Castleman-Lymphom D36.9

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

angiofollicular lymphnode hyperplasia; Castleman-Krankheit; Castleman-Tumor; Castleman-Tumor hyalinisierender plasmazellulärer; Giant lymphnode hyperplasia; Hyalinisierender plasmazellulärer; Lymphknotenhyperplasie

Erstbeschreiber

Benjamin Castleman, 1954

Definition

Das Castleman-Lymphom, auch Castleman-Krankheit, ist eine seltene Systemerkrankung, definiert durch eine ätiologisch bisher ungeklärte (HHV-8-Infektion?) Hypertrophie der Lymphknoten mit angio-follikulärer Lymphhyperplasie. 

Es werden zwei Formen des Castleman-Lymphoms unterschieden:

  • die häufigere lokalisierte Form (uCD) (beschrieben sind weltweit etwa 400 Fälle), bei der nur ein Lymphknoten befallen ist
  • die seltenere multizentrische Form (mCD),  bei der mehrere Lymphknoten und Lymphknotestationen  befallen sind. Dieser Typus geht meist mit einer HIV-Infektion einher. 

Vorkommen/Epidemiologie

< 2,4:1000.000/Personen der Allgemeinbevölkerung.

Bei HIV-infizierten Patienten liegt die Inzidenz nach einer britischen Studie bei 4,3 Fällen pro 10.000 Patientenjahre.

Ätiopathogenese

Eine wesentliche Gemeinsamkeit der Castleman-Krankheit ist eine Überproduk­tion verschiedener Zytokine, v.a. von Interleukin-6 (IL-6). So erklärt sich die sehr variable Klinik des mCD durch die vielfältigen Wirkungen von IL-6 auf Zellen. IL-6 und andere proinflammatorische Zytokine wie IL-10 induzieren u. a. Proliferation von B-Zellen und Plasmazellen, die Sekretion vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktoren. 

Bei der HIV-assoziierten Castleman-Krankheit  kann HHV-8 zu 100% nachgewiesen werden. Das HHV-8-Virus zu einer vermehrten Produktion eines viralen Interleukins, das ähnliche Effekte wie das humane IL-6 induziert. IL-6 und IL-10 sind in enger Assoziation zur HHV-8-Viruslast erhöht. Virales IL-6 muss im Gegensatz zu dem physiologischen humanem IL-6nur an eine der beiden IL-6-Rezeptor-Untereinheiten binden , um seine Wirkung zu entfalten. Insofern hat es einen breiteren Hebel an den Zielzellen und kann so wahrscheinlich die für die HHV-8-MCD charakteristischen und krankheitsprägenden  „Zytokin-Stürme“ verursachen. 

Die Pathogenese des idiopathischen mCD ist komplexer. Mögliche Ursachen für die Überproduktion der Zytokine sind:

  • autoimmune Mechanismen
  • eine ektopische Sekretion von Zytokinen durch maligne Zellen
  • weitere assoziierte virale Infektionen
  • Polymorphismen des Interleukin-6-Rezeptors.

Manifestation

Es besteht weder eine Alters – noch eine Geschlechtsdisposition. 

Klinisches Bild

Bei der lokalisierten Form sind v.a. die Lymphknotenregionen des Bauchraums, subkutane Lymphknoten sowie mediastinale Lymphknoten betroffen. Häufig wird das Krankheitsbild durch  Abgeschlagenheit, Fieber, Gewichtsverlust sowie undefinierbaren Thorax- oder Bauchschmerzen definiert.

Bei der multizentrische Verlaufsform werden Gewichtsverlust (69 %), Fieber (67 %), periphere Lymphadenopathie (81 %), Hepato- und/oder Splenomegalie (74 %) beobachtet sowie bei etwa 20% der Patienten ein POEMS-Syndrom (Polyneuropathie, Organomegalie, Endokrinopathie, monoklonale Gammopathie, Hautveränderungen – eruptive „senile“ Angiome).

Integument: Neigung zu schweren Infektionen und dem gehäuften Auftreten von Kaposi-Sarkomen sowie Lymphomen und Plasmozytomen. Weiterhin werden POEMS-typische Hautveränderungen gefunden. 

Seltener sind uncharakteristische Exantheme sowie granulomatöse und angiomatöse Hauterscheinungen (s.u. glomeruloides Hämangiom) im Rahmen der Grunderkrankung.

In Einzelfällen werden auch spezifische Infiltrate in der Haut gefunden. 

Histologie

Histolgie:  Es werden 3Typen unterschieden:

  1. der häufigere hyaline-vaskuläre Typ: bei diesem Typus kommt zu einer unkontrollierten Vermehrung eines Klons der dendritischen Zellen (klonale Erkrankung). Es zeigt sich ein "zwiebelschalenartiger" Aufbau der hyalinen Lymphknoten. Diese Form tritt meist lokalisiert auf.
  2. Der seltenere plasmazellreiche Typus: dieser wird meist im Zusammenhang mit einer HIV-Erkrankung beobachtet. Er tritt multifokal auf und beruht auf einer verstärkten Expression des Interleukin 6 (IL-6) mit einer reaktiven Proliferation der Plasmazellen
  3. Ein intermediärer Typ

Differentialdiagnose

Kutane und systemische Plasmozytose

Interne Therapie

Chirurgische Entfernung: Bei der lokalisierten Form des M. Castleman führt eine vollständige chirurgische Entfernung in 90 % aller Fälle zur Heilung.

Chemotherapie: CHOP-Schema (Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin, Prednison) 

Aternativ: IFN-alpha allein oder kombiniert mit Vinblastin oder Etoposid

Adjuvant: kann ein  Anti-IL6-Rezeptor-Antikörper (Siltuximab) verwendet werden. Siltuximab ist seit 2014 als erstes Medikament für die Behandlung des idiopathischen MCD zugelassen.Beim HHV-8-MCD ist Siltuximab bislang nicht getestet worden, weil es wahrscheinlich nicht an das virale IL-6 bindet.

Rituximab: ein monoklonaler Antikörper gegen CD20, hat sich beim HHV-8-MCD in mehreren Fallserien als wirksam erwiesen. 

Cidofovir oder Ganciclovir war bei einigen HHV-8-positiven Patienten waren auch Cidofovir oder Ganciclovir hilfreich.

 

Verlauf/Prognose

Bei der lokalisierten Form des M. Castleman führt eine vollständige chirurgische Entfernung in 90 % aller Fälle zur Heilung.

Die Prognose des multizentrischen M. Castleman ist schlecht. Sie betrug in einer Studie bei HIV-infizierten Patienten im Mittel nur 14 bei Monate.  

Hinweis(e)

In der Literatur werden Überschneidungen zwischen dem plasmazelligen Typ der Castleman-Krankhiet und der bevorzugt in asiatischen Ländern auftetenden "kutanen und systemischen Plasmozytose" diskutiert.

Das Castleman-Lymphom ist überdurchschnittlich häufig mit einem paraneoplastischen Pemphigus assoziiert.

Eine angiofollikuläre Lymphhyperplasie ist kein spezifisches Merkmal der Castleman-Krankheit, sondern wird auch bei rheumatoider Arthritis, beim Sjögren-Syndrom und bei angeborenen Immundefekten  gesehen. Weiterhin tritt diese Reaktion bei Malignomen, Impfungen und der Syphilis auf.   

 

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

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