Definition
Spironolacton ist (wie Eplerenon) ein oral applizierbares, synthetisches Aldosteron-Analogon (Canrenon ist der wirksame Metabolit von Spironolacton), ein kompetitiver Antagonist des Aldosteronrezetpors (Aldosteron-Antagonist). Durch Bindung und Blockierung des Rezeptors verhindert Spironolacton die Wechselwirkung von Aldosteron und seinem Rezeptor. Dadurch werden die Aldosteroneffekte verhindert, d.h. die Na+-Rückresorption sowie die K+- und H+-Exkretion in dem Sammelrohr des Nephrons werden reduziert. Spironolacton wirkt somit natriuretisch (und diuretisch) bei gleichzeitiger K+-Retention und gehört damit zu den Kalium-sparenden Diuretika. Die Folge des diuretischen Effektes ist eine antihypertensive Wirkung. Therapeutisch steht jedoch die natriuretische Wirkung im Hintergrund, die kardioprotektive Wirkung bei der Herzinsuffizienz im Vordergrund. Spironolacton hat auch antiarrhythmische Effekte (K+-Ströme in Kardiomyozyten werden blockiert) Nur in extrem hoher Dosierung hemmt Spironolacton die Biosynthese des Aldosterons. Die mittlere Halbwertszeit von Spironolacton beträgt ca. 1.3h.
Spironolacton unterliegt bei oraler Applikation einem ausgeprägten First-Pass-Effekt und wird hauptsächlich in der Leber und in den Nieren metabolisiert zu 7-α-Thiospirolacton, Canrenon bzw. Canrenoat, 7-α-Thiomethylspirolacton bzw. 6-β-Hydroxy-7-α-Thiomethylspirolacton.
Maximale Plasmakonzentrationen von Spironolacton werden 1-2 Stunden nach oraler Einnahme erreicht.
Die Ausscheidung von Spironolacton erfolgt überwiegend renal und in geringerem Ausmaß über die Galle. Der Anteil von unverändertem Spironolacton ist gering. Im Urin werden nur Metabolite gefunden, vor allem Canrenon und sein Glukoronid-Ester sowie 6-β-Hydroxysulfoxid.
Die Eliminationshalbwertszeit für Spironolacton beträgt nach oraler Gabe 1-2 Stunden, während die Metabolite langsamer ausgeschieden werden. Die terminalen Eliminationshalbwertszeiten betragen für Canrenon etwa 20 Stunden, für 7-α-Thiomethylspirolacton etwa 3 Stunden und für 6-β-Hydroxy7-α-Thiomethylspirolacton etwa 10 Stunden.
Pharmakodynamik (Wirkung)
Kompetitive (nicht-selektive) Hemmung des Aldosteronrezeptors, antiandrogene Wirkung durch Abbau der Cytochrom-P450-Enzyme 17α-, 11β- und 21-Hydroxylase, die in der Synthese des Testosterons eine Rolle spielen sowie kompetitive Hemmung des 5α-Dihydrotestosteron-Rezeptors.
Weitere Wirkungen von Spironolacton sind:
- Steigerung der Natrium- und Chloridausscheidung sowie in geringem Maße die Calciumausscheidung
- Im Gegensatz zu Eplerenon ist Spironolacton kein selektiver AR-Antagonist. In therapeutischen Dosen wirkt die Substanz auch als Antagonist von Progesteron- und Androgenrezeptoren. Das erklärt einige Nebenwirkungen wie Gynäkomastie, Impotenz und Menstruationsstörungen.
- Reduktion der Kalium- und Ammoniumausscheidung
- Reduktion der renalen Magnesiumausscheidung
- Senkung der glomerulären Filtrationsrate
- Erhöhung der Serumharnstoffkonzentrationen
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Indikation
Der Wirkstoff Spironolacton wird angewendet bei:
Primärem Hyperaldosteronismus sofern nicht eine Operation angezeigt ist
Ödemen und/oder Aszites bei Erkrankungen, die mit einem sekundären Hyperaldosteronismus einhergehen
Hypertonie
Nephrotischem Syndrom
Experimenteller Einsatz bei dermatologischen Indikationen. Diese Therapieindikationen beziehen sich in erster Linie auf die antigestagene und antiandrogene Wirkungen des Spironolctons (Vargas-Mora P et al. 2020):
- Acne vulgaris (Layton AM et al. 2017)
- Hidradenitis suppurativa (Golbari NM et al. 2019)
- Hirsutismus (Tremblay RR 1986)
- Androgenetische Alopezie bei Frauen (Vargas-Mora P et al. 2020)
- Rosacea (Spoendlin J et al. 2013)
Schwangerschaft/Stillzeit
Spironolacton darf während der Schwangerschaft und Stillzeit nicht angewendet werden und ist hier kontraindiziert. Tierexperimentelle Untersuchungen haben Feminisierung der Genitalien männlicher Nachkommen sowie Hinweise auf endokrine Störungen bei weiblichen und männlichen Nachkommen ergeben. Beim Menschen sind antiandrogene Wirkungen nachgewiesen worden.
Der pharmakologisch aktive Metabolit Canrenoat geht in die Muttermilch über (Milch-Plasma-Konzentrationsverhältnis 0,7). Daher ist Spironolacton auch während der Stillzeit kontraindiziert. Ist eine Behandlung erforderlich, muss abgestillt werden.
Dosierung und Art der Anwendung
Für Erwachsene wird eine Initialdosis von 100-200 mg Spironolacton pro Tag empfohlen. Bei unzureichender Wirksamkeit kann die tägliche Dosis auf maximal 400 mg Spironolacton pro Tag erhöht werden.
Als Erhaltungsdosis sind in der Regel 50-100 mg Spironolacton bis maximal 100-200 mg Spironolacton ausreichend.
Die Erhaltungsdosis kann je nach Bedarf täglich, jeden 2. oder jeden 3. Tag verabreicht werden.
Der klinische Wirkungseintritt wird bei kontinuierlicher Verabreichung nach 2 bis 3 Tagen oder später erreicht; ggf. kann der maximale diuretische Effekt auch erst nach 2 Wochen auftreten.
Unerwünschte Wirkungen
Zu den häufigen Nebenwirkungen unter Spironolacton-Therapie zählen:
Lebensbedrohliche Hyperkaliämien (insbesondere bei eingeschränkter Nierenfunktion) ► hyperkaliämischen Paralysen (Muskellähmungserscheinungen) und Herzrhythmusstörungen möglich
Hyperurikämie (kann bei prädisponierten Patienten zu Gichtanfällen führen)
In den seltenen Fällen von DRESS wurden akutes Leberversagen, Eosinophilie und Pankreatitis diagnostziert.
Dermatologische UAW:
- DRESS-Syndrom (Ghislain PD et al. 2004)
- Lupus erythematodes-artige Exantheme (Uddin MS et al. 1979)
- Grinspan Syndrom (?)
- Lichenoide und nicht lichenoide Exantheme (Clark C et al. 1998)
- Lichen planus (Downham TF 3rd. 1978)
- Meist reversible Gynäkomastie (abhängig von der Dosishöhe und Dauer der Behandlung)
- Gesteigerte Berührungsempfindlichkeit der Brustwarzen und Brustspannung (Mastodynie)
Kontraindikation
Spironolacton darf nicht angewendet werden bei:
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
- Anurie
- akutem Nierenversagen
- schwerer Niereninsuffizienz mit Oligurie oder Anurie (Kreatinin-Clearance unter 30 ml/min pro 1,73 m2 Körperoberfläche und/oder Serum-Kreatinin über 1,8 mg/dl)
- Hyperkaliämie
- Morbus Addison oder andere, mit Hyperkaliämie assoziierte Erkrankungen
- gleichzeitiger Anwendung von Eplerenon oder anderen kaliumsparenden Diuretika
- Hyponatriämie
- Hypovolämie oder Dehydratation
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Clark C et al. (1998) Lichenoid drug eruption induced by spironolactone. Clin Exp Dermatol 23:43-44.
- Downham TF 3rd. (1978) Spironolactone-induced lichen planus. JAMA 240:1138.
- Ghislain PD et al. (2004) Drug-induced eosinophilia and multisystemic failure with positive patch-test reaction to spironolactone: DRESS syndrome. Acta Derm Venereol 84:65-68.
- Golbari NM et al. (2019) Antiandrogen therapy with spironolactone for the treatment of hidradenitis suppurativa. J Am Acad Dermatol 80: 114-119.
- Greenberger PA et al. (1986) Readministration of spironolactone in the spironolactone-intolerant patient. N Engl Reg Allergy Proc 7:343-345.
- Layton AM et al. (2017) Oral Spironolactone for Acne Vulgaris in Adult Females: A Hybrid Systematic Review. Am J Clin Dermatol 18:169-191.
- Lee A et al. (2015) A case series of 20 women with hidradenitis suppurativa treated with spironolactone. Australas J Dermatol 56:192-196.
- Spoendlin J et al. (2013) Spironolactone may reduce the risk of incident rosacea. J Invest Dermatol 133:2480-2483.
- Tremblay RR (1986) Treatment of hirsutism with spironolactone. Clin Endocrinol Metab 15:363-371.
- Uddin MS et al. (1979) Cutaneous reaction to spironolactone resembling lupus erythematosus. Cutis 24:198-200.
- Vargas-Mora P et al. (2020) Spironolactone in Dermatology: Uses in Acne, Hidradenitis Suppurativa, Female Pattern Baldness, and Hirsutism. Actas Dermosifiliogr 111:639-649.
Tabellen
Wesentliche Wechselwirkungen von Spironolacton
ACE-Hemmer |
RR-Abfall ↑, Hyperkaliämie |
Alkohol |
RR-Abfall ↑ |
Antidepressiva, trizyklische |
RR-Abfall ↑ |
Azetazolamid |
RR-Abfall ↑ |
Carbenoxolon |
Carbenoxolon-Wirkung ↓ |
Ciclosporin A |
Hyperkaliämie, Kombination meiden |
Digoxin |
Digoxin-Spiegel ↑ |
Diuretika, kaliumsparende |
Hyperkaliämie |
Kaliumpräparate |
Herzrhythmusstörungen, Kombination meiden |
Lithiumsalz |
Lithium-Toxizität ↑, ZNS-Toxizität ↑ |
NSAR |
Hyperkaliämie |
Psychopharmaka |
RR-Abfall ↑ |
Saluretika |
RR-Abfall ↑ |
Schleifendiuretika |
RR-Abfall ↑ |
Thiazid-Diuretika |
RR-Abfall ↑ |
Vasodilatatoren |
RR-Abfall ↑ |