Tinea capitis (Übersicht)B35.0

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Grindflechte; Kerion Celsi; Tinea capillitii; Tinea capitis (sensu stricto); Trichophytia capillitii

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Definition

Unter dem Begriff Tinea capitis werden infektiöse Pilzerkrankungen des terminalbehaarten Kopfes, der Augenbrauen und Wimpern zusammengefasst, hervorgerufen v.a. durch Erreger der Gattungen Trichophyton und Mikrosporum.

Erreger

Einteilung

Nach klinischen Gesichtspunkten werden 2 Formen unterschieden, deren Entstehung erregerabhängig ist:

  • Oberflächliche oder aphlegmasische Form (Grey-patch -Tinea); meist anthropophile Erreger, s.u. Tinea capitis superficialis
    • Mottenfraßartige (moth-eaten) Tinea capitis
    • "Black-dot" Form der Tinea capitis. Wenig entzündliche Form, Haare im Hautniveau stoppelartig abgebrochen (Tinea capitis superficialis)
    • Pityriasis -capillitii-artige Tinea capitis. Hervortretende diffuse Schuppung der Kopfhaut ohne Entzündungszeichen
    • Pustulöse Tinea capitis mit gelblichen follikulären Pusteln.
  •  Tiefe, phlegmasische (chronisch-entzündlich-infiltrative) Form,  s.u. Tinea capitis profunda;  s.a. Kerion Celsi (immer zoophile Erreger);

Aus historischen Gründen wird die Tinea capitis neben dem Infektionskriterium (oberflächliche oder tiefe Tinea) vielfach noch eingeteilt nach: 

Manifestation

Fast ausschließlich bei Kindern im Alter von 2-14 Jahren. Die Tinea capitis ist bei Erwachsenen eine ausgesprochene Seltenheit.

Klinisches Bild

Das klinische Bild ist vielfältig (s. Einteilung). Es umfasst je nach Erreger und Immunsituation des Erkrankten von einer einfachen nicht-inflammatorischen, einer seborrhoischen Dermatitis-ähnlichen Erkrankung (häufig durch T.tonsurans ausgelöst). Weiterhin finden sich grau-schuppende alopezische Areale oder bei den inflammatorischen Formen, granulomatöse Plaques oder Knoten, häufig durchsetzt von follikulären Pusteln.  

Diagnose

Gemäß Leitlinien gelten für den Erregernachweis folgende Richtlinien:

  • Erregernachweis vor der Therapie
  • Therapie immer systemisch+adjuvant topisch
  • Ziel: negative Kultur
  • Zoophiler Erreger: Haustiere untersuchen
  • Anthrophiler Erreger: Kontaktpersonen untersuchen.   

Mikroskopische Untersuchung von epilierten Haaren und Kopfschuppen. Anthrophile Erreger wachsen v.a. endotrich (in das Haar penetrierend).

Ausnahme ist M. audouinii (s.u. Mikrosporie).

Zoophile Erreger wachsen ektotrich (um das Haar herum) mit großen Sporenmanschetten. Deshalb ist eine hohe Kontagiosität von zoophilen Erregern gegeben.

Kulturen müssen bis zu 5 Wochen beobachtet werden, weil einige Erreger ( T. verrucosumT. violaceumT. soudanense) sehr langsam wachsen.

Differentialdiagnose

Therapie

Therapie allgemein

Grundsätzlich ergibt sich die Notwendigkeit, die Tinea capitis immer kombiniert systemisch und lokal zu behandeln. Die Erregerspezifikation ist wichtig, da einige Antimykotika gegenüber bestimmten Erregern weniger empfindlich sind. In der Leitlinie der European Society for Pediatric Dermatology erhielten die Antimykotika Terbinafin, Itraconazol, Fluconazol (unabhängig von ihrem Zulassungsstatus) den Empfehlungsgrad A.  

  • Bei Trichophyton-Arten ist Terbinafin aufgrund seiner hohen Wirksamkeit und fehlender Erregerlücken Mittel der Wahl.
  • Itraconazol und Griseofulvin besitzen eine verminderte Wirksamkeit.
  • Fluconazol ist gegenüber Trichophyton mentagrophytes var. granulosum und Trichophyton verrucosum resistent.

Erwachsene:Terbinafin, Griseofulvin (in Deutschland außer Handel), ItraconazolFluconazol. Kinder:

  • Für die systemische Therapie ist nur Griseofulvin zugelassen, für Kinder > 1 Jahr Fluconazol. Itraconazol oder Terbinafin können nur als individueller Heilversuch ( Off-Label-Use) verordnet werden, nach entsprechender Aufklärung der Eltern.
  • Itraconazol sollte aufgrund potentieller toxischer Effekte nur max. 3 Monate verschrieben werden.

In einer randomisierten Vergleichsstudie aller handelsüblichen Antimykotika wurden je 50 Kinder mit Tinea capitis, hervorgerufen durch eine Trichophytonart, wie folgt behandelt: Griseofulvin (20mg/kgKG/Tag über 6 Wochen), Terbinafin (>40kg KG - 250mg/Tag, 20-40kg KG - 125mg/Tag über 2 oder 3 Wochen), Itraconazol (5mg/kgKG/Tag 2 oder 3 Wochen), Fluconazol (6mg/kgKG/Tag 2 oder 3 Wochen). Die Heilungserfolge nach 12 Wochen waren: Griseofulvin 92%, Terbinafin 94%, Itraconazol 82%, Fluconazol 82%. 

Externe Therapie

Empfohlen wird eine Lokalbehandlung mit einem topischen Antimykotikum vom fungiziden Wirkungstyp (Cicloproxolamin, Terbinafin). Dieses sollte am gesamten Capillitium aufgetragen werden. Ergänzend zu verwenden sind antimyzetische Shampoos 2x pro Woche.

Bei stark entzündlichen Formen empfiehlt sich initial (maximale Dauer 1-2 Wochen) der Einsatz von fixen Kombinationen von Glucocorticoiden und Antimykotika (Mayser P 2014). Glucocorticoide führen zu einer schnellen Abschwellung akuter nässender Läsionen mit Abklingen der Schmerzen und des Juckreizes. 

    

Interne Therapie

Übersicht systemischer Therapeutika zur Behandlung der Tinea capitis

Wirkstoff

Dosierung

Therapiedauer

Griseofulvin (Griseo CT 125) in Deutschland außer Handel 10 mg/kg KG/Tag (international 20 mg/kg KG/Tag empfohlen) 1mal/Tag als ED nach dem Essen 8 Wochen, ggf. auch deutlich länger (bis zu 1 Jahr), dem klinischen Bild angepasst
Itraconazol¹ (Sempera) 5 mg/kg KG/Tag (1mal/Tag zusammen mit dem Essen) 6-8 Wochen (s.o.)
Terbinafin¹ (Lamisil) < 20 kg KG: 62,5 mg/Tag 6-8 Wochen (s.o.)
20-40 kg KG: 125 mg/Tag
> 40 kg KG: 250 mg/Tag
Fluconazol² (Diflucan) 6 mg/kg KG/Tag oder 1mal/Woche 8 mg/kg KG/Tag 6-8 Wochen (s.o.)
¹ Präparate für Kinder nicht zugelassen; ² Für Kinder > 1 Jahr bei Fehlen von Alternativen zugelassen Bemerkung: Trotz Zulassung von Griseofulvin bei Kindern und der Wirksamkeit von Itraconazol kommen beide Präparate wegen Nebenwirkungen (Griseofulvin) und der mangelnden Resorption (Itraconazol) kaum noch zur Anwendung. Mittel der Wahl bei Trichophyton-Arten ist Terbinafin. Alle Microsporum-Arten sind empfindlich auf Fluconazol.

Hinweis(e)

  • Der Begriff "Tinea" (lat. Holzwurm oder Motte) ist der historisch entstandene Begriff für eine Dermatophyteninfektion des  behaarten Kopfes, die mit einem "Mottenfraß-artigen" Bild verglichen wurde.  
  • Itraconazol ist bislang bei Kindern nicht zugelassen. Laut Studien liegen jedoch gute Therapieerfolge vor. In einer randomisierten Studie mit 34 Kindern (< 12 Jahren) erfolgte die Therapie der Tinea capitis mit 500 mg Griseofulvin und mit 100 mg Itraconazol täglich über insgesamt 6 Wochen. In beiden Gruppen zeigte sich ein identischer Behandlungserfolg mit 88% Heilung. Zudem traten in der mit Itraconazol behandelten Gruppe keine Nebenwirkungen auf. 

Hinweis(e)

Bei epidemischem Auftreten (Meldepflicht nach IFSG §34) sind weitere Maßnahmen wie die Isolation Erkrankter sowie die Entfernung/Dekontamination gemeinsam genutzter Gegenstände notwendig (Gray RM et al.2015). 

Literatur

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  2. Fuller LC et al. (2003) Scalp ringworm in south-east London and an analysis of a cohort of patients from a paediatric dermatology department. Br J Dermatol 148: 985-988
  3. Fuller LC et al. (2003) Diagnosis and management of scalp ringworm. BMJ 326: 539-541
  4. Ginter-Hanselmayer et al.(2011) Die Behandlung der Tineda capitis - eine kritische Bestandsaufnahme. JDDG9: 109-115
  5. Gray RM et al. (2015) Management of a Trichophyton tonsurans outbreak in a day-care center. Pediatr Dermatol 32:91-96. 
  6. Hay RJ et al. (2001) Mycology Working Party on Tinea Capitis. Tinea capitis in Europe: new perspective on an old problem. J Eur Acad Dermatol Venereol 15: 229-233
  7. Higgins EM (2000) Guidelines for the management of tinea capitis. British Association of Dermatologists. Br J Dermatol 143: 53-58
  8. Kolivras A et al. (2003) Tinea capitis in Brussels: Epidemiology and New Management Strategy. Dermatology 206: 384-387
  9. Mayser P (2014) Stellenwert von Glukokortikosteroiden in der Therapie des Kerion Celsi. Haut 2014: 172-176  
  10. Mohrenschlager M et al. (2002) Tinea capitis. Therapeutic options in the post-griseofulvin era. Hautarzt 53: 788-794
  11. Nenoff P et al. (2014) Mykologie-ein Update Teil 2: Dermatomykosen: Klinisches Bild und Diagnostik. JJDG 12: 749-778
  12. Rippon JW et al. (1993) Cutaneous antifugal agents. Dekker, New York Basel Hong Kong, S. 199-214
  13. Seebacher C, Abeck D (2003) tinea capitis-aktuelles Erregerspektrum, mykologische Diagnostik und Therapie. Dt Ärztebl 100: 2385-2389
  14. Seebacher C et al. (2006) Tinea capitis. J Dtsch Dermatol Ges 4: 1085-1091
  15. Seebacher C et al. (2007) Tinea der freien Haut. J Dtsch Dermatol Ges 11: 921-926

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