Synonym(e)
Definition
Symptomatische entzündliche Erkrankung der Nase, die durch eine IgE-vermittelte (Typ I-Allergie) allergische Reaktion der Nasenschleimhaut nach Allergenexposition (meist durch Pollen ( Pollinose) von Gräsern, Getreide, Bäumen, Sträuchern und Kräutern) ausgelöst wird. Eine Allergische Rhinitis (AR) kann wie folgt unterteilt werden:
- Saisonale allergische Rhinitis
- Perenniale allergische Rhinitis
- Berufsbedingte allergische Rhinitis.
Vorkommen/Epidemiologie
Häufigste atopische Manifestationsform mit einer Lebenszeitprävalenz von >20%. Häufigste Immunerkrankung überhaupt (Brozek et al 2010). Eine familiäre Belastung (Verwandte 1.Grades) stellt den größten Risikofaktor für die Entwicklung einer allergischen Erkrankung dar.
Prävalenz bei 13-jährigen Schulkindern: Knaben: 22-24%, Mädchen: 19-22%. Patienten mit einer Rhinitis allergica haben im Vergleich zur Normalbevölkerung das 3,2fache Risiko, an Asthma zu leiden.
6-8% der 60-Jährigen entwicklen eine allergische Rhinitis.
Nahrungsmittelallergien im Kindesalter prädisponieren für ein späteres Asthma bronchiale (wahrscheinlich auch für eine allergische Rhintiis)
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Ätiopathogenese
Folgende Entzündungsmediatoren spielen bei der allergischen Rhinitis eine Rolle:
Histamin: aus Mastzellen und basophilen Granulozyten (Niesreiz, Juckreiz, Gefäßdilatation, Permeabilitätserhöhung)
Leukotriene: aus Mastzellen, basophilen Granulozyten, Thrombozyten (Gefäßdilatation, Zunahme der Permeabilitation)
Weiterhin: PAF, Kinine, Tryptase, Interleukine-1, -3,-4,-8, -13; CCL5 (RANTES), Eotaxin (s.u. CCL11), Gamma-Interferon, Eosinophiles kationisches Protein (ECP).
Relevante Allergene: Grundsätzlich gilt, dass die Sensibilisierungsrate von der Verbreitung der Allergene, von ihrer Beschaffenheit und ihrer Aggressivität abhängig ist. Relevante Allergene in der Gesamtbevölkerung:
- Gräser: 12,7 %
- Hausstaubmilben 8,9 %
- Katze 3,8 %
- Alternaria 1,1 %
Relevante berufliche Allergene:
- Mehl-und Getreidesorten
- Tierhaare, Federn
- pflanzliche Allergene (z.B. Baumwolle, Holzstaub, verschiedene Nahrungsmittel)
- Insekten
- Pilzsporen
- Medikamente
- Futtermittel
- Bestandteile von Waschmitteln (z.B. Waschmittelenzyme)
Manifestation
Prinzipiell in jedem Alter möglich. Bei Kindern < 5 Jahre liegt die Inzidenz bei <5%. Sie ist im Alter zwischen 6 und 15 Jahren am höchsten. Etwa 75 % der Erkrankten entwickeln Symptome vor dem 25. Lebensjahr.
Klinisches Bild
Schlagartig Beginn der Sympotmatik mit Niesattacken und meist wässriger Sekretion der Nasenschleimhaut (seröse Rhinorrhö). Weiterhin: Nasale Obstruktion (Stockschnupfen, besonders bei perennialer Form), nasaler Pruritus mit anhaltenden Niesanfällen (besonders bei saisonaler Form); konsekutiv Mundatmung und nächtliches Schnarchen.
Der sogenannte Nasenzyklus (= wechselseitiges An-und Abschwellen der Nasenschleimhaut mit einer Dauer von 2-8 Stunden) ist gestört. Weiterhin Störung der mukoziliären Clearance sowie des Geruchssinns.
Es besteht häufig eine Hyperreagibilität der Schleimhaut gegen spezifische und unspezifische Stimuli. Die lebenslang lästigen Symptome haben Auswirkungen auf das Sozialleben, die schulischen Leistungen und die Arbeitsproduktivität der Betroffenen.
Die AR ist mit Komorbitäten vergesellschaftet: Konjunktivitis, Sinusitis, Schlafstörungen, Tagesmüdigkeit, Asthma bronchiale, Nahrungsmittelallergien, atopisches Ekzem. Etwa 40 % der Patienten mit atopischen Ekzem entwickeln eine perenniale Rhinitis oder ein allergisches Asthma bronchiale. 30-40 % aller Kinder mit allergischer Rhinitis entwickeln im späteren Leben ein allergisches Asthma bronchiale. Die Mehrzahl der Patienten mit allergischem Asthma bronchiale leidet gleichzeitig an einer allergischen Rhinitis bzw. allergischen Rhinosinusitis.
Diagnose
Anamnestischer Nachweis eines zeitlichen Zusammenhangs zwischen Allergenexposition und nasalen Symptomen (ggf. Symptomtagebuch)
Hauttestung (Pricktestung) zum Nachweis einer spezifischen allergischen Sensibilisierung
Ergänzend: Bestimmung des spezifischen Serum-IgE auf verdächtigte Allergene (v.a. bei Kleinkindern und bei Kindern mit ausgeprägtem atopischem Ekzem) mittels TAST-Test (dieser wird huete in vielfältiger Weise als Enzym-immunologisches Verfahren mit versch. immunologischen Methoden (Immuno-CAP; Immulite).
In fraglichen Situationen (Diskrepanz zwischen Anamnese und Hauttest bzw. spez.IgE-Bestimmung): spezifische nasale Allergenprovokation
Bei saisonaler Rhinitis allergica ergibt sich die aktuelle Sensibilisierung oft aus der Anamnese.
Positive Hauttestreaktion (Prick): Eine Sensibilisierung liegt dann vor, wenn die Allergenreaktion (Quaddeldurchmesser) mindestens 2/3 der Histaminquaddel ausmacht und > 3 mm ist.
Positiver Nachweis von spez. IgE im Serum: Eine Sensibilisierung liegt nur bei einem signifikanten Messwert vor (Grenzwerte für jeweilige Methode beachten).
Messung der ECP-Konzentration im Nasensekret (Skeretgewinnung über einen Schaumstoffsammler im Nasenlumen).
Schleimhautprovokationstest: Indiziert, wenn Anamnese und Hauttest bzw. Serum-IgE kein eindeutiges Ergebnis bringen. Positive Reaktion bei nasaler Provokation (anteriore Rhinomanometrie und/oder klinische Beurteilung)
Differentialdiagnose
Perenniale Rhinitis, pseudoallergische (nicht-allergische) Rhinitis, infektiöse und postinfektiöse Rhinitis, irritativ-toxische Rhinitis, endokrine Rhinitis, nerval-reflektorische Rhinitis, Polyposis nasi.
Differentialdiagnose
Akute bakterielle Rhinosinusitis; akute virale Rhinopharyngitis; postinfektiöse Rhinitis, pseudoallergische (nicht-allergische) Rhinitis, anatomische Veränderungen des Nasengerüsts (Sattelnase, Septumdeviation); idiopathische Rhinitis; toxische irritative Rhinitis (Umweltschadstoffe), endokrine Rhinitis, nerval-reflektorische Rhinitis, Polyposis nasi.
Therapie allgemein
Grundsätzlich stellt die vollständige Karenz des verursachenden Allergens die effizienteste Behandlungsform dar.
Externe Therapie
- Alpha-Mimetika: Im akuten Anfall Xylometazolin (z.B. Olynth, Otriven). Kein dauerhafter Einsatz wegen trophischer Schäden der Nasenschleimhaut!
- Antihistaminika: Alternativ zu alpha-Mimetika im akuten Anfall oder prophylaktisch in der Zeit des Pollenfluges Levocabastin (z.B. Livocab, Levophta Augentropfen). Durch Antihistaminika kann sich kein Privinismus entwickeln!
- Mastzellstabilisatoren: Bei leichterer Ausprägung prophylaktisch in der Zeit des Pollenfluges Natriumcromoglicat-Spray (z.B. Lomupren) 4mal (max. 8mal) tgl. 1 Sprühstoß in jedes Nasenloch.
- Glukokortikoide: Prophylaktisch bei ausgeprägter nasaler Obstruktion oder bronchialer Begleitreaktion in der Zeit des Pollenfluges Glukokortikoid-haltige Nasensprays wie Budesonid-Spray (z.B. Pulmicort Topinasal) morgens und abends jeweils ein Sprühstoß in jedes Nasenloch. Nur saisonal anwenden, kein dauerhafter Einsatz wegen trophischer Schäden der Nasenschleimhaut!
- Kombinationspräparate: Fluticason+Azelastin in From eines Nasensprays (Dymista®) haben sich als Akutmaßnahme im klinschen Alltag bewährt.
Interne Therapie
Orale neuere, nicht-sedierende Antihistaminika, geringere Wirksamkeit als lokale Antihistaminika, zugelassen jedoch überwiegend ab dem zweiten bzw. dritten Lebensjahr).
Leukotrien-Rezeptorantagonisten (z.B. Montelukast; bisher für diese Indikation nicht zugelassen); etwa gleichwertige Reduktion der allergischen Symptome wie durch orale nicht-sedierende Antihistaminika, aber nur bei einem Drittel der Patienten wirksam. Kombination mit Antihistaminika möglich. Leukotrien-Rezeptorantagonisten sind auch positiv auf ein gleichzeitig bestehendes allergenbedingtes Asthma bronchiale wirksam.
Interventionelle Therapie: Allergenspezifische Immuntherapie (ASIT) auch Hyposensibilisierung oder spezifische Immuntherapie genannt: Subkutane Injektionen des jeweiligen Allergens in ansteigender Konzentration über einen Zeitraum von drei Jahren, beste Ergebnisse bei Weiterführung auch während der Saison in niedrigerer Konzentration. Indikation zur Hyposensibilisierung: Pollensensibilisierung mit stärkeren Beschwerden (zusätzlicher präventiver Effekt auf die Entstehung eines Asthma bronchiale in der Diskussion), Hausstaubmilbensensibilisierung mit weiterbestehenden chronischen Symptomen trotz Allergenkarenzmaßnahmen und medikamentöser Lokaltherapie (selten) oder Pollensensibilisierung mit gleichzeitigem Bestehen eines allergeninduzierten Asthmas bronchiale (hierdurch positive Beeinflussung des Asthmas und einer möglichen Ausweitung der Sensibilisierung).
Experimentell sind Versuche mit Botox zu bewerten (12,5 Einheiten BTX-A, verdünnt in 0,3ml Kochsalzlösung, die in die hintere Nasenwand injiziert wird - Zhang EZ et al. 2017).
Als Nahrungsergänzungsmittel zugelassen ist eine gezielte Mikronährstoff-Supplementierung mit holo-BLG Beta-(Lactoglobulin aus Bio-Rohmilch), Zink, Eisen und Vitamin A als Lutschtablette, die zu > 50 % iger Reduktion der Symptomatik geführt hat, entpsrechend dem Bauernhof-Effekt, deshalb auch Kuhstallpille: Präparat: immunoBON®
Hinweis(e)
Komorbitäten: Die Rhinitis allergica tritt selten isoliert auf. Häufiger liegen Kombinationen verschiedener Erkrankungen aus dem atopischen Formenkreis gleichzeitig vor. Etwa 40 % der Patienten mit atopischen Ekzem entwickeln eine perenniale Rhinitis oder ein allergisches Asthma bronchiale. 30-40 % aller Kinder mit allergischer Rhinitis entwickeln im späteren Leben ein allergisches Asthma bronchiale. Die Mehrzahl der Patienten mit allergischem Asthma bronchiale leidet gleichzeitig an einer allergischen Rhinitis bzw. allergischen Rhinosinusitis.
Kinder die im Alter von 1 Jahr Antikörper gegen Hühnerei aufweisen, haben ein erhöhtes Risiko mit 3 Jahren auch Antikörper gegen Innenraumallergene und Pollen (Gräser, Birke) und damit eine allergische Rhintis zu entwicklen.
Stillen als Prävention: Stillen wird bei atopischer Familienanamnese als Präventionsmaßnahme vielfach empfohlen. Größere Studien (n=335) belegen für das allergische Asthma bronchiale dies allerdings nicht.
Haustiere: Das Thema Allergenprävention wird kontrovers diskutiert (z.B. Haustierhaltung).
Hauttestungen: Antihistaminika sollten mindestens 3 Tage vor den Hauttestungen abgesetzt sein. Einnahme oraler Kortikosteroide bis zu 30 mg/Tag Prednisolonäquivalent bis zu einer Woche vor den Testungen mindern die Hautreaktivität nicht, wenn sie fristgerecht abgesetzt werden. Topische Applikation von Steroiden im Testareal sollten gemieden werden. Im Zweifelsfall sollte die Reaktivität der Haut mittels Positivkontrolle vorab getestet werden.
Ein positiver Allergietest (Hauttest oder spez. IgE-Bestimmung) beweist nicht in jedem Fall die klinisch aktuelle Sensibilisierung. Überzeugend ist die Bestätigung des Allergietests durch eine entsprechende klinische Beobachtung in der allergenrelevanten Zeit. Bei eindeutigem Zusammenhang zwischen Exposition und Symptomen sowie gleichzeitigem Nachweis einer spezifischen Sensibilisierung im Hauttest oder durch spezifische IgE-Bestimmung im Serum ist die nasale Provokation entbehrlich.
Ausschluss: Negativer Hauttest auf alle potenziellen Inhalationsallergene bzw. negative spezifische IgE-Bestimmung. Sicherer Ausschluss bei negativer Schleimhautprovokation.
Entbehrliche Diagnostik: Bei eindeutigem Zusammenhang zwischen Exposition und Symptomen sowie gleichzeitigem Nachweis einer entsprechenden spezifischen Sensibilisierung im Hauttest oder durch spezifische IgE-Bestimmung im Serum ist die nasale Provokation entbehrlich.
Cave! Vorsicht vor der Entstehung eines Etagenwechsels bei insuffizienter Therapie!
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Brozek JL et al. (2010) Allergic Rhinitis and its Impact on Asthma (ARIA) guidelines: 2010 revision. J Allergy Clin Immunol 126:466-476.
- Jelding-Dannemand E et al. (2015) Breast-feeding does not protect against allergic sensitization in early childhood and allergy-associated disease at age 7 years. J Allergy Clin Immunol 136: 1302-1308
- Kremer B et al. (2003) Natürlicher Verlauf von eosinophilem kationischem Protein im Nasensekret von Patienten mit saisonaler allergischer Rhinitis. Allergologie 26: 135-141
- Mösges R (2003) Prävention und Therapie der Allergien - müssen wir umdenken? Haut 14: 230-233
- Oertmann C et al. (1997) Die Zunahme des pollenassoziierten oralen Allergie-Syndroms. Allergologie 20: 611-619
- Sennekamp J et al. (2002) Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAI) und Ärzteverband Deutscher Allergologen e.v. (ÄDA) AWMF-Leitlinien-Register Nr. 061/013
- Zhang EZ et al. (2017) Botolinum toxin in rhinitis: Literature review and posterior nasal injection in allergic rhinitis. Laryngoscope doi: 10.1002/lary.26616.
- Bergmann K-C et al. (2021) Gezielte Mikronährstoff-Supplementierung mit holo-BLG basierend auf dem Bauernhof-Effekt bei Patienten mit Hausstaubmilben-induzierter Rhinokonjunktivitis – erste Evaluierung in einer Allergenexpositionskammer. Allergo J Int 30: 141 -149
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