (2014) Mykologie-ein Update Teil 2: Dermatomykosen: Klinisches Bild und Diagnostik. JJDG 12: 749-778
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