Synonym(e)
Definition
Pflanzliche Gerbstoffdrogen v.a.Tannine und Catechinderivate sind Arzneidrogen die wegen ihres adstringierenden Effektes in der Medizin und Kosmetik (v.a. Dermatologie und Innere Medizin) eingesetzt werden. Ihre vielfältigen heilsamen Wirkungen sind nachgewiesen.
Natürliche, arzneilich genutzte Gerbstoffe werden aus Pflanzenteilen extrahiert. Meist handelt es sich um Stoffgemische, die einen oder mehrere Gerbstoffe enthalten. Den Pflanzen dienen Gerbstoffe als Fäulnisschutz.
Vorkommen
Auflistung von Pflanzen bzw. Pflanzenteilen, die medizinisch wirksame Gerbstoffe enthalten
- Galläpfel (Gallae) aus Quercus infectoria
- Hamamelisblätter (Hamamelidis folium) aus Hamamelis virginiana = Zaubernuss
- Eichenrinde (Quercus cortex)
- Ratanhiawurzel (Ratanhiae radix)
- Tormentillae rhizoma (Blutwurzwurzel aus Potentilla erecta)
- Myrtilli fructus (Heidelbeeren)
- Juglandis folium (Walnussblätter ) aus Juglans regia
Volksmedizinische Verwendung finden:
- Alchemilla herba (Frauenmantelkraut)
- Rubi fruticosi folium (Brombeerblätter)
- Potentilla anserina (Gänsefingerkraut)
- Plantago major (Breitwegerichblätter)
- Plantaginis lanceolatae herba(Spitzwegerichblätter)
- Rosenblüten
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Wirkungen
Gerbstoffe wirken adstringierend, d.h. sie fällen Eiweiße der obersten Gewebeschichten der Haut und der Schleimhaut aus. Dies führt zu einer zusammenhängenden fest auflagernden membranartigen Proteinschicht. Der adstringierende Effekt führt dazu, dass die Resorption von toxischen Eiweißprodukten verhindert wird. Gleichzeitig wird die Vermehrung und das Eindringen von Bakterien durch Haut und Schleimhaut vermindert. Pflanzliche Gerbstoffdrogen haben einen antibakteriellen, antimykotischen und einen antiviralen (Herpes simplex Virus). Weiterhin wirken sie reizmildernd, entzündungshemmend und leicht lokalanästhesierend.
Anwendungsgebiet/Verwendung
Antimikrobielle Wirkung: Durch ihre zusammenziehende (adstringierende) und austrocknende Wirkung entziehen sie Bakterien, die sich auf der Haut oder einer Schleimhaut angesiedelt haben, den Nährboden. Das Eindringen von Bakterien und Pilzen ins Gewebe wird erschwert.
Antivirale Wirkung: Weiterhin wirken Gerbstoffdrogen antiviral (HPV, HSV), wobei die antivirale Wirkung auf Herpes-simplex-Viren geringer ist als Aciclovir. Ein 10% Catechin-Extrakt (Epigallocatechingallat - Veregen®) steht als hochwirksames Therapeutikum bei Condylomata acuminata zur Verfügung.
Antiekzematöse Wirkung von Gerbstoffen wurde in mehreren Studien dargelegt. Sie scheint jedoch geringer zu sein als eine vergleichbare 0,5% Hydrocortison-Applikation. Gut und ergänzend antientzündlich wirksam sind feuchte Umschläge mit grünem oder schwarzem Tee (Teeblätter 8-10 min. ziehen lassen, dann auf einem weichen Mullträger 3-5min. auf die entzündlichen Stellen auflegen).
Schmerz und Wundsekretion werden vermindert und kapillare Blutungen gestillt.
Antientzündliche Wirkung bei oraler Applikation: Gerbstoffe werden eingesetzt bei: Magen- und Darmentzündungen, leichten Durchfällen, Entzündungen im Mund und Rachenraum, als blutstillendes Mittel, zur schnellen Wundheilung und bei leichten Verbrennungen und Frostschäden.
Wirkungen bei Vergiftungen: Gerbstoffdrogen wirken als Gegengift bei Schwermetall- oder Alkaloid-Vergiftungen, da sie Schwermetallionen und Alkaloide aus ihren Verbindungen lösen können.
Wechselwirkungen
Gerbstoffe vermindern bei oraler Applikaiton die Resorption basischer Arzneimittel sowie mancher Mineralstoffe wie Eisen.
Handelsnamen
Hametum Creme® (Hamamelis Extrakte), Hamamelis Salbe®, Virgamelis Creme®, Deskin® al Lotio, Lösung, Lipolotio.
Hinweis(e)
Pflanzliche Gerbstoffe werden im erweiterten Sinne auch als vegetabile Gerbstoffe oder Tannine bezeichnet, wobei unter Tannin im eigentlichen Sinn ein Gemisch von Estern der D-Glukose mit Gallussäure, Galloylgallussäure, Trigallussäure verstanden wird. Tannin wird als Extrakt aus den Gallen versch. Pflanzen gewonnen.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
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